Protocol of the Session on September 28, 2017

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die haben doch den obersten Juristen, den Professor in der Fraktion.)

Aber es ist trotzdem nicht schlimm, denn wir wissen ja, was sie meinen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch so in Deutschland geregelt, Ausländer dürfen sich in Deutschland nur dann aufhalten, wenn sie über ein Aufenthaltsrecht verfügen. Ausländer, die dieses Aufenthaltsrecht nicht haben, sind verpflichtet, Deutschland zu verlassen. Dazu bedarf es eigentlich keiner besonderen Aufforderung. Das lässt sich in Paragraf 50 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz auch nachlesen.

Wenn der Ausländer dem nicht nachkommt und eventuell gesetzte Ausreisefristen abgelaufen sind, hat die Behörde eine Abschiebung vorzunehmen. Dann kommen wir zu zahlreichen möglichen Instrumenten im Ausländerrecht und unter anderem auch in den Bereich der Abschiebungshaft. Ein Ausländer kann in Abschiebungshaft genommen werden, wenn er ausgewiesen oder abgeschoben werden soll. Die Sicherungshaft, die am meisten vorkommende Form der Abschiebungshaft, ist zum einen zulässig, wenn die Ausreisefrist abgelaufen ist und wenn einer der gesetzlich geregelten Tatbestände vorliegt, aus denen geschlossen werden kann, dass der Ausländer nicht freiwillig ausreisen wird und sich, ganz im Gegenteil, der Ausreise sogar entziehen werde. Dann ist die Abschiebungshaft für höchstens zwei Wochen zulässig.

Generell kommt die Abschiebungshaft nur als letztes Mittel zur Anwendung, wenn keine milderen, ebenfalls ausreichenden Mittel zur Sicherung der Abschiebung zur Verfügung stehen. Die Abschiebungshaft in Mecklenburg-Vorpommern wird unter Beachtung dieser Erfordernisse nur sehr selten angewandt. Im Jahr 2016 war das

nur bei 23 Personen der Fall. Das wissen Sie aber auch alles schon, zumindest dann, wenn Sie die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage gelesen haben.

Eigentlich gibt es für Ausländer in Abschiebungshaft spezielle Einrichtungen in ganz Deutschland, die auch von Mecklenburg-Vorpommern genutzt werden. Der neu eingefügte Paragraf 62a des Aufenthaltsgesetzes ermöglicht es, bei Gefahr für Leib und Leben Dritter oder der inneren Sicherheit ausnahmsweise normale Haftanstalten für die Abschiebungshaft zu nutzen. Und nichts anderes wurde im Fall der beiden bosnischen Terrorverdächtigen getan. Deshalb wurden diese in der JVA Bützow untergebracht. Daraus jetzt zu schließen, dass Mecklenburg-Vorpommern derzeit sofort eine ganz eigene Abschiebungshafteinrichtung benötige, halte ich für, ich sage mal, spannend.

Der Haushalt liegt dem Landtag ja seit gestern vor. Darüber werden Sie sich bestimmt Gedanken gemacht haben, wie Sie dieses dort veranschlagen wollen, und uns in den Ausschüssen mit Ihren Vorschlägen überraschen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Behelligen.)

Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt, wie viele praktische Erwägungen hinter Ihren Anträgen stehen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der Innenminister und meine Fraktion diese Möglichkeit weiter im Auge behalten werden und, sollte sich an der bisherigen Situation etwas ändern, dann auch schnellstmöglich handeln. In dem Punkt lehnen wir Ihren Antrag deshalb ab.

Punkt 2 des zweiten Absatzes befasst sich mit dem Ausreisegewahrsam. Das ist wiederum ein anderes ausländerrechtliches Instrument, ebenfalls erst vor Kurzem gesetzlich aufgenommen. Mit dem Ausreisegewahrsam wird signalisiert, dass der Aufenthalt von Personen, die sich ihrer Ausreisepflicht entziehen, nötigenfalls konsequent beendet wird, auch hier eine Einrichtung für spezielle Einzelfälle. Im Unterschied zur Abschiebungshaft ist der Gewahrsam nur für eine kurze Zeit, nämlich höchstens zehn Tage vor der Abreise gedacht.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Hamburg hat seit Ende letzten Jahres eine solche Ausreisegewahrsamseinrichtung im Verbund mit SchleswigHolstein und Sachsen hat vor Kurzem ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Die entsprechenden Erfahrungen müssen wir aber jetzt erst einmal abwarten.

Relativ unsinnig ist es, ein Ausreisegewahrsam für Mecklenburg-Vorpommern in Rostock-Laage einzurichten. Schon das Gesetz sagt, dass der Ausreisegewahrsam im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft vollzogen werden soll, von wo aus die Ausreise des Ausreisepflichtigen möglich ist. Rostock-Laage wurde in der Vergangenheit nur aufgrund von Baumaßnahmen am Hamburger Flughafen als Rückführungsflughafen genutzt. Ansonsten werden die meisten Rückführungen im norddeutschen Verbund von Hamburg aus vollzogen. Insoweit halte ich es unter den derzeitigen Bedingungen für unsinnig, bei uns in Rostock-Laage eine Ausreisegewahrsamseinrichtung zu unterhalten, um dann noch die Ausreisepflichtigen nach Hamburg zur Rückführung zu bringen. Auch hier stehen Kosten und Nutzen für mich in absolut keinem Verhältnis.

Ein weiterer Punkt ist, dass derzeit Ausländer aus sicheren Herkunftsländern bis zu ihrer Rückführung in der Erstaufnahmeeinrichtung Nostorf-Horst verbleiben. Unter diesen ganzen Gesichtspunkten hält meine Fraktion die Einrichtung eines Ausreisegewahrsams für MecklenburgVorpommern allein derzeit für unnötig.

(Martina Tegtmeier, SPD: Derzeit.)

Aber auch in diesem Punkt werden der Innenminister und meine Fraktion weiterhin wachsam sein und bei Bedarf entsprechend reagieren. Wir werden den Antrag deshalb in seiner Gesamtheit ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke, Frau Abgeordnete.

Für die Fraktion der AfD hat nochmals das Wort der Abgeordnete Kramer.

Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen!

Sehr geehrte Frau Tegtmeier, vielen Dank für Ihr Angebot der Nachhilfe.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das hat jetzt Frau von Allwörden schon gemacht.)

Ich glaube, das kann ich mit bilateralen Gesprächen mit Herrn Weber doch selbst klären. Es ging und geht uns gar nicht darum, alle in Haft zu nehmen, so, wie Sie sagen. Sie haben augenscheinlich nicht zugehört.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist doch eine Stärke von Ihnen. – Zurufe von Tilo Gundlack, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Es geht uns nur darum, bei denen, wo die gesetzlichen Bedingungen gegeben sind, die ich zitiert habe, diese umzusetzen. Wir reden hier von bundesweit mehr als 450.000 Ausreisepflichtigen. Und diese Inhaftnahme begreifen wir als Ultimo Ratio, also als letztes Mittel.

(Ministerin Stefanie Drese: Ultima! – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Auch eine Wiedereröffnung von Eisenhüttenstadt würde in diesem Fall nichts nützen. Selbst das Bundesinnenministerium sieht einen Bedarf in vierstelliger Höhe. Vierstellig! Ich war schon mal bei Herrn Professor Weber in Nachhilfe. In der Mathematik heißt das von 1.000 bis 9.999.

(Andreas Butzki, SPD: Donnerwetter! – Tilo Gundlack, SPD: Ich denke, er ist Jurist. – Zurufe von Ministerin Stefanie Drese, Andreas Butzki, SPD, und Martina Tegtmeier, SPD – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

Herr Ritter, Flucht ist kein Verbrechen, das sehen wir ganz genauso.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na?! Da habe ich einen anderen Eindruck.)

Aber Sie reden am Thema völlig vorbei. Wir reden von Menschen, deren Status geklärt ist und die ausreisepflichtig sind. Wir reden hier nicht von Flüchtlingen. Durch Ihre Äußerung, dass wir alle ins Lager stecken wollen, haben Sie sich völlig disqualifiziert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja. – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Selbst Oskar Lafontaine fordert eine Neubewertung der Flüchtlingspolitik in Ihrer Partei, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Stellen Sie sich mal vor, ich habe an einem LINKEN- Einwanderungsgesetz mitgearbeitet, das schon seit Wochen auf dem Tisch liegt! Mich brauchen Sie nicht zu belehren!)

Also das ist ja ganz hervorragend! Ich habe Sie doch gar nicht belehrt, ich reagiere nur auf Ihre Anwürfe.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, nicht?! Das war nur so die These wie bei Herrn Hersel. – Ministerin Stefanie Drese: Antithese. – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Ach nee, eine Antithese!)

Im Übrigen haben uns die Behörden, bei denen wir persönlich vor Ort gewesen sind,

(Zuruf aus dem Plenum: Hört, hört!)

nämlich genau das …

(Andreas Butzki, SPD: Bei welchen denn? Bei welchen denn? – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Bei den Ausländerbehörden hier in unserem Land.

… bestätigt, Frau von Allwörden, was die hier vorgetragen haben. Das heißt aber auch nicht, dass sie komplett handlungsunfähig sind, sondern in einzelnen bestimmten Fällen.

Und, Frau von Allwörden, es ist auch kein Schreckensszenario, was wir hier zeigen, das ist die Situation.

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Doch, das ist eins!)

Das ist die konkrete Situation, das ist die Realität, jetzt und heute hier in unserem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Ann Christin von Allwörden, CDU: Was für ein verzerrtes Bild Sie haben, unglaublich!)

Zu dem verzerrten Bild, Frau von Allwörden, kommen wir gleich noch mal.

Sie haben absolut recht mit Ihrer Aussage zur Abschiebungshaft. Natürlich es ist ein normativer Begriff, absolut richtig, aber wir machen hier Politik für unsere Bürger und darum habe ich mich für den eher landläufigen und somit leichter zu verstehenden Begriff „Abschiebehaft“

entschieden. Das ist genau das, was hier auch immer gefordert wird: vereinfachte, leichte Sprache. Und das machen Sie mir jetzt zum Vorwurf.