Protocol of the Session on July 2, 2015

Da die kommunalwahlrechtlichen Regelungen gemäß dem Volksabstimmungsrecht zum Zuge kommen, werden wir Ihren Antrag ablehnen. Wir als CDU-Fraktion vertrauen den Verantwortlichen auf kommunaler Ebene, die gewiss selbstständig für die bestmöglichen Bedingungen sorgen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Schön vorgelesen.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die demokratische Opposition hat hier im Landtag bekanntlich immer wieder auf die Bedeutung des ersten Volksentscheids für dieses Bundesland hingewiesen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das stimmt.)

Wir haben immer wieder gefordert, dass die Bürger- innen und Bürger bei einem Volksentscheid umfassend informiert werden, denn gerade bei einem so komplexen Vorgang wie Zustimmung oder Ablehnung zu einem Gesetzentwurf muss es im Interesse aller Demokraten liegen, dass Bürgerinnen und Bürger sich umfassend informieren und bewusst entscheiden können.

Wer – und das tun meines Wissens zumindest verbal alle demokratischen Fraktionen und Parteien – für eine hohe Wahl- und Abstimmungsbeteiligung wirbt – der Innenminister hat das gerade noch einmal getan –, der muss auch dazu beitragen, dass dies in der Praxis ermöglicht wird. Dazu gehört nicht nur eine, wie bereits ausgeführt, umfassende und ausgewogene Information zum Abstimmungsgegenstand, dazu gehören auch, Bürger und Bürgerinnen zur Stimmabgabe zu motivieren, aktiv dafür zu werben und die Hürden für eine Teilnahme am Volksentscheid so niedrig wie möglich zu gestalten.

Die Reduzierung auf eine Veröffentlichung im Amtsblatt, so, wie gestern vom Innenminister erklärt, reicht da bei Weitem nicht aus. Die Haltung, die ich hinter einer derartigen Position vermute, erweckt eher den Eindruck, dass Sie vielmehr auf eine geringe Abstimmungsbeteiligung setzen und auf diese Art und Weise hoffen – und das will ich hier auch ganz klar sagen –, mit Ihrer verfehlten Gerichtsstrukturreform dadurch davonzukommen, dass sich nicht genügend Bürgerinnen und Bürger am Volksentscheid beteiligen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist eine böswillige Vermutung.)

Vermutungen, glaube ich, darf ich hier äußern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Auch böswillig.)

Jetzt will ich an dieser Stelle einmal auf das eingehen, was hier teilweise gesagt worden ist, vorgehalten worden ist, in den Antrag hineininterpretiert worden ist.

Ich glaube, und das ist der erste Punkt, dass wir hier mehrfach deutlich gemacht haben – Herr Reinhardt hat ja sogar die Drucksachen in der Datenbank der Landtagsverwaltung gezählt –,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zählen lassen.)

dass wir immer wieder deutlich gemacht haben, dass es durchaus Anhaltspunkte gibt. Das fing seinerzeit bei der Umdeutung der ersten Volksinitiative an, das setzte sich fort bei der Frage, wie sollen denn Bürgerinnen und Bürger informiert werden, das fand seinen Eingang in die Frage, inwieweit denn die Position der Minderheitenfraktionen, also der Oppositionsfraktionen, in das Amtsblatt aufgenommen wird. All das haben Sie abgelehnt. Überall an diesen Punkten haben Sie, zumindest für mich, den Eindruck erweckt, dass Sie kein Interesse an einer umfassenden Information haben, dass Sie nicht daran interessiert sind, dass Bürgerinnen und Bürger umfassend motiviert werden sollen, an diesem Volksentscheid teilzunehmen oder sich über einen komplexen Gesetzentwurf zu informieren.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das ist übrigens, sehr geehrte Damen und Herren, der nächste Punkt. Und, Herr Caffier, damit ich da nicht missinterpretiert werde,

(Minister Lorenz Caffier: Nein.)

ich unterstelle niemandem auf der Gemeindeebene, dass er oder sie nicht ordnungsgemäß diese Volksabstimmung durchführen will. Das tue ich definitiv nicht, sondern da habe ich volles Vertrauen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir auch. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da bin ich ja beruhigt.)

Ich will an dieser Stelle auch sagen, ich bin sehr sicher, dass das ordnungsgemäß ablaufen wird, aber ich sage gleichzeitig, neben der rechtlichen Dimension, über die man sich ja möglicherweise juristisch streiten kann, ist es die Interpretation, ob die Landesgesetzgebung Grundla- ge ist oder möglicherweise das Heranziehen der Bestimmungen aus dem Kommunalwahlgesetz – es ist ja inzwischen ein Landes- und Kommunalwahlgesetz –, ob das rechtlich in Ordnung ist oder nicht, die Frage kann und vermag ich hier gar nicht zu beurteilen. Aber wenn das rechtlich angefochten wird, der Innenminister hat das richtigerweise gesagt, dann soll ein Gericht darüber entscheiden. Darum geht es hier nicht. Es geht in diesem Antrag um eine politische Dimension,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah!)

und da kann ich nicht nachvollziehen, was Herr Reinhardt – er ist leider jetzt nicht da – vorhin gesagt hat, als er sich auf Schwerin bezogen hat. Wenn ich Wahllokale reduziere, und es deutet sich an, dass dieses in Größenordnungen in diesem Land zum 6. September geschehen wird, dann muss ich davon ausgehen, dass die Wege weiter sind, dass Bürgerinnen und Bürger einfach einen weiteren Weg zum Wahllokal haben und damit eine größere Distanz zurücklegen müssen. Mir kann doch keiner erzählen, dass das nicht dazu führt, dass Menschen, die zweifeln, ob sie hingehen wollen oder nicht, sich dann davon abhalten lassen. Natürlich ist das ein Hinderungsgrund für jemanden, wenn er daran teilnehmen will, und ich bitte, das einfach zur Kenntnis zu nehmen!

Vor dem Hintergrund haben wir einen Antrag formuliert, der Appellcharakter hat. Nämlich bei dieser politischen Dimension geht es darum, wie dicht will ich das Netz machen, das Netz der Wahllokale, um es Bürgerinnen und Bürgern einfach zu machen, an diesem Volksentscheid teilzunehmen. Das ist unsere Philosophie. Und das, Herr Innenminister, entscheiden Kommunen übrigens sehr unterschiedlich.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Ich kann mich gut daran erinnern, dass aufgrund einer Kleinen Anfrage der Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund der CDU-Bürgermeister Alexander Badrow klar und deutlich gesagt hat, selbstverständlich bieten wir die 60 Wahllokale an, die in Stralsund bei jeder Kommunalwahl angeboten werden, und zwar aus einem Grund: Es ist politisch wichtig, das anzubieten, damit eine umfassende Beteiligung an diesem Volksentscheid gefördert wird. Aber es gibt zig Standorte …

(Torsten Renz, CDU: Was sagen Sie denn zu Schwerin?)

Da kommt die Frage: Was sagen Sie denn zu Schwerin? Ich halte das, Herr Renz, für eine falsche Entscheidung,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach!)

wenn sie denn hier so getroffen worden ist. Ich halte das in jeder Gemeinde für die falsche Entscheidung. Und dieses Hilfsargument – ich sage das sehr bewusst –, man müsse das tun, weil man nicht darauf zurückgreifen könne, genügend Wahlhelfer akquirieren zu können, da bin ich in der Tat gerne bereit, dafür zu werben, dass das auch von unserer Seite wieder entsprechend unterstützt wird. Ich sage aber gleichzeitig, das kann doch nicht das Argument sein, weshalb ich auf die Hälfte der Wahllokale verzichte. Das ist aus meiner Sicht die falsche politische Entscheidung, das falsche politische Signal,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kommunale Selbstverwaltung.)

und es kommt in der Öffentlichkeit auch so an, als sei dieser Volksentscheid gar nicht so wichtig. Man könne ja da auf die Hälfte verzichten.

(Egbert Liskow, CDU: Aber das entscheiden doch die. Das entscheidet doch der Landtag nicht.)

Ich will noch einen weiteren Punkt benennen, …

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wie bitte?

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich konnte das, Herr Liskow, leider hier vorne nicht verstehen. Ich habe die herzliche Bitte, dann eine Frage zu stellen. Die lasse ich gerne zu und antworte Ihnen. Aber das war mir jetzt an dieser Stelle zu weit entfernt.

… das ist mir wichtig an dieser Stelle: Die Diskussion, die bis jetzt geführt worden ist, ist auf der rechtlichen Ebene geführt worden. Mein Interesse bei diesem gemeinsamen Antrag von LINKEN und GRÜNEN ist: Mit welchem Selbstverständnis begibt sich denn dieser Landtag in seiner letzten Sitzung vor dem Volksentscheid in diese Auseinandersetzung? Es ist in unserem gemeinsamen Interesse, dafür zu appellieren, dass möglichst viele Wahllokale aufrechterhalten werden.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Für meine Begriffe hätte das schon früher viel offensiver über eine umfassende Information, über Werbung et cetera, die ganz neutral gestaltet werden kann, geschehen müssen. Jetzt hängt es sogar an den Wahllokalen.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, wir würden der Demokratie einen Bärendienst erweisen, wenn dieses Signal nicht von diesem Landtag ausgeht. Und der Antrag ist in der Tat – Herr Reinhardt hat ihn als inhaltsleer beschrieben –, ich sage, der ist so einfach und oberflächlich, da müsste wirklich jeder Demokrat in diesem Haus tatsächlich zustimmen können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Den hätte sogar Herr Reinhardt verstehen müssen.)

Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Drese von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Antrag soll ein vermeintliches Problem thematisiert werden, das es gar nicht gibt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die Betonung liegt auf „vermeintlich“.)

Der mit dem Antrag geforderte Appell des Landtags an alle für die Vorbereitung und Durchführung der Abstimmung Verantwortlichen ist überflüssig. Noch mehr: Er unterstellt, die vor Ort in den Kommunen Verantwortlichen bedürften einer gesonderten Aufforderung durch den Landtag.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Wenn man die Diskussionen in den letzten Wochen betrachtet, konnte man den Eindruck gewinnen, dass von mancher Seite so getan wurde, als wollten die Gemeinden, die in Mecklenburg-Vorpommern seit 25 Jahren für einen ordnungsgemäßen Wahlablauf Sorge tragen, für die Teilnahme an dem Volksentscheid Hürden errichten.