Das Zeitszenario will ich noch mal ein bisschen weiter spannen – Frau Schlupp hat darauf hingewiesen –: 2007 haben wir in Georgien den ersten Ausbruch gehabt. Dies ist dann – im Übrigen im Wesentlichen nachgewiesen über den Menschen – über die Ukraine, Weißrussland, Russland, Lettland, Litauen und Estland weitergetragen worden. Seit Anfang 2014 haben wir die ersten Fälle in Polen und die Ausbreitungstendenz in Richtung Westen und Süden geht massiv weiter voran, am 27.06.2017 dann die Meldung der ASP im südöstlichen Teil Tschechiens beim Internationalen Tierseuchenamt.
Die Schadensfälle will ich ein bisschen in Erinnerung rufen: Wir haben insgesamt in Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ukraine und Tschechien mittlerweile über 220 Fälle, sodass nachgewiesenermaßen mehr als 2.600 Tiere davon betroffen waren oder Bestände ausgeräumt werden mussten. In Polen ist die Ausbreitung in Richtung Westen zu erkennen und das Geschehen ist derart aufgebaut, dass die Veterinärdienste in Estland und Litauen aktuell erklärt haben, die Kontrolle über das Geschehen vorübergehend verloren zu haben. Ich hoffe, jedem in diesem Hohen Haus ist bewusst, was das bedeutet: Das heißt, die Katastrophe ist außer Kontrolle.
Die wirtschaftlichen Folgen allein für Mecklenburg-Vorpommern sind wie folgt: 830.000 Tiere werden in 200 Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern gehalten. Wenn man sich überlegt, wie viele Tierbestände wir in Deutschland haben – wir haben insgesamt 28 Millionen Schweine in Deutschland und wir haben 26.000 Betriebe. Wir haben leider davon nur 200, aber man kann sich vorstellen, was das, wenn es weitergeht, für diesen Wirtschaftsbereich – Schlachtung, Fleischverarbeitung – bedeutet. Im Übrigen wären mehr als 40 Betriebe – ich habe nur den einen großen Schlachthof bis jetzt genannt –, wären mehr als 40 Betriebe und damit rund 3.700 Beschäftigte allein in Mecklenburg-Vorpommern daran beteiligt und würden wahrscheinlich ihre Arbeit verlieren.
Das heißt, wir haben es hier insgesamt mit einem allerhöchsten Risiko zu tun: die hohen Restriktionen, das drohende Exportverbot. Wer von Ihnen weiß eigentlich, dass wir frisches Hack mittlerweile nach China oder Japan liefern dürfen? Oder der gesamte Export von Fleisch und Wurstwaren wäre damit am Ende. Ich will das noch mal unterstreichen: Der Ausbruch ASP würde dramatische Folgen für die Schweinhaltung und die Schwein verarbeitenden Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern nach sich ziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den präventiven Maßnahmen: Leider gibt es wie bei der klassischen Schweinepest die Möglichkeit des Impfens nicht. Trotz intensiver Forschung gibt es noch keinen neuen Impfstoff. Aber was mich erfreut, erst vor wenigen Tagen – diese Information ist brandneu – haben australische Wissenschaftler die genetische Information entschlüsselt, die die Entwicklung eines Impfstoffes ermöglichen könnte. Auch daran ist das Friedrich-Loeffler-Institut indirekt beteiligt. Ich fordere hier ganz klar den Bund, die Bundesregierung auf – wie mehrfach schon, wie mehrfach –, mehr in Richtung Forschung zu gehen und mehr Mittel für die Entwicklung eines Impfstoffes bereitzustellen.
Zur Öffentlichkeitsarbeit: Ich glaube, auch hier ist der Bund absolut in der Pflicht – ich habe es im Übrigen mehrfach geschrieben –, die Informationskampagne voranzutreiben und die hohen Einschleppungsrisiken durch Reise- und Wirtschaftsverkehr zu minimieren. Auch die Gefahr der Einschleppung über den Jagdtourismus ist eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung. Regelmäßige Kolloquien mit der Jägerschaft, mit Wissenschaftlern und Veterinären müssen mehr stattfinden, auch regelmäßige Stichprobenuntersuchungen von Haus- und Wildschweinen. Wir machen das im Übrigen: Seit 2011 werden Proben von Haus- und Wildschweinen zur Früherkennung in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Ich fordere alle anderen Bundesländer ausdrücklich auf, unserer Initiative nachzukommen.
Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir alles daransetzen, jetzt Vorsorge zu treffen und dass wir eine Aufklärungskampagne mit der Landesjägerschaft, mit den Hegegemeinschaften, dem Jagdforst, den Naturschutzbehörden und den Verbänden durchführen. Wir haben auch eine regelmäßige Beratung mit Veterinären, dem Landesamt für Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit, der Bundeswehr, dem Zoll, der Bundespolizei zur Prophylaxe, Früherkennung und zur Bekämpfung vorgesehen und umgesetzt.
Im Übrigen habe ich vor einigen Tagen eine Task Force eingerichtet, die sich mit dem Thema noch intensiver auseinandersetzt, und Spezialisten innerhalb des Landes zusammengeführt. Ich glaube auch, der Entwurf einer ASP-Jagdverordnung für den Fall des Ausbruches war und ist richtig. Wir machen regelmäßig Tierseuchenuntersuchungen. Der Haushalt dieses Landes hat über 300.000 Euro zur Sanierung der Wildsammelstellen beziehungsweise zur Beschaffung von Funktionalcontainern ermöglicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, es ist an der Zeit, wirklich Tacheles miteinander zu reden. Es gibt noch einiges zu tun. Auf der einen Seite ist klar: Die Wildbestände müssen im Schwarzwildbereich dramatisch reduziert werden. Deswegen bin ich sehr dankbar für den Änderungsantrag, dass wir finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, die wir im Übrigen aus dem Sondervermögen finanzieren, mit dem Ziel, auch hier Anreize zu schaffen oder nach zusätzlichen Lösungen zu suchen.
Ich gehe davon aus, wir haben in diesem Lande tatsächlich 200 bis 300 Prozent Zuwachsraten und diese Schwankungen unterliegen der Witterung und dem Nahrungsangebot. Die Strecke allein im letzten Jahr waren 60.700 Stücke. 60.700 Stücke! Und wir müssen dies deutlich erhöhen. Meine Divise ist, wir müssen auf
75.000 bis 80.000 Stücken Schwarzwild kommen, um überhaupt zu einer Reduktion der Wildschweinbestände zu kommen. Deswegen brauchen wir dieses Sofortprogramm, das ja auch durch meine Fraktion maßgeblich mit auf den Weg gebracht worden ist. Ich sage Ihnen, wir werden alles unternehmen, um damit das Risiko einer Einschleppung weiter zu minimieren.
Das bedeutet – noch mal – eine drastische Reduktion der Wildschweinbestände. Hierzu werden wir 2 Millionen Euro in einem Sofortprogramm bereitstellen und dieses dann auch sofort umsetzen.
Es ist dringend Eile geboten, denn die Drückjagdsaison beginnt jetzt. Ich glaube, dass wir mit diesem Programm Vorreiter sein können in Deutschland, denn zum Vergleich darf ich hier nur eine Zahl mal herausgreifen: 9,3 Millionen Euro hat die Europäische Kommission zur Folgeminderung in Polen zur Verfügung gestellt, das heißt, um dort die Bestände zu reduzieren, die dann in die Tierkörperbeseitigung gehen. Diese 2 Millionen einzusetzen, um dieses wertvolle Produkt auch zu vermarkten, halte ich jedenfalls für richtig. Ich fordere im Übrigen ausdrücklich unsere Nachbarländer auf, das Gleiche zu tun, um damit quasi zu einer maßgeblichen Reduktion der Tierbestände insgesamt zu kommen.
Und abschließend: Ich möchte einen Appell loswerden an die Jägerschaft dieses Landes. Ob als Privatjagdbesitzer, ob in einer Genossenschaft, ob in der Forst – Sie alle, wir alle sind in der Pflicht, die Bestände zu reduzieren. Und so werde ich inständig und ausdrücklich an alle Jäger, Forstleute, Landwirte appellieren, alles daranzusetzen, in den nächsten Wochen einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion zu leisten, um damit hoffentlich einen ASP-Übergriff auf Mecklenburg-Vorpommern zu verhindern. – In diesem Sinne vielen Dank und Weidmannsheil!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Werte Bürger im Lande! Das ist nicht so richtig mein Thema, aber ich versuche es. Ich versuche das heute trotzdem mal.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU: Dann können Sie sich gleich wieder hinsetzen.)
Vor allen Dingen hat Frau Schlupp mir schon die Hälfte meiner Rede weggenommen. Ich mag das gar nicht alles wiederholen, aber ich versuch es mal.
Der hier vorliegende Antrag ist natürlich zu unterstützen, auch wenn uns zuerst nicht ganz klar war, warum Sie
diesen überhaupt stellen. Aber der Änderungsantrag, der uns ja heute vorlag, macht ihn sehr notwendig. Es sollte und ist uns allen daran gelegen, eine Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest nach Deutschland hinein zu unterbinden. Dazu haben wir in Mecklenburg-Vorpom- mern, in Deutschland herausragende Forschungseinrichtungen und gut eingespielte Verwaltungsorgane.
Es ist die Aufgabe des Ministers für Landwirtschaft und Umwelt, die ihm untergeordneten Stellen bestmöglich auf das Bedrohungsszenario vorzubereiten beziehungsweise die dafür notwendigen Mittel bereitzustellen. Ich denke, die Verantwortlichen werden schon seit vielen Monaten die hier geforderten Maßnahmen vorbereiten und umsetzen. Aber zur Politik gehört auch ein wenig Show, auf Neudeutsch „Publicity“. Nach außen …
Dass die Schweinepest unsere Grenzen erreicht, war relativ sicher. Die Frage war nur: Wann kommt sie? Mit dem Warenverkehr aus Osteuropa rückt das Virus langsam aber sicher nach Westen vor, quasi unaufhaltsam, solange kein wirksamer Impfstoff gefunden beziehungsweise entwickelt wird. Da helfen auch die besten Vorsorgemaßnahmen nichts, denn der entscheidende Faktor ist und bleibt der Mensch. Wir haben bei der Geflügelpest erlebt, dass die aufwendigsten Biosicherheitsmaßnahmen wenig nützen, wenn sie von den Mitarbeitern nicht konsequent eingehalten und umgesetzt werden. So wird es auch mit der afrikanischen Schweinepest sein. Es wird immer jemanden geben, der sich nicht an die Regeln hält und somit alle Vorkehrungen zunichtemacht.
Nichtsdestotrotz ist jede der hier vorgestellten Maßnahmen ein wichtiger Baustein, ein Baustein, um eines zu gewinnen: Zeit. Wir müssen den Einbruch des Virus in unsere Schweineproduktion so lange wie möglich verhindern in der Hoffnung, bis dahin einen wirksamen Schutz entwickeln zu können. Sollte es dennoch passieren, gilt es, die Einzelbetriebe bestmöglich zu isolieren, um eine Ausbreitung zu verhindern und den wirtschaftlichen Schaden zu minimieren, denn eines ist klar: Sollte es zu einer Epidemie kommen, dann würde das unkalkulierbare Schäden und Verwerfungen in der deutschen und europäischen Fleischerzeugung und damit einhergehend im Bereich der Landwirtschaft haben.
Knapp sechs Millionen Tonnen Schweinefleisch werden in Deutschland produziert, 20 Prozent aller Schweine der EU werden hier gehalten. Neben den direkten wirtschaftlichen Folgen für die haltenden Betriebe wird es zu enormen Einbußen im verarbeitenden Gewerbe kommen. Es wird deutlich, wir benötigen eine gewaltige Kraftanstrengung, um das Risiko zu minimieren. Ergänzend zu dem hier vorliegenden Antrag sollten spezielle Schulungen für Mitarbeiter und Betriebsleiter angeboten werden, sofern das noch nicht geschieht.
Noch eins darf ich hier anführen: Die rasche Ausbreitung von Krankheiten ist neben dem zunehmenden Warenverkehr auch eine direkte Folge der offenen Grenzen. Eine wirksame Kontrolle und Eliminierung von Risikofaktoren an
unseren Außengrenzen ist quasi unmöglich geworden. Und so wird eines Tages auch die afrikanische Schweinepest auf einem LKW oder durch Wildschweine aus Osteuropa kommend über die offene Grenze im Osten in dieses Land einsickern. Hoffentlich sind wir dann gut vorbereitet.
Und wenn ich – das füge ich noch mal an – jetzt gehört habe, dass solche Schadenszahlen von 1 Milliarde Euro im Raum stehen, dann würde ich dem Landwirtschaftsminister mit auf den Weg geben, vielleicht darüber nachzudenken, die Grüne Grenze durch Zäune zu sichern. Auch wenn das jetzt, ich sage einfach mal, in der Gesamtsituation vielleicht nur ein Schutz von 10, 20 oder 30 Prozent ist und das Ganze vielleicht etwas minimiert, würde es das Ganze vielleicht rechtfertigen. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Situation ist ernst, das haben wir gehört. Ich bin sehr dankbar dafür, dass unser Minister das natürlich genauso sieht, wie wir das hier im Parlament sehen. Dass er die große Übung zu uns nach Mecklenburg-Vorpommern geholt hat. hat das auch gezeigt.
Für mich und für meine Fraktion ist es ganz wichtig, dass wir die Jägerinnen und Jäger nicht alleinlassen. Das schieben wir mit diesem Antrag an, das untersetzen wir finanziell. Von daher, glaube ich, waren die Ausführungen vorher ausführlich genug. Unterstützen Sie bitte diesen Antrag! Der ist wichtig und der ist richtig. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Erwartungshaltung heute früh war eigentlich alles klar. Ich könnte es ganz kurz machen und in Bezug auf den vorherigen Beitrag um die Geflügelpest sagen: dito. Aber dann gab es ja heute eine Überraschung und wir fanden alle etwas auf dem Tisch.
Doch der Reihe nach. Das, was den vorliegenden Antrag der Regierungskoalition vom Antrag der Geflügelpest positiv abhebt, ist, er kommt ohne Feststellungsteil aus. Wir sollten also nicht Allgemeinplätze feststellen, dass die ASP gefährlich ist, dass sie sich immer weiter gen Westen ausbreitet und so weiter – alles das, was wir heute mehrfach gehört haben. Aber selbst mit einem solchen Feststellungsteil hätte ich leben können – der Antrag existiert ja immer noch, bitte schön –, hätte ich leben können, wenn er die drohenden Gefahren durch die ASP den heute anwesenden Abgeordneten aller Fraktion klargemacht hätte, denn im Unterschied zu anderen Tierseuchen droht hier in der Tat ein überproportionaler volkswirtschaftlicher Schaden einschließlich, und das sollten wir uns dabei ins Gedächtnis rufen, einschließlich der Konsequenzen einer für die Ernährung auf Schweinefleisch geeichten Bevölkerung.
Dass die Landesregierung die ASP ernst nimmt, ist in jeder Agrarausschusssitzung zu hören, an der der Minister oder der Staatssekretär teilnehmen und sie über aktuelle Themen aus dem Verantwortungsbereich des Ressorts berichten. Die ASP war selbst zu Hochzeiten der Geflügelpest Thema, wie aus den Protokollen unschwer zu entnehmen ist. Und es ist bei der ASP, auch wenn wir diesen eindringlichen Aufruf vielleicht zum ersten Mal gehört haben, wie es Herr Backhaus soeben dargestellt hat, keine Übertreibung. Wir teilen die Einschätzung des Gefahrenpotenzials inhaltlich voll. Damit können wir den ersten Punkt des Antrages als erledigt betrachten.
Den Punkt 2 des Antrages, also die Aufforderung an die Landesregierung, „alle notwendigen Maßnahmen, insbesondere im Bereich des Transitverkehrs und der Jagdausübung, zur Abwehr der Afrikanischen Schweinepest zu ergreifen“, Zitatende, hake ich auch schon mal ab. Das ist originäre Aufgabe der Landesregierung. Minister Dr. Backhaus berichtete ja mehrfach im Ausschuss darüber. Zudem kennen wir die Flyer, die Aushänger an Autobahnraststätten und Toiletten in vielen Gaststätten und so weiter. Da passiert also doch eine ganze Menge.
Die Punkte 3 und 4 des Antrages sind für mich ebenfalls überflüssig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Hause Backhaus nicht über weitere Instrumente nachgedacht wird, um die ASP zu bekämpfen und den Seuchenschutz zu stärken. Und die Forderung des Ministers,...
… die Forderung des Ministers, die Forderung für den Impfstoff gegen die ASP zu forcieren, habe ich auch schon öfter gehört. Über den Status hat er gerade berichtet. Ich finde das gut.
Kurz gesagt: Ursprünglich vorgelegter Antrag mangelt genauso an Substanz und konkretem Inhalt wie ein heute schon mal besprochener.
Unsere direkten europäischen Nachbarn in Polen und Tschechien sind da schon etwas weiter. Polen will einen 729 Kilometer langen Grenzzaun zur Ukraine und zu Weißrussland bauen, der das weitere Eindringen von infizierten Wildschweinen verhindern soll. Dazu, was in der tschechischen Regierung veranlasst wurde, um mit drastischen Maßnahmen die weitere Ausbreitung der Schweinepest in Richtung Westen zu verhindern, hat der Minister auch bereits etwas gesagt. Ich hatte für die Verwaltungsregion Zlίn – manchen ist das noch als Gottwaldov in Erinnerung – den Bericht gelesen, dass dort ein 45 Kilometer langer, sehr engmaschiger Zaun errichtet werden soll.