Protocol of the Session on July 2, 2015

Wenn man die Diskussionen in den letzten Wochen betrachtet, konnte man den Eindruck gewinnen, dass von mancher Seite so getan wurde, als wollten die Gemeinden, die in Mecklenburg-Vorpommern seit 25 Jahren für einen ordnungsgemäßen Wahlablauf Sorge tragen, für die Teilnahme an dem Volksentscheid Hürden errichten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja. Aberwitzig!)

Sehr geehrte Damen und Herren, nach den Bestimmungen des Volksabstimmungsgesetzes sind für die organisatorische Vorbereitung eines Volksentscheids die kommunalwahlrechtlichen Regelungen heranzuziehen. Bezogen auf den Zuschnitt der Wahl beziehungsweise die Stimmbezirke und damit die Zahl der Wahl- beziehungsweise Abstimmungsräume richtet sich die zulässige Größe eines Wahlbezirks nach der Art der Wahl. Für allgemeine Kommunalwahlen soll ein Wahlbezirk nicht mehr als 2.500 Einwohner aufweisen.

(Udo Pastörs, NPD: Das haben wir alles schon dreimal gehört.)

Für den Fall, dass ausschließlich eine Bürgermeister- oder Landratswahl durchgeführt wird, ist dagegen eine Wahlbezirksgröße von bis zu 5.000 Einwohnern grundsätzlich möglich. Diese Regelung kann auch für den am 6. September stattfindenden Volksentscheid herangezogen werden. Bei einem Volksentscheid und einer Bürgermeisterwahl handelt es sich um eine einzelne Abstimmung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Nur wenn an diesem Tag in einer Gemeinde weitere Abstimmungen, wie zum Beispiel eine Bürgermeisterwahl oder etwa ein Bürgerentscheid, stattfinden, sind solche größeren Wahlbezirke bereits aus diesem Grund ausgeschlossen.

Frau Drese!

Herr Suhr, glaube ich, möchte eine Frage stellen. Lassen Sie das zu?

(Beifall Rainer Albrecht, SPD)

Hinzu kommt ein Weiteres: Zusätzliche Bedingung für die Vergrößerung der Wahlbezirke ist, dass dadurch der Weg zu den Wahlräumen für die Wahlberechtigten nicht oder nur unwesentlich verlängert wird. Die Gemeindewahlleitungen entscheiden eigenständig und wie in den vergangenen 25 Jahren verantwortungsbewusst anhand dieser Kriterien,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

wie viele Wahlbezirke und damit auch Abstimmungsräume für die Durchführung des Volksentscheids erforderlich sind.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Schwerin zum Beispiel.)

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch Folgendes klarstellen, damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Kosten des Volksentscheids trägt das Land. Es erstattet den Ämtern, amtsfreien Gemeinden, kreisfreien Städten und Landkreisen die durch die Vorbereitung und Durchführung des Volksentscheids entstandenen notwendigen Ausgaben. Tatsache ist, jede und jeder Abstimmungsberechtigte, die oder der am Volksentscheid teilnehmen und abstimmen will, darf und kann selbstverständlich abstimmen, und wer abstimmen will, wird auch abstimmen. Entscheidend für eine Beteiligung an der Abstimmung ist der Abstimmungsgegenstand und nicht die Größe des Wahlbezirks.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete … Herr Andrejewski?

(Zuruf vonseiten der Fraktion der NPD: Nein.)

Dann ist das Herr Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Mal versuchen sich LINKE und GRÜNE hier im Landtag mit fremden Federn zu schmücken. Der Volksentscheid gegen die Gerichtsstrukturreform eignet sich erstklassig für dieses makabre Spiel der Politik. Vor dem Hintergrund einer hohen Beteiligung am Volksentscheid sollen bestmögliche organisatorische Rahmenbedingungen gewährleistet werden. Als Ablenkungsmanöver wird ein Streit um die Zahl der Wahllokale entfacht. Niemand soll mehr darüber nachdenken, wer eigentlich die Axt an die Wurzel der dritten Gewalt gelegt hat.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Boah! Was für ein Bild!)

Dabei sind es nicht nur die Parlamentarier der SPD und CDU, die mit den absonderlichsten Strukturreformen die begleitenden Rahmenpläne für das Ausbluten unserer Heimat ersinnen, Herr Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jaja. Boah!)

auch LINKE und GRÜNE gehören seit Jahren und seit jeher zu den Gegnern altbewährter Strukturen. Während

sich die Schweriner GRÜNEN in öffentlichen Debatten bürgernah geben, sprechen sich die Brandenburger Kollegen deutlich für das Gegenteil, für eine Kreisreform, aus. Die innenpolitische Sprecherin Nonnemacher vertritt die Ansicht, dass es dem Bürger letztendlich egal sei, wo verwaltet wird. Landkreise von mindestens 150.000 Einwohnern sind dort ein Wunsch der GRÜNEN. Andernorts formulierte man es noch eindeutiger: In Baden-Württemberg schlugen die GRÜNEN vor Jahren einen 3-StufenPlan für eine Justizstrukturreform vor. Unter anderem wurde gefordert, die 17 Landgerichte auf 12 sowie die 108 Amtsgerichte auf 44 zu reduzieren.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch mal was!)

Woran orientieren sich solche Vorschläge zur Reduzierung in der Regel? Richtig, an den zuvor in einem ersten Schritt geänderten Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte, in Mecklenburg und Vorpommern erstmals initiiert von Rot-Rot, wir erinnern uns. Die eigentliche Erfindung stammte nicht einzig von SPD und CDU,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

sondern auch von der Linkspartei, der damaligen PDS. In Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner SPD wurde mit dem Gesetz über die Funktional- und Strukturreform 2006 ein bedeutender Grundstein für die aktuelle Kahlschlagpolitik gelegt, denn niemand kann ernsthaft behaupten, Gerichtsstrukturreform, Polizeistrukturreform und Kreisgebietsreform stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang.

2002 brachte Gottfried Timm

(Udo Pastörs, NPD: Gottfried!)

die Einigkeit zwischen SPD und PDS, heute durch CDU und GRÜNE ergänzt, auf den Punkt. Zitat: „Wenn dieses Land seine Entwicklungspotenziale erschließen will, kann es sich die Schwerfälligkeit und Kleinteiligkeit der Verwaltung, wie sie derzeit existiert, nicht mehr leisten.“ Zitatende. Hierbei wird das Wort „Verwaltung“ bis heute als Synonym für Landkreise, Polizei und Gerichte verwendet.

Es ist ein Hohn, hier in Scheingefechten ein ausschlaggebendes Verhältnis zwischen der Anzahl von Wahllokalen und den Beteiligungen am Volksentscheid zu konstruieren, aber um Ausreden sind Sie ja nicht verlegen. Dann wird der Schwarze Peter eben den Bürgern im Land und ihrem fehlenden Willen zur demokratischen Teilhabe zugeschrieben, so auch geschehen in Ueckermünde. Am Protestzug gegen die Schließung des Amtsgerichts im Dezember 2014 war die Bürgerbeteiligung überschaubar. Dabei lag der Grund auf der Hand: Nur wenige hatten Lust, sich mit den eigentlich Verantwortlichen für die Gerichtsschließung Seite an Seite zu stellen. Ein ehrenamtlicher Betreuer spottete am Mikrofon über den anwesenden Patrick Dahlemann und seine Phrase der gelebten Demokratie,

(Udo Pastörs, NPD: Ha!)

mit der er zuvor versuchte, seine politische Einstellung zu rechtfertigen: „Politiker sollten ihre Entscheidung für ihre Wähler und nicht für ihre Parteien treffen“, so der Betreuer.

(Udo Pastörs, NPD: Ein Möchtegern-Dandy ist das.)

Dem SPD-Mann Dahlemann versiegten daraufhin die Worte.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Heinz Müller, SPD: Das kann ich mir gar nicht vorstellen.)

Wir halten fest, die Menschen aus Mecklenburg und Vorpommern würden sich aus freien Stücken zahlreich am Volksentscheid beteiligen, unabhängig von der Entfernung zum Wahllokal. Entscheidend ist das Gefühl, ernst genommen zu werden, Herr Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

und die Aussicht, mit der abgegebenen Stimme Veränderungen herbeiführen zu können.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Solange die rot-schwarz-grüne Einheitspartei die Fäden zieht, verhindern Lügen und Betrug notwendige Veränderungen im Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

In diesen Zeiten können kurze Wege zum Wahllokal nicht schaden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tolle Rede.)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.