Ich denke, auch im Namen aller Demokratinnen und Demokraten hier im Haus wünschen wir ihm von dieser Stelle aus gute Besserung.
Es betrifft die Lebenssituation von Tausenden Studentinnen und Studenten, die Rahmenbedingungen für ihr Studium. Insofern ist es ein wichtiges Gesetz.
Vorschaltend, bevor ich zu diesen Punkten komme, die Herr Minister Brodkorb hier dargelegt hat, möchte ich die
Fragen vorlegen: Welche Philosophie wird mit diesem Gesetz verfolgt? In welche Richtung, in welche Grundrichtung geht das?
Es erscheint mir deshalb wichtig, weil wir haben jetzt schon mehrere Wortbeiträge gehört, die eine Anleihe in der Geschichte der Studentenwerke genommen haben, das erscheint mir wichtig, weil die Studentenwerke nach dem Ersten Weltkrieg gegründet wurden, um aufgrund der Kriegsfolgen und der Inflation verarmten Studentinnen und Studenten die Möglichkeit zu geben zu studieren, also eine ganz klare soziale Funktion hatten. Diese Frage steht auch heute noch: Handelt es sich um Unternehmungen, sage ich mal, mit einer klaren sozialen Ausrichtung als Sozialwerk oder gehen sie eher in die Richtung eines Wirtschaftsunternehmens?
Wenn man sich die Zielstellungen, die mit dem Gesetzentwurf verbunden sind, anschaut, ist es bemerkenswert zu lesen, dass es um den Wandel zum modernen Dienstleistungsunternehmen geht, der sich, wie es der Minister sagte, schon seit Jahren vollzieht. Es geht um die Stärkung von Effizienz. Besonders hervorgehoben werden Aufgabenstellungen wie Errichtung und Bewirtschaftung von Einrichtungen der studentischen Verpflegung und des Wohnens. Das ist auch wichtig, keine Frage. Aber lediglich im Paragrafen 4, deklaratorisch im Absatz 1, findet sich eine Bezugnahme auf Förderung sozialer gesundheitlicher und kultureller Belange. Diese werden dann im Weiteren aber nicht ausgeformt. Ich halte es für symptomatisch, dass hier auch mit diesem Gesetz ein Weg beschritten wird, den ich benennen möchte als einen Weg der weiteren Ökonomisierung des gesellschaftlichen Lebens.
Nun, die Frage, die sich stellt, ist aber weniger diese gesellschaftspolitische, sondern die nach dem selbst formulierten Anspruch, der mit der Gesetzesänderung verbunden ist, und da gibt es drei, die ich näher beleuchten möchte. Mit dem Gesetzentwurf verbindet die Landesregierung den Anspruch auf Stärkung der Autonomie – wir hörten gerade etwas darüber –, zweitens die Demokratisierung der Gremien und drittens die Stärkung von Effizienz. Darauf möchte ich im Einzelnen eingehen.
Erst einmal zur Stärkung der Autonomie. Der Minister sprach davon. Der Anspruch ist ausdrücklich in der Zielstellung des Gesetzentwurfs enthalten. Tatsächlich bleibt bei diesem Gesetzentwurf von der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, wenn man den Text ganz genau liest und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, herzlich wenig. Mit einer Ausweitung der Rechtsaufsicht, die ist im Paragrafen 1 vermerkt, durch das Bildungsministerium auch auf die Fachaufsicht – im Paragrafen 15 vermerkt – entsteht ein stärkerer Zugriff durch das Bildungsministerium. Das Merkmal der Staatsdistanz für die Studentenwerke vormals oder Studierendenwerke jetzt wird schon mal beschnitten.
Im Gesetzentwurf wimmelt es von Genehmigungsvorbehalten vonseiten des Bildungsministeriums. Wo vormals Anzeigepflichten genügten, läuft heute ohne grünes Licht durch das Bildungsministerium direkt gar nichts mehr. Nicht einmal die Geschäftsführung darf durch das ach so autonome Studierendenwerk bestellt werden. Das macht das Bildungsministerium gleich selbst. Womit sich die
Frage ergibt, ob die Geschäftsführung, wenn das Bildungsministerium die Geschäftsführung selbst bestellt, also die Verträge anweist, Verträge vornimmt, Angestellte des Bildungsministeriums nimmt oder ob es sich immer noch um autonome Unternehmungen handelt.
Ich möchte etwas sagen zur Demokratisierung der Gremien der Studierendenwerke. Das ist ein Anspruch, den die SPD vor allen Dingen selbst mal formuliert hat auf ihrem Listenparteitag. 2011 gab es einen Beschluss der SPD, des SPD-Landesparteitages, der sagte, wir wollen das Studierendenwerk/Studentenwerke novellieren
und wir wollen darüber hinaus die Gremien demokratisieren. Dieser Anspruch ist auch nicht so richtig umgesetzt.
Auch mit der Demokratisierung der Gremien im Wege dieses Gesetzentwurfes ist es nicht weit her. Von dem Aufsichtsrat war ja schon die Rede. Zwar gibt es im Aufsichtsrat zwischen den studierenden und den nicht studierenden Mitgliedern eine große Parität. Darüber hat der Minister gesprochen. Was er nicht gesagt hat, ist, dass es tatsächlich so ist, dass der Kanzler als Mitglied dieses Aufsichtsratsgremiums im Falle einer Pattsituation eine Doppelstimme hat, ob er Vorsitzender des Aufsichtsrates ist oder nicht.
Wenn er das nicht ist, dann hebelt er faktisch auch die Autorität eines gewählten Vorsitzenden aus, denn üblicherweise ist es so – das wissen gerade die Wirtschaftsfachleute der CDU, denke ich, wohl ganz genau –, dass in Pattsituationen immer der Aufsichtsratsvorsitzende diese Doppelstimme hat, und zwar aus gutem Grund: Er hat nämlich die größte Legitimation in einem solchen Gremium im Wege der Wahl erhalten.
Das Bildungsministerium geht da einen anderen Weg, nämlich einen Landesbediensteten mit dieser Doppelstimme auszustatten. Warum? Also Demokratisierung …
(Peter Ritter, DIE LINKE: Vielleicht hat er das richtige Parteibuch. Man weiß es nicht. – Zuruf von Julian Barlen, SPD)
Nicht minder ominös sind die Verfahren zur Benennung. In dem Aufsichtsrat sind auch außerhochschulische Mitglieder und nicht studentische Mitglieder. Ominös ist das Verfahren, wie es dazu kommen wird.
Und im Übrigen, wo wir doch gerade bei Demokratisierung sind: So wie vormals im Verwaltungsrat soll es im neuen Aufsichtsrat auch einen Vertreter der kommunalen Ebene geben. Das ist ganz gut. Erstaunlich ist nur, dass der nicht wie vorher eine beschließende Stimme hat, sondern nur noch eine beratende Stimme. Und nicht mehr wie vorher wird derjenige gewählt durch die Bür
gerschaften, was ja demokratisch wäre, sondern die Bürgermeister benennen diese Person dann selbst, auf welchem Wege auch immer, das wird näher zu regeln sein. Ich frage mich: Was hat das noch mit einer Ausgestaltung von Demokratie oder mehr Demokratisierung zu tun?
Und nun etwas zur Stärkung der Effizienz. Das ist auch ein Punkt, der in der Zielstellung namentlich benannt ist. Also wenn, meine ich, die Effizienz stärken, dann richtig. Nunmehr ist offensichtlich im Kabinett – es gab ja vorher auch mal andere Vorlagen aus dieser Arbeitsgruppe, die Aussagen gemacht haben zu den Krediten – eine Kreditobergrenze eingezogen worden und die ist auf das Eigenkapital beschränkt. Was ist aber, wenn solch ein Studierendenwerk über nicht so viel Eigenkapital verfügt und es wie in Greifswald, nehmen wir mal so ein Beispiel, eine deutliche Herausforderung gibt, den Wohnraum für Studentinnen und Studenten zu sanieren? Dann können die ohne Weiteres keinen Kredit aufnehmen. Sie sind also finanziell weder effizient noch wirklich so handlungsfähig, wie es sein muss,
denn letztendlich läuft das darauf hinaus, Herr Liskow, dass dann diese ganze Regelung zu einer Wohnraumbremse für die Studentinnen und Studenten wird.
Nun, sehr geehrte Damen und Herren, an dem Gesetzentwurf gibt es vieles zu hinterfragen und so manches zu ändern. Das ist dem Sachgehalt des Studierendenwerkgesetzes im Entwurf geschuldet. Das ist aber auch der schlechten Erfahrung geschuldet, das will ich so sagen, dass so manches Reformvorhaben dieser Landesregierung bislang mehr oder weniger missraten ist. Ich nenne mal Kreisgebietsreform, Theaterreform, Gerichtsstrukturreform.
Diesem Gesetzesvorhaben soll es nicht so ergehen und deshalb wollen wir uns hier auch weiterhin reinknien.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Wir sehen mit großem Interesse der Anhörung entgegen und gehen auch jetzt schon davon aus, dass Änderungsanträge zum Gesetzentwurf notwendig sein werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Studentenwerksgesetz bedarf einer Novellierung, einer Änderung, die in der Begründung durch das Ministerium als von „grundsätzlicher und wesentlicher Natur“ klassifiziert
wurde. Dass hiermit nicht nur der alleinige Wechsel des Namens in nunmehr „Studierendengesetz“ gemeint ist, versteht sich daher von selbst.
In der Informatik heißt es: Never change a running system. Was aber, wenn das System nicht mehr gut läuft oder überhaupt nicht läuft? Dann ist die Zeit gekommen, um es anzupassen. Es hat sich gezeigt, dass das Gesetz, das in seinen Grundzügen Anfang der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts entstand, nicht mehr zeitgemäß war und damit nicht mehr sachgerecht angewendet werden konnte.
Da Herr Minister Brodkorb bereits ausführlich zum Thema Stellung genommen hat, möchte ich in meinen Ausführungen nur noch auf einige für mich wesentliche Schwerpunkte der Gesetzesänderung eingehen.
Zunächst war es erforderlich, die Aufsichtsgremien der Studierendenwerke zu straffen. Als Anstalten des öffentlichen Rechts, die unter anderem mit staatlichen Zuschüssen finanziert werden, unterliegen Studierendenwerke besonderen Kontrollerfordernissen. Aktuell werden die Geschäftsführungen der beiden Studentenwerke jeweils durch einen Verwaltungsrat und einen Vorstand kontrolliert. Eine scharfe Trennung der Aufgabenbereiche beider Gremien ist dabei nicht immer möglich gewesen. Künftig soll es nur noch ein Gremium geben.
Der Aufsichtsrat wird die Aufgaben der beiden bisherigen Kontrollorgane übernehmen. Dadurch wird er über starke Aufsichts-, Steuerungs- und Überwachungskompetenzen verfügen. Die Kontrolle erfolgt dann aus einer Hand, was sie effektiver machen wird. Künftig sollen zudem externe Expertinnen und Experten in den Aufsichtsrat berufen werden. Diese tragen mit ihren Kenntnissen zur Professionalisierung der Arbeit innerhalb des künftigen Aufsichtsrates bei. Auch die anderen Aufsichtsratsmitglieder können von dem so eingebrachten Wissen profitieren und die Kontrolle kann insgesamt effektiver gestaltet werden.
Wichtig gerade für unsere Fraktion ist, dass die Studierenden künftig die Hälfte der stimmberechtigten Sitze im Aufsichtsrat besetzen sollen. Durch die sogenannte große Parität erhalten die Studierenden als direkt von der Arbeit der Studierendenwerke Betroffene ein starkes Mitspracherecht und es wird dadurch größere Einflussnahme möglich. Durch diese Regelung kann jede Hochschule mindestens eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Aufsichtsrat senden. Im Übrigen möchte ich hierbei als besonders begrüßenswert erwähnen, dass bei der Wahl zum Vorsitz im Zuge der Gendergerechtigkeit auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen geachtet werden soll.
Neben den Änderungen der Organe des Studierendenwerksgesetzes, die ich soeben aufzählte, wurden auch die Aufgaben der Anstalt des öffentlichen Rechts erweitert. Eingang ins Gesetz fand die besondere Berücksichtigung der Studierenden mit Behinderungen, von ausländischen Studierenden, Studierenden mit Migrationshintergrund sowie Studierenden mit Kindern. So können Studierendenwerke nun laut diesem Gesetz spezifiziert Träger von Kindertagesstätten nach dem KiföG sein, denn insbesondere Studierendenwerke können im Zusammenwirken mit den Hochschulen natürlich den besonderen Betreuungsbedürfnissen von Studierenden und Hochschulmitarbeitern mit Kindern gerecht werden. Greifswald geht mit gutem
Beispiel voran und ich hoffe, dass andere Studierendenwerke von dieser Möglichkeit ebenso Gebrauch machen werden.