Protocol of the Session on September 8, 2015

Wissen Sie, wozu das führt? Es führt dazu, dass immer weniger Menschen wählen gehen, dass immer weniger ihre demokratischen Möglichkeiten nutzen. Und wenn Sie mir nicht glauben, dann glauben Sie sicherlich dem Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

der dazu feststellt …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der wohnt ja auch hier. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Jürgen Habermas stellt zu der Frage der Spaltung der Gesellschaft fest,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zitat: „Die Drift zur Spaltung der Gesellschaft verbindet sich … mit dem alarmierenden Trend einer zunehmenden politischen Lähmung und Entfremdung von Wählerinnen und Wählern aus überwiegend unterprivilegierten Schichten...“ Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren, immer öfter höre ich draußen im Land, dass viele Bürgerinnen und Bürger Ihre Politik, Ihre Art der Politik, Ihre Politik von oben herab leid sind. Sie tragen mit Ihrer Politik eine Mitverantwortung für die um sich greifende Politikverdrossenheit der Menschen.

Ich will etwas sagen zu dem Volksentscheid, der am Sonntag stattgefunden hat.

(Heinz Müller, SPD: Ah ja!)

Es war der erste aus der Mitte des Volkes initiierte Volksentscheid in Mecklenburg-Vorpommern. Allein der Umstand,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

allein der Umstand...

Also, meine Damen und Herren der Koalition, ich verstehe,....

Herr Fraktionsvorsitzender, ich bitte...

… ich verstehe Haushaltsdebatten als politische Grundsatzdebatten.

Herr Holter! Herr Holter, ich bitte Sie, zur Sache zu sprechen.

Ich spreche zum...

Haushalt!

Haushalt ist für mich eine politische Grundsatzdebatte, Frau Präsidentin.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Richtig so, Herr Holter! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Am vergangenen Sonntag fand dieser Volksentscheid statt. Allein der Umstand, dass es zu diesem Volksentscheid gekommen ist, sollte doch für die Landesregierung Grund sein, ihre Politik zu überdenken.

(allgemeine Unruhe)

Aber nein, Sie, meine Damen und Herren von der SPD und der CDU, machen weiter als sei nichts passiert.

Seien Sie doch mal ehrlich, Herr Sellering, Sie hatten doch gar kein Interesse an einer hohen Beteiligung! Sie haben alles darangesetzt, dass diese Abstimmung keine Flecken auf Ihrer vermeintlich lupenreinen Weste hinterlässt. Zunächst wurde die Anzahl der Wahllokale auf das Mindestmaß ausgedünnt.

(Andreas Butzki, SPD: Das haben aber die Kommunen entschieden. Das haben die Kommunen entschieden.)

Lange und zum Teil beschwerliche Wege für die Bürgerinnen und Bürger wurden billigend in Kauf genommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das haben wir nicht entschieden und Herr Sellering schon gar nicht. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Sie haben nicht objektiv informiert, worüber die Menschen entscheiden konnten.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Die Sommerpause ist vorbei, es geht wieder los.)

Die Frage, über die abzustimmen war, war derart konfus formuliert, dass es nur so von Beschwerden hagelte.

Herr Fraktionsvorsitzender, ich weise Sie jetzt zum zweiten Mal darauf hin, dass Sie nicht zur Sache sprechen. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf dafür, einen Sachruf.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ja wohl der Skandal hoch drei!)

Meine Damen und Herren, es steht mir nicht zu, die Präsidentin zu kritisieren

(Udo Pastörs, NPD: Ach, tut das gut!)

und ihre Anmerkung hier zu kommentieren. Ich möchte aber noch mal deutlich machen, dass ich Haushaltsdebatten als politische Grundsatzdebatten verstehe,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und einzelnen Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Ja.)

und ich rede über die politischen Grundsätze hier in Mecklenburg-Vorpommern.

Außerdem – ich setze meine Rede fort –, außerdem haben Sie entgegen den Unterschriften unter die Volksinitiative und unter das Volksbegehren Tatsachen geschaffen, und das hat etwas mit Haushaltspolitik zu tun, Frau Präsidentin. Ihre Signale an die Bevölkerung waren doch: Macht doch, was ihr wollt, wir ziehen unser Ding durch.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir sind davon überzeugt, dass es richtig ist, Herr Holter.)

Meine Fraktion und ich danken allen Beteiligten sowie den Unterstützerinnen und Unterstützern für ihr Engagement bei diesem Volksentscheid. Es ist großartig, was dort geleistet wurde.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ein besonders großer Dank gilt den Menschen, die von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich auch! Ich habe auch von meinem Stimmrecht Gebrauch gemacht.)

und der Landesregierung signalisiert haben, wir wollen diese Reform nicht, wir stimmen für eine bürgernahe Justiz.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ganz deutlich hat der Volksentscheid gemacht, dass die Hürden für dieses Instrument der direkten Demokratie viel zu hoch sind. Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens ist nicht am Willen der Menschen gescheitert,

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

sondern an einem völlig realitätsfernem Quorum.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der ist an den 25 Prozent gescheitert.)

Und, lieber Norbert Nieszery, wir – Jürgen Suhr ist heute nicht da –, wir vier, Vincent Kokert, Norbert Nieszery, Jürgen Suhr und ich, haben ja verabredet, wie wir die Landesverfassung ändern wollen.