Protocol of the Session on October 28, 2020

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Was als nächster Punkt hinzukommt, ist eine in meinen Augen völlig fehlende Anstrengung zur Haushaltskonsolidierung. Die Ministerpräsidentin hat gesagt, ich sage es jetzt nicht wörtlich, sondern ich übertrage es mal, in der Krise wird nicht gespart, sondern da müssen wir jetzt endlich zulegen. Das mag im Grundsatz richtig sein, trotzdem gibt der vorliegende Haushalt genug Ansatzpunkte, wo man hätte einsparen können. Es wird hier in diesem Nachtragshaushalt nicht ein Pfennig der zusätzlichen Ausgaben mit Einsparungen in irgendeiner Weise belegt. Es wird nur durch neue Schulden finanziert. Das ist das Gegenteil von solider Haushaltskonsolidierung. Und wir hatten schon im ersten, im grundlegenden Haushalt für die Haushaltsjahre 2020/2021 genug Punkte aufgezeigt, wo man hätte einsparen können. Die bleiben weiter bestehen. Das Einsparpotenzial in dem zugrunde liegenden Haushalt ist enorm und es wird nicht in einem Schritt versucht, auch nur einen Cent, einen Euro aus dieser Haushaltsmasse einzusparen. Nein, man macht bequemerweise einfach neue Schulden. Das ist auch das Gegenteil von solider Finanz- und Haushaltspolitik.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und zum Dritten das Stichwort „Generationengerechtigkeit“. Die Ministerpräsidentin hat eben gesagt, wir zahlen das, beginnend ab dem Jahr 2026 oder 2025, in 20 Jahren à 120 Millionen Einsparungen zurück, und damit träfe das die Generation, die jetzt auch für die Politik verantwortlich ist. Das ist mitnichten so. Selbst wenn Sie das schaffen, wir alle das schaffen, diese immense Neuverschuldung in den nächsten 20 Jahren zurückzuzahlen, dann muss das teuer erkauft werden durch erhebliche Einsparungen in den Folgehaushalten. Es sind ja auch die Mindereinnahmen an Steuereinnahmen, die zu veranschlagen sind, die zusätzlichen Rückzahlungen, es bleiben ja die über 20 Milliarden Altschulden, die wir auch noch weiter tilgen müssen. Das ist ein Blankocheck, der ausgestellt wird und der eben nicht im Wesentlichen von dieser Generation getragen wird, sondern das ist ein Armutszeugnis für Generationengerechtigkeit, das ist

eine Politik zulasten der nächsten Generation, zulasten von unseren Kindern.

Und genau das werden wir auch nicht mittragen. Deswegen ist es unabdingbar, dass dieser Zweite Nachtragshaushalt erheblich reduziert wird, dass man wirklich guckt, was brauchen wir,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

um unserer Bevölkerung, um unsere Unternehmer, unsere Arbeitnehmer, um all diejenigen, die wirklich von diesen Corona-Maßnahmen betroffen sind, so zu stellen, dass sie wirtschaftlich überleben können, was schon schwer genug wird. Aber all diese weiteren Zukunftsprojekte, die müssen Sie, bitte schön, aus dem normalen Haushalt und unter Beachtung der Schuldengrenze finanzieren.

Alles in allem, um zum Ende zu kommen, möchte ich das zusammenfassen: Der hier vorgelegte Zweite Nachtragshaushalt ist unsolide, belastet diese und die nächste Generation mit unerträglichen Neuverschuldungen, die im Wesentlichen mindestens zur Hälfte – und das ist noch sehr tief gegriffen – nicht durch die Corona-Pandemie veranlasst sind, sondern damit sollen Versäumnisse aus den letzten 10 oder 15 Haushaltsjahren ausgeglichen werden, wo man eben wegen der Schuldengrenze oder aus anderen Gründen Gelder nicht ausgegeben hat, die man jetzt gerne noch bereitstellen möchte.

In unseren Augen ist dieser Nachtragshaushalt so nicht akzeptabel. Wir werden selbstverständlich versuchen, das in den Ausschüssen zu korrigieren, deswegen auch die Überweisung des Nachtragshaushaltes in die Ausschüsse mittragen, kündigen aber jetzt schon an, sollte das nicht gelingen, dann werden wir diesem Nachtragshaushalt nicht nur nicht zustimmen, sondern wegen der in unseren Augen vorhandenen erwiesenen und eklatanten Verfassungswidrigkeit auch erwägen, gegen diesen dann beschlossenen – wenn das so beschlossen sein sollte – Zweiten Nachtragshaushalt vor das Landesverfassungsgericht zu ziehen.

Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass Sie alle in der Verantwortung vor der großen Aufgabe, die wir haben, und die ist eben nicht nur die Bekämpfung der Pandemie, sondern die ist auch die Ordnung der Finanzen in diesem Land und eine Stabilität zu erreichen, die auch in den nächsten 20 Jahren ein ordentliches Finanzgebaren ermöglicht, ich hoffe sehr, dass Sie das mittragen, dass wir in den Ausschüssen zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Wir jedenfalls werden verfassungswidrige Überschreitungen der Schuldenbremse in gar keinem Falle mittragen. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Liskow.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Einbringung des Entwurfes für den Doppelhaushalt 2020/2021 im September letzten Jahres und seiner Verabschiedung im Dezember 2019 hat sich die finanz- und haushaltspolitische Lage in einer Weise verändert, wie es sie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, aber auch

unseres Bundeslandes noch nicht gegeben hat. Ich möchte jetzt gar nicht auf die einzelnen finanziellen Auswirkungen eingehen, das hat ja die Ministerpräsidentin schon gemacht. Ich möchte Sie aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit einigen weiteren Ausführungen hier sozusagen...

(Henning Foerster, DIE LINKE: Informieren. Informieren!)

Ja, informieren kann man sagen, oder auch

(Henning Foerster, DIE LINKE: In Kenntnis setzen! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

meine eigenen Ausführungen hier machen.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, verantwortungsvolle Haushalts- und Finanzpolitik muss in solchen Zeiten vieles verändern. In einem Punkt bleibt die Anforderung gleich, sie muss die Realität anerkennen. In Zeiten, in denen wir – bedingt durch die Corona-Pandemie und die für die Eindämmung erforderlichen Maßnahmen – eine Rezession ungeahnten Ausmaßes erleben, muss die Priorität der Haushaltspolitik darauf liegen, die wirtschaftliche Tätigkeit im Land zu stabilisieren und die Erholung der Wirtschaft bestmöglich zu unterstützen.

Allen Kritikern des vorliegenden Nachtragshaushaltes, ob vonseiten der AfD, der FDP, der GRÜNEN, selbst des Landesrechnungshofs, möchte ich an dieser Stelle empfehlen, das Protokoll der Expertenanhörung im Bundestag zum Nachtragshaushalt des Bundestages sowie die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen dazu gründlich zu studieren. Ohne Frage gibt es dabei unterschiedliche Auffassungen im Detail und Kritik an Teilen des Nachtragshaushaltes auch auf Bundesebene. Im Kern jedoch bestätigen die befragten Wissenschaftler einhellig das, was alle führenden Wirtschaftsforschungsinstitute derzeit empfehlen. Bei einem derart massiven Einbruch der Wirtschaftstätigkeit, der durch ein naturkatastrophenähnliches oder -gleiches Ereignis verursacht ist, muss der Staat alles daransetzen, die Wirtschaft mit geeigneten Hilfsmaßnahmen zu unterstützen.

(Thomas Krüger, SPD: Und das ist auch richtig so.)

In der Rezession muss die öffentliche Hand die zurückgehende Nachfrage des privaten Sektors bestmöglich kompensieren. In dieser Situation wie die AfD-Fraktion über Sparmaßnahmen zu fabulieren, beweist nur die fehlende Finanz- und finanzpolitische Kompetenz aufseiten dieser Oppositionsbänke.

Der Fairness halber will ich zugestehen, dass FDP und GRÜNE nicht besser sind. Wenn der FDP-Landeschef sagt, dass in der Krise jedes Maß verloren geht und die Regierung unsere Zukunft aufs Spiel setzt, weil das Geld kommenden Generationen fehlen würde, ist das volkswirtschaftlich schlicht und einfach unsinnig. Der Landesvorsitzenden der GRÜNEN fällt nur ein, die Belastung künftiger Generationen zu beklagen und zu bemängeln. Themen wie Klimaschutz oder Verkehrswende kämen zu kurz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Aussagen zeigen nur eines: FDP, AfD und GRÜNE verstehen nichts von Haushalts- und Konjunkturpolitik,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

schon gar nicht in Krisenzeiten. Alle drei Parteien beweisen einen erschreckenden Mangel an volkswirtschaftlicher und finanzpolitischer Kompetenz. Die wichtigste Erkenntnis aus den Wirtschaftskrisen der letzten 100 Jahre ist heutzutage nämlich unumstritten. In einem wirtschaftlichen Abschwung dürfen Steuermindereinnahmen nicht durch eine Drosselung der Staatsausgaben ausgeglichen werden, weil dies prozyklisch wirkt und somit die Rezession nur noch verschärfen würde.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Übrigen wurde mit der seit diesem Jahr geltenden Schuldenbremse diese Einsicht auch in der Verfassung verankert. Ausnahme vom Verbot der Aufnahme zusätzlicher Schulden besteht in einer von der Normallage deutlich abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen. All dies dient dem Ziel, dass die staatlichen Akteure in einer Rezession nicht zur Verschärfung des wirtschaftlichen Abschwungs beitragen, sondern ihm im Gegenteil entgegenzuwirken.

An dieser Stelle nur noch einmal für das Protokoll: Mit der Neuverschuldung in diesem Jahr wird die Schuldenbremse weder ausgesetzt noch ausgehebelt, sondern es wird lediglich die für eine solche Situation explizit vorgesehene Ausnahmeregelung angewendet. Und so bemisst sich die mit dem Haushaltsgesetz festzulegende Höhe der Kreditermächtigung exakt an Paragraf 18 Absatz 7 der Landeshaushaltsordnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um noch einmal auf die Forderung einzugehen, in der derzeitigen Finanzlage zu sparen, um die Neuverschuldung so gering wie möglich zu halten: Dieses Konzept wird heutzutage von Wirtschaftswissenschaftlern, gleich welcher Richtung, als volkswirtschaftlich kontraproduktiv abgelehnt. In Deutschland hat man schon in der ersten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik in den 1960er-Jahren die Lehre aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen. Mit der Stärkung der sogenannten automatischen Stabilisatoren, wozu insbesondere die Arbeitslosenversicherung sowie die progressiven Steuersysteme gehören, können seitdem konjunkturelle Schwankungen zumindest abgeschwächt werden. Das weitgehend aus der Arbeitslosenversicherung gezahlte Kurzarbeitergeld ist dafür das zurzeit prominenteste Beispiel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht Sparen ist also das Gebot der Stunde, sondern die Stützung der wirtschaftlichen Tätigkeit und die Kompensation der sinkenden Nachfrage von Unternehmen und privaten Haushalten. Und um das Ganze deutlich zu sagen, dabei hilft es nicht, das Geld möglichst zusammenzuhalten, ängstlich auf die Höhe der Neuverschuldung zu starren und darüber zu jammern, dass die Kredite auch wieder zurückgezahlt werden müssen. Stattdessen braucht es erfahrene und mutige Finanz- und Wirtschaftspolitiker,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

die sich nicht scheuen, eine historisch einmalige Neuverschuldung zu verantworten, um sich der Rezession entgegenzustemmen.

(Tilo Gundlack, SPD: Genau.)

Die Erfahrungen aus der Finanzkrise 2007/2008 wie auch der Eurokrise 2011 haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, in einer solchen Situation muss man nicht kleckern, sondern klotzen.

(Beifall Christiane Berg, CDU)

Es ist kein Gemeinplatz, dass 50 Prozent der Wirtschaftspolitik Psychologie sind, aber es zeigt sich immer wieder, dass es stimmt.

Auch in der Expertenanhörung im Bundestag wurde mehrfach darauf hingewiesen, welche große Rolle Erwartungen und Vertrauen in das Handeln des Staates für die Erholung der Wirtschaft nach der Krise spielen. Vereinfacht gesagt, Unternehmen und private Haushalte müssen davon überzeugt sein, dass der Staat die notwendigen Mittel in die Hand nimmt, um wirksame Impulse zur Konjunkturbelebung ausführen zu können. Dafür aber auch braucht es deutliche Signale der Haushaltspolitik, dass die öffentliche Hand tatsächlich bereit ist, das Notwendige zur Stabilisierung der Wirtschaft zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im vorliegenden zweiten Nachtrag für das Jahr 2020 und 2021 tun wir genau dies. Wir senden das Signal aus, nicht nur die jetzt notwendigen Maßnahmen zur Stärkung des Gesundheitssystems in der Pandemie und die aktuell wirkenden wirtschaftlichen Hilfen zu finanzieren, sondern auch viele wichtige Investitionen, welche die wirtschaftliche Nachfrage beleben und zugleich das Land fit für die Zukunft machen. Wir schaffen damit die Voraussetzungen dafür, dass unser Land – wie nach der Finanzkrise – gut aus der Rezession herauskommt. Die Maßnahmen in der Finanzkrise sind übrigens das beste Beispiel dafür, dass mit einer von der CDU verantworteten Haushalts- und Wirtschaftspolitik auch eine schwere Rezession rasch überwunden werden kann.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut! – Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Der Finanzminister ist noch ein Sozialdemokrat, ja, wollen wir mal festhalten fürs Protokoll.)

Auch damals hat Deutschland hervorragende Erfahrungen mit dem Kurzarbeitergeld gemacht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Mit umfangreichen Investitionsmaßnahmen gelang es nach dem Wirtschaftseinbruch 2009 in Höhe von 5,6 Prozent schon in den beiden Folgejahren, jeweils ein Wachstum von 4 Prozent zu erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau das muss auch in dieser Wirtschaftskrise unser Ziel sein. Und weil die wirtschaftliche Krise tiefgreifender ist als 2009 und Deutschland als Exportnation stark von der Entwicklung in unseren internationalen Arbeitsmärkten abhängt, brauchen wir in diesem Jahr, vor allem aber in den Folgejahren, höhere Beiträge als damals, um einen wirksamen und nachhaltigen Impuls für wirtschaftliches Wachstum zu erzeugen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle auf einige wesentliche Punkte des Nach

tragshaushaltes eingehen, denn mir scheint, die Kritiker blenden teilweise die Notwendigkeit der von uns geplanten Programme aus. Ein ganz wesentlicher Punkt – ich habe es schon mehrfach angesprochen – ist die Stabilisierung der Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte. Dies gilt natürlich nicht nur für das Land, sondern auch für die Kommunen, die großen Anteil an den öffentlichen Investitionen im Land haben. Da war es ein Hauptanliegen der CDU-Fraktion, Einnahmeausfälle für die Kommunen zu verhindern und ihnen in voller Höhe die Mittel zufließen zu lassen, die im Haushalt 2020/2021 auf Grundlage des neuen Finanzausgleichsgesetzes geplant waren. Die Kommunen werden also nicht gemäß Gleichmäßigkeitsgrundsatz an den Einnahmeausfällen des Landes beteiligt, sondern erhalten die im Haushalt veranschlagten und durch das neue FAG seit 2020 deutlich erhöhten Finanzausgleichsleistungen unvermindert ausgezahlt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Land leistet nicht nur den 50-prozentigen Anteil an der Kompensation der Gewerbesteuerausfälle in diesem Jahr in Höhe von 60 Millionen Euro, sondern stockt zusätzlich 2021 die Schlüsselzuweisungen um 35,5 Millionen Euro auf.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr gut!)

Darüber hinaus sind 67 Millionen Euro vorgesehen, um Gewerbesteuerausfälle im Jahr 2021 zu kompensieren. Weitere Mittel werden bereitgestellt, um unter anderem die Kommunen bei ihrem Eigenanteil für Investitionen in Krankenhäusern zu entlasten. All dies hat zum Ziel, die Notwendigkeit für Einsparungen auf kommunaler Ebene zu verhindern, sodass Gemeinden, Städte und Kreise ihre Verpflichtungen und freiwilligen Leistungen an keiner Stelle einschränken müssen.