Protocol of the Session on January 25, 2018

(Torsten Renz, CDU: Und was ist die Ursache dafür?)

Das wiederum führt mich dann zum wirklich letzten Punkt meiner Rede. Es gibt ja ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 28.06.2016. Da ist sinngemäß gesagt worden, es sind nicht nur Zuschüsse zu zahlen, sondern die realen Kosten. Wenn wir das in der Vergangenheit thematisiert haben, dann hat die Landesregierung immer gesagt, sie prüft dieses Urteil, das jetzt auch schon mehr als ein Jahr. Ich würde gerne mal wissen – vielleicht kann sich ja mal jemand von der Regierungsbank dazu herablassen, hier etwas dazu zu sagen –,

(Andreas Butzki, SPD: Oh, oh, oh!)

wann denn diese lange Prüfung abgeschlossen ist.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, zusammengefasst ist das Thema, das die BMV-Fraktion gesetzt hat, wichtig und treibt uns ebenso um. Wir werden der Überweisung zustimmen. Sollte sie nicht zustande kommen, werden wir uns enthalten, weil wir den Weg nicht für den richtigen halten, den Sie hier aufgezeigt haben. Aber einer Beratung im zuständigen Ausschuss beziehungsweise in den zuständigen Ausschüssen würden wir uns natürlich nicht verweigern wollen.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Jetzt noch eine Sache, Frau Hesse: Sie hatten in Ihrem Redebeitrag darauf abgestellt, dass es ja jetzt ein Fach Studienorientierung gibt, was nicht nur darauf abzielt, wenn ich das richtig verstanden habe, Werbung für das Studium zu machen, sondern auch die duale Ausbildung an den Schulen stärker im Bewusstsein der jungen Leute zu verankern – grundsätzlich ein zu begrüßender Schritt. Allerdings gibt es dafür, soweit mir bekannt ist, nach wie vor gar keinen Lehrplan. Insofern wäre das auch noch mal ein Auftrag an die Landesregierung, hier tätig zu werden, damit das am Ende tatsächlich zu dem Fortschritt führt, den Sie ja ganz offenkundig damit anstreben. Da haben Sie auch unsere Unterstützung, denn die ausschließliche Orientierung aufs Studium ist sicherlich nicht der richtige Weg. Aber, wie gesagt, den Lehrplan, müssten Sie dann mal beizeiten liefern. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Bernhard Wildt, BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Butzki.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Foerster, ich staune immer wieder, wie Sie Ihre Themen jedes Mal so umfangreich darstellen können.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Wenn man sich Mühe gibt, dann geht das. – Zurufe von Simone Oldenburg, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich will kurz was sagen: Ziffer 246 der Koalitionsvereinbarung sagt ganz eindeutig, die duale Berufsausbildung gehört zu den wichtigsten Standbeinen unserer wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Beide Fraktionen wissen also, wie wichtig diese berufliche Ausbildung ist.

Herr Renz hat es in einem Zwischenruf kurz gesagt, die Situation auf dem Lehrstellenmarkt hat sich dramatisch verändert. Vor wenigen Jahren hatten wir noch 70.000 Berufsschülerinnen und Berufsschüler.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Herr Butzki, wir reden über einen ganz konkreten Bereich.)

Hören Sie zu! Ich habe auch nicht so viel bei Ihnen dazwischengerufen. Sie werden das nachher noch hören.

Die Betriebe konnten sich damals die Lehrlinge aussuchen. Das war natürlich eine sehr komfortable Situation, und sie bekamen auch zusätzliche Anreize, wenn sie zusätzliche Lehrstellen geschaffen haben. Das ist jetzt weg, weil sich die Situation verändert hat. Wenn man sich überlegt, derzeit lernen an unseren beruflichen Schulen knapp 30.000 Berufsschülerinnen und Berufsschüler, die Zahlen sind also um die Hälfte zurückgegangen, dann ist es doch ganz klar, dass die Verantwortlichen der Landkreise und des Landes irgendwie reagieren und eine vernünftige Schulentwicklungsplanung machen müssen.

Herr Reinhardt hat gerade von der Verordnung gesprochen. Wir haben intensiv, auch bei uns im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, überlegt, wie wir die Berufsschulstandortstruktur vernünftig stricken können. Auf der einen Seite müssen wir eine gute fachliche Ausbildung gewähren und auf der anderen Seite müssen wir darauf achten, dass die Wege nicht zu weit werden. Und natürlich muss es, wenn weniger da sind – wir wollen im Land noch einiges anbieten –, einige Landesfachklassen geben. Natürlich ist das ein Problem.

Wir haben auch Schüler in Bundesfachklassen in einigen Berufen. Ich glaube, bei den Fischern haben wir zwei oder drei Ausbildungen, und das in einem Küstenland. Das ist dann sicherlich ein Problem.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, darum!)

Bei solchen Sachen wird es irgendwie immer zu Problemen kommen. Diesen Jugendlichen muss natürlich geholfen werden. Entsprechende Verordnungen – wir haben es schon gesagt – haben wir versucht, nicht versucht, haben wir in die Wege geleitet. Die Umsetzung ist sehr schwierig. Das hängt auch mit der BA zusammen, mit der Anrechnung und so weiter und so fort.

Für die Unterbringung am Ausbildungsort steht darüber hinaus noch die Berufsausbildungshilfe aus Bundesmitteln zur Verfügung. Aber – das ist schon mehrfach angeklungen – es liegt auch ein bisschen in der Verantwortung der Wirtschaft. Bei der Ausbildung – Herr Foerster hat das sehr ausführlich dargestellt, ich will das wirklich nur ganz kurz anreißen – brauchen sie natürlich eine faire Vergütung. Dafür arbeiten sie auf der anderen Seite gerade im Hotelwesen tatkräftig in den Unternehmen, in Hotels, in der Gastronomie und so weiter gut mit. Es sollte wirklich auch im Interesse der Wirtschaft liegen, den Kindern Perspektiven zu geben, und das geht schon mit einem vernünftigen Lehrlingsentgelt einher.

Eine stärkere Subventionierung – das wäre ja nichts anderes in Ihrem Vorschlag. Niedrige Ausbildungsvergütungen können natürlich keine sinnvolle Landespolitik sein angesichts des demografischen Wandels. Die Fach

kräftesituation ist jetzt schon mehrmals angesprochen worden. Einige Branchen haben die Zeichen der Zeit erkannt. Wir dürfen nicht vergessen, unsere Jugendlichen werden immer mobiler und sie suchen sich dann auch ihre entsprechenden Ausbildungsplätze heraus.

Heute liegt uns nun Ihr Antrag vor, und ich nehme Ihnen wirklich ab, dass Sie sich ernsthaft mit der Situation der Auszubildenden in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigen. Dabei haben wir sicherlich auch die gleiche Zielsetzung, nämlich die Verbesserung der Situation der Jugendlichen in den kleineren und größeren Firmen. Das soll ja eigentlich Ziel sein. Aber der Ansatz und der Weg unterscheiden sich. In Ihrem Antrag – das möchte ich hier ruhig noch mal sagen – haben Sie die Formulierung „einheimische Jugendliche“ verwendet. Ich weiß nicht, ob bewusst oder unbewusst, wie gesagt, das weiß ich nicht. Für mich ist das wirklich eine ungenaue Definition und es schließt auch von vornherein Personengruppen aus. Gerade im grenznahen Raum zu Polen sind beispielsweise schon viele polnische Jugendliche, die eine Lehrausbildung aufgenommen haben. Ich kann Ihnen das von meiner Heimatstadt Neustrelitz sagen: Wir haben aus unserer Partnerstadt Szczecinek ebenfalls eine Jugendliche ausgebildet, die jetzt Verwaltungsfachangestellte ist und bei uns in der Neustrelitzer Stadtverwaltung eine sehr, sehr gute Arbeit leistet.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Für unsere Fraktion ist es unabdingbar, dass wir da wirklich eine Gleichbehandlung haben.

Der zweite Absatz Ihres Antrages, Herr Wildt, stellt sich in einem großen Widerspruch dar. Sie wollen nur die Jugendlichen unterstützen, die nach einem gültigen Tarifvertrag bezahlt werden. Gerade die Auszubildenden, die nicht nach Tarif bezahlt werden, die nicht ihren Lebensunterhalt davon bestreiten können und die nicht aus Kostengründen oder nur unregelmäßig zu der zuständigen beruflichen Schule kommen, sind doch ein Problem.

Und dann – es wurde heute auch schon mehrfach gesagt – hat sich dieses Sonderprogramm MobiPro-EU nicht bewährt. Der Verwaltungsaufwand ist einfach viel zu groß, die Länder wurden bei der ganzen Ausarbeitung überhaupt nicht mit einbezogen. Ich will nicht sagen, es wurde übergestülpt, aber es war einfach da. Das Pilotprojekt war – in Anführungsstrichen! – „so gut“, dass es vorzeitig beendet wurde. Man kann also feststellen, in Einzelfällen hat es funktioniert, aber ansonsten war es eher problematisch und führte auch zu vielen Abbrüchen. Zur Fahrkostenregelung wurde schon einiges gesagt, das will ich jetzt weglassen.

Die aufgelisteten Zielpunkte sind alle erstrebenswert. Mit diesem Antrag werden wir das aber nicht erreichen. Die Wirtschaft, die Gewerkschaft und die Verbände dürfen wir nicht aus ihrer Pflicht entlassen und müssen sie wirklich intensiv in diese Beratungen miteinbeziehen. Wir haben es gehört, die IHK hat sich schon verständigt, ich bin auch ständig in Neubrandenburg beziehungsweise Herr Todt von der IHK war in Schwerin am Dienstag mit dabei. Man ist ständig in Kontakt mit den Leuten. Wie gesagt, wir haben eine vollkommene Umkehr der Zustände: 11.000 Lehrstellen, 9.000 Bewerber. Wenn die Unternehmen leistungsfähige Schülerinnen und so weiter haben wollen, dann müssen sie sich natürlich diesen neuen Herausforderungen stellen.

Neben den gut ausgestatteten beruflichen Schulen, die wir haben – und ich kann Ihnen sagen, die Landkreise geben sich da eigentlich sehr große Mühe –, brauchen wir natürlich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Das war ein Problem, das muss man so deutlich sagen: 2002 bis 2011 oder 2012 wurden überhaupt keine Berufsschullehrer hier im Land ausgebildet, das ist für mich eigentlich ein Unding. Das haben wir in der letzten Legislaturperiode geändert. Aber wir haben es am Dienstag – Sie waren ja mit dabei – von Herrn Todt von der IHK beziehungsweise von der Schulleiterin gehört, die gesagt hat, wir brauchen diese Seiteneinsteiger, wir brauchen diesen Praxisbezug. Natürlich muss das dann auch berufsbegleitend vernünftig organisiert werden.

Und was für mich ganz wichtig ist, wir brauchen auch einen guten Übergang – das müssen wir organisieren – von den allgemeinbildenden Schulen zu den beruflichen Schulen. Dazu gehört eine langfristige Berufsorientierung, die an den Schulen durchgeführt wird, und vor allen Dingen gehören auch gut vorbereitete und durchgeführte Betriebspraktika dazu. Ich hatte Schüler, die hatten gar nicht so gute Zeugnisse oder gar nicht so gute schulische Leistungen, aber die haben sich in dem Praktikumsbetrieb bewährt und der hat gleich gesagt, du kannst sofort einen Lehrstellenvertrag haben, das andere kriegen wir so auf die Reihe. So kann man natürlich auch Nachwuchs gewinnen. Das muss den Jugendlichen gesagt werden, dass man solche Dinge wie Betriebspraktika gut nutzen kann. Es muss auch eine zielführende und wirklich gute Berufsberatung in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur geben. Da gibt es sicherlich noch Reserven. Es muss uns gelingen, dass alle, die für die berufliche Ausbildung in unserem Bundesland Verantwortung tragen, dieser auch gerecht werden.

Die duale Berufsausbildung ist ein Erfolgsmodell. Wir werden von vielen dafür bewundert und wir müssen es weiter ausgestalten. Die Jugendlichen, die eine Berufsausbildung in M-V aufnehmen – das dürfen wir nicht vergessen –, diese Jugendlichen bleiben auch bei uns im Land. Die, die Abitur machen, studieren an irgendwelchen Hochschulen oder Universitäten im ganzen Bundesgebiet oder vielleicht auch in Europa, und dann wird es schwierig, die wieder ins Land zurückzuholen. Deswegen müssen die Betriebe, genauso wie die Kreise mit den beruflichen Schulen und das Land natürlich auch, ihrer Verantwortung gerecht werden.

Diesem Antrag werden wir heute nicht zustimmen. Wir werden auch nicht einer Überweisung zustimmen, weil dieser Antrag ganz konkret nicht zielführend ist. Nichtsdestotrotz müssen wir uns über die berufliche Ausbildung weiter verständigen. Dazu ist jede Idee gefragt. Deswegen bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie, auch wenn wir dem heute nicht zustimmen können, weil es einfach nicht zielführend ist, hier darüber debattiert haben. Wie gesagt, wir werden dem nicht zustimmen, auch nicht einer Überweisung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Ja, vielen Dank.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen im Landtag! Erst mal möchte ich mich herzlich bedanken für die

Art und Weise, wie wir jetzt über diesen Antrag gesprochen haben. Ich habe in allen Fraktionen doch deutlich wahrgenommen, dass man sich intensiv damit beschäftigt und versucht hat, sozusagen auch über die Worte hinaus zu verstehen, worum es geht. Das finde ich schon mal sehr positiv, das haben wir leider gar nicht so häufig hier im Landtag.

Herr Butzki, ich möchte als Erstes auf das Wort „Einheimische“ eingehen. Das möchte ich schon klarstellen, weil Sie mich gefragt haben, was meine ich mit „einheimisch“. Einheimische sind für mich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die hier im Land Mecklenburg-Vorpommern leben. Genau um die geht es aus meiner Sicht. Wir können kein Programm für ganz Deutschland aus Mecklenburg-Vorpommern heraus finanzieren. Darin sind natürlich nicht die Bewohner von anderen Bundesländern enthalten, irgendwo muss man die Grenze ziehen. Das hat aber nichts mit der Herkunft der Jugendlichen zu tun. Das können also Ihre polnischen Jugendlichen sein, sobald sie auf unserer Seite der Grenze leben, da habe ich überhaupt nichts dagegen.

(Andreas Butzki, SPD: Gut, dann haben Sie das richtiggestellt.)

Nur, um das klarzustellen.

(Beifall Christel Weißig, BMV)

So, liebe Frau Ministerin Hesse, Sie sagten, ich hätte Äpfel mit Birnen verglichen,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Weil aus Äpfeln Birnen macht man nicht.)

das möchte ich so nicht stehen lassen.

Oder machen wollen.

Ich möchte es mal so sagen: Die Äpfel waren einfach die Anregung dafür, Obst zu servieren.

(Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE – Ministerin Birgit Hesse: Das war gut.)