Protocol of the Session on July 2, 2015

Einen Moment, bitte.

Herr Schulte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist gestern schon deutlich geworden, dass

der Abgeordnete krankheitsbedingt Probleme mit der Stimme hat. Ich würde darum bitten,

(Tino Müller, NPD: Ich würde darum bitten, eine Schweigeminute einzulegen. – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

dass wir der Debatte jetzt hier folgen. Die Redner danach haben dann die Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Ich bitte einfach, das ist eine Frage der Fairness, dass man jemandem, der stimmlich eingeschränkt ist, hier die Gelegenheit gibt, trotzdem seinen Vortrag entsprechend halten zu können.

Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Und da sie ja – und damit meine ich jetzt meine Fraktion und die von ihr getragene Landesregierung – die Zukunft dieses Landes nicht in möglichst niedrigen Löhnen für die Beschäftigten sehen, muss die Produktivität eben entsprechend hoch sein, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit Wachstum und Beschäftigung in unserem Land nicht nur zu sichern, sondern auszubauen.

Wettbewerbsfähigkeit, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, setzt aber neben entsprechend qualifiziertem Fachpersonal vor allem eines voraus: eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur. Hierzu gehört neben der Verkehrs- und Energieinfrastruktur heutzutage auch eine leistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur. Vor dem Hintergrund der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung des Lebens und der Wirtschaft ist eine auskömmliche Kommunikationsinfrastruktur wesentlich für die weitere Leistungsfähigkeit und die Entwicklung unseres Landes und seiner Wirtschaft.

Dabei stellt sich die Situation in Mecklenburg-Vorpom- mern durchaus unterschiedlich dar. Es ist wie so häufig im Leben, es ist nicht nur alles schwarz oder weiß und auch bei uns im Land ist es halt nicht so, dass überall alles hervorragend ist beziehungsweise überall alles grottenschlecht. Tatsache ist vielmehr, dass in Mecklenburg-Vorpommern über alle Bandbreitenklassen eine bessere Verfügbarkeit in den städtischen Gemeindeprägungen und damit in den größeren Zentren dieses Landes vorhanden ist, als dies beispielsweise im Durchschnitt Deutschlands gegeben ist. Gleichzeitig ist festzustellen, dass vor allem in den ländlichen Gebieten – und die sind rein flächenmäßig nun mal die großen Teile unseres Landes – dagegen gerade bei der Breitbandversorgung mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde ein erheblicher Nachholbedarf besteht. Die Herausforderungen, die sich für unser Land beim Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur ergeben, sind damit eben auch Spiegelbild seiner ausgeprägten ländlichen Struktur.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dies bedeutet, dass wir einerseits davon ausgehen können, dass in den begrenzt vorhandenen städtischen Verdichtungsräumen unseres Landes sich auch zukünftig die für die wirtschaftliche Entwicklung erforderliche Kommunikationsinfrastruktur aller Voraussicht nach im Wettbewerb der Anbieter ohne größeres Eingreifen des Staates entwickeln wird. Andererseits bedeutet das aber auch, dass in den ländlich geprägten Teilen unseres Landes weder der dort vorhandenen Wirtschaft noch der Bevölkerung ohne finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand in abseh

barer Zeit eine adäquate Kommunikationsinfrastruktur zur Verfügung stehen wird.

Meine Damen und Herren, wie vielen von Ihnen ja entweder aus den Medien oder aus den verschiedensten Veranstaltungen, in denen der Energie- und Infrastrukturminister unseres Landes in der letzten Zeit informiert hat, bekannt sein dürfte, wissen wir, dass sich die Kosten für den Ausbau und Betrieb einer flächendeckenden Breitbandversorgung von mindestens 50 Megabit pro Sekunde in unserem Land auf in der Spitze bis zu 2,3 Milliarden Euro in den nächsten Jahren aufsummieren werden. Ich glaube, keiner in diesem Land, der politisch ernst genommen werden will, wird ernsthaft behaupten wollen, dass dieses Land in der Lage sein wird, eine solche finanzielle Herausforderung alleine aus eigenen Mitteln zu stemmen.

Letztendlich kann es aber auch nicht Aufgabe eines einzelnen Bundeslandes sein, eine solche Herausforderung zu lösen. Deswegen ist es gut, dass sich der Bund in seiner gesamtstaatlichen Verantwortung in einem ersten Schritt – und das sage ich ausdrücklich so – dazu bekannt hat, rund 1,8 Milliarden Euro bundesweit für den Ausbau einer entsprechenden Breitbandinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.

1,8 Milliarden Euro, meine Damen und Herren, sind eine Menge Geld. Aber 1,8 Milliarden Euro sind nicht so viel, dass man keine Schwerpunkte bei der Mittelverwendung setzen müsste. Dass der Bund dabei seinen Schwerpunkt gerade auf ländliche, strukturschwache, dünn besiedelte Regionen gelegt hat, erweckt – und dies ist durchaus nicht zynisch gemeint – den Eindruck, als ob er weite Teile unseres Landes quasi als Muster, als Blaupause bei der Ausarbeitung seiner Fördervoraussetzungen verwandt hätte.

Wir sollten daher im Umkehrschluss, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, keinesfalls aus unserem Land heraus eine Diskussion beginnen, die die Frage aufwirft, ob diese Regionen, die jetzt aufgrund ihrer strukturellen Schwächen in den Genuss der Infrastrukturförderung kommen können, gerade diejenigen wären, die ohnehin keine Perspektive hätten, und die Mittel daher doch besser woanders ausgegeben werden sollten.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist jetzt aber nicht kollegial.)

Erstens, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werden wir die Rahmenbedingungen, die der Bund an dieser Stelle gesetzt hatte, ohnehin nicht ändern können.

Zweitens, sehr geehrte Damen und Herren, würden andere Bundesländer, während in diesem Land vielleicht solche Diskussionen betrieben würden, bereits die Fördermittel als lachende Dritte in Anspruch nehmen.

Und drittens: Wer von Ihnen kann heute definitiv ausschließen, dass nicht gerade der Aufbau einer modernen Kommunikationsinfrastruktur der Schub in dem einen oder anderen Teil unseres Landes sein wird, sein würde, den die betreffende Region benötigt?

Wofür wir Sorge tragen müssen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist vielmehr, dass eben dort, wo im Rahmen dieses Förderprogramms, dieser Förderprogramme die Möglichkeit besteht, eine moderne Infrastruktur, eine moderne Kommunikationsinfrastruktur aufzubauen, dieses

tatsächlich auch schnellstmöglich bei uns im Land in Angriff genommen wird. Und wir müssen dafür sorgen, dass dabei zwei weitere Punkte, die genauso wichtig sind, nicht aus den Augen verloren werden:

Wir müssen nicht nur bei der Errichtung, sondern auch für den anschließenden Betrieb darauf achten, dass die gefundene Lösung auf Dauer möglichst wirtschaftlich tragfähig ist. Ansonsten werden die Kommunen, die Unternehmen und die Menschen vor Ort hinterher vor einer Infrastruktur stehen, die zwar hundertprozentig ausgebaut ist, die sie aber auf Dauer nicht bezahlen können.

Und zweitens müssen wir von Beginn an daran denken, dass dort, wo im Rahmen eines anstehenden Glasfasernetzausbaus eben noch keine Schließung von Versorgungslücken erfolgen kann, zumindest für einen Übergangszeitraum technische Alternativen ermöglicht werden. Dabei ist es gerade in einem so dünn besiedelten Land wie Mecklenburg-Vorpommern wichtig, dass bestehende Möglichkeiten von beispielsweise Unternehmen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die über Einrichtungen verfügen, die zum Auf- und Ausbau von Breitbandinfrastruktur auch für die Öffentlichkeit genutzt werden können, tatsächlich genutzt werden. Gleiches gilt übrigens auch dort, auch wenn das Telekommunikationsgesetz diesbezüglich keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung geregelt hat, für entsprechende private Infrastruktur.

Am Ende des Tages, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wird eben nicht entscheidend sein, welche technische oder rechtliche Alternative die Grundlage für eine Breitbandversorgung in unserem Land sein wird, wir werden wohl im Ergebnis alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen müssen und am Ende des Tages wird dann entscheidend sein für die Menschen in unserem Land, wie weit es uns tatsächlich gelungen ist, die bestehenden Versorgungslücken zumindest substanziell zu reduzieren.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Saalfeld.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus müssen wir perspektivisch den Bund weiter in die Pflicht nehmen. Bei allem Respekt vor den erheblichen finanziellen Anstrengungen, die der Bund jetzt unternimmt, bleibt es dabei, dass dieses nur ein erster Schritt sein kann. Auch dem Bund muss bewusst sein, dass der Ausbau einer auskömmlichen, den Anforderungen der Zukunft gerecht werdenden Kommunikationsinfrastruktur eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, um bundesweit gleichwertige Lebensverhältnisse, aber auch wirtschaftliche Chancen gerade in strukturschwachen Räumen zu schaffen. Gleichzeitig müssen wir als Land darauf achten, dass durch den Bund zur Verfügung gestellte Fördermittel nicht deswegen in Anspruch genommen werden können, weil hier im Land eine Kofinanzierung nicht ausreichend gesichert ist. Und darüber hinaus müssen die zur Verfügung stehenden EU-Strukturfondsmittel, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ergänzend für den Aufbau und Ausbau einer entsprechenden digitalen Infrastruktur sinnvoll genutzt werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte jetzt an dieser Stelle – ich komme jetzt auch zum Ende, sehr

geehrte Frau Präsidentin –, ich möchte an dieser Stelle jetzt nicht auf die Einzelheiten des anstehenden Infrastrukturausbaus eingehen. Das wird die Kollegin Wippermann als netzpolitische Sprecherin meiner Fraktion tun, beziehungsweise gehe ich davon aus, dass der Minister das auch tun wird. Ich würde jetzt an sich noch zwei Sätze zum Änderungsantrag sagen wollen, aber ich glaube, auch das werde ich der Kollegin Wippermann angesichts der abgelaufenen Redezeit überlassen. – Ich bedanke mich zunächst erst mal für Ihre Aufmerksam- keit. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Dietmar Eifler, CDU)

Wir bedanken uns bei Ihnen für die Einbringung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich die Aussprache eröffne, darf ich den Herren heute „Marscherleichterung“ ankündigen. Also Sie dürfen die Jacketts ablegen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Oh, danke schön, Frau Präsidentin!)

Bitte keine Kommentare aus dem Präsidium.

(Minister Harry Glawe: Das war freundlich, aber nicht hilfreich. – allgemeine Heiterkeit)

Konsequent, das gilt für alle.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat der Energieminister das Wort. Bitte, Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heute vorliegende Antrag behandelt nach meiner tiefen Überzeugung eines der zentralsten Themen, das die bundesdeutsche Gesellschaft aktuell lösen muss, um für künftige Generationen wichtige und vor allem richtige Weichenstellungen zukunftsweisend vorzunehmen. Ich weiß auch, dass an einer solchen Stelle zunächst eigentlich ganz vielfältige Hinweise erfolgen müssten – wenn man der allgemeinen Philosophie von politischen Reden folgt –, wie bedeutungsvoll das Internet und das Breitband sowie die Digitalisierung für die Wirtschaft, die Gesellschaft und das Land sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass dies in diesem Hohen Hause vollkommen unstreitig ist, und würde mich daher auf die Feststellung beschränken wollen, dass die Breitbandversorgung eine der zentralsten Fragen sein wird, ob und in welchem Umfang unser Land auch in 15 oder 20 Jahren noch zukunftsfähig aufgestellt ist. Ich würde deshalb gern die heutige Gelegenheit nutzen, den aktuellen Stand unserer Arbeit in diesem Themenfeld vorzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben bei dieser Arbeit unseren Schwerpunkt in den vergangenen Monaten nicht auf das Anfertigen dicker Papiere gelegt. Uns war klar, dass mit der Zusage des Bundes, dass

man kurzfristig im Sommer mit einem Förderprogramm beginnen will, jetzt alle Kräfte auf eine operative Umsetzung eines solchen Förderprogrammes auch in Mecklenburg-Vorpommern gerichtet werden müssen.

Deshalb bin ich im Übrigen auch außerordentlich dankbar, dass für die neue Aufgabe im Hause Kollegen aus dem Schwerpunktbereich des Vergaberechts und mit langjähriger Erfahrung in Förderbereichen sich dieser neuen Herausforderung annehmen mochten. Sie werden an dieser Stelle also vor allem Praktiker finden bei uns im Hause, die mit fundierter Vorbereitung dann zum richtigen Zeitpunkt in die konkrete Umsetzung eines solchen Programmes bei uns im Lande eintreten wollen. Alle, denen dies zu viel Praxis und zu wenig Theorie ist, bitte ich schlicht um Nachsicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Einfach anfangen!)

Ich bin überzeugt, dass dieses Land praktischen Aufbau braucht und weniger Theorie.

Wenn ich nunmehr darlege, was in den vergangenen Monaten alles passiert ist, wird auch deutlich werden, dass für umfangreiche und bunte Papiere schlicht keine Zeit geblieben ist. Ich würde Ihre Aufmerksamkeit dabei zunächst auf die wichtigste Voraussetzung für die jetzt auch in Mecklenburg-Vorpommern real mögliche Ausbauchance richten wollen.

Der Bund hatte über viele Jahre zwar fleißig daran mitgewirkt, Ziele für kommende Breitbandversorgung in künftigen Jahren zu bestimmen und zu definieren, er hatte jedoch eine Untersetzung dieser Ziele durch entsprechende Förderprogramme bisher vor sich hergeschoben und von sich weggeschoben. Ich erinnere mich selbst noch an spannende Konferenzteilnahmen als Chef der Staatskanzlei, in denen das mehrfach und immer wieder – seitens aller Länder im Übrigen – gegenüber dem Bund kritisiert worden ist.

Mit der nunmehr sehr konsequenten Fördermittelinitiative des Bundes sind die ganz erheblichen Aufwände, die mit dem Breitbandausbau in den Ländern und Kommunen anstehen werden, erstmals realistisch machbar. Dabei bleibt jedoch ausdrücklich zu fordern, dass sich der Bund auch über 2018 hinaus und insbesondere über die bisher in Aussicht gestellten Haushaltsmittel hinaus engagiert. Anderenfalls wird vor allem in strukturschwachen Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in unseren ostdeutschen Nachbarbundesländern der Ausbau finanziell nicht oder kaum machbar sein.

Mit der aktuellen Fördermittelbereitstellung des Bundes ist aber jetzt auch in Mecklenburg-Vorpommern erstmals realistisch ein Breitbandausbauprozess umsetzbar. Und genau auf diesen Förderbeginn warten wir deshalb und haben als Ministerium gemeinsam mit dem Breitbandkompetenzzentrum in den Kommunen in unserem Lande darauf zugearbeitet.

Da, das wissen Sie alle noch viel besser als ich, die Landeshaushaltsmittel außerordentlich knapp sind, haben wir unseren Blick vor allem darauf gerichtet, dass nach Möglichkeit mit jedem eingesetzten Landeseuro möglichst viel Bundesgeld umgesetzt werden kann. Angesichts der knappen Kassen des Landes und der Kommunen in unserem Land ist für ein eigenes, gesondertes Ausbauprogramm wenig Raum. Wir müssen vielmehr alles daran