Protocol of the Session on November 16, 2017

Andere Länder, das hörten wir heute auch schon des Öfteren – Finnland, Dänemark, Estland –, sind bereits seit den Neunzigern digitale Vorreiter.

(Nikolaus Kramer, AfD: Ja, genau.)

Wir als ebenfalls Ostseeanrainer haben damit natürlich die optimalen Voraussetzungen zum Erfahrungsaustausch und – Herr Minister Pegel hat es schon erwähnt – es wird ja auch genutzt.

Hier existiert also eine weit vernetzte IT-Infrastruktur mit hoher Datensicherheit bei gleichzeitiger Ausgewogenheit des persönlichen Datenschutzes. Betrachten wir das Onlinezugangsgesetz als Startschuss und führen wir die Entwicklung des E-Governments weiter fort, geben wir unseren Bürgern die Möglichkeit, über einen Zugang mit einfacher Anmeldung alle Verwaltungsleistungen online zu nutzen. Schon jetzt ist es zwar möglich, allerdings existiert auf behördlicher Ebene eher ein Flickenteppich. Das beginnt mit dem Steuerportal ELSTER, geht weiter über das Kundenportal der Arbeitsagenturen, der elektronische Personalausweis ist noch nicht in seinem vollen Umfang, den er irgendwann mal erreichen könnte, ausgenutzt und es gibt einzelne Kommunen, die schon online Möglichkeiten für die Beantragung von Parkausweisen, Kfz-Zulassungen, Ummeldungen des Wohnsitzes und so weiter zulassen.

Selbst die Bündelung, die bereits auf Bundesebene stattfindet, über das Portal www.bund.de, ist noch weit davon

entfernt, mit drei oder fünf Klicks das Ziel erreichbar zu machen. Sie finden hier unter anderem Stellenanzeigen und öffentliche Ausschreibungen, aber eben auch den Zugang zu 908 Behörden und 102 Verwaltungsleistungen. Auf der jeweiligen Seite ist man meistens jedoch noch nicht am Ziel, befindet sich aber zumindest inhaltlich schon mal an der richtigen Stelle. Auch die verlinkten Seiten zu vereinheitlichen und zusätzlich noch Landes- und kommunale Dienstleistungen anzuknüpfen, wird die weitere nächste große Herausforderung.

Das Gesetz gibt uns fünf Jahre Zeit. Der Fahrplan hat ja in Mecklenburg-Vorpommern schon begonnen. Wir müssen uns daher noch ein wenig Gedanken machen, wie das tatsächlich dann auch positiv umgesetzt wird. Wie können wir die Anforderungen des Bundes erfüllen? Welche Voraussetzungen müssen wir im Land schaffen, um diesem Portalverbund beizutreten? Welche Bedarfe haben die Kommunen und wie berücksichtigen wir diese? Wie gestalten wir den Aufbau des Portals auf Bundesebene aktiv mit?

Eine weitere wichtige Frage – und das sagte auch Herr Pegel bereits –, die zu klären bleibt, ist die Sicherheit. Das Portal und die Daten der Bürger müssen vor Missbrauch und Internetkriminalität geschützt werden. Innenminister Caffier hat es vorgestern in Rostock recht trefflich beschrieben, der öffentliche Dienst ist ein träges Schiff. Es mangelt auch hier nicht nur an Ausstattung, sondern vor allem – wir hatten es vorhin schon mal – an Personal. Entgegen der Antwort auf meine Kleine Anfrage aus dem Sommer – vielleicht erinnern Sie sich – stellen Sie mittlerweile auch fest, dass die Cybercrimeabwehr noch ausbaufähig ist. In Ihrer Verzweiflung wenden Sie sich jetzt an die Bundeswehr. Aber auch dort ist erst vor einem halben Jahr die Neustrukturierung gewesen, indem man das Kommando Cyber- und Informationsraum geschaffen hat. Da ist sicherlich noch viel Aufbauarbeit zu leisten. Ob die uns sofort so schnell helfen, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass Internetkriminelle sich auf der Datenautobahn auf der linken Spur mit rasender Geschwindigkeit fortbewegen. Wenn wir es so sehen wollen, steht Herr Caffier noch am Kasernentor und hebt den Daumen wie einst Lili Marleen, und dann wissen wir das.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE – Heiterkeit bei Bernhard Wildt, BMV)

Nichtsdestotrotz, eine Beschleunigung der Digitalisierung in der Verwaltung, insbesondere auch der digitalen Ausstattung der Polizei, ist unumgänglich.

(Zurufe von Simone Oldenburg, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Erstellung eines Digitalisierungskonzeptes für Mecklenburg-Vorpommern ist ein richtiger Schritt in die digitale Zukunft. Wir befürworten den Antrag der Koalitionsparteien und freuen uns auf die Berichte. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Franz-Robert Liskow.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sozusagen ein Schmiss zu viel.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei so viel Konsens weiß ich ja fast gar nicht mehr, ob ich hier noch großartig meine Rede halten soll.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nee! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Können wir noch ein bisschen Rückenwind holen, genau.

Aber ein paar grundsätzliche Ausführungen mache ich dann doch noch.

(Thomas Krüger, SPD: Genau!)

Ich denke, dass der digitale Wandel und der Ausbau der technischen Infrastruktur eine der großen Herausforderungen der Zukunft sein wird. Das ist, denke ich, hier im Raum unumstritten. Ohne flächendeckende Breitbandversorgung gibt es keine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, keine Neuansiedlung von Unternehmen, keinen Anstieg der Lebensqualität in unserem Land. Die wirtschaftliche Entwicklung bleibt zurück und Unternehmen wandern perspektivisch ab. Die digitale Teilhabe wird die Zukunft unseres Landes maßgeblich bestimmen.

Deshalb haben wir in den zurückliegenden Jahren jede Maßnahme unterstützt, um den zügigen Ausbau des Breitbandnetzes voranzutreiben. Digitale Infrastrukturen, digitale Wirtschaft, digitales Arbeiten, digitale Bildung und Forschung sind nur einige Punkte, die unser Leben heute und zukünftig prägen werden. Der demografische Wandel, die wirtschaftliche Entwicklung, der Verkehr und die Veränderung der Verwaltungsstrukturen stellen die Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Die vielfältigen Anwendungsbereiche der Digitalisierung sind existenziell, um die in ländlichen Regionen entstehenden Nachteile zu verringern. Wo in Zukunft kein Internet vorhanden ist, da werden auch keine Menschen sein.

Der Kollege da Cunha hat schon zu Recht auf unser Gesetz, was die Bundesregierung am 8. April 2014 verabschiedet hat, hingewiesen. Ich denke, ich brauche darauf inhaltlich nicht weiter einzugehen, möchte aber dennoch auch hier gerne die noch amtierende Bundesregierung loben und insbesondere das unionsgeführte Ministerium, das dieses Gesetz auf den Weg gebracht hat. Ich habe in dem Sinne also auch keine Angst, dass in einer zukünftigen Jamaika-Regierung dieses Thema zu kurz kommen wird.

(Zurufe von Sebastian Ehlers, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Unser Ziel ist es, dass gerade ländliche Regionen zu stärken sind, indem die technologischen, regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, um bestehende strukturelle Nachteile durch die Nutzung der Digitalisierung auszugleichen. Leben, Wirtschaften und Versorgen wird im Jahr 2020 und danach ohne digitale Infrastruktur und die dazugehörigen rechtlichen und verwaltungstechnischen Rahmenbedingungen nicht darstellbar sein. Aus diesem Grunde befürworten wir selbstverständlich den Antrag der Regierungsfraktionen

(Tilo Gundlack, SPD: Danke!)

und freuen uns auf eine interessante Debatte. – Vielen Dank. Tschau!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!

Herr Pegel, so viel Rückenwind, da muss man ja aufpassen, dass Sie nicht umgepustet werden!

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Dass Sie nicht umfallen, dass Sie stehen bleiben können, darum bin ich jetzt hier.

(Tilo Gundlack, SPD: Wir stützen ihn von vorne.)

Und für Menschen, die mich kennen, ich verstehe von Technik und Digitalisierung genauso viel wie vom Kochen und Backen – nichts.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Aber der Antrag enthält Worte wie „Barrierefreiheit“, „Bürger/-innennähe“, und deshalb stehe ich hier, denn von Barrierefreiheit verstehe ich so viel wie vom Schränkebauen – alles.

(Sebastian Ehlers, CDU: Von Digitalisierung haben Sie nichts gesagt. – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Menschen benötigen Barrierefreiheit, und das nicht ausschließlich für chronisch Erkrankte, für Behinderte und für eingeschränkte Menschen. Barrierefreiheit heißt ohne Hürden, also schwellenlos, also für alle, für Bürgerinnen und Bürger, für Einwohnerinnen und Einwohner.

Digitalisierung ist in einem Flächenland wie MecklenburgVorpommern immens wichtig. Das hat übrigens meine Fraktion in den letzten Legislaturen immer so gesehen und es mit Anträgen zur Abschaffung von Störerhaftung, Stärkung der Freifunkinitiativen im Landtag thematisiert.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Herrlich!)

Leider haben Sie, liebe Regierungsfraktionen, das damals nicht ganz so gesehen, es abgelehnt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da gab es immer Gegenwind und keinen Rückenwind!)

Das ist schade, aber nicht mehr zu ändern. Deswegen begrüßen wir es natürlich sehr, dass heute von den Regierungsfraktionen dieser Antrag auf der Tagesordnung steht, der die Verbesserung digitaler Angebote der Verwaltung beinhaltet.

Leider, so muss ich sagen, stützt sich Ihr Feststellungsteil auf eine Annahme, die wir so nicht teilen. In Punkt 1 behaupten Sie nämlich, das Onlinezugangsgesetz in seiner Fassung vom 18. August 2017 schaffe die Voraussetzung dafür, dass die digitalen Angebote von Bund, Ländern und Kommunen besser verknüpft werden könnten. Nimmt man sich das Onlinezugangsverbesserungsgesetz jedoch zur Hand, sind in Paragraf 1 lediglich

die Länder und der Bund verpflichtet, zu kooperieren und ihre Angebote zu bündeln. Bis spätestens 2022 soll dann ein Portalverbund existieren, der die Angebote von Bund und Ländern verknüpft.

Die Bundesregierung hat das aber nicht gehindert zu behaupten, dass mit der Einbindung der Länder auch die Kommunen gemeint seien. Der Bundesrat hat dieser Pauschalbehauptung jedoch widersprochen und festgestellt, Zitat, „dass in Artikel 9 des Gesetzentwurfs zum Onlinezugangsgesetz keine Aufgaben an Gemeinden und Gemeindeverbände übertragen und diesen auch im Übrigen keine Verpflichtungen auferlegt werden. Eine Aufgabenübertragung an Gemeinden und Gemeindeverbände ist dem Bundesgesetzgeber durch Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG untersagt.“ Zitatende.

Ich stelle also fest, dass es keineswegs rechtssicher ist, dass Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet sind, Ihrer Offerte zu folgen, es sei denn, es findet sich in diesem Landesparlament endlich eine Mehrheit für die dahin gehende Änderung der Kommunalverfassung, dass die Onlinebereitstellung von Angeboten der Verwaltung verpflichtend ist. Die kommunalen Spitzenverbände und auch der Städte- und Gemeindetag haben nämlich erhebliche Bedenken und wollen erst einmal abwarten, wie das Onlinezugangsgesetz im konkreten Fall umgesetzt wird. Im Zweifel dürften beispielsweise ein Bürgermeister oder eine Gemeindevertretung sich nicht an das Onlinezugangsgesetz gebunden fühlen, weil in der Kommunalverfassung die kommunale Selbstverwaltung festgeschrieben ist.

Estland können Sie als noch so tolles Beispiel nehmen, dort gibt es im Übrigen ganz andere Gesetze, und zwar auch direkte Bürgerbeteiligungsgesetze. Die haben wir nicht.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)