Protocol of the Session on May 19, 2017

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Kollegen!

Noch mal eins ganz kurz, Herr Ritter: Die AfD hat immer gesagt, dass wir,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ausländer raus, ja.)

nein, nicht Ausländer raus,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Also die Homosexuellen auch, ja.)

sondern dass die, die wirklich verfolgt werden in den Heimatländern, dass die natürlich unter das Asylrecht fallen und hier auch Zuflucht finden sollen.

Ich will noch mal ganz kurz – Herr Ritter, halten Sie mal den Mund, ich habe nur eine Minute –,

(Jochen Schulte, SPD: Das sind schon 60 Sekunden zu viel. – Peter Ritter, DIE LINKE: Da haben Sie Pech gehabt, Herr Arppe.)

nur ganz kurz erzählen: Ich war vor einigen Jahren mit meinem Lebenspartner, mit dem ich seit 14 Jahren zusammenlebe, sehr glücklich und auch ohne diese Ehe, in der Rostocker Moschee. Wir haben den dortigen Imam befragt, wie es denn so im Islam mit der Homosexualität aussieht. Da sagte der doch glatt zu uns, im Islam gibt es überhaupt keine Homosexuellen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und deshalb fliehen die Menschen und brauchen Aufnahme! Und deshalb fliehen die Menschen und brauchen Aufnahme!)

und falls es solche geben sollte, Herr Ritter, dann sollen sie doch gefälligst alle in den dekadenten Westen auswandern. Ich sage, Herr Ritter, natürlich sind alle verfolgten Homosexuellen aus der islamischen Welt hier in Deutschland herzlich willkommen. Aber das ergibt keinen Sinn, wenn die Homosexuellen hierherkommen und der Islam kommt hinterher und sie werden hier in Deutschland von denselben Fundamentalisten bedroht, vor denen sie dort geflohen sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist doch der Punkt und das ist der Widerspruch, Herr Ritter.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Und wo ist die Lösung? Alle abschieben?!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/541. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/541 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und AfD, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Lehrkräftegewinnung für den ländlichen Raum stärken, Drucksache 7/547.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Lehrkräftegewinnung für den ländlichen Raum stärken – Drucksache 7/547 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Fraktionsvorsitzende Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben ein Problem.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ach?!)

Mecklenburg-Vorpommern fehlen derzeit und auch künftig Hunderte Lehrkräfte jeder Schulart, jedes Faches und in jedem ländlichen Raum. Derzeit sind 75 Stellen ausgeschrieben, auf die sich noch überhaupt niemand beworben hat. In welchen Regionen ist so gar niemand zu bewegen, dort zu unterrichten?

Die Regionale Schule Vellahn sucht eine Lehrkraft für die Fächer Deutsch und Sport in unbefristeter Anstellung, in Goldberg wird händeringend eine Grundschulpädagogin gesucht, in Röbel ist zum kommenden Schuljahr der Physikunterricht nicht abgesichert, für Woldegk findet sich niemand, der Biologie unterrichtet, und in Wesenberg hapert es mit dem Deutschunterricht. 75 Prozent der Stellen, für die sich überhaupt niemand interessiert, sind Lehrerstellen im ländlichen Raum. Hingegen ist keine einzige Stelle in Rostock frei und nur drei Stellen müssen noch in Greifswald besetzt werden. Ich rede jetzt nur von den Stellen, die zum kommenden Schuljahr ausgeschrieben werden, nicht über die, die in Kürze frei werden, weil fast die Hälfte der Lehrkräfte in absehbarer Zeit in Rente geht.

Frau Hesse sprach in dem Bürgerforum vor zwei Wochen in Grevesmühlen davon, dass wir gar nicht so große Sorgen hätten, Lehrkräfte für Mecklenburg-Vorpommern zu finden, denn allein durch die Verbeamtung hätten wir gegenüber anderen Bundesländern einen Wettbewerbsvorteil. Frau Hesse, diesen Wettbewerbsvorteil haben 13 weitere Bundesländer. Und die meisten dieser Bundesländer, die nämlich auch verbeamten,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

haben wesentlich größere Wettbewerbsvorteile als Mecklenburg-Vorpommern, denn in den anderen Vorteilsländern arbeiten die Lehrkräfte durchschnittlich 22 bis 24 Stunden. In Hessen wird bis zum 50. Lebensjahr verbeamtet, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hamburg, Bremen und Niedersachsen bis zum 45. Lebensjahr und, um den Wettbewerbsvorteil MecklenburgVorpommerns noch mal deutlich zu machen, bei uns bis zum 40. Lebensjahr. In den anderen Wettbewerbsvorteilsländern gibt es für Angestellte keine Pflicht, unentgeltliche Mehrarbeit pro Monat zu leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren, wer soll in den kommenden Jahren in Altentreptow, in Triebsees, in Dassow und in Malchin unterrichten? Warum meiden junge Lehrkräfte den ländlichen Raum wie der Teufel das Weihwasser? Viele von ihnen kennen ihn nicht oder haben während des Studiums in der Großstadt die Vorzüge kleinerer Städte und Dörfer einfach aus den Augen verloren. Wir dürfen die Zeit nicht verstreichen lassen in der Hoffnung, irgendjemand wird sich schon für die Schulen im ländlichen Raum entscheiden. Mit unserem Antrag möchten wir zum einen den zukünftigen Lehrern die Chance geben, ihre Ausbildung in der Regelstudienzeit zu absolvieren, zum anderen wollen wir die Städte Rostock und Greifswald entlasten und wir wollen den ländlichen Raum für Lehrkräfte erschließen, damit sich junge Lehrerinnen und Lehrer auf den Weg nach Penkun, Wesenberg und Güstrow machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das gelingt aber nur, wenn sie diese Regionen kennenlernen, ohne dass sie dafür auch noch zur Kasse gebeten werden. Wir wollen, dass die Studierenden ihre schulpraktischen Übungen und Praktika auch außerhalb von Rostock und Greifswald absolvieren können, ohne dass es daran scheitert, dass sie für diesen Weg in ihr klammes Portemonnaie greifen müssen. Wir wollen, dass das Semesterticket in Rostock für das gesamte Streckennetz, also auch für den Landkreis Rostock gilt und nicht an der Stadtgrenze haltmacht. Ebenso muss es den Studierenden in Greifswald ermöglicht werden, im Landkreis Vorpommern-Greifswald die praktischen Teile ihres Studiums zu absolvieren, ohne dafür auch noch Geld zu berappen.

Es ist bei uns in Mecklenburg-Vorpommern beim Lehrerbedarf wie in vielen anderen Bereichen, wo Fachkräfte fehlen. Zum Beispiel brauchen wir Pflegekräfte, aber wir kassieren Schulgeld. Wir brauchen Krankenschwestern, aber wir erhöhen nicht die Anzahl der Klassen an den staatlichen Schulen. Wir brauchen Lehrkräfte, vor allem im ländlichen Raum, aber kassieren die Studenten ab, wenn sie genau in diesen Gegenden ihr Praktikum absolvieren möchten. Das ist der falsche Weg und die Lehramtsstudenten sprechen dann von versteckten Studiengebühren.

Sehr geehrte Damen und Herren, es geht uns aber nicht allein um die Kosten, es geht uns auch darum, dass die Studentinnen und Studenten ihr Studium überhaupt in der Regelstudienzeit absolvieren können, denn das ist nur unter den größten Anstrengungen und mit ganz viel Glück und den richtigen Losen möglich. Ja, das Studium ist eine Tombola. Alle Seminare und auch Plätze in den schulpraktischen Übungen sowie Praktikumsplätze werden verlost. Wer keinen Platz bekommt, der hat im wahrsten Sinne des Wortes verloren.

Wenn ein Student nun aber keine schulpraktischen Übungen gewinnt, bekommt er nicht die notwendigen Leistungspunkte und somit kein BAföG, weil ja die Leistungspunkte gleich mit verloren gegangen sind. Würde aber das Semesterticket auch bis Güstrow oder Bützow gelten, könnten an den ländlichen Schulen schulpraktische Übungen und Praktika durchgeführt werden. So würden die künftigen Lehrkräfte bereits während ihres Studiums die zahlreichen Vorzüge dieser Schulen kennenlernen und wir würden den Greifswalder und Rostocker Schülern und Lehrkräften einen riesigen Gefallen tun.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Denn in jedem Jahr sind allein in Rostock 600 Studierende, die ihre schulpraktischen Übungen im Stadtgebiet von Rostock durchführen, 600! Und jede Gruppe – es werden dann Gruppen gebildet – umfasst 5 Studenten. Wir haben also jedes Jahr 120 sogenannte SPÜGruppen, die ihre ersten Unterrichtserfahrungen an den Rostocker Schulen machen. An jeder Rostocker Schule sind demnach 30 Studierende jährlich zu betreuen und jede vierte Unterrichtsstunde in Rostock wird von einem Studenten gehalten. Jeder von uns kann ermessen, was das für eine Herausforderung für die Schülerinnen und Schüler ist, mehrmals in der Woche – mal in Deutsch, mal in Englisch, mal in Biologie – einen Lehrerwechsel im selben Fach zu haben. Somit wird der Standortvorteil für Lehramtsstudierende zum Standortnachteil für Schülerinnen und Schüler. Das wollen wir ändern. Wir brauchen

ausgebildete Lehrkräfte an jeder Schule in MecklenburgVorpommern, egal ob in der Großstadt, in der Kleinstadt oder auf dem Dorf.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Oktober vergangenen Jahres war in der „Ostsee-Zeitung“ von der Buschprämie die Rede, die die Koalition den Lehrkräften, die im ländliche Raum unterrichten, zahlen wollte. Der Fraktionsvorsitzende der CDU bedauerte, ich zitiere, dass „Dorfschulen (leider) von vielen Berufsanfängern als wenig attraktiv empfunden (werden)“, Ende des Zitats. Diese Äußerung, sehr geehrter Herr Kokert, nehme ich schon mal als Zustimmung für unseren Antrag.

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Oha!)

Aber auch die SPD wissen wir an unserer Seite, Herr Krüger, denn der damalige Bildungsminister konnte sich vorstellen, für den ländlichen Raum wie folgt zu werben: „Mathelehrer gesucht für Anklam, 300 Euro mehr Gehalt.“ Das Geld ist also da und dieses Geld wollen wir nicht in ein erhöhtes Gehalt investieren, sondern in die Beförderungskosten. Wir wollen, dass das Land mit diesem Geld die Ausbildung der Lehramtsstudierenden fördert und gleichzeitig selbstverständlich auch prüft, ob diese Regelung für andere Studiengänge ein gangbarer Weg wäre. Wir können nicht erst warten, bis sich keiner findet, und dann versuchen, mit Geld zu locken.

Unser Antrag will statt Verrenkungen und Buschprämien in der Nachsorge schlicht Vorsorge treffen. Diesem Anliegen der Lehrkräftegewinnung wird sich die Koalition sicherlich nicht entziehen und wenn doch, dann bin ich auf die Begründung gespannt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Frau Oldenburg, ich denke, mit Ihrem Einstieg haben Sie ein Zitat bemüht, was wir alle kennen: Wir haben ein Problem, oder Sie haben ein Problem. Ich erinnerte mich an den Film „Houston, we have a problem“. Das Ganze bezog sich auf die Raumfahrt und weniger auf unsere Schulpolitik. Vielleicht sollte man das auch gleich als Eingangsstatement nehmen. Insofern,

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Vielleicht ist DIE LINKE ja hinter dem Mond?!)

insofern lassen Sie mich zu meinen Ausführungen kommen.

Ich stimme Frau Oldenburg zu, die Lehrkräftegewinnung für den ländlichen Raum ist eine große Herausforderung für die verantwortliche Bildungs- und Schulpolitik, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern in ganz Deutschland. Das sollten wir auch nicht negieren. Traditionell sind nämlich stark ländlich geprägte Räume ohne

hinreichende Anbindungen an die Städte oder zumindest an zentrale Orte für Lehrerinnen und Lehrer, aber übrigens auch für andere akademische Fachkräfte oder Fachkräfte insgesamt, nur wenig attraktiv, wenn sie in ihrer jeweiligen Situation mit Vorteilen der Lebensqualität verbunden sind.

Ein Faktor dieser Lebensqualität ist sicher auch die Bindung und Beheimatung in der Region. Von daher ist es nicht von vornherein abwegig zu prüfen, inwiefern Lehramtsstudierende und gegebenenfalls andere Studierende an den Hochschulen des Landes, vor allem solche, die nicht aus Mecklenburg-Vorpommern stammen, schon während der praktischen Studienphase auch mit den ländlichen Räumen bekannt und sogar vertraut gemacht werden und sie schätzen lernen. Gleichzeitig ist es aber eine unumstößliche Tatsache, dass derartige Praktikumsplätze auf dem Land eben nur in begrenzter Zahl zur Verfügung stehen.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Gar nicht.)