Protocol of the Session on July 12, 2017

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Thomas Krüger.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Dann können wir Sie ja jetzt genauso unterbrechen, wie Sie das gemacht haben eben. – Jochen Schulte, SPD: Dafür fehlt Ihnen doch der Intellekt.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin Bretschneider! Und da ich weiß, dass die Präsidentin des Landtages Brandenburg hier ist: Sehr geehrte Frau Präsidentin Stark! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich natürlich andere Umstände für den Wechsel an der Spitze des Landes MecklenburgVorpommern, an der Spitze der Regierung gewünscht. Wir danken Erwin Sellering für 23 Jahre Arbeit im Dienste des Landes Mecklenburg-Vorpommern und von diesen 23 Jahren fast 9 Jahre im Amt des Ministerpräsidenten. In dieser Zeit hat sich das Land Mecklenburg-Vorpommern gut entwickelt, wir sind gut vorangekommen. Wir wünschen Erwin Sellering auch von dieser Stelle aus noch einmal alles Gute, viel Kraft und natürlich vollständige Genesung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Wir freuen uns darauf, ihn hier als Abgeordneten in unseren Reihen wieder begrüßen zu können und von seiner Erfahrung, seiner Kompetenz und seiner politischen Leidenschaft am Ende auch profitieren zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Manuela Schwesig haben wir eine Ministerpräsidentin, die auf allen Ebenen der Politik in Deutschland Verantwortung getragen hat und gute Arbeit geleistet hat. Dabei ist sie Mecklenburg-Vorpommern immer eng verbunden geblieben. Sie kennt das Land, sie kennt die Bürgerinnen und Bürger, die Erwartungen, die Nöte der Bürgerinnen und Bürger und sie ist gut vernetzt. Ich bin mir sicher, mit der Ministerpräsidentin Manuela Schwesig werden wir die Erfolgsgeschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern fortsetzen können.

Und diese Erfolge, meine Damen und Herren, können sich sehen lassen. Die Arbeitslosigkeit in MecklenburgVorpommern hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert und ist so niedrig wie seit der Wende 1989 nicht. Auch dank der Zuwanderung aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland wächst die Bevölkerung in unserem Bundesland wieder. Seit 2006 hat unser Land

keine neuen Schulden mehr aufgenommen – ein Grundstein, den wir zusammen in einer Koalition mit den LINKEN gelegt haben, ein Grundstein, den wir zusammen mit der CDU fortgeführt haben – und gemeinsam fast 1 Milliarde Euro an Schulden getilgt. Die Landesmittel für die Kitas haben wir mehr als verdoppelt, unter anderem den Betreuungsschlüssel abgesenkt. Mecklenburg-Vorpommern ist das Tourismusland Nummer eins. Unser Land ist Vorreiter bei der Energiewende und kann seinen kompletten Strombedarf inzwischen aus erneuerbaren Energien decken. Und was uns auch sehr wichtig ist: Entstanden sind 14.000 Arbeitsplätze, und es sind nicht irgendwelche Arbeitsplätze, sondern Arbeitsplätze, die am Ende auch vernünftig bezahlt werden. Das ist wichtig. Das ist ein Zukunftsbereich, den wir bewusst gestärkt haben und auch in Zukunft bewusst stärken wollen.

Diese Erfolge sind auch das Verdienst einer langjährigen konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Koalitionspartnern. Diese hat sich auch in den ersten Monaten dieser Legislaturperiode wieder bewiesen. Zentrale Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wurden von den Fraktionen SPD und CDU auf den Weg gebracht und auf aktuelle Ereignisse wurde lösungsorientiert reagiert. Dafür einige Beispiele:

Die Sturmschäden in den ersten Januarwochen des Jahres, wir erinnern uns alle, die Koalition hat sehr schnell darauf reagiert und hat 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Unser Ziel war es, dass bis Ostern, wenn die Touristen nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, die touristische Infrastruktur wieder weitestgehend hergestellt ist. Das ist erreicht worden. Herzlichen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Dank auch der sehr guten Vorarbeit der Landesregierung, denn wir haben 800 Millionen Euro aus einem Bundesprogramm ziehen können für die Förderung des schnellen Internets. Besonders wichtig ist das für den ländlichen Raum. Diese 800 Millionen Euro sind ein Drittel der gesamten Bundesmittel, die nach MecklenburgVorpommern fließen werden. Das Ganze unterstützen wir mit eigenem Geld, mit Landesgeld, um den kommunalen Anteil entsprechend zu reduzieren.

Mit dem Kommunalprüfungsgesetz wird der Landesrechnungshof die Möglichkeit bekommen, die Anbieter sozialer Dienste zu kontrollieren. Die Kommunen bekommen einen kompetenten Partner an ihre Seite, um die konkrete Verwendung der Mittel für die Jugendhilfe, die Sozialhilfe und die Eingliederungshilfe zu kontrollieren. Die Koalition – und das haben wir versprochen – hält darüber hinaus daran fest, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, die Prüfkompetenz des Landesrechnungshofs zu erweitern, und das möglichst auf alle Empfänger öffentlicher Gelder.

Wir werden in der heutigen Landtagssitzung die Änderung des KiföG beschließen und schaffen damit eine zusätzliche attraktive Möglichkeit der Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher. Für Sozialdemokraten besonders wichtig ist, dass diese Kitaazubis, will ich sie mal nennen, künftig auch eine Ausbildungsvergütung bekommen. Sie müssen nicht Geld mitbringen. Damit ist die Ausbildung für alle, die die Fähigkeit besitzen, am Ende möglich und hängt nicht vom Geldbeutel ab.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Zudem haben wir die Qualitätskriterien für Seiteneinsteiger gestärkt.

In vertrauensvollen und konstruktiven Verhandlungen zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden konnte ein umfassendes Paket zur Neuaufstellung der kommunalen Finanzen geschnürt werden. Ein Großteil der Kommunen wird zukünftig mehr Geld vom Land erhalten, während Gemeinden mit besonders hohen Steuereinnahmen zukünftig einen größeren Teil ihrer Kosten werden selbst tragen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat die Schwerpunkte der weiteren Regierungsarbeit für die nächsten vier Jahre erläutert. Ich möchte noch auf einige Themen eingehen, die uns als Sozialdemokraten besonders wichtig sind.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Erstens. Wir wollen, dass die Wirtschaft wächst, damit bestehende Arbeitsplätze gesichert werden und neue Arbeitsplätze entstehen. Wichtig ist uns Sozialdemokraten, dass wir zu höheren Löhnen kommen. Dafür braucht es Betriebsräte, dafür braucht es Flächentarifverträge. Mecklenburg-Vorpommern darf nicht länger der weiße Fleck der Bundesrepublik Deutschland im Tarifgefüge sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!)

Wer als Unternehmer qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte gewinnen will, der muss wissen, dass einige Dinge nicht gehen. Nicht gehen geringe Löhne, geringe Ausbildungsvergütungen, zu lange Arbeitszeiten, unbezahlte Überstunden, die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die fehlende Mitbestimmung. Wer das nicht beachtet, meine Damen und Herren, der gefährdet sein Unternehmen. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern kann der Fachkräftebedarf nur mit höheren Löhnen und unbefristeten Arbeitsplätzen gesichert werden. Der beste Weg dahin ist die tarifgebundene Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Daher setzen wir uns für eine deutliche Steigerung der Tarifgebundenheit ein. Das Vergabegesetz wird uns auf diesem Weg weiter voranbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zweite Punkt, der uns wichtig ist: Wir entwickeln MecklenburgVorpommern weiter vom Kinderland zum Familienland und wir denken dabei an alle Generationen. Wir werden in den kommenden Jahren die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung Stück für Stück absenken. Unser Ziel bleibt die gebührenfreie Kita, denn die Kita ist eine Bildungseinrichtung und Bildungseinrichtungen sollen von Anfang an kostenfrei sein.

Für die ältere Generation werden wir unsere Anstrengungen intensivieren, die Lebensqualität auch im hohen Alter weiter zu verbessern. So werden wir mehr altersgerechte Wohnungen schaffen, uns dafür einsetzen, dass Neubauten von Anfang an möglichst barrierearm sind. Das minimiert für Mieter und Eigentümer Folgekosten für spätere Nachrüstungen oder Umbauten.

Sehr geehrte Damen und Herren, der dritte Punkt, der uns wichtig ist: Wir bauen weiter an einer modernen

Infrastruktur für Mecklenburg-Vorpommern. Davon profitieren sowohl die Menschen als auch die Wirtschaft. Das sind Projekte vom sozialen Wohnungsbau über Projekte des neuen Bundesverkehrswegeplans, der Breitbandausbau oder auch der Ausbau der Häfen. In enger Kooperation mit den Kommunen werden wir für die ländlichen Regionen innovative Möglichkeiten entwickeln zur Mobilität, zur Nahversorgung, zur Kultur, zur Gesundheitsversorgung, für die Bildung sowie für Kitas und Horte.

All das, meine Damen und Herren, und das ist mir sehr wichtig, wollen wir realisieren bei einem ausgeglichenen Landeshaushalt. Mehr noch, wir werden in den kommenden Jahren bei Haushaltsüberschüssen 75 Prozent dafür einsetzen, um Schulden zu tilgen. So schaffen wir eine Zukunft aus eigener Kraft. Unsere Kinder sollen nicht die Lasten ihrer Eltern oder Großeltern tragen müssen.

Das übrigens, meine Damen und Herren von den LINKEN, unterscheidet uns. Allein die Kindercharta, die Sie hier mal eben per Landtagsantrag gefordert haben, hätte Kosten in Höhe von 450 Millionen Euro jährlich nach sich gezogen – für das Land schlicht nicht bezahlbar. Sozialer Anspruch und wirtschaftliche Realität müssen deckungsgleich sein, sonst endet der soziale Anspruch im Sozialabbau. Das wollen Sie nicht und das wollen auch wir nicht. Gemeinsam streiten wir darum, mit welchen Mitteln und Möglichkeiten wir unser Land weiter voranbringen. Wir sind uns einig, dass wir ein soziales, ein modernes und ein tolerantes Mecklenburg-Vorpommern wollen.

Diese Einigkeit gibt es mit der Opposition hier ganz rechts im Saal leider nicht. Herr Holm beklagt, dass wir nicht gemeinsam mit der AfD arbeiten. Herr Holm, Ihre Rede war heute bester Ausdruck dafür, warum das nicht geht. Ich kann mir ein paar Sachen mal vornehmen, die Sie gesagt haben: Die Kita soll kostenfrei sein. Ich habe bisher kein Konzept von der AfD gesehen, wo Sie die Kita kostenfrei stellen wollen.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Das macht sein Nachfolger!)

Wir haben im Verlaufe des Jahres Haushaltsberatungen. Ich bin gespannt – ich weiß, dass es deutlich mehr als 100 Millionen Euro kosten würde – auf Ihre Vorschläge.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU – Torsten Renz, CDU: Das macht der Nachfolger!)

Wir werden das sehr genau beobachten, was Sie da genau beantragen werden. Ob Sie dann am Ende genau Ihre Forderungen, die Sie hier aufstellen, auch haushalterisch unterfüttern werden, das werden wir uns sehr genau angucken.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Dann Inklusion: Sie stellen Forderungen als Opposition. Da müssen Sie diese Forderungen auch unterfüttern.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie haben Inklusion als „ideologiegetriebenes Projekt“ bezeichnet. Wissen Sie, wenn Sie einem Vater oder einer Mutter erzählen, dass ihr Kind, das im Rollstuhl sitzt, nicht in die Klasse soll, dann finde ich das,

(Dr. Gunter Jess, AfD: Das trifft doch überhaupt nicht zu!)

dann finde ich das ganz schlimm, dann finde ich das ganz schlimm. Sie haben vom „ideologiegetriebenen Projekt“ bei der Inklusion gesprochen, und genau das ist das Problem. Wir setzen das um. Die Kinder werden gemeinsam unterrichtet werden.

Sie wollen Grenzkontrollen an Ländergrenzen, und zwar ständig und überall. Ich frage mich, warum an den Außengrenzen der Bundesrepublik Deutschland, warum nicht an den Außengrenzen Mecklenburg-Vorpommerns oder zwischen Mecklenburg und Vorpommern oder an Städten, das ist früher ja auch am Eingang von Städten gemacht worden. Das habe ich nicht verstanden. Ich habe es nicht verstanden. Wir haben den Schengen-Raum gemeinsam geschaffen, die europäischen Staaten haben den Schengen-Raum gemeinsam – gemeinsam! – geschaffen,

(Leif-Erik Holm, AfD: Ja, unter der Bedingung, dass die EU-Außengrenzen geschützt werden.)

und dieser Schengen-Raum hat uns sehr viele Vorteile gebracht. Zum Schengen-Raum stehen wir. Wir schützen die europäischen Außengrenzen und im Bedarfsfall, wenn wir feststellen, dass es eine Bedrohungslage gibt, werden wir auch innerhalb des Schengen-Raums Grenzen wieder entsprechend kontrollieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Leif-Erik Holm, AfD)

Ich mache mal weiter, Sie haben ja Etliches hier von sich gegeben.

1989 haben wir gekämpft und ich sage Ihnen, da fühle ich mich ganz persönlich getroffen. Ich weiß nicht, was Sie 1989 gemacht haben, wir sind fast ein Jahrgang. Ich bin vor dem Mauerfall Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der DDR, so hieß sie damals, geworden. Wenn das aufgeflogen wäre, ich hätte im Gefängnis gesessen. Und wissen Sie, wofür wir gekämpft haben? Für Reisefreiheit. Sie sagen gerade, da müssen Grenzkontrollen her.

(Leif-Erik Holm, AfD: Sie müssen mir das nicht erklären, ich war dabei!)

Sie waren dabei.

(Leif-Erik Holm, AfD: Ich war dabei.)

Wir haben für Pressefreiheit gekämpft. Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Dass Sie für die Ideale von 1989 stehen, das weise ich in aller Form zurück.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Reisefreiheit hat nichts mit Grenzkontrollen zu tun! Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das sind zwei verschiedene Dinge.)

Das sage ich Ihnen. In aller Form weise ich das zurück.