Protocol of the Session on May 18, 2017

Beschäftigung von Arbeitnehmern bis zu zehn Stunden an sechs Werktagen, wenn innerhalb von sechs Monaten durchschnittlich acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Also, Herr Waldmüller, vielleicht auch mal in diese Richtung mit dem DEHOGA diskutieren, um die Dinge flexibel zu gestalten!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und in Zeiten, wo nicht so große Herausforderungen angedacht sind, kann man ja auch mal nur sechs Stun

den arbeiten, wenn man das innerhalb von einem Jahr gestaltet. So kann man viele Dinge lösen.

Bei der Verkürzung der Ruhezeit auf zehn Stunden in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen, in denen Menschen behandelt, gepflegt und betreut werden, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk, in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung gilt allerdings auch das Prinzip des Ausgleichs: Wer an einem Tag eine kürzere Ruhezeit hat, muss an anderen Tagen mindestens zwölf Stunden Ruhezeit erhalten, und zwar innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen. Vor- und Zurückverlegung des Beginns oder des Endes der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden in mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßigen Tag- und Nachtschichten sind auch solche Lösungen – branchenbezogene Ausnahmen von Sonn- und Feiertagsruhe, wie zum Beispiel im Bewachungsgewerbe, in der Landwirtschaft, in Krankenhäusern, in Hotels und Gaststätten oder bei den Verkehrsbetrieben sowie in bestimmten Sondersituationen, wie eben auch die Bedrohung, dass Produktionseinrichtungen und Maschinen, wenn sie nicht laufen, eher darunter leiden.

Die Flexibilität der Arbeitszeit hat sowohl positive als auch negative Aspekte. Entscheidend für die Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten ist, inwieweit ihre Handlungs- und Entscheidungsspielräume erweitert oder eingeengt werden. Liegt die Autonomie in Bezug auf zeitliche Flexibilität in der Arbeitszeit bei den Beschäftigten, so kann sich Flexibilität förderlich auf die Gesundheit und auch die Zufriedenheit auswirken und damit eine wichtige Ressource darstellen. Entscheidend ist hingegen allein, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer Flexibilität von Arbeitszeiten aushandeln.

So weit, so gut. Daher plädiere ich dafür, vor Ort, in den Unternehmen, aber auch zwischen den Tarifvertragsparteien gemeinsam die für alle Seiten beste Lösung für das Unternehmen und seine Beschäftigten oder für die Branche und ihre Beschäftigten zu entwickeln. Flexible Arbeitszeiten, und hier insbesondere Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten, Vorhersagbarkeit der Arbeitszeit und arbeitgeberbestimmte Arbeitszeit, Flexibilität sind zu regeln. Des Weiteren zähle ich auch die Mobilität, die arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit sowie das Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit hierzu.

Meine Damen und Herren, das ist ein komplexes Thema. Es wird uns noch relativ lange beschäftigten, aber ich mahne hier zu Augenmaß und bitte auch darum, nicht nur eine Branche im Auge zu haben, sondern breit aufgestellt zu bleiben. Von daher appelliere ich ein bisschen an die Politik, hier ausgleichend zu wirken. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Herr Krüger.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir nehmen doch zur Kenntnis, dass das Gesetz, was wir jetzt haben, ein Ge

setz ist, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erkämpft haben, ein Gesetz, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen soll. Das Gesetz – das haben wir eben vom Minister gehört – lässt Flexibilität zu.

(Andreas Butzki, SPD, und Jochen Schulte, SPD: Ja.)

Die Flexibilität ist da: maximal zehn Stunden an maximal sechs Arbeitstagen. Ich finde, das ist eine ganze Menge.

Die Diskussion, die wir hier führen, haben wir schon einmal geführt, und zwar über die Presse. Herr Waldmüller hat ein Interview gegeben, wir als SPD haben dazu Pressearbeit gemacht und die hat sich auch in der Zeitungslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern niedergeschlagen. Diese Zeitungsberichterstattung hat dazu geführt, dass ich angesprochen worden bin, und zwar hier unten in der Kantine. Ich bin von zwei Damen aus der Kantine angesprochen worden, und die Damen haben mir als Reaktion auf unsere Pressearbeit gesagt, diejenigen, die uns sagen, wir sollen flexibler arbeiten, wir sollen die Arbeitszeit wie auch immer ausweiten, die sollen erst mal hier runterkommen und die sollen erst mal in der Gastronomie arbeiten. Meine Damen und Herren, ich finde, das war sehr eindrücklich, was sie gesagt haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Dann fragen wir uns doch mal, wodurch dieses Problem, was Sie hier schildern, akut wird. Das Problem wird dadurch akut, weil wir einen erhöhten Arbeitskräftebedarf haben. Das ist überhaupt nicht wegzudiskutieren. Die Branchen, meine Damen und Herren, die vernünftig bezahlen, die kommen am ehesten durch diesen Arbeitskräftebedarf, weil die attraktiv sind.

Und, Herr Waldmüller, wenn Sie davon sprechen, dass wir im Rahmen der EU einen Nachteil haben, dann sage ich Ihnen, ja, wenn die Arbeitskräfte zum Arbeiten nach Österreich fahren, weil sie da besser bezahlt werden, dann haben wir in der Tat einen Wettbewerbsnachteil. Ich glaube, der DEHOGA sollte vielleicht genau an diesem Punkt arbeiten, dann kriegen wir diesen Wettbewerbsnachteil vielleicht auch ausgeräumt.

Natürlich sagen Sie zu Recht, dass der DEHOGA Sie da anspricht. Aber vielleicht muss man mal mit den Gewerkschaften sprechen. Sie sagen, der Arbeitnehmer, der Einzelne, soll das Recht haben. Wir wissen auch, dass Arbeitgeber durchaus in der Lage sind, den einzelnen Arbeitnehmer unter Druck zu setzen. Genau in dieser Drucksituation möchte ich den Arbeitnehmer nicht sehen. Deswegen: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann stimmen Sie doch zu!)

Ich höre gerade: „Dann stimmen Sie doch zu!“.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

Sie kennen das, meine Damen und Herren von den LINKEN,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ach, Mensch!)

auch wenn Herr Ritter sich die verbliebenen Haare rauft, es ist, wie es ist, in jeder Koalition gilt der Koalitionsvertrag.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Da müssen Sie mit der Dartscheibe echt noch ein bisschen …)

Und natürlich ist meine Partei vertragstreu. Ich stelle hier die Position der SPD dar. Diese Position – das haben Sie gerade gehört –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das verstehen die beiden Damen in der Kantine?!)

teilt der Wirtschaftsminister, aber offensichtlich nicht Teile der CDU-Fraktion.

(Jochen Schulte, SPD: Die haben das verstanden.)

Deswegen wissen Sie, dass wir nicht zustimmen können.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter.

Es erhält noch mal das Wort der Abgeordnete Helmut Holter für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Waldmüller, Sie sprachen von Klassenkampftönen.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Das habe ich aus der Presse zitiert.)

Ich habe mit meiner Einbringung vielleicht auch einen Beitrag dazu geleistet. Ich bin aber auch der Überzeugung,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Aus der Presse.)

dass es Zeit wird, Dinge beim Namen zu nennen und Dinge auf die Grundursache des Problems wieder zurückzuführen.

Ich lese gerade ein Buch, vielleicht haben einige von Ihnen das schon gelesen, es wird ja allgemein empfohlen. Ich kann kein Französisch, wenn ich jetzt etwas falsch ausspreche, bitte ich um Nachsicht. Also, Didier Eribon hat das Buch „Rückkehr nach Reims“ geschrieben. Da sagt er an einer Stelle an die Linke orientiert, Zitat: „Nicht mehr von Ausbeutung und Widerstand war die Rede, sondern von ‚notwendigen Reformen‘ und einer ‚Umgestaltung‘ der Gesellschaft. Nicht mehr von Klassenverhältnissen oder sozialem Schicksal, sondern von ‚Zusammenleben‘ und ‚Eigenverantwortung‘.“

Herr Krüger, wenn die Köchin oder die Kolleginnen in der Kantine, mich, uns, auch die Sozialdemokraten verstehen wollen, dann, glaube ich, sollten wir bestimmte Be

griffe und Worte aus unserem Wortschatz – zumindest in der Ansprache der Menschen, um im Lutherjahr zu bleiben – auch anders verwenden, ansonsten entsteht ein Sprachwirrwarr, den die Menschen auf der Straße oder in der Kantine einfach nicht nachvollziehen können. Deswegen sagen wir doch, was ist. Wie Franz Müntefering es formulierte, zeigen wir klare Kante. Genau das wollte ich und wollen wir mit diesem Antrag deutlich machen, dass es – und deswegen auch ein bisschen Politökonomie bei der Einbringung – wirklich um Produktivkräfte und um Produktionsverhältnisse geht. Es geht um eine Klassengesellschaft unter neuen, modernen Bedingungen. Die neuen Bedingungen dürfen die Klassenwidersprüche – ich will das deutlich sagen – nicht verkleistern. Und dafür ist DIE LINKE da, diese Widersprüche zu benennen und deswegen dieser Antrag. Das ist der eine Punkt, den ich nennen will.

Der zweite Punkt: Herr Waldmüller, Sie sprachen davon, dass es um den Arbeitnehmerwillen geht, dass also auch Angestellte, Beschäftigte sich mit dem Arbeitgeber entsprechend einigen können. Und Sie haben das über die Tarifbindung gestellt. Dann will ich Ihren Koalitionspartner und Sie fragen: Wie stehen Sie denn zu Ihrem eigenen Koalitionsvertrag? Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU für diese Wahlperiode steht als hoher Anspruch, die Tarifbindung der Unternehmen zu erhöhen. Über die Wege dahin diskutieren wir auch kräftig, aber das ist ein Anspruch der Koalition, der übrigens von uns unterstützt wird. Wenn Herr Waldmüller als Mitglied der CDU-Fraktion, jetzt Generalsekretär der CDU in Mecklenburg-Vorpommern, erklärt, er stellt den Arbeitnehmerwillen über die Tarifbindung, dann ist für mich die Frage: Wie sieht es denn mit dem Koalitionsvertrag hier in Mecklenburg-Vorpommern unter heutigen Bedingungen aus?

Die SPD will ich fragen – Herr Waldmüller hat das angesprochen, dafür bin ich Ihnen dankbar –: Wie halten Sie es denn mit dem, was Frau Nahles dort macht? Herr Krüger, Sie haben das Arbeitszeitgesetz und so weiter betont, das ist ja die gleiche Argumentationsschiene, die ich hier verwendet habe. Und, Herr Waldmüller, Sie haben die Experimentierklausel – oder -phase heißt es ja richtig –, diese Experimentierphase angesprochen. In diesem Weißbuch „Arbeiten 4.0“ wird das entsprechend vorgeschlagen. Das Weißbuch 4.0 ist eine umfassende Studie und Analyse über die Situation am Arbeitsmarkt und in den Unternehmen. Diejenigen, die sich damit befasst haben, wissen das. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist zu der Erkenntnis gekommen, man müsse mal in zwei beziehungsweise drei Jahren ausprobieren, um entsprechende Aufweichungen – so sage ich dazu –, neue Wege gehen zu können.

Weil auch das Argument der Digitalisierung unter anderem immer wieder herangezogen wird, frage ich mich – ich bleibe bewusst beim DEHOGA –, wie sich die Digitalisierung konkret auf die Tätigkeit einer Kellnerin oder eines Kochs auswirkt. Ich kann da keine Auswirkungen erkennen, außer, sagen wir mal, in Bezug auf die Kommunikation, dass also möglicherweise die Bestellung nicht mehr auf den Block geschrieben wird, sondern in ein technisches Gerät, mit dem die Meldung sofort in die Küche gegeben wird, was wir bei der Bestellung aufgegeben haben, oder dass man eben mit einem mobilen EC-Cash-Gerät per Karte seine Rechnung bezahlen kann. Das ist dann aber auch das Einzige. Alles andere hat etwas mit Dienstleistung am und für den Menschen

zu tun und da ist mit Digitalisierung wohl kaum was zu machen.

Deswegen bin ich der Überzeugung – wir haben ja bei dem anderen Tagesordnungspunkt, als der Antrag zu dem Dienstleistungspaket diskutiert wurde, auch schon darüber gesprochen –, es wird immer Menschen geben, die bedienen, die uns die Haare schneiden beziehungsweise föhnen, die mauern, die klempnern, die schrauben, die tischlern. Also die handwerklichen Tätigkeiten bleiben doch. Natürlich wird die Digitalisierung auch deren Arbeitszeit verändern, aber die handwerkliche Tätigkeit bleibt und die unterstützen wir ja auch.