Ansonsten können wir Ihrem Antrag so nicht zustimmen, weil er in dem Sinne überflüssig ist, weil wir jetzt wirklich auf gutem Wege sind. – Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.
(Bernd Schubert, CDU: Jetzt wollen die GRÜNEN das wieder für sich vereinnahmen, das Thema. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Drucke, Bücher, Zeitschriften, Inkunabeln, Pläne, Landkarten, Filme, Noten – alles gehört zu unserem Gedächtnis, legt Zeugnis ab über unsere Geschichte, beantwortet Fragen zu unserer Vergangenheit.
Die Bewahrung dieser Archivalien ist nicht nur ein Selbstzweck, sondern ist vielmehr wichtig für die Forschung, ist wichtig für Schulklassen – wenn sie Fragen zu unserer Geschichte haben, wenn sie wissen wollen, wo sie herkommen, wie sieht die Geschichte der Stadt aus – und macht Geschichte vor allem erlebbar.
Die Archive befinden sich teilweise in Landeshand, teilweise aber auch in der Hand der Kommunen. Manchmal gehören sie Kirchgemeinden und gelegentlich auch Privatleuten.
Ein Beispiel will ich Ihnen nennen, das ist die Bibliothek des Geistlichen Ministeriums zu Greifswald, das ist ein Beispiel für ein Archiv im Besitz einer Kirchgemeinde, nämlich in dem Fall des Doms Sankt Nikolai. Das ist eine Sammlung theologischer Druckwerke und mittelalterlicher Handschriften, die den Zeitraum vom 14. bis zum 19. Jahr- hundert umspannt. Sie ist hervorgegangen aus der Aufhebung zweier Klöster im Zuge der Reformation, nämlich des Dominikaner- und des Franziskanerklosters. Ich habe dieses Beispiel gewählt, weil es tatsächlich ein positives Beispiel ist für unser Land.
Die Bibliothek des Geistlichen Ministeriums, was sich ein bisschen anhört wie ein Stück aus einem Harry-PotterBand, hat seit dem Jahr 2012 ein neues Zuhause im Dom gefunden.
Dort wurden Räume restauriert, unter anderem mit Mitteln des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege, aber auch der Alfried Krupp von Bohlen und HalbachStiftung und natürlich auch der Bürgerschaft der Hansestadt Greifswald. Alle drei zusammen haben die Finanzierung unterstützt. Es ist dort ein Archiv entstanden, das den klimatischen Anforderungen entspricht und wo es auch bestimmte Einschränkungen gibt, was den öffentlichen Personenverkehr anbelangt.
Ich will Ihnen ein anderes Beispiel nennen, das ist die Anna Amalia Bibliothek. Ich hatte im Februar die Gelegenheit – es werden ja jeden Tag nur 70 Eintrittskarten verkauft, weil die Luftfeuchtigkeit dort auch eingehalten werden muss, damit die Bücher keinen größeren Schaden nehmen –, ich hatte aber die Gelegenheit, im Februar eine Eintrittskarte zu erhalten, und bin in den Genuss gekommen, mir den Rokokosaal der Anna Amalia Bibliothek nach der Restaurierung anschauen zu können.
Wie Sie sicherlich alle wissen, im Jahr 2004 hat uns alle die Meldung schockiert, die Anna Amalia Bibliothek brennt. Wir wissen, in diesem historischen Gebäude der Anna Amalia Bibliothek lagen 196.000 Bücher, davon sind 50.000 Bücher unwiederbringlich verbrannt, 28.000 konnten unversehrt geborgen werden, 37.000 Bücher hatten Wasser- und Hitzeschäden, 56.000 Bücher und Grafiken Ruß- und Rauchschäden und 25.000 sogenannte Aschebücher wurden aus den Trümmern geborgen.
Und das finde ich total spektakulär: Wenn man jetzt in diese Anna Amalia Bibliothek geht, kann man sehen, wie die Restaurierung dieser Bücher passiert. Man sieht so ein Aschebuch und denkt, eigentlich ist das tatsächlich nur noch ein Stück Kohle. Aber über ganz, ganz aufwendige Restaurierungsverfahren, angefangen von der Gefriertrocknung und diesen ganz speziellen Restaurierungsverfahren, wo die Anna Amalia Bibliothek über ein weltweites Netzwerk verfügt, sodass, je nachdem, wo diese Bücher ursprünglich herkamen, auch unterschiedliche Restaurierungsverfahren angewandt wurden, konnten von 1,2 Millionen Blatt sogenannter Aschebücher inzwischen schon 440.000 Blatt restauriert werden. Der Kostenbedarf wird auf 67 Millionen Euro geschätzt. 38,8 Millionen wurden schon zusammengetragen, davon natürlich ein großer Anteil von Bund und Land, aber auch von ganz, ganz vielen privaten Spendern beziehungsweise Stiftungen.
In Mecklenburg-Vorpommern ist die Situation ein bisschen eine andere. In der Anna Amalia Bibliothek haben 50.000 Bücher einen plötzlichen und unerwarteten Tod erlitten, die Archivalien in Mecklenburg-Vorpommern hingegen erleiden täglich einen schleichenden Tod, hier eher hervorgerufen durch Feuchtigkeits- und Schimmelschäden, durch Tinten- und Farbfraß und manchmal kommt es auch durch eine mangelhafte Verpackung zu mechanischen Schäden.
In einer Denkschrift haben uns der Landesverband des Deutschen Bibliotheksverbandes, aber auch der Verband der Archivarinnen und Archivare und im Übrigen auch ein Mitarbeiter des Bildungsministeriums auf genau diese Situation in den Archiven und Bibliotheken unseres Landes aufmerksam gemacht. Sie haben aus meiner Sicht sehr plausibel und auch sehr detailliert dargelegt, warum die Archive jährlich einen Bedarf von 350.000 Euro haben. Ich kann sagen, diese Verbände waren sehr bescheiden. Sie haben gesagt, dass man im Zeitalter der Digitalisierung nicht jedes Exemplar eines Werkes im Original erhalten kann und muss, dass aber durchaus schon das eine oder andere Exemplar, manchmal auch mehrere, aber eben an unterschiedlichen Orten bewahrt werden sollten, damit wir nicht so einen großen Verlust erleiden, wenn beispielsweise ein Archiv brennt, wie bei der Anna Amalia Bibliothek geschehen.
Andere Bundesländer verfügen über ein Landeskonzept für die Bestandserhaltung von Archiven und Archivalien – ich will als Beispiele Bayern, Schleswig-Holstein und Sachsen nennen –, und ich finde, Mecklenburg-Vorpommern könnte sich dem anschließen. Bei den Archiven sind 3 Prozent des Archivguts akut beschädigt, eben durch Feuchtigkeits- und Schimmelschäden, bei den Bibliotheken schwanken die Werte, sie gehen sehr stark auseinander. In dem Bereich der Universitätsbibliotheken haben wir sehr gute Magazine, sehr gut ausgestattete Magazine, und darum auch nur ungefähr 1 Prozent stark beschädigtes Archivgut. Bei den anderen Trägern gehen die Werte teilweise bis zu 20 Prozent hoch. Und das ist unser Gedächtnis, das ist Wissen, was unwiederbringlich zerstört werden kann, wenn wir hier nicht gegensteuern! Deshalb kann sich unsere Fraktion dem Antrag der Fraktion DIE LINKE nur anschließen. – Vielen Dank dafür.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den Antrag eingehe, möchte ich mich für die Denkschrift der Landesverbände Mecklenburg-Vorpommerns, des Deutschen Bibliotheksverbandes und des Verbandes Deutscher Archivarinnen und Archivare bedanken. In der Denkschrift wurde versucht, die Situation zum gegenwärtigen Zeitpunkt darzustellen und die entsprechenden Lösungsvorschläge zu unterbreiten.
Ich habe diese Denkschrift auch gelesen und dabei festgestellt, Herr Koplin, Sie haben diese Denkschrift genommen und als Antrag formuliert. Die Inhalte stimmen ja größtenteils überein in der ganzen Sache.
Das kann man machen, dagegen sage ich auch nichts weiter. Es war nur eine Feststellung, dass man das so gemacht hat.
Sie haben auch vorhin erwähnt, dass es die Aufgabe des Landes und der Kommunen ist, kirchliche Einrichtungen nachgestellt. Darauf möchte ich noch mal etwas näher eingehen. Die Situation ist also: Das Land finanziert die drei größten Bestandszentren, die Universitätsbibliotheken Rostock und Greifswald sowie die Landesbibliothek. Hier werden 82 Prozent des Bestandes betreut. Damit heißt es nicht, dass die restlichen 18 Prozent nicht gewürdigt werden sollen, aber es ist schon die Masse, die hier betreut wird und die im guten Zustand ist, wie wir gehört haben, auch von Frau Berger, die es noch mal erwähnt hatte.
Nein, das ist nicht so. Wir haben kommunale Aufgaben, Frau Berger, und die haben die Kommunen zu erfüllen.
Der Fall der Gymnasialbibliothek Stralsund zeigt, dass die kommunale Verantwortung noch nicht in dem notwendigen Umfang wahrgenommen wurde. So ist es. Über Jahrzehnte haben die Bücher dort gelagert, ohne
Der Ruf nach der Verantwortung des Landes in Form eines Kompetenzzentrums kann keinesfalls eine Lösung sein. Ich gehe davon aus, dass auch in unseren kommunalen und kirchlichen Bibliotheken und Archiven gut ausgebildete Fachkräfte tätig sind. Welche Aufgabe käme dann noch einem Landeskompetenzzentrum zu? Eine solche Stelle würde circa 70.000 Euro verursachen, zuzüglich Sachkosten.
Zu Punkt 5 Ihres Antrages – Vorantreiben der Digitalisierung – bedarf es keiner Aufforderung, da wir bereits im letzten Haushalt 50.000 Euro eingestellt hatten. Und ich bin sicher, dass es auch zukünftig nicht weniger Geld für diese Maßnahmen geben wird, im Gegenteil, der Minister hat es ja erwähnt, dass wir mehr Geld in den zukünftigen Haushalt einstellen werden.
Wie schon gesagt, das Land kennt und übernimmt seine Verantwortung. Die 50 Millionen für den Neubau des Zentraldepots fallen auch nicht vom mecklenburg-vor- pommerischen Himmel. Auch wenn weniger bekannt, so haben wir ein sehr gut funktionierendes Filmarchiv in Wismar. Hier werden professionell Filme erschlossen, gesammelt und archiviert. Filme, die für unsere Geschichte und Identität von Bedeutung sind, finden hier ihren Platz und können für zukünftige Generationen erhalten werden. Auch hier hat das Land 10.000 Euro bereitgestellt, um Technik anzuschaffen, die für die Digitalisierung von analogen Bändern notwendig ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie sehen, sind wir auf einem guten Weg, und auch hier gilt, nichts bleibt, wie es ist. In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass diese Thematik bei der nächsten Haushaltsberatung eine große Rolle spielen wird. Wir lehnen trotzdem Ihren Antrag ab. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bibliothekare und Archivare haben gegenüber den Theaterleuten naturgemäß einen ganz entscheidenden Nachteil: Sie sind nicht laut genug. Im vorliegenden Antrag wird festgestellt, dass sie mit gravierenden Problemen zu kämpfen haben. Ich denke dabei nur an die Mitarbeiter der Landesbibliothek M-V in Schwerin oder der Unibibliotheken in Greifswald und Rostock, zu deren Aufgaben der Erhalt wertvoller und landeskundlicher Sammlungen beziehungsweise deren Digitalisierung gehören. Dabei ist allein der Erhalt von Kulturüberlieferung in den Bibliotheken und Archiven eine Mammutaufgabe.