Protocol of the Session on December 13, 2017

Insofern muss man auch mal feststellen, man muss aufpassen, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet.

Aber ich sage abschließend auch eins sehr klar und deutlich: Sollte sich Neues herausstellen, werden wir, so es denn zu weiteren Sondierungen oder Koalitionsgesprächen kommt, verlangen, dass weitere unabhängige – ich sage ausdrücklich „unabhängige“ – Studien auf den Weg gebracht werden. Sie haben es sicherlich auch vernommen, dass es in Rostock eine Doktorarbeit gibt, die neue Möglichkeiten der Sichtbarmachung von Glyphosat im Boden aufzeigt. Wir werden abzuwarten haben, welche Auswirkungen das hat.

Ich persönlich sage hier sehr klar und deutlich, sogenannte Metaboliten oder nicht relevante Metaboliten, von denen Sie auch gesprochen haben, Herr Weiß, haben im Grundwasser oder in einem Lebensmittel nichts zu suchen. Nichts, aber auch gar nichts! Und wenn uns das nicht gelingt, diese Dinge klarzustellen und die Industrie dafür verantwortlich zu machen, dass so etwas zu unterbleiben hat, dann kommen wir hier nicht weiter.

Abschließend: Ich hoffe wirklich sehr, dass man jetzt zur Tagesordnung übergeht und nach Lösungen sucht, wie wir diesen Aufwand reduzieren. Und ich muss zum Abschluss ausdrücklich auch sagen, wenn es Morddrohungen gibt gegen den Bundesminister oder seine Familienangehörigen, so verabscheue ich das,

(Beifall Dirk Lerche, AfD, und Ralf Borschke, BMV)

und genau in der gleichen Weise verabscheue ich das, wenn es hier Morddrohungen gibt oder Kinder aus Landwirtschaftsfamilien diskreditiert werden, nur, weil sie in einem konventionellen Landwirtschaftsbetrieb groß werden. Ich bedauere das.

Deswegen müssen wir auch aufpassen – auch Sie von den LINKEN, ich nehme Sie da ausdrücklich aus, aber so ein bisschen Touch hatte das eben –, wir müssen aufpassen, dass wir einen gesamten Berufszweig, der tagtäglich für uns, und die Weihnachtsfeiertage stehen vor uns, vielleicht denken wir mal daran, hochwertigste Lebensmittel zur Verfügung stellt, 365 Tage im Jahr,

(Beifall Dietmar Eifler, CDU)

dass man ein Stückchen auch wertschätzt, was wir hier für hochwertige Lebensmittel in Deutschland und Europa im Überfluss zur Verfügung haben. Das kommt mir in der Debatte immer wieder zu kurz. Das ist heute alles selbstverständlich, für mich ist es das nicht. Es ist ein Segen, dass wir in Europa auch dieses Problem gelöst haben. Neben dem Frieden ist für mich die Bekämpfung des Hungers eine der zweitwichtigsten Grundvoraussetzungen auf dieser Erde.

Insofern glaube ich daran, dass wir Lösungen finden können, und gehe davon aus, dass wir alle gemeinsam nach einer sinnvollen Lösung suchen. Ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass die Europäische Union, die Kommission dieses Mittel zugelassen hat. Und ich sage abschließend noch mal sehr deutlich, sollte sich durch neue und unabhängige Studien herausstellen, dass wir doch andere und neue Erkenntnisse haben, dann bin ich auch dafür, dass dieses Mittel sofort gesperrt und aus dem Verkehr gezogen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Hersel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir debattieren heute ein Thema, welches in den letzten Monaten zunehmend Fahrt aufgenommen hat – kaum eine Talkrunde oder Sondersendung, die sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat: Wie schädlich ist Glyphosat für den Menschen? Von Anfang an war diese Debatte jedoch – und da lassen Sie mich ein themenbezogenes Bild gebrauchen –, von Anfang an war diese Debatte vergiftet, vergiftet mit Halb- und Unwahrheiten, vergiftet mit einer medialen und gesellschaftlichen Hysterie, die alles und jeden verteufelte, der auch nur ansatzweise für eine Zulassungsverlängerung von Glyphosat plädierte. Zuletzt musste Bundesagrarminister Christian Schmidt dies leidvoll erfahren.

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, Peter Ritter, DIE LINKE, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Glyphosat sei Teufelszeug, Glyphosat vergifte neben den Pflanzen auch Tiere und Menschen – und da muss ich sagen, das stimmt auch. Nur möchte ich Ihnen zur Versachlichung auch eine Weisheit Paracelsus’ anheimstellen, denn die Dosis macht das Gift. Eine Prise Salz gibt jedem Eintopf eine angenehme Würze, trotzdem kämen Sie nicht auf die Idee, es schaufelweise auf den Teller zu tun. Selbst wenn Sie auf die Idee kämen, würde Ihr Körper reagieren, sei es mit Ekel oder Erbrechen, um dieses hoch dosierte Tafelsalz loszuwerden. Gäbe es diese Reaktion nicht, wäre auch Speisesalz schädlich oder gar tödlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dank der BMVFraktion haben wir heute viel Zeit, können uns mit diesem Thema sehr ausführlich beschäftigen und vielleicht auch einmal Missstände ausräumen, die in diesem hochsensiblen Thema immer wieder mitschwingen.

Wenn der Antrag hier erst einmal als kurz und prägnant daherkommt, so ist eigentlich nur ein Teil dessen wirklich nüchtern zu betrachten. Die Verurteilung der Zustimmung zur Zulassungsverlängerung der Bundesregierung ist in der Tat ein Punkt, den man diskutieren kann, allerdings haben Sie eine emotionsgeladene Komponente mit eingebaut. Sie argumentieren mit dem Vorsorgeprinzip des Staates und heben damit das Thema quasi auf eine Metaebene, auf der sich trefflich streiten ließe, wie weit denn dieses Vorsorgeprinzip in Einklang mit Risikobewertungen und tatsächlichem Gefahrenpotenzial zu bringen ist.

Die Internationale Agentur für Krebsforschung hat Glyphosat im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ klassifiziert. Dabei trifft die Agentur jedoch keine Aussage zur Risikobewertung. Es wird also eine Entscheidung getroffen, dass etwas schädlich ist, aber nicht, in welcher Konzentration. Das ist übrigens auch der Grund, warum das Bundesamt für Risikobewertung die in Deutschland auftretenden Konzentrationen als für die Gesundheit unbedenklich einstuft.

(Nikolaus Kramer, AfD: Sehr richtig!)

In der gleichen Gruppe der „wahrscheinlich krebserregenden“ Stoffe finden Sie auch Bestandteile von Haarfärbemitteln oder rotes Fleisch. In der Gruppe 1 dieser

Agentur, also den tatsächlich nachgewiesenen karzinogenen Stoffen, finden Sie neben Alkohol und Tabak auch Holzstaub.

Und, meine Damen und Herren von der LINKEN, wie weit soll denn das Vorsorgeprinzip des Staates gehen? Ihrer Logik folgend müssten wir dann die Handwerke der Tischler, der Friseure und der Metzger verbieten. Wollen Sie das wirklich? Ich denke, nicht, denn so viel politische Verantwortung traue ich Ihnen dann doch noch zu.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, verlassen wir die staatstheoretischen Fragen und kommen wir zur Praxis. Was ist überhaupt Glyphosat? Glyphosat ist eines der weltweit am häufigsten verwendeten Herbizide, also ein Pflanzenvernichtungsmittel, und ich sage das auch mit Absicht. Es wurde Mitte der 70er-Jahre durch den Chemiekonzern Monsanto entwickelt. Es wird über die Grünpflanzenteile aufgenommen. Es wirkt nicht selektiv, also auf alle Grünpflanzen, egal ob Unkraut oder Kulturpflanze. Die Wirkung beruht auf der Hemmung eines Enzyms, welches für die Proteinsynthese in der Pflanze zuständig ist. Durch diese Hemmung stirbt die Pflanze innerhalb weniger Tage ab. Da dieser Prozess der Proteinsynthese

(Andreas Butzki, SPD: Jetzt wird es ja ganz stark.)

nur in Pflanzen, Pilzen und Bakterien stattfindet,

(Andreas Butzki, SPD: Da müssen wir noch mal nachhaken.)

kann bei einer sachgerechten Anwendung eine Wirkung auf Mensch und Tier eher bezweifelt werden. Darauf gehe ich aber später auch noch einmal ein.

(Andreas Butzki, SPD: Ja, da sind wir auch ganz gespannt.)

Es ist somit also möglich, einen Acker mit einer einzigen Überfahrt und der einmaligen Ausbringung von Glyphosat sauberzubekommen, da natürlich dann alle Pflanzen, die dort sind, abgetötet werden.

Lassen Sie mich in dem Zusammenhang auf die konkrete Anwendung eingehen. Wie zuvor erwähnt, ist Glyphosat als Breitbandherbizid wirksam gegen jede Form von grüner Pflanzenmasse. In der Landwirtschaft darf es jedoch maximal zweimal pro Jahr mit einer höchstzulässigen Gesamtmenge von 3.600 Gramm Wirkstoff pro Hektar ausgebracht werden. Zwischen beiden Anwendungen müssen außerdem mindestens 90 Tage liegen. Es wird im Ackerbau verwendet, um zur Vorbereitung der Neuansaat im Herbst oder Frühling die Fläche von jeglichem Bewuchs zu befreien,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

sodass die kurz vor oder nach der Anwendung ausgebrachte Neuansaat

(Thomas Krüger, SPD: Wo ist Ihre politische Bewertung?)

möglichst wenig Konkurrenz um Licht, Wasser und Nährstoffe hat.

Früher – und das möchte ich der Vollständigkeit halber erwähnt haben – verwendete man Glyphosat unter anderem auch zur Steuerung des Erntezeitpunktes. Die sogenannte Sikkation, also die Herbeiführung der Abreifebeschleunigung durch künstliches Pflanzensterben, ist allerdings seit 2014 im Regelfall verboten. Und – da hat die Glyphosat-Diskussion tatsächlich auch etwas Gutes – Landwirte verzichten mittlerweile weitgehend auf die Anwendung in den Ausnahmetatbeständen, weil sie schlichtweg Probleme bekommen, das Getreide, was dann mit Glyphosat versetzt ist, loszuwerden.

(Thomas Krüger, SPD: Deswegen haben wir es verboten.)

Insofern hat natürlich hier bereits ein positives Umdenken eingesetzt.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, Sikkation ist verboten.)

Wir bleiben aber beim gesetzlich zulässigen Fall, dass Glyphosat zum Zeitpunkt der Aussaat eingesetzt wird und somit mehrere Monate vergehen, ehe die Ernte eingeholt wird, was mich zur Fragestellung führt: Wie verhält sich Glyphosat in der Umwelt? Glyphosat ist ein relativ umweltverträgliches Herbizid. Es wirkt nur über den direkten Kontakt mit der Zielpflanze, bindet sich schnell an Bodenpartikel und wird durch Bodenbakterien innerhalb weniger Tage abgebaut. Die Halbwertszeit auf einem Acker beträgt rund 14 Tage. Somit ist ein Eintrag in die Umwelt, zum Beispiel durch Auswaschung, kaum gegeben. Über verschiedene Zwischenprodukte entstehen am Ende aus dem Glyphosat lediglich noch Kohlendioxid, Phosphat und Ammonium. Es lässt sich also ableiten, dass eine sachgemäße Anwendung auf Ackerflächen als unproblematisch angesehen werden kann. Jedoch sollte eine Anwendung – der Minister sagte es bereits –, wie sie im Privatbereich häufig anzutreffen ist, auf versiegelten Flächen unterbleiben. Hier werden nämlich größere Teile des Wirkstoffs durch Niederschläge abgewaschen, gelangen in die Kanalisation und somit früher oder später in die Gewässer.

Damit sind wir schon bei der Frage: Wie verhält sich Glyphosat im menschlichen Körper? Immer wieder geistern Meldungen durch den Blätterwald über Lebensmittel, sogar Muttermilch, die mit Glyphosat verunreinigt sein sollen. Die Mengen lagen dabei im Bereich von wenigen Mikrogramm. Genauso könnte man davon sprechen, dass Lebensmittel mit Salz verunreinigt sind. Wir erinnern uns an das Eingangsbeispiel. Glyphosat wird zu 30 bis 40 Prozent im Darm resorbiert und dieser Anteil wird relativ zügig über die Nieren wieder ausgeschieden. Dieses wenige Glyphosat findet sich dann im Urin. Studien haben eine Konzentration von 1 bis 2 Mikrogramm je Liter belegt. Zum Vergleich: Die letale Dosis im Hinblick auf ein handelsübliches Glyphosatprodukt bei Ratten liegt bei 1.000 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.

(Thomas Krüger, SPD: Aber meinen Sie nicht, dass Sie irgendwann zu einer politischen Bewertung kommen müssten?)

Ein Landwirt mit …

(Thomas Krüger, SPD: Das ist ja kein agrarpolitisches Seminar.)

Ach, Herr Krüger, Mensch! Ich habe hier 50 Minuten, die müssen ja auch gefüllt werden.

(Andreas Butzki, SPD: Na, dann reden Sie doch 15 Minuten zügig.)

Das wird vom Schnellersprechen auch nicht besser.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das stimmt, besser wird es nicht.)

Lasse ich mir noch ein bisschen Zeit.

(allgemeine Unruhe – Andreas Butzki, SPD: Sie verstehen doch eh nicht, was Sie da vorlesen.)

Das ist mir klar, dass Sie das nicht verstehen. Deswegen lassen wir das mal.