Protocol of the Session on April 5, 2017

Lediglich in zwei aufgeführten Punkten könnte man eine echte Problembeschreibung erkennen. Dies betrifft die folgenden Aussagen: Bei landesweit agierenden Leistungserbringern, zum Beispiel Kindertagesförderung oder Jugendförderung, können die regional zuständigen Sozialhilfeträger bei Prüfungen kaum regional übergreifende Mängelsituationen erkennen. Der zweite Punkt ist: Kleinere Gemeinden, das sind in der Regel die mit unter 20.000 Einwohnern, können den Prüfungsaufwand aus Kostengründen nicht fachgerecht bewerkstelligen.

Es darf vermutet werden, dass die eigentliche Motivation im Hintergrund die Vorkommnisse in der AWO und ähnliche – kürzlich in den Medien erwähnte – unkorrekt eingesetzte Mittel bei der sogenannten Flüchtlingshilfe sind. Offensichtlich scheint der Handlungsbedarf also hinreichend groß zu sein. Wie bereits gesagt, ich finde die Transparenzsteigerung in diesen Fragen ausdrücklich gut und richtig, ich möchte aber den Minister auch darauf hinweisen, der AWO-Untersuchungsausschuss wird dadurch nicht obsolet.

(Rainer Albrecht, SPD, und Tilo Gundlack, SPD: Der heißt nicht AWO-Untersuchungsausschuss!)

Der Untersuchungsausschuss schaut nach hinten, schaut zurück und versucht, die Mängel aufzudecken, die praktisch eventuell sogar juristische Konsequenzen haben. Was Sie hier machen, ist, dass Sie praktisch, ohne …

(Thomas Krüger, SPD: Dafür ist ein Staatsanwalt zuständig.)

Was Sie hier machen, ist praktisch der Blick nach vorne,

(Torsten Renz, CDU: Das ist aber schon mal ganz gut.)

ohne dass Sie den Blick nach hinten bereits richtig getan haben. Das kann durchaus der Fall sein, dass es der richtige Schritt ist, aber ob er vollständig und ausreichend ist, das ist damit bei Weitem noch nicht geklärt.

Bevor wir aber Ihren Gesetzesentwurf abschließend beurteilen können, halten wir die Klärung folgender Fragen oder Punkte für erforderlich:

Erstens, Subsidiaritätsprinzip erhalten. Die AfD legt besonderes Gewicht auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips bei der Verwaltungstätigkeit. Eine Superbehörde als landeseinheitliche Prüfbehörde, wie unter Punkt „C“ von Ihnen beschrieben, halten wir für nicht unbedingt zielführend. Das heißt, wenn eine solche Behörde wirklich erforderlich sein sollte, dann müssen die Argumente dafür schon sehr stichhaltig sein, und die habe ich bisher noch nicht gefunden.

(Tilo Gundlack, SPD: Das machen wir in der Anhörung im Rahmen der Ausschusstätigkeit. – Egbert Liskow, CDU: In der Anhörung!)

Punkt 2, …

Das würde mich freuen, wenn wir das im Ausschuss machen, deshalb können wir dann in aller Ruhe darüber reden.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Punkt 2, Prüfungsrechte erweitern, verlangt auch Kapazitätserweiterungen. Sie haben bereits darauf hingewiesen. Wir können natürlich diesen Beschluss fassen und auch daran arbeiten, aber der Punkt ist, ohne Personal im Landesrechnungshof, zusätzliches Personal,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

werden nicht mehr Prüfungen gemacht werden.

(Tilo Gundlack, SPD: Ja, das ist uns klar. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Das haben Sie bereits gesagt, ich weise noch mal darauf hin.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Aber es geht weiter.

Der Personalaufbau, der dann erforderlich sein sollte, und die Personalqualifizierung, die erforderlich sein sollte, bleiben sehr unkonkret. Ich könnte mir auch vorstellen, warum sie unkonkret bleiben. Sie werden nämlich damit das verbinden, was Sie unter Punkt „C“ beschrieben haben, einen versteckten Einstieg in die zentrale Prüfungsbehörde und eine Entmachtung der kommunalen Prüfungsämter.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das bedeutet, Sie werden also nicht mehr Personal einstellen, sondern Sie werden das Personal in der Peripherie rekrutieren. Das ist meine Befürchtung, aber darüber werden wir im Ausschuss gerne diskutieren können.

(Tilo Gundlack, SPD: Das haben wir doch schon.)

Wir glauben also nicht, dass Sie wirklich eine Personalaufstockung im Landesrechnungshof vorhaben, sondern wir glauben, dass es vielmehr so sein wird, dass Sie den Einstieg in eine zentrale Unterstellung anstreben und damit praktisch letztendlich auch nicht mehr Personal haben, sondern nur den Zugriff auf die kommunalen Prüfungsämter bekommen. Die Frage ist: Wird dadurch wirklich das Prüfungsaufkommen erhöht werden können? Ich persönlich glaube es nicht.

Wir sehen zudem in diesem Zugriff auf die kommunalen Prüfungsämter eine Stärkung der zunehmenden finanziellen Abhängigkeit der Kommunen von zentralen zweckgebundenen Zuwendungen und eine ebenso abnehmende Handlungsfreiheit im eigenen Wirkungskreis der Kommunen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Dies führt letztendlich zu einer stetig wachsenden Entmündigung unserer Kommunen.

(Thomas Krüger, SPD: Weil sie nicht in den Kommunen geprüft werden?)

Ja, weil Sie zunehmend zentralisieren, Aufgaben aus den Kommunen abnehmen und in die Zentrale bringen.

(Thomas Krüger, SPD: Nee, wir prüfen extern zusätzlich. Zusätzlich!)

Wenn das zusätzlich sein wird,

(Thomas Krüger, SPD: Steht drin.)

bin ich zufrieden, alles klar.

(Thomas Krüger, SPD: Steht ausdrücklich drin.)

Also wir werden im Ausschuss darüber ausgiebig debattieren dürfen und ich freue mich darauf …

(Thomas Krüger, SPD: Deswegen wollen wir die Überweisung heute, noch keine Verabschiedung.)

Deshalb sage ich, wir empfehlen auch die Überweisung in die Ausschüsse, wo wir dann ausgiebig darüber debattieren können, wie diese Umsetzung des Gesetzes erfolgen kann und sollte. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Liskow.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen Ihnen heute, das hatten wir jetzt schon mehrmals gehört, den Gesetzentwurf zur Erweiterung der Prüfrechte des Landesrechnungshofes vor.

(Jochen Schulte, SPD: Tolle Rede, Egbert. – Peter Ritter, DIE LINKE: Was für ein Satz! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Dazu soll das Kommunalprüfungsgesetz geändert werden. Der Landesrechnungshof soll das Recht erhalten, die finanziellen Prüfrechte der kommunalen Körperschaften gegenüber Dritten im Hinblick auf die Sozialgesetzbücher VIII, IX und XII an deren Stelle wahrzunehmen. Konkret betrifft dies also die Prüfrechte in Bezug auf die Kinder- und Jugendhilfe, die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen und die Sozialhilfe. Die Prüfrechte der kommunalen Körperschaften, zum Beispiel in ihrer Funktion als Jugendhilfe- oder Sozialhilfeträger und Vertragspartei, bleiben daneben bestehen.

Ihre bereits bestehenden Prüfrechte werden also nicht beschnitten, Herr Dr. Jess, sie sollten sich stattdessen ergänzen. Betonen möchte ich ausdrücklich, dass eine derartige Erweiterung nicht als Misstrauen gegenüber den kommunalen Körperschaften zu verstehen ist. Wir wollen vielmehr die Kräfte bündeln und Synergieeffekte erzeugen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Koalitionsvertrag haben sich CDU und Sozialdemokraten darauf verständigt, die Prüfkompetenzen des Landesrechnungshofes so zu erweitern, dass alle Empfänger öffentlicher Gelder geprüft werden können. Der Gesetzentwurf ist daher als ein erster Schritt in die richtige Richtung zu verstehen – wir haben ja auch noch die Möglichkeit im Ausschuss, diesen Gesetzentwurf entsprechend zu erweitern, wenn wir es als notwendig erachten –, dass die öffentlichen Mittel besser kontrolliert werden können.

Dass das nötig ist, zeigt zum einen die Ausführung des Landesrechnungshofes im Landesfinanzbericht 2015, in

dem die Förderstruktur, die Zuwendungspraxis und die Verwendung der Landesmittel der in der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Landesverbände untersucht und zum Teil auch kritisch beleuchtet worden sind. Ein weiterer Punkt waren die bekannt gewordenen Vorwürfe gegen die Verbände der Arbeiterwohlfahrt Mecklenburg-Vorpommern, etwa gegen die mutmaßlich unsachgemäße Verwendung von Landesmitteln oder Untreue. Ich habe gesagt „mutmaßlich“, ich hoffe, das wurde auch gehört.

Die Koalitionsfraktionen haben sich darauf verständigt, dass der Gesetzentwurf federführend im Finanzausschuss, mitberatend im Sozial- und im Rechtsausschuss sowie im Innenausschuss beraten werden soll. Dabei soll natürlich möglich sein, dass während des Verfahrens Änderungen einfließen können. Auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf der Beratungen geht bei uns die Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Wir sind also offen, da wirklich alles aufzusaugen, was es an Input geben kann. Wir wollen in Ruhe beraten, schließlich gibt es hier eventuell noch besondere verfassungsrechtliche Herausforderungen zu bestehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dort, wo mit öffentlichen Geldern agiert wird, hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Informationsinteresse. Deshalb hat auch die ordnungsgemäße Prüfung der Verwendung der Mittel ein ganz besonders hohes Gewicht. Ich freue mich auf eine konstruktive Beratung im Finanzausschuss, aber auch in den anderen Fachausschüssen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.