Es kann nicht sein, dass als einziges Ergebnis der Enquetekommission beim Thema „Wohnen im Alter“ ein Programm zum Fahrstuhlanbau und ein Miniprogramm für den Abbau von Barrieren bei Eigenheimen übrig bleiben sollen.
Meine Damen und Herren, und was passiert im Bereich der Arbeitsmarktpolitik? So gut wie gar nichts. Keine Spur von Ideen oder Willen, gerade Langzeiterwerbslosen eine bessere Perspektive zu geben. Wir brauchen wieder öffentlich geförderte Beschäftigung,
denn Menschen, die jahrelang ohne Arbeit waren, haben auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt geringe oder gar keine Aussicht auf Beschäftigung, und das wissen Sie auch. Diese Menschen dürfen nicht einfach aufgegeben werden. Sie brauchen nützliche Arbeit, sie brauchen eine Perspektive. Es gibt viele Möglichkeiten, sich im Dorf oder in der Stadt einzubringen. Mit 5 Millionen Euro pro Jahr könnten wir so betroffenen Menschen durchaus eine Zukunft bieten und gleichzeitig auch etwas für die Kommunen tun.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung und allen voran der Bildungsminister haben mit breiter Brust verkündet, wie viel es im Bildungsbereich in den nächsten zwei Jahren mehr geben wird. Das meiste Geld, das ist ja auch schon gesagt worden, werde für Neueinstellungen bei Lehrern eingesetzt. Das sei ein Riesenfortschritt und gut investiertes Geld in die Zukunft. Was Sie dabei allerdings nicht erwähnen, ist, dass es sich bei den Neueinstellungen um längst überfällige Maßnahmen handelt.
Es werden damit lediglich Versäumnisse der Vergangenheit aufgeholt und es bedeutet keineswegs Fortschritt und Innovation im Bereich Bildung. Keinen Cent mehr haben Sie für den erweiterten Einsatz von Vertretungslehrern eingeplant und auch nicht für die Vergütung geleisteter Mehrarbeit, und das, obwohl der Unterrichtsausfall nicht wirklich gesenkt werden konnte. An den beruflichen Schulen ist er sogar gestiegen.
Vor diesen Problemen verschließen Sie die Augen und genehmigen sich eine Freistunde. Sie erwarten doch nicht allen Ernstes, dass die Lehrerinnen und Lehrer weiterhin unentgeltliche Mehrarbeit leisten und den Beruf dann auch noch attraktiv finden. Wenn für jede Lehrkraft an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen eine variable Stunde mehr eingeführt und auch vergütet würde, könnte man den Unterrichtsausfall erheblich senken, würden Vertretungslehrer eingespart und die Lehrkräfte müssten nicht mehr allein aus blankem Idealismus Mehrarbeit leisten. Das, denke ich, wäre fair und ist auch bezahlbar.
Meine Damen und Herren, auch bei der Sportförderung hapert es. Seit nunmehr 14 Jahren gab es für den Breiten- und Spitzensport lediglich 500.000 Euro mehr. Kein Wunder, dass immer mehr Spitzensportler MecklenburgVorpommern den Rücken kehren. Neben dem Spitzensport hat vor allem der Breitensport Probleme.
2002 übte die CDU noch harsche Kritik an der Förderhöhe. Herr Rehberg war es damals, der auf die Inflationsrate von 1,5 Prozent aufmerksam machte. Ich zitiere ihn, er sagte: „Wenn wir mal von der Annahme ausgehen, dass die durchschnittliche jährliche Inflationsrate im Bundesgebiet 1,5 Prozent beträgt, dann beträgt der zusätzliche Finanzbedarf“ jährlich „125.000 Euro.“
Meine Damen und Herren, Sie klopfen sich auch permanent auf die Schulter und rühmen sich dafür, in die Kindertagesförderung zu investieren. Ja, Sie investieren, und ja, Sie geben auch mehr Geld aus. Das ist vollkommen richtig. Allerdings relativieren sich diese Zahlen, wenn wir die Bundesmittel, die einfach weitergeleitet werden, herausrechnen. Außerdem haben wir fast 20.000 Kinder mehr in der Betreuung als noch vor zehn Jahren – was natürlich gut ist –, logisch also, dass dann bei einer Pro-Platz-Förderung mehr Geld bereitgestellt werden muss. Unsere Kritik bleibt, dass die Aufwendungen des Landes hier nicht ausreichen und das Finanzierungssystem einfach zu bürokratisch ist. Die Lasten haben in erster Linie die Kommunen und die Eltern zu tra
gen, und das darf so nicht bleiben. Ich erinnere auch daran, und Studien belegen es, dass Mecklenburg-Vor- pommern im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer bei der finanziellen Beteiligung an den Gesamtkosten unter dem Durchschnitt liegt.
Keine Bewegung gibt es im Bereich der Jugendarbeit. Im Kinder- und Jugendprogramm Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahre 2011 setzte sich die Landesregierung noch das Ziel, die Jugendarbeit dauerhaft zu sichern. Dieses Ziel verfehlen Sie seit Jahren. Noch immer gelten die Uraltbeträge von 5,11 Euro für öffentliche Träger der örtlichen Jugendhilfe, und noch immer ist dabei die Anzahl der 10- bis 26-Jährigen maßgeblich. Wenn sich hier nicht grundlegend etwas ändert, bleibt die Jugendarbeit vor Ort auf der Strecke.
Kritisch sehen wir auch die Mittelansätze beim Kinderschutz, geht es doch um Absenkungen bei der Kinderschutzhotline und dem Deutschen Kinderschutzbund, auch wenn diese nur gering ausfallen, aber wir haben hier, denke ich, ein Problem, denn wir waren im letzten Doppelhaushalt an dieser Stelle schon weiter.
Die Erinnerung an die öffentliche Beratung des Petitionsausschuss Ende Juni zur Frage des Opferschutzes sollte, denke ich, bei allen Kolleginnen und Kollegen noch frisch sein. Wir sehen als Fraktion ganz klar Handlungsbedarf bei der Unterstützung von Frauenhäusern und Beratungsstellen für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt.
Meine Damen und Herren, mit dem Haushaltsentwurf wird der Angriff auf die Theater- und Orchesterstrukturen fortgesetzt. Gerade mal 600.000 Euro sind für die Begleitung der existenzbedrohenden Umstrukturierungen der Häuser vorgesehen. Die Kommunen sollen den Schlamassel also ganz allein ausbaden. Sie sollen die Kosten für Umstrukturierungsgutachten, für Abfindungen, für Kosten für Rechtsbeistände, zusätzliche Sachkosten und vieles andere mehr selbst aufbringen. Woher dieses Geld kommen soll, bleibt das Geheimnis der Landesregierung. Wir kennen die Haushaltslage der kreisfreien Städte und der Kreise. Also frage ich Sie: Wie ernst meint es die Landesregierung mit der Schaffung tragfähiger und nachhaltiger Theater- und Orchesterstrukturen?
So schlagen Sie zwar für das Mecklenburgische Staatstheater sogenannte Leertitel im Haushaltsentwurf vor, aber eben nicht für das von Ihnen selbst ins Spiel gebrachte Staatstheater Nord-Ost mit den Standorten Putbus, Stralsund, Greifswald, Neubrandenburg und Neu- strelitz. Ja, was denn nun?
Meine Damen und Herren von SPD und CDU, trotz einer leichten Erhöhung des Kulturetats, etwa in der allgemeinen Kulturförderung, wird der Haushalt dem gesellschaftlichen Stellenwert und der Bedeutung von Kultur in unserem Land nicht gerecht. Sie bleiben auch hier unter den bestehenden Möglichkeiten.
Mit einer dick aufgetragenen Pressemitteilung verkün- dete der Bildungsminister jüngst die Mittelaufstockung für kulturelle Projekte und präsentierte des Kaisers neue Kleider. Zunächst erscheint der Aufwuchs um 2 Millio- nen Euro durchaus beachtlich. Er relativiert sich jedoch rasch, wenn wir genauer hinschauen. Dann verbleibt
im Vergleich zu 2014 lediglich eine Steigerung um etwa 750.000 Euro. Und wenn wir die durchschnittliche Inflation der letzten Jahre berücksichtigen, schmilzt der Aufwuchs vollständig dahin beziehungsweise fällt in 2017 sogar noch hinter die Förderung des Jahres 2014 zurück.
Der geplante scheinbare Mittelaufwuchs ist für besondere Kulturprojekte vorgesehen. Was sich dahinter verbirgt, wird hier zum Geheimnis gemacht, denn nicht die Abgeordneten, die über den Haushalt zu befinden haben, erhalten eine Erklärung, sondern zunächst die Landeskulturkonferenz. So begrüßenswert ein breiter kulturpolitischer Dialog ist, so bedenklich stimmt die Tatsache, dass demokratisch legitimierte Gremien auf Landes- wie auch auf kommunaler Ebene vorerst hier außen vor bleiben.
Und noch etwas will ich für den Kulturbereich mit auf den Weg geben: Es ist ein fatales Signal an junge Kunst, Kreativschaffende und an die kulturelle Bildung, dass die Förderung für Nachwuchskünstler ersatzlos gestrichen wurde. Traurig sieht es im Haushalt auch für die Notsicherung und den Erhalt historisch wertvoller Bausubstanz aus – Themen, denke ich, über die wir in den Ausschüssen dringend reden müssen.
Meine Damen und Herren, ich habe es ja durchaus hier schon so vernommen, dass Sie behaupten und auch sicherlich künftig behaupten werden, DIE LINKE könne nicht mit Geld umgehen.
Sie werden sehen, auch für unsere Vorschläge braucht es keine Nettoneuverschuldung. Wir werden bestehende Spielräume ausschöpfen und entsprechende Anträge einbringen.
Mit dem Haushalt üben wir das Königsrecht des Parlaments aus. Am Ende der Beratung stehen wir, die Abgeordneten, und sollen sagen, wofür das Geld ausgegeben wird. Darüber werden wir in den nächsten Monaten und Wochen streiten. Meine Fraktion und ich hoffen auf konstruktive Beratungen,
auf faire Auseinandersetzungen und auf einen kulturellen Fortschritt beim Umgang mit Anträgen der Opposition.
Man braucht hin und wieder Mut, um das eigene Land voranzubringen. Diesen Mut lässt dieser Haushaltsentwurf – bislang zumindest – vermissen. Bis Mecklenburg-Vorpommerns Etat in Zahlen gegossener Fortschritt und Solidarität ist, bleibt also noch viel zu tun. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Doppelhaushalt 2016/2017 und wir haben schon sehr viele Wortmeldungen hier von den unterschiedlichsten Fraktionen gehört. Es ist von Frau Rösler gerade gesagt worden, uns fehlt der Mut für die Aufstellung dieses Haushaltes.
Ich möchte dazu sagen, ich glaube, jeder Fachminister, der hier sitzt, hatte mehr angemeldet, als er nachher bekommen hat, und musste nachher Einschränkungen hinnehmen, weil wir ein großes Ziel haben, nämlich einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden aufzunehmen. Ich glaube, dieses umzusetzen, bedarf großen Mutes, nämlich zu sagen, wir wollen keine neuen Schulden machen. Da muss man natürlich Prioritäten setzen und dieses wurde, glaube ich, von den einzelnen Fachbereichen, von den einzelnen Ministern auch gemacht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Fraktionsvorsitzender Herr Kokert hat schon sehr ausführlich gesagt, dass es für uns wichtig ist – und ich habe es schon mal gesagt –,
im Doppelhaushalt 2016/2017 keine neuen Schulden zu machen und trotzdem wichtige Entscheidungen, wichtige Finanzierungen auf den Weg zu bringen. Wir wissen alle, wir haben schwierige finanzpolitische Zeiten vor uns. Wir wissen nicht, wo geht es hin in 2020.
Wir wissen zwar, dass wir mehr Steuereinnahmen haben in diesem Jahr, und wir werden in 2017/18 sehen, wie die Steuereinnahmen sein werden. Mit der Steuerschätzung im November werden wir höchstwahrscheinlich eine vernünftige Zahlenkulisse haben, um abzuschätzen, ob da noch Spielräume für die nächsten Jahre sind oder nicht.
Was aus unserer Sicht wichtig ist, ist, dass wir in der Bildungspolitik mehr Geld zur Verfügung stellen. Das wird auch durch die Umsetzung der BAföG-Mittel möglich, dass wir mehr Investitionen in 2016/2017 haben werden. Es sind allein bei Investitionen im Jahre 2016 11,7 Prozent mehr, sodass man sagen kann, dass wir in die Zukunft investieren.
Wichtig für uns ist auch, dass wir bei dem wichtigen Thema, was auf uns zukommt, Asylpolitik, Flüchtlingspolitik, die entsprechenden Finanzmittel aufbringen.
Wir haben in diesem Jahr 59 Millionen im Haushalt, in 2016 werden es 120 und in 2017 134 Millionen sein, die erst mal eingestellt worden sind. Bei diesen Geldern wissen wir noch nicht, ob sie ausreichend sind oder nicht. Entscheidend ist aber, dass wir diese entsprechend einplanen. Für mich ist es wichtig, dass wir, wenn wir den Haushalt im Dezember 2015 verabschieden, überprüfen, damit wir wissen, wo wir eigentlich stehen. Man kann höchstwahrscheinlich dann noch mal über die Nachschiebeliste sagen, müssen die Einnahme- und Ausgabetitel noch mal korrigiert werden, ja oder nein, oder man muss prüfen, wenn diese Zahlensicherheit noch nicht da
ist, ob man rechtlich im Jahr 2016 über einen Nachtragshaushalt oder über finanzpolitische Wege nachzudenken hat, wie man diese Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit klar darstellt.