Also ich glaube, Herr Arppe, Sie hatten meinen Hinweis auch zur Umgehung von Ordnungsrufen gerade nicht verstanden. Und für den Ausdruck „Sportpalastrede“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
(Holger Arppe, fraktionslos: Was ist denn daran so schlimm? Ich hätte ja auch „Sporthallenrede“ sagen können.)
Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Wir haben eine ganze Menge angehört in dieser Debatte zur akuten gesundheitlichen Notlage durch Corona. In der Tat, das ist ernst zu nehmen, die Infektionszahlen steigen, meine Damen und Herren. Die Infektionszahlen steigen! Und darauf hat der Kollege Arppe eben zutreffend hingewiesen, das ist nun mal so im Herbst und im Winter, dass bei viralen Infekten – und dazu gehört Corona auch – die Infektionszahlen steigen. Aber die Steigerung der Infektionszahlen allein macht aus einer bedenkenswerten Situation noch keine gesundheitliche Notlage. Und wenn wir bedenken, dass 90 Prozent derer, die positiv getestet werden, völlig symptomfrei oder mit sehr geringen grippeähnlichen Symptomen nur belastet sind, dann muss man das mit der aktuellen gesundheitlichen Notlage noch mal ein bisschen infrage stellen. Auf die nur belegten zehn Intensivbetten zurzeit ist bereits hingewiesen worden. Keiner möchte, dass sie steigen, insofern ist eine gewisse Vorsorge richtig, aber von einer akuten gesundheitlichen Notlage zu sprechen, ist mächtig übertrieben.
Und wenn ich mir die Reaktionen anschaue, die die Ministerpräsidentin im Einvernehmen mit der Kanzlerin und den anderen Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen jetzt angeordnet hat, dann kann ich nur sagen, vielleicht ist die akute gesundheitliche Notlage in den Köpfen unserer Regierungschefs beheimatet. Mir jedenfalls fällt dazu nichts Weiteres ein.
Frau Oldenburg, wenn Sie sagen, man braucht nicht nur einen Impfstoff gegen Corona, sondern vielleicht auch gegen, ich zitiere, „geistige Umnachtung“, Zitatende, dann möchte ich Ihrer, Zitat von gestern, „Gurkentruppe“, Zitatende – ich sage es vielleicht so, dass Sie es auch besser verstehen: Gurken-und-Gurkinnen-Truppe –,
aus der Fraktion DIE LINKE mal entgegenhalten, ja, auch wenn es einen solchen Impfstoff gegen geistige Umnachtung gäbe, würde der bei Ihnen nichts nutzen, denn Ihre Fraktion ist, bei Ihrer Fraktion...
So, Herr Professor Weber, ich glaube, auch Sie haben mir nicht zugehört. Ich habe gesagt, ich lasse solche Umgehungstatbestände nicht zu, und von daher erteile ich Ihnen jetzt für diese Verwendung einen Ordnungsruf, weil dieser Hinweis ist eindeutig ergangen und ich hatte ihn vorhin gerade noch mal wiederholt.
Und jetzt kann ich die Pause gleich dazu nutzen, Ihnen die Frage zu stellen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Renz zulassen?
Also, Herr Professor Weber, ganz offensichtlich ist Ihnen nicht klar, was ich gesagt habe. Ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf
und in diesem Falle sehe ich es auch als Missachtung des Präsidiums an – nicht nur eine Wortentziehung zur Folge hätte, sondern einen Verweis von der heutigen Sitzung, also einen Ausschluss. Ich weise Sie ausdrücklich darauf hin, und ich werde auch bei einer Fortsetzung dieser Rede, wenn Sie sie jetzt so weiter halten, mit den entsprechend angekündigten Maßnahmen dann darauf reagieren.
Die Ministerpräsidentin hat dann erzählt, es gab in Mecklenburg-Vorpommern noch gar keinen Lockdown, weil die Ausgangssperren gefehlt haben. Und das, was wir jetzt neu bekommen, ist natürlich wieder kein Lockdown, auch kein teilweiser Lockdown, sondern das sind mehr oder weniger harmlose Begleitmaßnahmen.
Meine Damen und Herren, das empfinde ich als eine Verhöhnung derer, die von diesen Maßnahmen betroffen sind.
Hier gibt es zahlreiche Menschen in ganz vielen unterschiedlichen Gewerken, Unternehmungen und so weiter, die um ihre Existenz ringen wegen dieser Maßnahmen. Und dann Wortspielereien aufzuführen, ob das kein Lockdown war, weil die Ausgangssperre gefehlt hat oder nicht, das empfinde ich als völlig unsachlich. So etwas sollte man lassen.
Und wenn dann der Fraktionsvorsitzende der SPD sagt, die angeordneten Maßnahmen seien sinnvoll und klug, dann kann ich dazu nur sagen, eine solche Bevormundung der Bevölkerung bis in die privatesten Bereiche hinein, Stichwort „Familienfeiern“, ist nicht sinnvoll und klug. Das entspricht nicht einem demokratischen Grundverständnis im Umgang einer Regierung mit ihrer Bevölkerung. Meine Damen und Herren, Familienfeiern zu regulieren, jedenfalls in einem hinnehmbaren Rahmen Familienfeiern zu regulieren, die nicht über Hunderte von Teilnehmern verfügen, und dann in der vorherigen Rede noch zu hören, aber es ist ja tröstlich, dass zu Bestattungen immerhin bis zu 20 Personen kommen können, das ist einfach unfassbar! Ein solcher Eingriff in die private Lebensgestaltung ist auch durch eine – wenn sie denn bestünde – akute gesundheitliche Notlage in keinem Fall gerechtfertigt.
Wenn ich mir dann noch, wenn ich mir dann noch die jetzt wieder neu eingeführten, noch restriktiveren, weil quasi alle betreffenden Beherbergungsverbote ansehe: Es darf also jemand, der zu diesen erlaubten Familienfeiern kommen mag, zur Familienfeier kommen als Tagestourist, aber er kann nicht in den relativ sicheren, hygienisch mit Hygienekonzept abgesicherten Hotels übernachten, weil es ja keine Dienstreise ist. Also muss er zu Hause bei den Menschen übernachten, zu denen er eingeladen ist im Familienkreis. Dass es da aber kein Hygienekonzept gibt, dass das alles noch enger ist,
dieses Ganze zeigt, wie undurchdacht, wie unsinnig diese ganzen Maßnahmen sind. Unser Fraktionsvorsitzender hat noch andere Beispiele gebracht. Das alles, meine Damen und Herren, ist unverhältnismäßiger, undurchdachter Aktionismus.
Und zu der Schließung der Gaststätten möchte ich noch mal sagen, 0,5 Prozent der Infektionen in den nachverfolgten Fällen sind in Gaststätten geschehen, also ein sehr, sehr geringer Teil. Warum jetzt wieder alle Gaststätten schließen müssen, die mit den Hygienekonzepten, die sie einhalten und die wunderbar funktioniert haben, schon hart genug gebeutelt waren, entzieht sich jeder rationalen Begründung. Dafür gibt es einfach nichts anderes als die Aussage: willkürlich, unverhältnismäßig und undurchdacht. Das muss man hier einmal sagen.
Ich könnte in dem Ton noch eine Weile weitermachen, aber dann droht mir vielleicht in der Tat, dass ich den Sitzungssaal verlassen muss, und da ich so gerne bei Ihnen allen hier zugegen bin,
möchte ich das gerne vermeiden. Deswegen nur noch einen Satz, einen Schlusssatz zu diesem Punkt: Meine Damen und Herren, diese Maßnahmen werden wir so nicht akzeptieren. Wir werden alle rechtlich möglichen Schritte gegen die Gesamtheit und die einzelnen Maßnahmen einsetzen und umsetzen. Dieses gesamte Maßnahmenbündel ist willkürlich, unverhältnismäßig, muss weg, und ich kann unsere Landsleute nur dazu aufrufen: Liebe Landsleute, macht euch frei! Schutz durch Zwang ist Tyrannei!
Sind Sie denn noch mal bereit, darüber nachzudenken, jetzt eine Zwischenfrage von Herrn Renz zuzulassen?
Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu, weil nach mir noch jemand sprechen möchte und ich dem nicht die Zeit rauben möchte.
Das einzig Richtige, was ich an dieser Debatte festgestellt habe, nämlich den Dringlichkeitsantrag der Fraktion DIE LINKE, der dazu führen sollte, dass diese ganzen Corona-Maßnahmen der Herrschaft (durch Ministerialerlasse und Ministerialverord- nungen) entzogen werden und hier im Parlament beheimatet sind, der ist leider zurückgezogen worden, sodass mein endgültiges Fazit bleibt, alle Maßnahmen, die hier vorgestellt wurden, sind so nicht tragbar, und das einzig Vernünftige, was da gewesen wäre, das hat die Linksfraktion dann auch noch zurückgenommen. Ich drücke ausdrücklich mein Bedauern für diesen Schritt aus.