Protocol of the Session on November 27, 2020

Und, meine Damen und Herren, die Arbeit des Studenten aus Stralsund, die hatte ergeben – er hatte verglichen Deutschland und Japan,

(Julian Barlen, SPD: Die war methodisch so hinterwäldlerisch!)

Deutschland, Deutschland hat Lockdown gemacht, Japan hat keinen Lockdown gemacht –, und das Ergebnis, das überraschende Ergebnis war, dass die Zahl der Corona-Toten in Japan niedriger war als in Deutschland. Das hat kulturelle,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und was war mit Schweden?)

das hat kulturelle Ursachen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Und er musste dann einen Kunstgriff machen, um seine Berechnungen weiterzuführen. Und, meine Damen und Herren, das belegt doch nur,

(Zuruf von Philipp da Cunha, SPD)

das belegt doch nur, nutzen Sie die Eigenverantwortung der Bürger, gehen Sie auf die Bürger zu und geben Sie ihnen die Eigenverantwortung zurück, dann werden Sie feststellen, dass Sie bessere Ergebnisse erzielen werden als durch Verbote und Gebote!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Frau Oldenburg, ich möchte noch mal auf Ihre nette Predigt zurückkommen, die Sie hier gehalten haben. Da sind wir völlig bei Ihnen, wenn es um die Kinder geht. Und da gebe ich … Und ich muss sagen, die Norweger, die gehen da einen interessanten Weg, die halten die Kinder völlig aus den ganzen Lockdown-Aktivitäten raus. Das heißt, die machen einen Lockdown, aber die Kinder haben Freiheiten, sie können zu ihren Sportveranstaltungen gehen,

(Thomas Krüger, SPD: Wie in Mecklenburg-Vorpommern!)

sie gehen in die Schule,

(Thomas Krüger, SPD: Wie in Mecklenburg-Vorpommern!)

sie gehen in die Kita und so weiter und so fort.

(Julian Barlen, SPD: So wie wir, meinen Sie, ja?! – Zuruf von Philipp da Cunha, SPD)

Genau das! Ich will das ja nur, ich will das ja nur bestätigen.

Und das betrifft auch die Maske, meine Damen und Herren, das betrifft auch die Maske in den Schulen. Und deshalb halte ich das für wichtig, dass wir diesen Weg weitergehen und auch konsequent sind.

(Julian Barlen, SPD: Ja, gut!)

Ich möchte noch einen Punkt hervorheben, und zwar kann man leicht den Verdacht bekommen, dass die Pandemie eigentlich gerne ausgedehnt und genutzt wird oder besser gesagt, die Schwere der Pandemie gerne genutzt wird, um eigentlich im Hintergrund politisch ganz andere Dinge durchführen zu können.

(Julian Barlen, SPD: Davon träumen Sie nachts!)

Und das haben wir, das haben wir jetzt zum Beispiel mit dem MV-Schutzfonds erlebt, ganz drastisch erlebt, dass nämlich viele Maßnahmen, die gar nicht mit der CoronaBekämpfung in Verbindung gesehen werden können, dass die jetzt praktisch über Schulden finanziert durchgedrückt werden. Da muss man doch klar sagen, da wird die Pandemie missbraucht, um Fehler der vergangenen Jahre in der Regierungspolitik auszubügeln.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Und ich denke auch nur an die Corona-Bonds in Europa oder an die Aufkaufprogramme der EZB. Das alles läuft ab im Hintergrund, keiner diskutiert darüber, weil Corona alle Diskussionen bestimmt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich das mal zu Gemüte führen, und ich bitte Sie ernsthaft und eindring

lich, zu einer realistischen Bewertung unseres derzeitigen Risikos durch die Pandemie zurückzukommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Fraktionsvorsitzende Herr Krüger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind nun bereits neun Monate, dass wir in einer Art Ausnahmezustand leben. Die Pandemie zwingt uns, Grundrechte einzuschränken, soziale Kontakte zu reduzieren und die Wirtschaft zu beschränken. Und ja, richtig, meine Damen und Herren, die Menschen in unserem Land hinterfragen diese Maßnahmen, sie hinterfragen auch diese Maßnahmen kritisch: Sind die Einschränkungen, die wir hier machen, auch vernünftig? Und ich will ganz klar sagen, das ist das Recht und es bleibt das Recht der Menschen, auch genau diese Fragen zu stellen.

Ebenso ist es das gute Recht der Menschen, hierauf auch unterschiedliche Antworten zu geben. Die einen sagen uns, das, was ihr da macht, das ist angemessen, das ist richtig, genau so muss es passieren. Es gibt eine zweite Gruppe, die sagt uns, nein, das hätten wir gerne deutlich strenger. Seid strenger, wir haben Befürchtungen, dass das Virus so nicht eingeschränkt werden kann, und möchten strengere Regeln. Und eine dritte Gruppe, die gibt es, die sagt, das ist uns jetzt alles viel zu streng, macht es lockerer, ihr überzieht an der Stelle.

Um es klar zu sagen, wir haben das Recht auf freie Meinungsäußerung in Deutschland, und das bleibt auch so. Jeder hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu sagen. Auch Demonstrationen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

auch Demonstrationen, beispielsweise gegen die CoronaMaßnahmen, sind erlaubt, sind weiterhin völlig normal, Teil unserer freiheitlichen Gesellschaft. Und jeder hat selbstverständlich das Recht, wenn er sich zu sehr eingeschränkt fühlt, auch zu Gericht zu gehen und vor Gerichten deutlich zu machen, dass er gerne vom Gericht die Regeln überprüft haben möchte, und wird dann auch eine entsprechende Entscheidung bekommen.

Meine Damen und Herren, aber was nicht geht, ist, sich auszusuchen, welche Regeln man beachtet und welche nicht. Die Corona-Regeln gelten für alle, solange sie nötig und verordnet sind und solange sie nicht durch Gerichte aufgehoben werden, auch dann, wenn man sich von genau diesen Regeln eingeschränkt fühlt, auch dann, wenn sie unbequem und lästig sind, auch dann, wenn man dem Glauben unterliegt, dass Corona eine Erfindung wäre oder völlig übertrieben ist. Dass Regeln anerkannt und eingehalten werden, gerade auch dann, wenn sie individuell stören, gehört zu den Grundprinzipien unserer demokratischen Grundordnung.

Meine Damen und Herren, jeder hat das Recht, gegen die geltenden Regeln zu protestieren und zu demonstrieren und sich demokratisch zu engagieren. Hierzu gehört dann aber auch, sich nicht mit den Feinden der Demo

kratie gemeinzumachen. Wer zusammen mit Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern marschiert, wer den Nationalsozialismus durch völlig unangemessene Vergleiche verharmlost,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

wer von „Ermächtigungsgesetzen“ und „Corona-Diktatur“ schwurbelt, wer durch sein Verhalten die Gesundheit anderer Menschen gefährdet, der stellt sich eben außerhalb des demokratischen Konsenses.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Der disqualifiziert und diskreditiert sein Anliegen und der darf nicht erwarten, im demokratischen Diskurs ernst genommen zu werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal daran erinnern, warum wir alle diese Einschränkungen machen. Das Corona-Virus ist hoch ansteckend, es ist hochgefährlich, nicht nur, aber vor allem für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen, auch junge Menschen, gesunde Menschen können schwer erkranken. Es gibt viele dokumentierte Fälle, in denen von langwierigen Erkrankungen oder langwierigen gesundheitlichen Einschränkungen – auch lange Zeit nach der eigentlichen Infektionsphase – die Rede ist. Ich kenne selbst eine Frau, so um die 55, aus Schwerin, die an Covid-19 erkrankt war. Das ist jetzt zwei Monate her. Sie leidet nach wie vor an Erschöpfungszuständen, ist nicht arbeitsfähig. Schlicht und einfach, nachdem sie diese Infektion durchgemacht hat, ist sie zwar die Infektion los, aber nicht wirklich gesund.

Meine Damen und Herren, es ist eben anders als bei einer Grippe. Bei einer Grippe ist es so, dass ein Teil der Bevölkerung immun ist, schlicht und einfach, weil wir da Impfungen haben. Hier ist es so, dass jemand, der infiziert ist und Kontakt zu anderen Menschen hat, dieses Virus eins zu eins weitergeben kann. Und genau dadurch entsteht das exponentielle Wachstum.

Meine Damen und Herren, das Problem ist, dass wir dann eben nicht mehr kontrollieren und nachvollziehen können, wer sich infiziert hat. Das Problem ist, dass viele infizierte Personen dann auch nicht wissen, dass sie infiziert sind, und das Virus weitergeben an Familienmitglieder, an Freunde, an Kollegen. Das Problem ist, dass unsere Hausärzte, Krankenhäuser die hohe Zahl der Corona-Patienten neben den normalen Patienten nicht mehr bewältigen können. Das Problem ist, dass die Zahl an intensivmedizinischen Betten, an Pflegekräften, an Ärzten in den Krankenhäusern dann nicht mehr ausreichen könnte, und das Problem ist, dass die Patienten dann nicht mehr so behandelt werden könnten, wie es eigentlich medizinisch möglich ist, und die Gefahr besteht, dass sie dann versterben.

Und, meine Damen und Herren, wer glaubt, dass dieses Szenario für uns ein völlig unvorstellbares Szenario ist, weil wir hier ein hoch entwickeltes Gesundheitssystem haben, den bitte ich einfach mal zu schauen in andere europäische Länder, die ein ähnlich entwickeltes Gesundheitssystem haben. Die Niederlande beispielsweise sind auf dem Level gewesen, dass sie es nicht mehr geschafft haben. Patienten sind nach Deutschland gebracht worden, sind bei uns behandelt worden, weil die

niederländischen Krankenhäuser voll waren, weil die Intensivstationen in den Niederlanden es eben nicht mehr geschafft haben. Hier hätten Menschen sterben müssen, wenn wir hier nicht geholfen hätten.

Und, meine Damen und Herren, auch die Schweiz ist da ein Beispiel. In der Schweiz hat man festgelegt vor dem Hintergrund der Pandemie, wie die Triage zu erfolgen hat. Triage heißt, ich habe nicht mehr genügend medizinische Kapazitäten und muss mich entscheiden, wem ich helfe und wem ich nicht helfe. Und ich möchte uns nicht ersparen, hier mal vorzutragen, was Triage in der Schweiz heißt. Da heißt es, Patienten mit schwerer Demenz sollen nicht mehr auf Intensivstationen aufgenommen werden. Patienten mit Krebserkrankungen, bei denen sich Metastasen bilden, sollen nicht mehr aufgenommen werden, ebenso Patienten mit schwerem Trauma und generell Patienten, die älter sind als 85 Jahre.

Meine Damen und Herren, ich habe einen Onkel in Rostock wohnen, der ist 92. Das ist ein rüstiger Rentner, der alleine lebt nach wie vor, Fahrrad fährt und sehr aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnimmt. Wenn ich mir vorstelle, dass der alleine deswegen, weil er eben die 85 überschritten hat, diese Hilfe auf der Intensivstation nicht mehr bekommen würde, das ist eine Vorstellung, da stellen sich mir die Nackenhaare auf. Das sind aber die Konsequenzen davon, dass die Schweiz zu lange, zu zögerlich und zu zaghaft auf Corona reagiert hat. Und genau das ist es, was wir in Deutschland nicht wollen. Genau das ist es, was wir in Mecklenburg-Vorpommern vermeiden wollen. Das sind die Hintergründe dessen, was wir hier tun.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Deswegen müssen wir die Einschränkungen auch in den nächsten Wochen beibehalten, denn noch sind die Infektionszahlen zu hoch. Deswegen ist es aber auch richtig, dass unsere Ministerpräsidentin für uns mit der Bundeskanzlerin verhandelt hat und auf das Land zugeschnittene Maßnahmen durchsetzt.

Und, meine Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat sich hier bei vielen bedankt, die im gesellschaftlichen Raum aktiv sind, die bei der Bekämpfung der CoronaPandemie vornanstehen und kämpfen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Ministerpräsidentin bedanken. Ich glaube, ich erlebe dichter als viele andere hier im Saal, wie die Ministerpräsidentin arbeitet, wie viele Stunden, wie viel Einsatz, wie viel Kraft Manuela Schwesig aufwendet, um die Maßnahmen hier durchzusetzen, und mit wie viel Aufwand sie in die Gesellschaft hinein Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung koordiniert. Meine Damen und Herren, ich sage an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an die Ministerpräsidentin!