Protocol of the Session on November 15, 2017

(Thomas Krüger, SPD: Der Kormoran ist der Virus?)

Ja, der die Fische tötet oder frisst.

(Thomas Krüger, SPD: Der Kormoran ist ein Virus? Habe ich das richtig verstanden?)

In Anführungsstrichen, Herr Krüger.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE: Die haben Sie überhört. – Thomas Krüger, SPD: Ja, die habe ich nicht gesehen, die Anführungszeichen.)

Und was zwingt uns zum Handeln? Fangverbote. Der Fischereiausschuss im Europäischen Parlament hat über ein vollständiges Fangverbot des europäischen Aals nachgedacht, weil er vom Aussterben bedroht ist. Prompt kam der EU-Kommissionsvorschlag für ein Aalfangverbot in der Ostsee, welches gerade noch so Ende Oktober abgewendet werden konnte.

(Thomas Krüger, SPD: Sie können ja auch mal einen Glasaal fangen.)

Der Mensch soll sich zurücknehmen,

(Thomas Schwarz, SPD: Das macht er ja nicht.)

der Kormoran nicht.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Der Landesanglerverband gab dieses Jahr für Aalbesatz – das sind in Aalfarmen vorgestreckte Aale – 96.000 Euro aus. Davon waren 34.000 Euro Fördermittel des Landes.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Auch hier können Sie in Zukunft noch etwas spendabler sein, Herr Backhaus, aber doch nicht dafür, damit der Kormoran sich sattfressen kann.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Aßmann?

Auf welcher rechtlichen Grundlage wollen Sie Ihre Forderung des Antrages durchsetzen?

Die kommen in meinen Ausführungen noch. Ich habe ein paar Seiten hier.

Studienzahlen belegen, an circa 150 Fresstagen im Jahr – und man geht davon aus, dass jeder hundertste gefressene Fisch ein Aal ist – errechnen sich bei der derzeitigen Population, auf die ich noch zurückkomme, für jeden Fresstag 2.050 Aale. Das macht im Jahr 2017 307.500 Aale.

Schauen wir zurück: Der Kormoran belastet seit Jahrhunderten die Fischerei in ganz Europa. Theodor Fontane beschrieb schon 1861 in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ die schwarzen Gesellen, die durch Jäger und Schützen nahezu ausgerottet wurden, nachdem die märkischen Seen fast leergefressen waren. Seinerzeit scheute man weder Kosten noch Aufwand, um die Kormoranschäden zu unterbinden.

(Thomas Krüger, SPD: Stimmt, da wurde einiges abgeschossen.)

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schwankten die Zahlen der Populationen regional auf einem niedrigen Niveau. 1965 war der Kormoran eine bedrohte Tierart und es fand ein Bewusstseinswandel statt.

(Thomas Krüger, SPD: Eben.)

Der Kormoran wurde Anfang der 70er unter Schutz gestellt. Da der Kormoran hier kaum – Herr Lenz hat es auch schon gesagt – natürliche Feinde hat, kam es dann zu einem exponentiellen Wachstum der Population.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: War das wieder in Anführungszeichen?)

Das war nicht in Anführungszeichen. Ich sage das dann schon.

In M-V hatten wir bis 1970 im Binnenland kaum ein Brutpaar

(Minister Dr. Till Backhaus: Die waren ausgestorben.)

und in den Küstengewässern circa 1.000. 1990 hatten wir in Mecklenburg-Vorpommern schon wieder über 4.000 Brutpaare. Seit 1996 haben wir in Gesamteuropa einen guten Erhaltungszustand.

Der Landesregierung wurde im Jahr 2009 der Forschungsbericht der Universität Rostock vorgelegt mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen über die Situation des Kormorans in Mecklenburg-Vorpommern. Es wurde festgestellt, dass zum Arterhalt 1.400 Brutpaare in Mecklenburg-Vorpommern ausreichend sind, anders als beim Wolf, da haben wir noch keine Untergrenze.

(Thomas Krüger, SPD: Sie haben doch dargelegt, dass jeder, der sich herauswagt aus dem Wald, abgeschossen werden soll.)

Ich kann mich noch erinnern, dass man damals in den Jahren zwischen 2006 und 2009 hier im Landwirtschaftsministerium viele Gespräche geführt hat, und man hatte so eine Obergrenze als Kompromiss festgelegt.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD)

Das waren 6.000 Brutpaare. Die Realität sind aber derzeit circa 15.500 Brutpaare.

(Elisabeth Aßmann, SPD: Bringen Sie mal was Neues! Sie wiederholen immer das Gleiche.)

Okay, die Zahlen von 2017 hatte ich jetzt noch nicht, aber im letzten Jahr waren es 15.000, davon leben circa 85 Prozent an den Küstengewässern. Wann wird gehandelt?

Ich zitiere jetzt die Koalitionsvereinbarung, Ziffer 175, Frau Aßmann: „Der wissenschaftlich definierte, jeweils günstige Erhaltungszustand von Wildtierpopulationen darf nicht gefährdet werden. Die Interessen der Nutzer werden besser mit den Belangen des Naturschutzes in Übereinstimmung gebracht. Ist der gute Erhaltungszustand erreicht, wird es zu Bewirtschaftungen und Entnahmen kommen können.“ Zitatende. Das steht in Ihrem Koalitionsvertrag.

(Thomas Krüger, SPD: Stimmt doch so. Das steht da so. – Elisabeth Aßmann, SPD: Auch nichts Neues! – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Über ein Jahr ist jetzt rum.

(Thomas Krüger, SPD: Wann kommt denn jetzt mal was Neues von Ihnen? – Andreas Butzki, SPD: Wo ist die gesetzliche Grundlage?)

Wann will die Koalition denn nun handeln mit den Entnahmen und mit der Bewirtschaftung, während die Kormoranpopulation immer wieder zunimmt? Wir reden hier über circa 87.000 Einzeltiere, die pro Fresstag 26 Tonnen Fisch entnehmen. Das macht 3.900 Tonnen im Jahr, und selbst

dann, wenn man den Unterwert von 300 Gramm pro Kormoran pro Fresstag ansetzt, ist das realistisch. Ich habe es erklärt.

(Andreas Butzki, SPD: Erklären Sie es noch mal! Sie haben ja noch Redezeit.)

Hinzu kommen die ganzen Fische, die aufgrund von Verletzungen sterben, und dann kommen noch die Kormorane aus Skandinavien dazu, die im Winter in den Süden ziehen.

(Thomas Krüger, SPD: Die sind eingewandert, ne? – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Wir können also von mehr als 6.000 Tonnen Fisch pro Jahr ausgehen. Diese Zahlen lassen erkennen, in welchen Dimensionen wir die realen Dinge sehen müssen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Genau.)

Der gewaltig gewachsene Kormoranbestand ist da und sein Fressbedarf ist ebenfalls vielfach untersucht und nachgewiesen worden. Der immer weiter anwachsende Schaden nicht nur an den Fischbeständen ist nicht mehr wegzuleugnen. Heute weggefressene Jungfische wären die bestandserhaltenden Fische von morgen gewesen, ich betone „gewesen“. Es ist also wieder mal fünf Minuten vor zwölf,

(Andreas Butzki, SPD: Nee, schon nach zwölf.)

um dem immer noch wachsenden Schadensumfang endlich wirksame Maßnahmen entgegenzusetzen.