Protocol of the Session on November 15, 2017

irgendwie Ängste zu schüren und zu verunsichern.

(Jochen Schulte, SPD: Er kann nicht anders.)

Bei vielen Veränderungen in der Gesellschaft und in der Welt allgemein soll wenigstens in der Familie alles beim Alten bleiben. Die Lebenswirklichkeit sieht anders aus, meine Herren.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Komning?

Herzlich gerne.

(Jochen Schulte, SPD: Solange er noch hier ist.)

Ja, solange ich noch hier bin, sage ich natürlich auch was.

Frau Julitz, wir reden ja über Geschlechtergerechtigkeit. Wie viele Geschlechter gibt es aus Ihrer Sicht eigentlich?

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Also das ist eigentlich so, das haben wir ja vorhin gehört, es gibt Mann, Frau, es gibt jetzt das dritte Geschlecht, es gibt Menschen, die im falschen Körper geboren sind, es gibt Menschen, die ein Geschlecht haben, und ich sage mal …

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gucken Sie doch mal bei Facebook nach!)

Es ist unglaublich. Also ich lege mich da nicht fest, wie viele Geschlechter es gibt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Das ist ja, das liegt ja an jedem selbst. Also …

(Martina Tegtmeier, SPD: Das ist die Natur.)

Das ist die Natur.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sie dürfen sich wieder setzen!

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Bleiben wir also bei dem Bild der traditionellen Familie – Mutter, Vater, möglichst mehrere Kinder. Papa ist der Familienernährer, Mama versorgt die Kinder und den Haushalt und hält ihrem Mann den Rücken frei.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das haben Sie alles kaputt gemacht. Das gibt es nicht mehr.)

Das ist total in Ordnung, wenn die Familie so leben möchte. Fraglich ist nur, warum vor allem die konservativen Kreise meinen, dass genau dieses Bild das traditionelle Familienbild darstellt. Im Adel wurden Kinder von Kinderfrauen großgezogen, in bäuerlichen Familien liefen die eben so mit und arbeiteten mit, im 19. Jahrhundert in den Arbeiterfamilien war die Frau erwerbstätig, weil ein Gehalt nicht ausreichte. Von Zerstörung kann also überhaupt gar nicht die Rede sein. Gleichstellungsarbeit, Gleichstellungsforschung ist nötig, um allen Formen von Familien die gleichen Voraussetzungen zu schaffen. Mehr ist das gar nicht.

Die Ministerin sprach vom Global Gender Gap Report, zugegebenermaßen auch so ein Begriff, der vielleicht ein bisschen schwierig ist.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Schockierend ist dabei nicht nur die Zahl 217, sondern auch die Zahl 12. Das ist nämlich unser Rang im Ländervergleich: Rang 12, hinter Ländern wie Schweden, Island, Norwegen, Ruanda und so weiter. Betrachtet werden hierbei unter anderem mögliche Lohnlücken, Erwerbstätigkeit, Frauen in Führungspositionen, in Politik, Chancengleichheit. Das ist Gleichstellungspolitik, nichts anderes.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Das zeigt, Gleichstellung ist alles andere als selbstverständlich, auch in Deutschland nicht. Solche hohlen Phrasen wie die letzte Pressemitteilung der AfD zu diesem Thema, die genau das erklärt und dies mit einer Verankerung im Grundgesetz erklärt, sind lächerlich. In Artikel 3 steht nämlich auch, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichstellung fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt. Nichts anderes wird getan.

Die Tatsachen liegen auf der Hand. Machen Sie doch einfach die Augen auf, meine Herren, denn Damen haben Sie ja nicht! Schauen Sie auf die Lohnunterschiede, auf die Chefsessel! Frauen sind gleichwertig, zum Teil besser ausgebildet. Warum verdienen sie weniger? Und warum sitzt in Ihren Reihen eigentlich keine Frau?

Gleichstellungsgegner kommen dann ganz gerne auf die Quote.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Die kann ja keiner wollen. Frauen schaffen das, wenn sie gut sind, auch ganz alleine. Blödsinn! Was meinen Sie denn, warum auf dieser Seite der Bänke

(Thomas Krüger, SPD: Ja!)

mehr Frauen sitzen oder überhaupt Frauen sitzen

(Thomas Krüger, SPD: Ja! Richtig!)

und bei Ihnen keine?!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Weil Sie eine Quote haben. – Thomas Krüger, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig erkannt!)

Ganz genau,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig erkannt!)

weil wir auch eine Quote haben,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

die Frauen ermöglicht …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut, dass Sie so ein Blitzmerker sind.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren …

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Andreas Butzki, SPD – Glocke der Vizepräsidentin)

Die Männer, die da sitzen, haben keine...

Kleinen Moment! Frau Abgeordnete, einen kleinen Moment!

Ich bitte Sie nochmals, nicht solche Gespräche quer über den Saal hier zu führen. Lebhafte Debatte ja, aber das Wort hat die Abgeordnete Frau Julitz.

Der Unterschied ist, dass die Männer auf dieser Seite keine Angst haben, dass die Frauen, gute Frauen, ihnen die Plätze wegnehmen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Genau, so ist es.)

und genau weil einige Parteien gezielt Frauen fördern und ihre Listenplätze durchaus auch paritätisch gestalten. Und wissen Sie was, diese Frauen, die hier sitzen, sitzen nicht aufgrund der Quote hier, sondern weil sie gut sind, genauso gut wie ihre männlichen Kollegen.