Ich als Rostocker hätte vielleicht noch damit leben können, aber ich glaube, für dieses Land wäre es nicht gut gewesen.
Und so schlimm, wie es jetzt momentan ist, und so gut, wie es ist, wenn dieser Zustand schnellstmöglich beseitigt wird, aber das, was jetzt hier passiert ist, macht deutlich, wie wichtig dieses Autobahnteilstück hinter Rostock ist, wie wichtig der östliche Teil dieser Autobahn für dieses Land in Gänze ist, wie wichtig er für die Tourismuswirtschaft ist, aber wie wichtig er auch für die Menschen, die hier leben, und für die einheimische Wirtschaft ist. Ich hoffe zumindest an dieser Stelle – und damit möchte ich auch enden –, dass die Diskussion über die Sinnhaftigkeit dieses Verkehrsvorhabens und vielleicht auch in der Zukunft über die Sinnhaftigkeit des einen oder anderen Verkehrsvorhabens, das wir in diesem Land, gerade im östlichen Landesteil, noch durchführen sollten oder auch durchführen müssen, an anderen Stellen damit beendet ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eben hat Minister Pegel das wiedergegeben, was er vorgestern schon öffentlich zur Sachlage und zu seinem Maßnahmenpaket für die ersten dringenden Schritte zum Wiederaufbau der abgesackten Stelle an der A 20 vorgestellt hat. Es wurde bereits gesagt, auch im vergangenen Energieausschuss in der letzten Woche hat er auf unseren Antrag hin ausführlich über den Sachstand berichtet, und, Herr Kollege Schulte, ich habe nicht nur die Hoffnung, sondern ich denke, das ist völlig selbstverständlich, so kenne ich den Minister, er wird das auch weiterhin tun.
Angesichts dessen – und das gestatten Sie mir hoffentlich, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen – erlauben Sie mir die Frage: Was ist denn nun der Mehrwert dieses Dringlichkeitsantrages?
Wir haben ja in der letzten Landtagssitzung über den Rückenwind geredet, dieses Mal ist es sozusagen Rückenwind per Dringlichkeit,
(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Dieser Rückenwind kann leicht zum Seitenwind werden und dann gefährlich.)
aber trotzdem nehmen Sie mir meine Bewertung nicht übel, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Zumindest der Antragstext, nicht das Thema, ist ja tatsächlich sehr aktuell und wäre vielleicht sogar besser geeignet gewesen als Aktuelle Stunde, aber der Antragstext, so, wie er uns hier vorliegt, macht eigentlich deutlich, dass das heute reine Symbolpolitik ist und nichts direkt Neues auf den Tisch kommt.
Wir haben als Fraktion trotzdem der Dringlichkeit zugestimmt und wir werden auch dem Antrag zustimmen.
So viel schon vorab, denn wir wissen ganz genau: Erstens sind die Menschen vor Ort natürlich betroffen und das bewegt die Leute sehr. Insofern ist es schon gut, dass wir darüber diskutieren. Zweitens lebt Politik natürlich auch von Symbolik.
Aber nun zum Thema, das ist auf jeden Fall ernst genug und bedarf unserer eingehenden Betrachtung, und das, wie gesagt, nicht nur heute.
Als ich die ersten Bilder von dem Abbruch gesehen habe, dachte ich, das sieht eigentlich aus wie nach einem Erdbeben. Wir können also froh sein, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist, und das muss auch so bleiben. Deshalb, Herr Minister, der Wunsch, die Richtung von Rostock nach Stettin offenzuhalten, in allen Ehren und solange es Möglichkeiten dafür gibt, sollte das auch getan werden, aber Sie haben es selbst schon gesagt, eine Vollsperrung ist nicht völlig ausgeschlossen. Die Überwachung dieses Abschnitts ist deshalb ganz besonders wichtig.
Wichtig ist – und das halten wir für eine wirklich dringend notwendige und auch gute Lösung –, dass mehrere Umleitungsmöglichkeiten geschaffen werden, sodass sich die Belastungen für beide Seiten, also für die Anwohner und die Nutzer, verteilen können. Vielleicht wird es sogar notwendig sein, den Schwerlastverkehr vom normalen Pkw-Verkehr zu trennen. Ich kann mir vorstellen, dass das auch eine wesentliche Erleichterung für alle Pendler wäre.
Schmunzeln musste ich, als ich in der Presseerklärung las, Herr Minister, dass der Bau des Autobahnzubringers zur Anschlussstelle Bad Sülze nun beschleunigt wird. Bisher habe ich gedacht, dass ein solches Vorhaben immer so schnell wie möglich zum Abschluss gebracht werden muss.
Wir begrüßen, dass es eine Behelfsauf- und -abfahrt zur A 20 geben soll, bis die geplante Behelfsbrücke steht. Ich kann auch gut nachvollziehen, dass im Moment für alle
Beteiligten und Betroffenen am wichtigsten ist, dass die Belastungen für die Anwohner und für die Nutzer der A 20 so gering wie möglich gehalten werden. Deshalb hoffe ich, dass trotz des enormen Drucks, der auf ihnen lastet, alle Verantwortlichen auch die nötige Coolness bewahren, damit nicht noch weitere Katastrophen passieren.
Herr Minister, Sie betonen immer wieder, dass es Ihnen nicht um Schuldzuweisungen geht. Das ehrt Sie, aber um Verantwortung geht es schon. Baurecht geschaffen haben damals mit der Planfeststellung die Kolleginnen und Kollegen des Wirtschaftsministeriums in MecklenburgVorpommern, aber die Verantwortung trägt der Bund. Die A 20 war eines der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, die DEGES wurde gegründet und das Gesetz zur Beschleunigung der Planungen der Verkehrswege in den neuen Bundesländern beschlossen. Auf dieser Grundlage hat der Bund über die Trassenführung entschieden. Insgesamt – das wissen Sie alle und der Minister ist auch schon darauf eingegangen – war es ein sehr aufwendiger und zeitraubender Prozess, da es um einen äußerst sensiblen Naturraum ging. Moor bildet den Untergrund nicht nur an dieser Stelle, sondern weit in die Fläche hinein. Umwelt- und Naturschützer, aber auch Wissenschaftler der Universität Greifswald hatten große Bedenken geäußert, da es sich um einen lebenden Untergrund handelt, der in Bewegung ist.
Deshalb, meine Damen und Herren von der Koalition, der Satz in Ihrem Antrag, dass die A 20 beweist, dass auch in ökologisch sensiblen Bereichen Verkehr mit Umwelt- und Naturschutz vereinbar gestaltet werden können, stimmt gerade an dieser Stelle hundertprozentig nicht. Zumindest, denke ich, ist es unbedingt erforderlich, bei allen weiteren Maßnahmen, diese naturräumliche Ausstattung dringend zu beachten. Die Natur verzeiht Fehler eben nur für eine begrenzte Zeit.
Nun ist es aber nicht so, dass es keine Erfahrungen mit schwierigen Bodenverhältnissen beim Straßen- und Autobahnbau gab, und ich gehöre auch nicht zu denen, die neue, innovative Verfahren für völlig abwegig halten. Würden wir ein solches Vorgehen ausschließen, dann würden wir vielleicht heute noch in Erdhöhlen wohnen oder zumindest uns noch im Mittelalter befinden. Dass das Gründungssystem aber nicht das gehalten hat, was man sich davon versprochen hat, das scheint mir ziemlich offensichtlich. Es muss Ursachenforschung betrieben werden, schon, um beim Wiederaufbau ähnliche Fehler zu vermeiden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Summa summarum wird es Jahre dauern, bis die Autobahn bei Tribsees wieder ohne Einschränkungen befahrbar ist. Das wird Unsummen verschlingen. Ich sagte schon, die Verantwortung trägt der Bund. Das steht zumindest für mich und meine Fraktion zweifelsfrei fest. Das bedeutet, dass das Geld für die Beseitigung dieses Desasters inklusive aller Umleitungen, Behelfsbrücken und weiterer notwendiger Maßnahmen nach unserer Auffassung vom Bund kommen muss. Nur das kann mit dem Punkt a) unter Nummer III gemeint sein.
Zum Schluss noch ein paar Bemerkungen zur Bedeutung der A 20, vor allen Dingen auch deshalb, weil Minister Glawe, obwohl er das gar nicht darf, wieder von der Regierungsbank kommentiert hat, DIE LINKE hätte ja die A 20 nie gewollt.
Ich bezweifle das doch überhaupt nicht. Ich will nur darauf eingehen und wollte bemerken, Herr Minister, dass es doch besser ist, wenn Sie vom Abgeordnetenplatz aus Zwischenrufe machen.
Also Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, DIE LINKE wollte die A 20 in dem Sinne nie. Wir waren allerdings …
(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Torsten Renz, CDU: Erklären Sie das doch noch mal! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Also außer der LINKEN waren es natürlich noch ganz viele andere, die auch ihre Zweifel hatten zu dem Zeitpunkt, ob die Autobahn an dieser Stelle wirklich richtig gelegen ist.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch dazu, dass wir in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre, als sozusagen schon entschieden war, dass die Autobahn gebaut wird, in den Verhandlungen mit der SPD gesagt haben, selbstverständlich akzeptieren wir das Ergebnis und wir akzeptieren natürlich auch, dass das heute eine Lebensader für Mecklenburg-Vorpommern ist. Allerdings …
(Torsten Renz, CDU: Das heißt, Sie haben sich damals geirrt in Ihrer Auffassung, oder nicht? Haben Sie sich damals geirrt in Ihrer Auffassung?)
Ich möchte Ihnen, um zu zeigen, dass die Diskussionen natürlich auch heute nicht verstummt sind, gern ein Zitat vorlesen, das nicht von uns kommt. Es kommt nämlich aus einem Kommentar in der gestrigen „Schweriner Volkszeitung“. Ich würde gern einen Abschnitt daraus zitieren, um deutlich zu machen, dass wir mit dieser Einschätzung, dass es nicht unbedingt einer so schweren