Natürlich stehen immer schnell die Vorwürfe im Raum, wie es auch gerade wieder zu hören war, die reichen Hoteliers haben sowieso Geld genug, die können das alles selbst bezahlen. Das ist absoluter Unfug und ich weiß auch nicht, was so eine Neiddebatte hier immer soll. Es geht doch letzten Endes darum, dass wir als Land den jungen Auszubildenden nur dann diesen Zuschuss zahlen möchten, wenn die Arbeitgeber auch ihren Teil der Pflicht erfüllen, wenn sie sich an die Tarifverträge halten. Es kann überhaupt nicht die Rede davon sein, dass man mangelnde Zahlungsbereitschaft der Arbeitgeber ausgleicht.
Wer sich das als Arbeitgeber tatsächlich nicht komplett leisten kann, der wird dann wahrscheinlich über kurz oder lang vom Markt verschwinden, der ist einfach nicht erfolgreich und macht damit Platz für andere, für erfolgreichere Unternehmen. Das ist eben Marktwirtschaft im besten Sinne, denn Marktwirtschaft soll am Ende natürlich dazu führen, dass die Arbeitnehmer auch gut bezahlt werden. Das ist ja der Sinn der ganzen Sache und nicht, dass die Arbeitnehmer ausgebeutet werden. Das ist ja nicht zuletzt bei uns die soziale Marktwirtschaft.
Insofern bitte ich Sie also herzlich, diesem Antrag zuzustimmen, und zwar möchte ich gerne um die Überweisung in die Ausschüsse bitten, denn wir müssen natürlich noch ein paar Dinge dabei klären, zum Beispiel, wie die Anrechnung vom Ausbildungs-BAföG und so was genau funktionieren kann. Das ist auch nicht ganz so trivial. Deswegen bitte die Überweisung in den Bildungsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss und Wirtschaftsausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Zurufe aus dem Plenum: Das hat er doch gerade gesagt. – Bernhard Wildt, BMV: Bildungsausschuss! Mitberatend Finanzen und Wirtschaft! – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wenn alle Stricke reißen, an die Fraktion.)
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Hesse, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler! Ich denke, das ist gerade für Sie, für euch eine interessante Debatte, weil es Sie oder euch vielleicht betreffen könnte.
Lieber Herr Wildt, Ihr Anliegen ist berechtigt, zu gucken, wie wir eigentlich die Ausbildung noch stärken beziehungsweise auch die Azubis stärken können. Ich finde aber – und seien Sie mir nicht böse, dass ich es so direkt sage –, der Vergleich mit MobiPro, also ein EU-Projekt, der hinkt und ist ein bisschen abenteuerlich. Ich will Ihnen das gerne erklären. Ich finde, Sie versuchen hier – wir bewegen uns in der EU, da kann man vielleicht auch mal mit Obst argumentieren –, Sie versuchen aus einer Birne einen Apfel zu machen, denn wenn man sich mal anguckt, warum dieses Bundesprogramm MobiPro ins Leben gerufen worden ist, dann ist es ein ganz anderer Ansatzpunkt als der, den wir in Mecklenburg-Vorpommern haben.
Warum gab es MobiPro? Das wissen Sie, Sie haben es anskizziert. Weil es gerade in den südlichen Ländern Europas eine sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit gegeben hat und noch gibt. Deswegen wurde dieses Programm ins Leben gerufen, um diesen jungen Menschen eine Perspektive in einem anderen Land zu geben. Das ist bei Weitem nicht auf Mecklenburg-Vorpommern zu übertragen, denn hierzulande gibt es 11.000 gemeldete Ausbildungsplätze und daraus gut 9.000 Bewerberinnen und Bewerber. Was will ich damit sagen? In der Regel hat hier jeder die Chance, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.
Diejenigen, die nun die Schule abschließen, haben einen bunten Strauß an Perspektiven, aus denen sie wählen können. Das berichten uns die Vereine, Verbände, die Kammern. Händeringend werden Azubis gesucht. Insofern, glaube ich, brauchen wir ein Programm wie MobiPro überhaupt nicht.
Viele Unternehmen haben bereits darauf reagiert – das habe ich in vielen Gesprächen mit den Kammern und Verbänden und auch mit Unternehmen vor Ort erfahren – und sagen sehr wohl, wir müssen etwas für die Attraktivität der Ausbildung machen, die deswegen auch viele Schritte wie das Werben um junge kluge Köpfe auch getan haben. Ich glaube, das ist der richtige Appell, der Wirtschaft zu sagen, kümmert euch um eure Azubis, geht an die Schulen, klärt auf.
Was wir als Land gemacht haben – ich finde, das ist auch absolut richtig –, wir haben gesagt, wir müssen noch mehr aufklären, gerade im Bereich der beruflichen Ausbildung, der beruflichen Bildung, Stichwort „duale Ausbildung“. Das heißt, wir haben noch mal die Verwaltungsvorschrift geschärft, also diese ganze berufliche Orientierung zieht sich jetzt durch die unterschiedlichen Schulstufen. Insofern, denke ich, haben wir ein gutes Rüstzeug gelegt, um das zu tun, was wichtig ist, nämlich eine frühzeitige Orientierung für junge Menschen, welche berufliche Laufbahn sie einschlagen wollen. Das haben wir gemacht, und ich finde, das ist der richtige und wichtige Punkt.
Vor allen Dingen – das finde ich auch richtig – haben wir Folgendes gemacht: Wir haben gesagt, auch an den Gymnasien brauchen wir eine Berufsorientierung. Wir haben jetzt eine Berufs- und Studienorientierung.
Die Betonung liegt auf „Beruf“, weil es einfach wichtig ist, dass Perspektiven und Alternativen zum Studium aufgezeigt werden. Das heißt also, nicht jeder, der Abitur macht, muss auch zwangsläufig ein Studium machen. Eine duale Ausbildung bietet gerade hier in MecklenburgVorpommern gute Chancen, in den Betrieben aufzusteigen. Insofern denke ich, ist uns ein guter und kluger Schritt gelungen, noch mal mehr aufzuklären über den Wert, den Stellenwert einer dualen Ausbildung. Ich glaube, da sind wir uns alle einig.
Was wir auch gemacht haben: Es gibt selbstverständlich eine Unterstützung für Anfahrten bezogen auf die Praktika bei uns im Land. Wir haben entsprechend eine Richtlinie, wo auch Gelder abgerufen werden können. Davon machen viele Azubis Gebrauch.
Ein letzter Punkt, den ich gerne noch ansprechen möchte, ist, dass wir im Bereich der außerschulischen Berufsorientierung Geld in die Hand genommen haben, 1,3 Millionen Euro, um auch dort noch mal die Wertigkeit der beruflichen Ausbildung deutlich zu machen.
Sie sehen also, es ist ein guter Gedanke von Ihnen, aber wir machen vieles. Und MobiPro ist für mich nicht der geeignete Weg, um das Ziel zu erreichen, das Sie skizziert haben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben ja bereits auf nationaler Ebene die Bundesausbildungsbeihilfe, wir haben auch das BAföG. Wie das im MobiPro-Programm jetzt integriert werden soll, erschließt sich uns nicht. Die in der Antragsbegründung aufgeführten neuen Ziele können unseres Erachtens auch mit den vorhandenen Instrumenten erreicht werden. Die müssen dann modifiziert werden. Das Anliegen dieses Antrages ist natürlich positiv zu bewerten, dagegen haben wir auch nichts.
Ich habe mir mal die Entwicklung der Ausbildungsvergütung in Ostdeutschland in den letzten zehn Jahren auf der Seite des Bundesinstituts für Berufsbildung herausgesucht. Da haben wir im Durchschnitt einen Anstieg der Ausbildungsvergütung, der tariflichen Ausbildungsvergütung von nominal fünf Prozent pro Jahr. Das ist ja nun nicht so schlecht. Die Situation hat sich also auf der Entgeltseite in den letzten zehn Jahren schon deutlich verbessert, was die Ausbildungsvergütung betrifft. Wie Sie ein Bundesprogramm in ein Landesprogramm integrieren wollen, erschließt sich uns jetzt nicht. Das verstehe ich nicht, das kann ich nicht nachvollziehen. Wenn wir die Qualität der Berufsbildung mit den vorhandenen Mitteln verbessern wollen, dann, denke ich, wäre es vielleicht besser, den Fokus auf die Lehrkörper an den Berufs
schulen zu lenken, speziell vor dem Hintergrund der Überalterung, die dort in den letzten Jahren leider aufgetreten ist.
Dann hatten wir ja in der letzten Woche vom Wirtschaftsausschuss einen Termin in der IHK in Neubrandenburg. Es war von der BMV-Fraktion niemand dabei. Da hatte uns die IHK geschildert, dass die Probleme unter anderem auch daran liegen, dass die Berufsschulstandorte immer stärker zentralisiert werden. Vielleicht sollte man dort etwas mehr ansetzen, als jetzt dieses zusätzliche Programm einzuführen. Einer Überweisung in die Ausschüsse werden wir allerdings zustimmen. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die AfD – ach, die AfD hätte ich beinahe gesagt –, die BMV, Herr Wildt, Sie haben ja den Antrag gestellt: ein Konzept zur Ausbildungsförderung für Mecklenburg-Vorpommern vorlegen. Wir wissen, die duale Berufsausbildung ist bekanntlich eine ganz starke Säule der mittelständischen Wirtschaft und auch ein Projekt, worum uns in Europa sehr viele beneiden.
Zur Umsetzung – die Ministerin hat es ja schon gesagt –: Sie wollen sich an MobiPro-EU orientieren, das will ich jetzt nicht weiter ausführen, aber wir haben gehört, das Programm hatte quasi so einen solidarischen Gedanken, die Ministerin hat es gesagt, dass wir südeuropäischen Ländern vermehrt angeboten haben, dass, wenn sie dort Jugendliche haben, die das möchten, wir sie in anderen Ländern aufnehmen und sie hier bei uns eine Berufsausbildung machen können.
Ich finde, dass wir uns an diesem Programm nicht so wirklich orientieren können. Ich will aber auch sagen, wir haben etwas recht Ähnliches, die Ministerin ist ganz kurz darauf eingegangen. Es war, glaube ich, Anfang der letzten Legislaturperiode, da haben sozusagen die Väter dieser Initiative – Torsten Renz, mein Parlamentarischer Geschäftsführer sitzt ja da,
und wir wollen doch nicht den damaligen Bildungsminister, der heute Finanzminister ist, vergessen – so eine Initiative ins Leben gerufen. Damals waren in diesem Topf zur Unterstützung von Fahrtkosten und auswärtiger Unterbringung 100.000 Euro.
die haben wir, seit es dieses Programm gibt. Die Idee, die dahintersteckt – das, glaube ich, können auch Sie sagen, Frau Oldenburg –, die ist nach wie vor gut, aber in der verwaltungstechnischen Umsetzung gibt es bis heute Defizite. Das liegt zum einen daran, dass wir, gerade, was die Sozialgesetzgebung betrifft und was die Anrechnung von Hartz IV und so was betrifft, das auf Bundesebene noch nicht wirklich gut geregelt haben. Es liegt vielleicht auch daran – und daran wollen wir arbeiten –, diese Verordnung ist gerade in der Überarbeitung. Zurzeit greift sie ja nur, wenn man maximal 500 Euro Ausbildungsvergütung hat. Wir wissen aber, der Durchschnitt liegt irgendwo bei 800 Euro. Wir sind bestrebt, damit das Geld wirklich abfließt, dieses Jahr diesen Wert anzupassen, möglichst auf 600 Euro oder auch darüber. Es muss uns ja gelingen, dass diese 340.000 Euro, die im Haushalt stehen, tatsächlich von den Jugendlichen genutzt werden können.
Im letzten Jahr, das wissen wir, sind davon nur 112.000 Euro abgeflossen. Das ist natürlich nicht befriedigend. Deshalb müssen wir hier nachbessern. Das hat für meine Fraktion und gerade für die beiden Väter, die das damals initiiert haben, eine große Bedeutung. Da werden wir auch mit unserem Koalitionspartner weiter im Gespräch bleiben. Wir haben uns ja das Ziel gesetzt, zum nächsten Ausbildungsbeginn, also quasi im August/September des Jahres, die Neuregelung in Kraft treten zu lassen.
Ansonsten will ich nur mal kurz wiederholen, Herr Wildt, die Ministerin hat es gesagt, wir haben heute 9.000 Bewerber und 11.000 bis 12.000 Stellen zu vergeben. Insofern ist das schon eine recht komfortable Situation.