Protocol of the Session on September 8, 2015

Und, lieber Norbert Nieszery, wir – Jürgen Suhr ist heute nicht da –, wir vier, Vincent Kokert, Norbert Nieszery, Jürgen Suhr und ich, haben ja verabredet, wie wir die Landesverfassung ändern wollen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir haben in der Landtagssitzung vor der Sommerpause darüber gesprochen.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Da ist doch die Frage, ob wir jetzt, und gerade Sie in der Koalition, zu diesen Verabredungen stehen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir stehen dazu.)

und noch in dieser Legislaturperiode die Quoren nicht nur bei Volksentscheiden, bei Volksbegehren, sondern auch in allen anderen verabredeten Fragen tatsächlich senken.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da sind wir doch einig! Da sind wir uns doch einig! Ja, aber das hast du damals bestritten, Helmut. – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das ist doch eine Frage, die jetzt wirklich an euch zu stellen ist, und da bitte ich auch um eine klare Antwort.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Meine Damen und Herren, Frau Polzin hat sich hier zu Zukunftsherausforderungen geäußert, aber ich frage mich, ob Sie und ob Sie, meine Damen und Herren der Koalition, sich überhaupt über die Herausforderungen der Zukunft im Klaren sind.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Selbstverständlich.)

Dabei liegen doch die aktuellen und zukünftigen Themen auf der Hand! Reden wir nicht seit Jahren über die Bevölkerungsentwicklung? Die Debatten sind ja teilweise an Absurdität nicht zu überbieten.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, genau.)

Der Tenor aus den Instituten in Halle und Dresden ist doch gleich: Kein Geld mehr in strukturschwache Gebiete! Die Menschen mögen doch die Koffer packen und in die Städte ziehen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das sagen wir doch nicht! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Welche Ansicht vertreten Sie denn? Die Antwort suche ich in dem vorgelegten Haushalt vergebens.

Reden wir nicht seit Jahren über den Breitbandausbau für eine gute und stabile Internetversorgung?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen wir doch! Schön den Haushalt lesen, da stehts drin! – Vincent Kokert, CDU: Machen wir doch!)

Ihre Antwort beschränkt sich im Wesentlichen auf einen Ruf nach dem Bund. Ich komme im Einzelnen darauf zurück.

(Vincent Kokert, CDU: Stimmt nicht.)

Reden wir nicht seit Jahren über die Armut im Land und die sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit?

(Vincent Kokert, CDU: Die ja gerade sinkt. Die sinkt!)

In Ihrer Antwort, in Ihrem Haushalt findet sich kein Entwurf zu aktiver Landesarbeitsmarktpolitik.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Sehr richtig. „Wirtschaftsförderung“ heißt das Zauberwort. Sehr richtig.)

Sie sagen, dass Sie in die Zukunft investieren. Ich frage Sie hier und jetzt: Ja, wo denn? Der Sparstrumpf des Landes ist voll wie nie, die Finanzministerin Frau Polzin hat es bestätigt, und Sie sitzen darauf wie Onkel Dagobert in seinem Tresor.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Und das verkaufen Sie auch noch als erfolgreiche Politik!

Selbstverständlich ist es erforderlich, die Schulden des Landes abzubauen. Selbstverständlich müssen wir den Haushalt konsolidieren, das haben wir hier immer wieder betont. Tun Sie doch nicht so, als hätte der Schuldenabbau erst 2006 begonnen!

Selbstverständlich müssen wir mit Steuergeldern sorgsam umgehen, aber wir können doch nicht nach dem Motto „Sparen, koste es, was es wolle!“ verfahren und sparen, bis ganze Regionen endgültig ausgeblutet sind, sparen, bis die Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit gänzlich den Bach runter sind,

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

sparen, bis den Kommunen am Ende die Luft zum Atmen genommen ist. Die Menschen wollen nicht, dass das Erreichte kaputtgespart wird!

Wir sind der festen Überzeugung, dies ist der falsche Weg. Wir können doch nicht ausschließlich schauen, wo noch gekürzt und gestrichen werden kann! Wir müssen doch endlich auch über die Seite der Einnahmen reden und diese in den Blick nehmen!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hat doch die Ministerin gerade gemacht.)

Hier vermissen wir schon lange ein ernsthaftes Engagement.

Herr Nieszery, Sie kennen die Stichworte „Vermögenssteuer“, „Kapitalertragssteuer“ oder „Spitzensteuersatz“.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und dafür sind wir verantwortlich?)

Sie, meine Damen und Herren von der Großen Koalition, packen die Probleme nicht wirklich an. Sie ducken sich weg und schieben dringende Aufgaben auf die lange Bank. Ich will das an einigen Beispielen deutlich machen.

(Andreas Butzki, SPD: Na, da bin ich ja mal gespannt.)

Wie sieht es denn in vielen Regionen des ländlichen Raumes aus? Vieles, was das Leben in diesen Regionen lebenswert macht, ist doch bereits weggebrochen, und nicht nur in meiner Fraktion wird eingeschätzt, dass diese Landesregierung sich offenbar von dem Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse in allen Landesteilen verabschiedet hat.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das stimmt überhaupt nicht!)

Nun befindet sich das Landesraumentwicklungsprogramm bereits in der zweiten Beteiligungsrunde. Darin sind richtigerweise ländliche Gestaltungsräume beschrieben,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

also Räume, die besonders von den Folgen des demografischen Wandels betroffen sind.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Also sind wir uns doch der Problemlage bewusst. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Minister Pegel hat dazu auch entsprechende Expertenrunden und Gesprächsrunden einberufen. Warum, frage ich Sie, ist Ihnen diese große Aufgabe keine Zeile, keinen Cent in Ihrem Haushaltsentwurf wert?

Sie können sich doch nicht allen Ernstes allein darauf verlassen, dass das Ehrenamt das schon richten wird! Dieses ist ohnehin längst überfordert, da viele, zu viele soziale Angebote bereits weggebrochen sind. Dabei hilft auch die mit viel Brimborium eingerichtete Ehrenamtsstiftung nicht, deren Gelder ohnehin zu einem großen Teil von Personalkosten verschlungen werden.

Was haben Sie denn in diesen Regionen vor, meine Damen und Herren von der Landesregierung? Wollen Sie den Dingen ihren Lauf lassen und zuschauen, wie die Regionen langsam verkümmern? Das würde nichts kosten und läge somit auf der Linie Ihrer Sparwut. Wir sagen, das ist falsch, das ist Rückschritt pur!

Es kann doch wohl nicht wahr sein, Herr Minister Pegel, dass Ihre Tüte Milch, wie Sie selbst Ihre Räume beschrieben haben, auf absehbare Zeit leer bleiben soll. Deshalb schlagen wir Ihnen und den Kollegen Abgeordneten vor, in dem kommenden Doppelhaushalt ein Regionalbudget für Strukturentwicklung in Höhe von 100 Millionen Euro einzurichten, das die betroffenen Kommunen eigenverantwortlich bewirtschaften. So können, …

(Vincent Kokert, CDU: Deckungsquelle unbekannt! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Diese alten Kamellen „Deckungsquelle unbekannt“, die können Sie nun wirklich stecken lassen!