Ein Blick in die Karte von diesem genannten Expertenkreis des Bund-Länder-Ausschusses Nord- und Ostsee reicht, um zu sehen, Herr Ringguth, es gibt Alternativen, natürlich, es gibt Alternativen, es gibt Bewilligungsfelder des Landes, wo Sand entnommen werden kann, um den Küstenschutz, der notwendig ist, zu gewährleisten, wo sich das nicht überlagert mit den Munitionsverdachtsflächen.
Ein Blick in die Karte reicht, man hätte das nehmen können. Und seien Sie doch ehrlich, der Grund, dass man den Trollegrund-Sand genommen hat, ist meines Erachtens die Nähe zur Küste. Das wurde auch so kommuniziert. Es liegt eben nah an der Küste, man hat keine weiten Wege, dadurch hat man geringe Kosten. Man ist damit ein enormes Risiko eingegangen. Das, denke ich, ist erkannt worden, den Eindruck habe ich, auch wenn Sie jetzt unseren Antrag ablehnen werden. Es findet ein neuer Umgang mit diesen Sandentnahmeorten statt. Das ist ja schon mal zu begrüßen.
Dann noch ein Wort zu den Umweltgiften: Es wurde jetzt mehrmals gesagt, der Verdünnungseffekt sei so groß in der Ostsee, da kann man nichts erwarten. Das ist ja eine Behauptung. Was wir fordern, ist ja nicht, dass alles jetzt sofort beräumt werden muss, sondern dass es ordentlich geprüft werden muss, ein Umweltmonitoring. Da sind wir ja nicht die Einzigen, die das fordern.
Ein Umweltmonitoring muss stattfinden, denn es ist einfach logisch und anzunehmen, dass die Gifte in die Meeresumwelt und damit auch in die Nahrungskette eintreten. Dies sind kaum messbare Verunreinigungen. Ich glaube, Herr Caffier war das, der das in den Raum gestellt hat, es seien keine sinnvollen Ergebnisse zu erwarten.
Wir haben ja in unserem Antrag in der Begründung ausgeführt, dass das anders ist und dass auch der schleswigholsteinische Landtag sich dazu äußert, ganz klar, dass eine Beobachtung der Meeresumwelt auf Kampfmittel beziehungsweise sprengstofftypische Verbindungen wie Kanzerogene und Mutagene und deren Auswirkungen auf die Meeresumwelt eben zurzeit nicht stattfindet. Dies ist aber erforderlich, meine Damen und Herren. Das kann man nicht einfach mit Verdünnungseffekten hier weg- reden. Wenn es denn so ist, wäre es sehr schön. Dann beweisen Sie das aber mal, Herr Caffier oder Herr Backhaus, wer auch immer sich jetzt dafür zuständig fühlt! Beweisen Sie, dass der Verdünnungseffekt so hoch ist, dass es keine Rolle spielt! Dann können wir uns ja glatt ein wenig freuen.
Es gibt Alternativen, die zu wählen sind. Nehmen Sie den Sand aus munitionsärmeren Feldern! Beachten Sie Ihr eigenes Regelwerk
und dann werden wir zukünftig hoffentlich solche Erlebnisse, wie sie letztes Jahr in Rerik und dieses Jahr in Boltenhagen aufgetreten sind, der Vergangenheit zuschreiben können. Solche Mengen, wie sie in Rerik aus dem Sand geholt worden sind, sind wirklich schockierend. Das brauchen wir hier nicht. Natürlich wollen wir die Touristen in diesem Land haben.
Meine Damen und Herren, ich denke, der Antrag hat seinen Zweck erfüllt, Sie haben erkannt, wohin die Reise gehen muss.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4091. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4091 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der NPD abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Enthaltung der Fraktion DIE LINKE.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Freie Berufe in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen, Drucksache 6/4102.
Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Freie Berufe in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen – Drucksache 6/4102 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben an dieser Stelle im Landtag bereits mehrfach über die Deregulierungsmaßnahmen der Europäischen Union gesprochen. Und ich möchte auch da noch mal auf die Anträge auf den Drucksachen 6/2830 und 6/3501 verweisen. Ich denke mir, es ist wichtig, dass wir das heute wieder tun, weil sozusagen eine Dynamisierung eingetreten ist in unserem Antrag. Sie wissen, dass vor Kurzem das Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland eingeleitet worden ist und dass gestern Abend auch eine Bundestagsdebatte darüber stattfand.
Meine Damen und Herren, bei diesen vorhin erwähn- ten Anträgen im Landtag haben wir auch einen vergleichenden Blick auf Europa gerichtet, zum Beispiel auf die Jugendarbeitslosigkeit und den Anteil von 14- bis 24Jährigen verglichen damals. Und wir haben da festgestellt, dass der Anteil in Spanien bei 53,5 Prozent lag, in Griechenland bei 49,8,
in Italien bei 43,9, in Portugal bei 34,5, und in Deutschland lag die Jugendarbeitslosigkeitsquote zum gleichen Zeitpunkt bei lediglich 7,4 Prozent und in MecklenburgVorpommern sogar bei 7 Prozent.
Beim Meister, aber auch beim gesamten dualen deutschen Ausbildungssystem haben wir deswegen von einem deutschen Erfolgsmodell gesprochen. Wir haben angeregt, sich am erfolgreichsten Ausbildungsmodell zu orientieren. Unserer Meinung nach ist eben der Meister-
brief keine Wettbewerbsminderung, sondern Garant für nachhaltiges Unternehmertum und hohes Ausbildungs- niveau. Und das, denke ich mal, haben wir auch fraktionsübergreifend, als wir in Brüssel waren, immer wieder deutlich gemacht. Mit der Aufweichung der erfolgreichen Standards bei der dualen Ausbildung hat die CDU-Fraktion die Gefahr gesehen, dass das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, und diese Gefahr sehen wir nun auch bei der in Rede stehenden Deregulierung der Freien Berufe. Und wir sehen sie aktueller denn je. Ich hatte es vorhin erwähnt, vor allem aufgrund des Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission, das vor wenigen Tagen nun auch gegen Deutschland eingeleitet wurde.
Die Europäische Kommission sieht in den nationalen Vorschriften der Länder unverhältnismäßige und nicht gerechtfertigte Hindernisse im Bereich der freiberuflichen Dienstleistung. Nach Auffassung der Kommission laufen die Anforderungen der Dienstleistungsrichtlinie zuwider. Es geht hier um die verbindlichen Mindestpreise, also einen Angriff auf die in Deutschland eingeführte HOAI.
Meine Damen, meine Herren, ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass Deregulierung zu begrüßen ist. Der Abbau oder die Vereinfachung von Marktregulierung in Form von Normenvorschriften kann ordnungspolitisch sehr wünschenswert sein. Deregulierung fördert Investitionen, Innovationen durch Wettbewerb, ermöglicht Investitionen und schafft Arbeitsplätze.
Deregulierung hilft bei Effizienzsteigerung von Unternehmen und kann Bürokratie abbauen und Deregulierung kann eine Entlastung öffentlicher Haushalte ermöglichen. Aber wenn es um Deregulierung geht, dann muss es doch Ziel europäischer Politik sein, die Stärken eines einzelnen Mitgliedsstaates quasi als gutes Beispiel auf andere Länder zu übertragen.
Meine Damen und Herren, zu unseren Stärken zählt zweifelsohne auch die Organisationsstruktur der Freien Berufe in Deutschland. Der Anteil der freiberuflichen Gründungen am Gründungsgeschehen beträgt 21 Prozent. Und ich möchte auf die Bundestagsdrucksache 17/13074 verweisen. Solche Zahlen kommen nicht von ungefähr. Freiberufler zeichnen als Arbeitgeber mitverantwortlich für die aktuell außergewöhnlich guten Arbeitsmarktdaten.
Schon deswegen müssen wir einer einseitigen Absenkung von Qualitätsstandards entgegentreten. In einigen Berufsgruppen brauchen wir Markteintrittsbarrieren. Eine unbedarfte Absenkung dieser Barrieren würde zur Gefährdung der Qualitätssicherung führen, schadet dem Verbraucherschutz und bringt letztlich die circa 9.000 Freiberufler mit ihren circa 30.000 Mitarbeitern in Mecklenburg-Vorpom- mern in Bedrängnis.
Das System der Selbstverwaltung der Freiberufler hat sich bewährt. Die Freien Berufe sind Ausdruck unserer
hohen Qualitätsstandards – Made in Germany oder Made in M-V. Diese hohen Qualitätsstandards bei den Freien Berufen und dem Handwerk wollen wir in dem sich ständig verschärfenden wirtschaftlichen Wettbewerb als strukturellen Wettbewerbsvorteil bewahren.
Und auch vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen einer Aufweichung von Standards der dualen Ausbildung durch die Europäische Kommission betrachten wir das europäische Semester mit Sorge, denn die Europäische Kommission hat hier analysiert, dass in Deutschland die politischen Maßnahmen zur Belebung des europäischen Wettbewerbs in den Freien Berufen wie auch das Produktionswachstum zu gering gewesen seien. Daraus schlussfolgert die Kommission erheblichen Spielraum für eine Deregulierung, zum Beispiel bei Architekten, Ingenieuren und Steuerberatern, aber auch im Baugewerbe, dem Groß- und Einzelhandel, Unternehmensdienstleistungen, dem verarbeitenden Gewerbe, dem Verkehr und Immobiliengewerbe, in den Bereichen Gesundheit und soziale Dienste, Bildung, Tourismus, öffentliche Verwaltung, Unterhaltung, Netzwerkdiensten und sonstigen Dienstleistungen und Tätigkeiten.
Aus Brüssel hören wir, dass der Preiskampf bei unseren Freien Berufen zu eingeschränkt sei, zum Beispiel durch entsprechende Gebührenverordnungen. Auch gäbe es aus der Sicht der Europäischen Kommission zu große Markteintrittsbarrieren, zum Beispiel aufgrund der Pflichtmitgliedschaften in den Berufsverbänden und in den Kammern. Diese Zutrittsbarrieren sind aus Sicht der Europäischen Kommission abzubauen und Gleiches gilt für das Verbot der Fremdkapitalbeteiligung, eine Sorge, die insbesondere Steuerberater umtreibt. Und ich empfinde es schon ein wenig als einen Angriff auf die Unabhängigkeit der Berufsausübung in den Freien Berufen. All diese aus Brüssel monierten Punkte in Summe sind geeignet, die Selbstverwaltung der Freien Berufe in Gefahr zu bringen.
Meine Damen und Herren, die Förderung des Leistungs- und Qualitätswettbewerbs auch auf europäischer Ebene möchte ich, wie gesagt, begrüßen und deswegen sprechen wir uns für Überprüfungen, Modernisierung und Transparenz auf europäischer Ebene aus. Wir wollen den Wettbewerb verbessern zum Beispiel durch verbesserten Marktzugang, wie er ja durch die modernisierte Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikation gewährt wird.
Also Wettbewerb ja, allerdings nicht zum Preis der Abschaffung eines gut funktionierenden und bewährten Systems, denn in diesem in der Einbringung skizzierten Zielkonflikt von Wettbewerb und Qualität wollen wir uns für unsere Freien Berufe aussprechen, weil wir der Auffassung sind, dass berufliche Selbstverwaltung, die Kosten- und Honorarordnung und die Vergütungsvertragssysteme der Freien Berufe erfolgreiche Modelle sind. Sie entlasten den Staat und gewährleisten den Verbraucherschutz.
Und deswegen gilt für die Freien Berufe genau das, was auch bei unserem erfolgreichen dualen Ausbildungssystem und der Meisterqualifikation gilt: Das Ansinnen von Standardabsenkungen muss genau und sehr kritisch beobachtet werden. Sie sind unser Erfolgsmodell und mit der Tertiarisierung der Wirtschaft und dem weiteren Bedeutungsgewinn freiberuflicher Dienstleistungen werden auch unsere Qualitätsstandards immer wichtiger.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist ein Appell in Richtung der Europäischen Kommission. Dieser wird umso stärker, je größer die Zustimmung aus diesem Haus ist.
In der Aussprache zu diesem Antrag möchte ich auf die politischen Chancen unseres Ansinnens und ähnliche Anträge aus Nordrhein-Westfalen und der CDU/CSUFraktion im Bund, aber auch auf das aktuelle Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union, die die eben skizzierten Bewertungen aus Deutschland als nicht stichhaltig erachten, eingehen.
Lassen Sie mich dann auch einige Worte zum aktuellen Stand des Evaluationsprozesses der Europäischen Kommission sagen. Ich freue mich auf die Aussprache. – Vielen Dank fürs Zuhören.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freien Berufe stellen eine wichtige Säule für die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern dar. Sie erreichte im vorigen Jahr einen Jahresumsatz von 1,4 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Zahl von 3.900 Unternehmen mit etwa 23.300 Beschäftigten. Die Freien Berufe bilden zurzeit bundesweit mit 122.500 Auszubildenden einen wichtigen Beitrag zur Azubigewinnung. Im Jahr 2014 wurden bundesweit 42.000 neue Ausbildungsverträge in den Freien Berufen geschlossen. Die Bedeutung der Freien Berufe geht jedoch weit über die ökonomischen Aspekte hinaus. Die Freien Berufe tragen wesentlich zur Entwicklung und Sicherung des Gemeinwesens bei und versorgen die Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen.
Unsere Gesellschaft ist angewiesen auf die von Freiberuflern zumeist in den Kernbereichen des öffentlichen Interesses erbrachten gemeinwohlorientierten und durch hohe Qualität, Eigenverantwortlichkeit und fachliche Unabhängigkeit geprägten Vertrauensdienstleistungen. So stehen Architekten und Ingenieure für die Sicherheit von Gebäuden im öffentlichen und privaten Raum, der Rechtsanwalt ist Teil der unabhängigen Rechtsordnung, die Freien Kulturberufe erhalten und pflegen unsere Kultur und der Arzt oder der Zahnarzt stehen im Dienste der Patienten und sie stehen für die Aufgaben der allgemeinen Gesundheit.