Protocol of the Session on July 1, 2015

Warum ist das so? Bisher wurden alle Keimbelastungen von den Laboren an die Gesundheitsämter gemeldet. Das soll nach dem Gesetzentwurf für Borreliose und Tetanus, also Nummer 1 und Nummer 3, aufgehoben werden. In diesen Fällen sollen lediglich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Erkrankung und den Tod melden. Diese zusätzliche Aufgabe kann bei Ärzten, wie wir meinen, zu Irritationen führen. Möglicherweise melden sie nicht mehr alle Fälle oder nicht aktuell an das Gesundheitsamt. Das war zumindest ein ernst zu nehmender Einwand der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst im Rahmen der Anhörung, den wir berücksichtigen sollten.

Wir schlagen Ihnen deshalb vor, die Verantwortung für die Meldung aller Keime, also auch bei Borreliose und Tetanus, bei den Laboren und den anderen im Infektionsschutzgesetz benannten Leitungspersonen zu belassen. Ein entsprechender Änderungsantrag liegt vor. Mit ihm wollen wir die Verkopplung von Erkrankungsmeldung und Todesmeldung aufheben und auf diese Weise Zuständigkeiten definieren. Für Erkrankungsmeldungen

wären unserem Vorschlag zufolge die Labore und für Todesmeldungen die Ärztinnen und Ärzte zuständig.

Sehr geehrte Damen und Herren, nach Meinung der Linksfraktion sind der Infektionsschutz und die Tatsache, dass immer mehr Keime gegen Antibiotika resistent werden, sehr komplex. Das reicht von nationalen Hygieneregeln und deren Kontrolle über den Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion – deswegen wahrscheinlich auch die Bemerkung des Landwirtschaftsministers –

(Minister Dr. Till Backhaus: Verbraucherschutz! Verbraucherschutz!)

bis zum internationalen Tourismus.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist aber Land- wirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz.)

Und Verbraucherschutz – das will ich gerne mit ergänzen. In dieser Eigenschaft war also auch dieser Zwischenruf.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das haben die GRÜNEN aber noch nicht verstanden.)

Die Bundesregierung beginnt, diese Komplexität zu erfassen.

Dass sich die „große“ Politik des Themas annimmt, entlastet Mecklenburg-Vorpommern keineswegs von der Verantwortung. Viele Sachverständige betonten in der Anhörung, dass wir beim Infektionsschutz vor allem ein Kontroll- und Umsetzungsproblem haben. Es gibt zahlreiche Leitlinien für die Behandlung von Krankheiten. Ihre Anwendung ist aber nicht verpflichtend. In den Krankenhäusern Mecklenburg-Vorpommerns gibt es vielfach kein Antibiotikamanagement. Der Verbrauch wird einfach nicht erfasst.

Auch die Erfassung von Antibiotikaresistenzen ist unvollständig. Hierzu muss man wissen, dass es mehr resistente Keime gibt, als nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig sind. Die GRÜNEN haben ja diesbezüglich auch einen Antrag eingebracht, den wir unterstützen werden, so, wie wir es im Ausschuss auch schon getan haben.

Auch die Resistenzlage wird nicht in allen Krankenhäusern in Mecklenburg-Vorpommern bewertet und die Beratung durch Fachleute, wie Mikrobiologen, wird nicht ausreichend in Anspruch genommen. All das waren kritische Aussagen im Rahmen der Anhörung.

Für die bisherige Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern spricht auch nicht, dass nur 16 Krankenhäuser an der „Aktion Saubere Hände“ teilnehmen. Das ist eine nationale Kampagne zur Verbesserung der Compliance der Händedesinfektion in deutschen Gesundheitseinrichtungen. Sie wurde im Jahr 2008 durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Aktionsbündnis Patientensicherheit und die Gesellschaft für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen ins Leben gerufen.

Die Gesundheitsämter sind in Mecklenburg-Vorpommern personell chronisch unterbesetzt. Sie können die Aufgaben zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes zu ihrem eigenen Leidwesen mit dem vorhandenen Personal vielfach weder qualitativ noch quantitativ sachgerecht bearbeiten. Hierfür brauchen sie zum einen endlich die Besetzung der offenen Personalstellen und zum anderen

auch die notwendigen Schulungen, um die Aufgaben im Infektionsschutz lösen zu können.

Der vorgelegte Gesetzentwurf hätte also qualifiziert werden können. Dazu gab es die Anhörung der Sachverständigen und eine Informationsfahrt des Sozialausschusses in die Euroregion Maas-Rhein zur grenzüberschreitenden medizinischen Versorgung, die interessante Ansätze – wie mir gesagt wurde – zur Infektionsvermeidung und -bekämpfung vermittelte. Diese hätten in die Neuauflage des Infektionsschutzausführungsgesetzes einfließen können.

Die Abgeordneten der Linksfraktion haben im Sozialausschuss vorgeschlagen, die Erkenntnisse der Ausschussfahrt aufzubereiten und sie in den Gesetzentwurf einzuarbeiten.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, hätte gutgetan.)

Das hätte den vorliegenden Gesetzentwurf verbessern können.

(Julian Barlen, SPD: Das stimmt nicht.)

Von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen wurde ein solches Vorgehen strikt abgelehnt. Es hieß, erst erlassen wir das neue Infektionsschutzausführungsgesetz

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was ist das denn?)

und dann können wir die Ergebnisse der Informationsfahrt auswerten. Für uns ist das eine unnötige Eile zulasten der Qualität dieses Gesetzesvorhabens. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Schubert.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf wird das seit dem Jahre 2006 bestehende Infektionsschutzausführungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern novelliert. Es hat sich über all die Jahre grundsätzlich bewährt und hätte auch weiter Bestand gehabt, wenn nicht durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes auf Bundesebene eine Anpassung des Infektionsschutzausführungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern notwendig gewesen wäre.

Ich möchte zunächst all den Sachverständigen meinen Dank aussprechen, die uns im Rahmen der Anhörung mit ihrem Wissen und berufspraktischem Erfahrungsaustausch bei der Erörterung des Gesetzentwurfes geholfen haben.

Dass das Thema eine hohe Bedeutung hat, hat auch die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel bemerkt,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, hat sie das bemerkt?)

indem sie das Thema beim G7-Treffen auf die Tagesordnung gesetzt hat. Da ging es aber natürlich um das Bundesinfektions…

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Um was?)

Wir haben uns auch in anderen Ländern über den Infektionsschutz informiert und interessante Ansätze kennengelernt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, wenn wir die Angela nicht hätten!)

Aber auch in Deutschland steht der Infektionsschutz hoch im Kurs. Dies zeigen uns Maßnahmen auf Bundesebene. Das Bundesministerium für Gesundheit hat neben dem Infektionsschutzgesetz als gesetzliche Regelung auf Bundesebene eine Strategie zur Erkennung, Prävention und Kontrolle von Antibiotikaresistenzen, die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie, entwickelt. Die DART ent- hält umfassende Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen in Deutschland. Derzeit wird die DART weiterentwickelt und an aktuelle Entwicklungen angepasst.

(Julian Barlen, SPD: Ja, besser wäre das.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir in Mecklenburg-Vorpommern waren auch tätig und das Infektionsschutzausführungsgesetz wurde angepasst. Hierzu wurde ausgiebig mit Experten diskutiert und am Ende wurden wichtige Änderungen, die dem Infektionsschutzgesetz des Bundes entsprechen, getätigt. Die Neufassung verbessert den Infektionsschutz

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine Verschlechterung wäre ja nicht gut, ne?)

und bringt das damit verbundene Meldesystem in Mecklenburg-Vorpommern auf den neuesten Stand.

Die Novellierung des Gesetzes betrifft insbesondere folgende Bereiche: „§ 1, Erweiterung der Meldepflicht“, und da die Punkte: „Die Pflicht zur namentlichen Meldung … wird erweitert“. Zu meldende Varizellen, Varizellen-ZosterViren entfallen, da im Infektionsschutzgesetz eine namentliche Meldepflicht festgeschrieben ist. Die Meldepflicht wird im Absatz 3 entsprechend des Infektionsschutzgesetzes angepasst.

In Paragraf 2 werden entsprechend der Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes Änderungen zum Infektionsschutzgesetz, die Neufassung der Trinkwasserordnung und Ergänzungen im Bereich der Kriegsopferfürsorge notwendig.

Die CDU sieht die Änderungen als richtig und notwendig an. Dabei wurde sich auch an den Anzuhörenden orientiert,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn Sie das mal so machen würden!)

denn die Anzuhörenden – im Gegensatz zu Herrn Koplin – fanden das Gesetz allgemein gut und begrüßten die Gesetzesinitiative.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da wurden aber noch Vorschläge zur Erweiterung gemacht.)

Ich zitiere da zum Beispiel die Kommunale Krankenhausgesellschaft M-V und den Verband der Ärzte.

Die Änderungsanträge von den GRÜNEN und von den LINKEN haben wir im Ausschuss abgelehnt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja leider. Und warum? – Peter Ritter, DIE LINKE: Können Sie noch mal begründen, warum?)

Wie mein Kollege Barlen im Ausschuss schon sagte,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Können Sie noch mal begründen, warum, Herr Schubert? Aus grundsätzlichen Gründen oder fachlichen?)

stehen Ihre Änderungswünsche den Änderungsanträgen des Bundesgesetzes entgegen.