Protocol of the Session on December 10, 2020

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Grimm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag wollen wir sicherstellen, dass die Arbeit von Vereinen, Verbänden und politischen Parteien in unserem Bundesland trotz aller gebotenen Corona-Einschränkungen wenigstens in dem durch Satzungen und Gesetze vorgeschriebenen Kernbereich stets gewährleistet bleibt, denn nur eine gepflegte Vereins-, Verbands- und Parteistruktur ist in der Lage, Gewähr dafür zu leisten, dass die unabdingbaren gesellschaftlichen und politischen Aufgaben dieser Personenzusammenschlüsse erfüllt werden. Vereine als Keimzelle der Gesellschaft erschaffen Räume des sozialen Miteinanders, wo sich Menschen unabhängig von Altersklassen, sozialer Schichtzugehörigkeit und Hierarchieebenen begegnen und ihre Interessen miteinander teilen können. Sie sind unverzichtbar für den Erhalt des sozialen Miteinanders und einer gut funktionierenden Gesellschaft.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Parteien bilden das Scharnier zwischen Gesellschaft und Staat. Sie ermöglichen die politische Willensbildung und deren Umsetzung. Ähnlich verhält es sich mit den Verbänden. Allen gemeinsam ist, dass persönliche Zusammenkünfte ihrer Mitglieder oder Delegierten als Präsenzversammlungen für ein Funktionieren unverzichtbar sind.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Die meisten hier im Saal sind ja Mitglieder von Parteien und wissen, was das für eine Krücke ist, auf eine Telefonkonferenz oder eine Videoschaltung angewiesen zu sein. Kürzlich im Rechtsausschuss hatten wir das mit wackelnden stehenden Bildern. Es war alles nicht so sehr schön.

Wir von der AfD meinen deshalb, Einschränkungen durch Corona-Verordnungen unseres Bundeslandes sind zwar hinzunehmen, jedoch nur insoweit, als in Satzungen und Gesetzen vorgeschriebene Versammlungen dadurch nicht in Wegfall geraten. Die turnusgemäße Neuwahl, etwa eines Vereins- oder Verbandsvorstandes, die Aktualisierung von deren Satzungen, die Wahl einer Kandidatenliste einer politischen Partei sind nur einige Beispiele für Vorgänge, die eine Präsenz der beteiligten Personen erfordern.

Corona bringt hier nun vieles durcheinander. So titelte etwa die „Berliner Zeitung“ am 05.11.2020, ich zitiere: „Politik in Not“.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?! Mensch!)

„Fast alle Parteien in Berlin befinden sich in einer Zwickmühle. Nach dem Parteiengesetz sind Wahl-Parteitage alle zwei Jahre verpflichtend – und in den meisten Berliner Parteien sind die Vorsitzenden inzwischen sogar mehr als zwei Jahre im Amt. Also drängt die Zeit.“ Zitatende.

Bei vielen Vereinen und auch Parteien stehen regelmäßig auch im letzten Halbjahr eines Jahres die ordentlichen Mitgliederversammlungen an, in denen der Vorstand über das vergangene Geschäftsjahr Rechenschaft ablegt, maßgebliche Entscheidungen für das laufende Jahr getroffen werden und vor allem auch Wahlen für Vorstands- und andere Vereinsämter durchgeführt werden müssen.

Nun haben Sie sicher gemerkt, unser Antrag, datiert vom 25.11.2020, erst danach wurde die aktuelle CoronaLandesverordnung vom 28.11.2020 erlassen. Deren Paragraf 8 regelt nun in dessen Absatz 5, ich zitiere: „Abweichend von § 8 Absatz 1 dürfen unaufschiebbare gesetzlich oder satzungsmäßig erforderliche Veranstaltungen und Versammlungen von Vereinen, Verbänden und Parteien stattfinden. Das gilt auch für unaufschiebbare Betriebsversammlungen und Tarifverhandlungen. Es besteht die Pflicht, die Auflagen aus Anlage 40 einzuhalten.“ Zitatende. Man könnte glauben, jetzt sind die Versammlungen plötzlich doch wieder erlaubt.

Wir halten unseren Antrag gleichwohl aufrecht. Das Erfordernis, nämlich der Unaufschiebbarkeit, welches hier hineinformuliert ist, bedeutet eine zusätzliche und darüber hinaus auch noch unpräzise Hürde, die von den die Vorschrift anwendenden Behörden sicherlich sehr unein

heitlich angewendet werden dürfte. Zwar besagt eine Legaldefinition aus dem Polizeirecht, „unaufschiebbar“ ist eine Maßnahme, wenn ein unmittelbares Tätigwerden zwingend erforderlich ist, das hilft hier aber auch leider nicht weiter. Wie soll das nämlich auf konkrete Fälle, wie etwa die Jahreshauptversammlung eines e. V., stets gleich und nachprüfbar angewendet werden? Hinzu kommt die meist zeitlich viel Vorlauf beanspruchende Planung und Anmietung eines Versammlungslokals. Wartet man, bis die Veranstaltung unaufschiebbar ist, kriegt man danach keinen Saal mehr gemietet.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Mietet man rechtzeitig, hat man zwar einen Saal, die behördliche Genehmigung wird aber möglicherweise versagt mangels Unaufschiebbarkeit.

Meine Damen und Herren, Vereine, Verbände und Parteien leisten einen wertvollen, ja, unersetzlichen Beitrag für unsere Gesellschaft. Ihr zuverlässiges Funktionieren geht alle an. In Gesetzen oder Satzungen vorgeschriebene Präsenztreffen sind deshalb ohne jegliche weitere Einschränkungen zu gewährleisten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Ich freue mich auf eine angeregte Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe,

(Franz-Robert Liskow, CDU: Wat?!)

in Vertretung der Minister für Inneres und Europa.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Hä?! – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Du sollst reden und er vertritt dich jetzt?! – Minister Harry Glawe: Die Präsidentin hat immer recht.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende weiß ich jetzt auch gar nicht mehr, ob ich der bin, der vertritt oder vertreten werden soll.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Hauptsache ist, was du erzählst. – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Fakt ist, das ist ein Bereich, der dem Innenministerium sozusagen hier in der Zuständigkeit obliegt. Und es war aber großzügigerweise durch den Wirtschaftsminister angekündigt, dann die Rede zu übernehmen, wenn ich nicht anwesend sein kann. Das wird bis 14.45 Uhr der Fall sein.

(Minister Harry Glawe: Wir sind wieder eingedampft. – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Insofern will ich jetzt nicht, dass Sie das noch loben, dass ich noch mal kurz gekommen bin, sondern will auch versuchen, mich hier kurzzufassen.

Und, Herr Grimm, in dem Sinne, das, was Vorspiel betrifft, die Rolle der Bedeutung der Parteien et cetera, da gibt es dem nichts hinzuzufügen. Auch ich habe eine Auffassung zu dem, was in diesem Staat notwendig ist, damit unser Gemeinwesen funktioniert. Insofern gibt es da keine abweichende Meinung. Das, was Sie dezidiert jetzt hier vorgetragen haben, was Ihren Antrag betrifft, diese ganzen formellen und, ja, diese ganzen formellen Winkelzüge, die stimmen. Da frage ich mich nur: Hat dieser eigene Winkelzug Sie heute Vormittag erst erreicht, dass Sie, nachdem Sie den Antrag zurückgezogen haben, ihn wieder auf die Tagesordnung gehievt haben?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wir haben ihn nicht zurückgezogen! – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

So wurde mir das sogar schriftlich mitgeteilt. Aber wenn es dann so ist oder auch so sein sollte, Fakt ist, dass Ihr Antrag formell korrekt ist, dass die jetzt geltende Verordnung nicht dem entspricht, was in der Verordnung davor der Fall war. Aber Fakt ist auch, dass die Infektionslage dazu geführt hat, dass die Landesregierung eine Verordnung in veränderter Form rausgegeben hat, und zwar dann eben so, wie von Ihnen richtig zitiert, am 28. November mit dem Text, so, wie er dort steht. Und klar liegt dem die Infektionslage zugrunde.

Und Fakt ist auch, dass der Wirtschaftsminister jetzt dann am 8. Dezember eine entsprechende Verfügung rausgegeben hat an die Landkreise, indem er dann insbesondere darauf hinweist, dass nach Infektionsschutzgesetz Paragraf 28 Absatz 1 die Gebietskörperschaften, die kreisfreien Städte und Landkreise in Abhängigkeit von unserer Ampel, von den Inzidenzen entsprechende weitere Maßnahmen verfügen sollen.

Ich gehe davon aus, dass Ihnen das bekannt ist, will das trotzdem aber an dieser Stelle für alle anderen dann auch noch mal sagen, dass dann im Prinzip ab einer Inzidenz von über 200 dann nämlich genau das auch nicht mehr stattfinden wird, weil nämlich dann die Landräte entsprechend verfügen, auch in diesem Bereich tätig zu werden und solche Veranstaltungen nicht mehr zuzulassen. Insofern wird es dann wiederum neben der rechtlichen Situation auch eine politische Frage, welche Einstellung man zu den Dingen hat,

(Der Abgeordnete Dr. Ralph Weber meldet eine Kurzintervention an. – Peter Ritter, DIE LINKE: Hallo, Präsidium!)

ob man das politisch dann auch verantworten kann bei entsprechenden Inzidenzen, die, und ich sage mal ganz persönlich, wenn sie über 200 sind, das ist für mich ein Wert gegen unendlich, ob man dann auch als Landesregierung es verantworten kann, solche Veranstaltungen noch durchführen zu lassen, insbesondere vor dem Hintergrund, das, was auf uns zukommt, was perspektivisch andiskutiert ist oder mehr oder weniger auch mit der kommunalen Ebene schon verabredet ist, dass wir im Schulbereich auf den Präsenzunterricht ab Klasse 7 verzichten werden, dass darüber nachgedacht wird,

Geschäfte ab dem 24. zu schließen und, und, und. In Abhängigkeit von diesen Inzidenzen dann andere Dinge noch durchzuführen, das wird sicherlich eine politische Diskussion sein. Dieses Thema ist in meiner Anwesenheit bisher nicht diskutiert worden.

Dass der jetzige Verordnungstext sich in irgendeiner Art und Weise ändern soll, also die jetzige Rechtslage, ist mir nicht bekannt, dass solche Diskussionen geführt wurden bisher oder auch geführt werden sollen. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, das, was Sie hier fordern, in Ihrem Antrag dann auf die Lage, Rechtslage davor noch mal wieder drauf zurückzugehen, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister!

Mir liegt noch ein Antrag auf Kurzintervention vor von Herrn de Jesus Fernandes. Bitte!

(Thomas Schwarz, SPD: Oh! – Peter Ritter, DIE LINKE: Thomas, ist dir schlecht?)

Sehr geehrtes Präsidium! Herr Minister! Sie wissen auch, mit dieser unpräzisen Angabe dort hat man wahnsinnige Schwierigkeiten – jeder, egal ob unsere Partei, jeder Verein et cetera –, Räumlichkeiten zu finden. Man geht ja einen Vertrag auch ein. Man braucht auch Planungssicherheit. Man kann mit dieser Regelung nichts finden. Damit unterbinden Sie quasi politische Meinungsbildung und greifen massiv auch in die politische Willensbildung mit ein mit solchen unsicheren Beschlüssen.

Das ist ein Wort, das muss geändert werden, und das ist eminent wichtig, damit Parteien auch Kandidaten aufstellen können für Landtagswahlen et cetera. All das verhindern Sie mit solchen schwammigen Begriffen, die dort reinformuliert sind. Wir brauchen da Planungssicherheit, andere brauchen auch Planungssicherheit. Und wenn man das dann vergleicht, wie die Landesregierung weiter agiert, Frau Schwesig verteilt immer noch schön öffentlichkeitswirksam Fördermittelbescheide et cetera, während allen anderen Parteien Bürgerdialoge et cetera verboten sind,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wieso denn das? Wieso denn das? Was ist ihnen verboten?)

das passt alles nicht zusammen. Das ist auch nicht gut.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mit den Menschen zu reden, ist nicht verboten. Was ist das für ein Quatsch?!)

Und da hätte ich gerne mal eine Info von Ihnen, wie Sie das sehen. Vielleicht ändern Sie es ja auch von sich heraus.

Herr Minister, möchten Sie darauf antworten?

Damit Sie es nicht extra nachzulesen brauchen …

Ich gehe davon aus, ja.