Protocol of the Session on January 24, 2018

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Zum Zweiten lassen Sie auch die Grundpauschale in Ihrem Wahlprogramm offen. Ich habe noch keine konkrete Zahl gehört, mit welchem Grundpauschalbetrag überhaupt das Land die Kitas fördern soll. Auch da bleiben Fragen über Fragen und ich sehe einfach, dass es konzeptionell nicht untersetzt ist, was Sie hier fordern.

Sehr geehrte Herren der AfD, da Sie im Bereich der Migration nicht nur sparen, sondern die Mittel komplett versiegen lassen wollen und aufgrund diverser anderer Statements Ihrer Fraktion und Ihrer Partei gehe ich davon aus, dass nur deutsche Kinder in Ihre Idee einbezogen werden,

(Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

nicht jedoch Kinder mit Eltern aus anderen Staaten, denn nach Ihrer Ansicht sollen Kinder mit Migrationshintergrund gar nicht erst unsere Sprache erlernen. So meinten Sie zumindest im Sozialausschuss, wenn Sie über Ihr Rückkehrprogramm „Fit 4 Return“ sprechen. Richtig, wenn dem so ist, steckt hinter Ihren Forderungen das Vorhaben einer gesellschaftlichen Selektion, die bereits bei den Kindern anfängt. Auch hier spalten Sie die Gesellschaft und bewirken tiefe Risse, sehr geehrte Abgeordnete der AfD!

Von den gut 1,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in Mecklenburg-Vorpommern sind 68.000 Menschen nicht aus Deutschland. Da ist ländertechnisch alles dabei: Dänemark, Schweden, Polen, Niederlande, Schweiz, USA, Russland, Frankreich, Syrien, Afghanistan, Iran, Eritrea. Von den rund 408.000 Kindern in Krippe, Kindergarten, Hort, Kindertagespflege haben knapp sieben Prozent der Kinder mindestens einen ausländischen Elternteil. Sind diese Kinder nach Ihrem Verständnis in die Elternentlastung oder die Kostenfreiheit eingeschlossen oder nicht?

Oberflächlich gesehen sind die Forderungen Ihrer Fraktion und meiner Fraktion ähnlich, jedoch sind die Umsetzung und das Verständnis darüber grundsätzlich verschieden. Unser Grundverständnis ist – und das möchte ich an dieser Stelle noch mal betonen – eine unmittelbar spürbare Elternbeitragsentlastung und die schrittweise Einführung der kostenfreien Kita für alle Kinder, die in Mecklenburg-Vorpommern in einer Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflege betreut werden. Dafür stellten wir auch heute in der Landtagssitzung unseren Antrag, und damit danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da das Thema Elternentlastung gerade über den Jahreswechsel jetzt viele Menschen bei uns im Land bewegt hat, ist es, glaube ich, richtig und wichtig, dass wir heute darüber reden,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig!)

auch wenn ich natürlich mit dem Titel dieser Aussprache, „Pseudoentlastung“, wenig anfangen kann. Das wird Sie nicht verwundern, aber dazu werde ich im Laufe meiner Rede etwas sagen.

Ich glaube, die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte, denn natürlich haben wir als Koalition einiges erreicht. Darauf sind viele Vorredner ja auch eingegangen. Ich glaube, das braucht man nicht kleinzureden, darauf kann man durchaus stolz sein. Aber gleichzeitig müssen wir, glaube ich, zur Kenntnis nehmen – und das zeigt ja die Diskussion, auch Leserbriefe in den sozialen Netzwerken und persönliche Gespräche, die ich wahrnehme mit jungen Eltern –, dass viel Unmut herrscht, denn zur Wahrheit gehört natürlich, dass in den Kitas, und so war es in der Kita meines Sohnes, direkt neben dem Schreiben aus dem Sozialministerium, wo ja auch immer auf die Elternentlastung hingewiesen wurde, das Schreiben der Kitaleitung hängt mit den erhöhten Elternbeiträgen. Ich glaube, das gehört zur Wahrheit dazu.

In der Landeshauptstadt Schwerin haben wir es so gehandhabt, dass wir aus den Mitteln, die aus dem Betreuungsgeld frei geworden sind, die 50 Euro Elternentlastung in der Krippe bereits ein halbes Jahr vorgezogen haben, das also kommunal finanziert haben, und jetzt geht das Land da mit rein. Deswegen hat man da sozusagen auch einen schönen Vergleich. Ich kann für meinen Teil nur sagen, ich zahle jetzt trotz der Entlastung von 50 Euro 10 Euro mehr an der Stelle, und so geht es natürlich vielen anderen Eltern auch. Ich finde, darüber muss man reden.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

In Schwerin sind es, glaube ich, über 20 Einrichtungen, die die Beiträge jetzt zum 1. Januar erhöht haben, und da ist es dann in der Tat so, dass die Entlastung, die wir als Koalition auf den Weg gebracht haben, ein Stück weit mit verpufft.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das klingt auf jeden Fall sehr geerdet.)

Die Zahl für einen durchschnittlichen Krippenplatz wurde ja genannt von der Ministerpräsidentin und auch von der Sozialministerin. Ich sage mal so, der Krippenplatz in der Kita meines Sohnes, der Ganztagsplatz, kostet ohne Beteiligung des Landes 390 Euro. Das ist schon eine dicke Stulle an der Stelle. Dank Unterstützung des Landes werden die Eltern mit 150 Euro entlastet, und deswegen sind das nicht nur 600 Euro im Jahr, sondern 1.800 Euro im Jahr. Darüber lohnt es sich doch zu reden, und ich glaube, das kann man auch mal positiv nach vorne bringen. Das ist eine praktische Entlastung. Die 1.800 Euro hätten die Eltern nicht, wenn nicht diese Koalition das auf den Weg gebracht hätte. Ich glaube, das muss auch mal an der Stelle die Opposition zur Kenntnis nehmen und deswegen kann von „Pseudoentlastung“ wirklich keine Rede sein.

Was natürlich erschwerend hinzukommt bei der ganzen Debatte, ist der Mechanismus, dass wir das ja gleich direkt mit überweisen. Wir haben es mal an anderer Stelle diskutiert, wenn man sozusagen die 600 Euro, die dazugekommen sind, am Ende des Jahres überweisen würde, wäre die Symbolik eine andere, denn jetzt, sage ich mal, gehe ich an meinen Kontoauszugsdrucker und sehe da, ich zahle 10 Euro mehr. Wenn ich also keine Zeitung lesen würde, nicht im Landtag sein würde, mich sonst wie informieren würde, würde ich denken, diese Entlastung hat es gar nicht gegeben, und deswegen kann ich den Unmut und den Frust bei vielen auch verstehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aha!)

Die Voraussetzung ist natürlich, und das haben wir im Koalitionsvertrag gemeinsam so vereinbart,

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

dass wir den Weg hier nur aufgrund von soliden Finanzen weitergehen können. Das ist, glaube ich, auch die Grundlage des Ganzen hier. Deswegen wird es keine finanziellen Abenteuer geben. Dafür steht die CDU.

Und ich möchte daran erinnern, sich die Ausgaben einmal anzuschauen. 2007, also nachdem wir acht Jahre –

ich glaube, zwei relativ erfolglose – Sozialministerinnen aus den Reihen der PDS/LINKE hatten, lagen die Gesamtaufwendungen für Kinderfrühförderung bei 91 Millionen, jetzt bei 240 Millionen. Ich finde, das darf man dann ruhig an der Stelle, gerade als LINKE, auch mal zur Kenntnis nehmen, dass sich da einiges bewegt hat. Wenn wir uns jetzt den Haushalt anschauen, mit einem Volumen von 7 Milliarden Euro –

(Torsten Koplin, DIE LINKE: 8,2!)

nun gehen ja die Schätzungen etwas auseinander, was so eine Elternentlastung und beitragsfreie Kita kosten würde, ich habe mal von den LINKEN irgendetwas von 250 Millionen Euro gehört, andere gehen von 350 bis 400 Millionen Euro aus, in jedem Fall ein dickes Brett –, werden wir sehen, dass wir da einen 7-Milliarden-Euro-Haushalt haben, und deswegen sind natürlich die 20 Millionen Euro, die jetzt in den Sondierungen verhandelt sind, ein wichtiger Beitrag, aber sie werden am Ende des Tages nicht ausreichen, um diese komplette beitragsfreie Finanzierung zu klären.

Aus unserer Sicht ist das Ziel klar, wo wir hinwollen. Dazu steht die CDU auch ohne Wenn und Aber. Es sind natürlich bis dahin noch einige Fragen zu klären, beispielsweise mit den Kommunen, denn die Frage steht, wer beispielsweise dann bei den Steigerungen, die es ja gibt – und dafür gibt es Gründe, das ist einmal das Thema Entlohnung der Erzieherinnen und Erzieher, ein Thema, bei dem in diesem Haus wahrscheinlich Konsens ist, dass die gut bezahlt werden sollen –, aber wo werden dann künftig die Preissteigerungen abgebildet. Das ist auch die Frage, ob das Land dann komplett reingeht oder es den Kommunen überbürdet. Das ist natürlich ein Thema, was geklärt werden muss, bevor man diesen Weg gemeinsam beschreitet. Mein Eindruck ist auch – und die Preissteigerung ist ja kein Phänomen in einzelnen Kommunen, die Kostensteigerungen haben wir in vielen Bereichen –, ob die Kommunen immer so gut aufgestellt sind bei den Beratungen mit den Kostenträgern, da mache ich mal ein Fragezeichen dran. Ich glaube, Rostocker haben es gemacht, sich da extern beraten lassen. Das muss man sich in der Tat anschauen. Also es sind noch ein paar Punkte und deswegen ist es eigentlich ganz gut, wenn man hier noch mal eine Aussprache führt zu dem Thema, auch wenn, wie gesagt, der Titel etwas irreführend ist, die Ausführungen des Kollegen der AfD waren es ja auch.

Frau Bernhardt, eine Sorge kann ich Ihnen nehmen: Beim Thema Geschwisterkindregelung werden wir als Koalition – das kann ich für die CDU zumindest sagen – schon darauf achten, dass das kein bürokratisches Monstrum wird. Denn das äußern die Träger auch, wenn ich unterwegs bin, egal, in welchen Kitas, dass die Sorge besteht, wie das dann künftig geklärt werden soll. Aber ich denke mal, da werden wir schon eine vernünftige Regelung hinbekommen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Also doch Umstellung des Finanzierungssystems.)

Ansonsten hat die Ministerpräsidentin heute noch mal gesagt, dass sie bald einen Zeitplan vorlegen wird.

(Torsten Renz, CDU: Da können Sie mal Vorschläge machen. – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Wir hoffen, dass das zügig nach dem Abschluss der Regierungsbildung im ersten Halbjahr sein wird.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ich bin ganz optimistisch nach dem Beifall der SPD heute hier, dass wir dann bald ein breites Votum der Mitglieder der SPD kriegen, dass wir den Koalitionsvertrag mit den 20 Millionen für Mecklenburg-Vorpommern,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

für die beitragsfreie Kita, gemeinsam auf den Weg bringen können. In diesem Sinne lassen Sie uns gemeinsam den Weg beschreiten! Aber irgendwelches finanzpolitisches Harakiri, das wird es hier mit der CDU-Fraktion an der Stelle nicht geben. Wir haben klare Verabredungen, zu denen stehen wir

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und wir schreiten Seit an Seit!)

und dafür werden wir uns auch einsetzen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ministerpräsidentin und ich sowie die Sozialministerin haben in der vorherigen und in der jetzigen Debatte inhaltlich alles zu der Elternentlastung gesagt, was es dazu zu sagen gibt.

Eine Anmerkung muss ich allerdings noch machen, meine Herren von der AfD: Mich wundert schon, seit wann Sie sich für kostenfreie Kitas interessieren.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Gilt Ihr Grundsatzprogramm nicht mehr und „Frauen gehören bei der Kindererziehung zu Hause an den Herd“? Fast hätte ich gesagt, wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Wir lehnen Ihr rückwärtsgewandtes Weltbild ab,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das müssen Sie mal Ihren Wählern erklären!)

auch wenn Sie hier eine Nebelkerze steigen lassen und vermeintlich für die kostenfreie Kita sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr de Jesus Fernandes. – Der Redner hat keinen Bedarf zu reden.