Sachliche Aufklärung allein kann die Basis für eine breite Akzeptanz sein. Allerdings stören selbst die von mir genannten Fakten offensichtlich, wenn man die Spendenbereitschaft einiger Uninformierter erreichen will. Ob nun Wolfspate für 15 Euro im Monat beim NABU oder Schutzengel für den Wolf beim WWF, wem das zu viel ist, der kann ein Wolfs-T-Shirt oder Kaffeetassen oder auch nur Sticker erwerben. Mit dem Wolf lässt sich offensichtlich gutes Geld verdienen beziehungsweise Beschäftigung generieren. Hier erwarte ich deutlich mehr, was eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema angeht.
Sehr geehrte Damen und Herren, für meine Fraktion steht fest, dass die Diskussion über die Wiederansiedlung des Wolfes in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Deutschland versachlicht werden muss. Wir sind dafür, den Schutzstatus des Wolfes zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen, um einen praxistauglichen Umgang zu ermöglichen. Hierfür wäre als Erstes festzulegen, wann die Wolfspopulation den günstigen Erhaltungszustand nach den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie erreicht hat, und bei Erreichen dieser Zielvorgabe die Art in den Anhang V aufzunehmen und dann einen praxistauglichen Umgang zur Abwehr von Schäden und Gefahren zu ermöglichen.
Zeitgleich müssen der Wolfsmanagementplan unseres Landes jährlich fortgeschrieben und die Bestandsentwicklung evaluiert werden. Darüber hinaus ist ein bundesweit, besser noch europaweit einheitliches und abgestimmtes Wolfsmanagement erforderlich. Zudem stehen für meine Fraktion nach wie vor die Menschen im Mittelpunkt des politischen Handelns. Der Schutz oder die Wiedereinbürgerung von Arten ist zu begrüßen, darf aber nicht zu über die Sozialpflichtigkeit von Eigentum hinausgehenden Belastungen für Einzelne führen. Nutzungseinschränkungen und Ertragsausfälle, die aus gesamtgesellschaftlichen Vorgaben resultieren, sind auch durch die Gesamtgesellschaft zu tragen, und zwar schnell, unbürokratisch und umfassend. Nur so können wir die Akzeptanz für den Natur- und Artenschutz nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern stärken.
Ich freue mich nun, und das hat sich ja schon angekündigt, auf eine interessante und durchaus kontroverse Debatte.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Bitte, Herr Dr. Backhaus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst bin ich dankbar, dass wir das Thema heute hier auf der Tagesordnung haben, denn in den letzten Wochen und Monaten ist sehr viel versucht worden, in die Diskussion hineinzulegen. Auf der anderen Seite, glaube ich, brauchen wir eine Versachlichung dieses Themas insgesamt.
Ja, der Wolf ist wieder da und er ist auch willkommen. Wir haben ihn nicht angesiedelt, sondern er ist wieder eingewandert. Manche sprechen davon, es sei ein großer Erfolg, die anderen äußern Skepsis und es gibt viele, viele Menschen in Deutschland, die sagen, ja, das ist ein Beweis für eine intakte Natur und Landschaft.
Und da muss ich schon sagen, bei allem Wohlwollen, natürlich ist Mecklenburg-Vorpommern eines, vielleicht das schönste – für mich jedenfalls klar das schönste – Bundesland.
Aber wir haben selbstverständlich große Areale, insbesondere der Truppenübungsplätze. Vor 25 Jahren, das ist heute gesagt worden, ist die D-Mark eingeführt worden. Vor 25 Jahren haben wir auch dafür gesorgt, dass die Großschutzgebiete entwickelt worden sind, und vor 25 Jahren sind die Entscheidungen getroffen worden, dass wir Militärgroßplätze nicht mehr haben wollen.
Dass es eine Frage der Zeit war, dass irgendwann Wölfe wieder zurückkommen werden, war allen, die sich ein bisschen mit Landschaft, Natur und Artenvielfalt auskennen, eine klare Ansage.
Dass man nun versucht, auch so ein bisschen das Sommerloch auszunutzen und in den nächsten Wochen und Monaten das Gespenst des bösen Wolfes und Rot- käppchens zu bedienen, das habe ich jetzt nicht herausgehört –
(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber so ein bisschen drauf spekuliert haben wir schon! – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)
(Jörg Heydorn, SPD: Ich möchte jetzt hier zu Versachlichung beitragen! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
Und, Frau Schlupp, ja, ich will das auch sagen, ich habe mit dem von mir hochgeschätzten – im Übrigen mittlerweile Bundesvorsitzenden – Jürgen Lückhoff auf der Grünen Woche besprochen, dass wir für die Agrarministerkonferenz in diesem Jahr einen Antrag vorbereiten in Mecklenburg-Vorpommern, der genau die Punkte, Frau Schlupp, die Sie angesprochen haben, enthält, nämlich günstiger Erhaltungszustand, Managementplan für Gesamtdeutschland, Monitoring Wolf erweitern auf Gesamtdeutschland und auch Obergrenzen, in Klammern: Wie ist das verträglich zu gestalten?
Das können Sie nur begrüßen. Das finde ich interessant. Das Problem war nur, die grün-geführten Bundesländer – in Klammern: die Ministerien – und auch die CDUgeführten Länder haben dem nicht zugestimmt. Also Wort und Tat liegen da manchmal ein bisschen auseinander.
(Vincent Kokert, CDU: Können Sie das mal namentlich nach Ländern aufschlüsseln, damit wir uns da erkundigen können, ob das auch stimmt?!)
Das können wir. Sachsen hat dem nicht zugestimmt, wobei ich ansonsten mit den Sachsen sehr gut zusammenarbeite. Aber darauf komme ich vielleicht noch mal.
Ja, das Jagdrecht hilft uns hier überhaupt nicht weiter. Das wissen Sie auch ganz genau, Herr Kokert.
(Jörg Heydorn, SPD: Das weiß Herr Kokert nicht. Der fummelt auch nur ein bisschen rum und hat keine Ahnung!)
Das wissen wir doch als Jäger, die auch eine hohe Verantwortung haben in dieser Frage. Zu Recht lehnen die Jäger in Mecklenburg-Vorpommern – Herr Heydorn ist auch Jäger, ich auch, ich habe die Prüfung erfolgreich abgelegt – …
Ich nehme zur Kenntnis, dass die Jäger – die Jäger, Herr Jaeger! – ausdrücklich die Aufnahme in das Jagdrecht nicht wünschen, weil dann vollkommen klar ist, dass sie für die Hege, die Pflege und all das, was an Schäden entsteht, Frau Schlupp, voll aufzukommen haben. Deswegen kann ich nur davor warnen, dieses Thema auf die Spitze zu treiben.
(Vincent Kokert, CDU: Oh, da schüttelt es mich richtig. Dann wissen Sie auch, dass das nicht richtig ist.)
im Übrigen haben wir heute Morgen aus dem sächsischen Landwirtschaftsministerium noch mal einen Vermerk abgerufen. Was hat die Aufnahme ins Jagdrecht gebracht? Null Komma nichts, gar nichts.
Mir hat das Ministerium erklärt, dass es bis heute keine Hinweise gegeben hat, von der Tötungsnotwendigkeit Gebrauch zu machen.
Auch das will ich sagen: Wir haben zum Teil eine Diskussion von Bildern, das ist so ein bisschen bedient worden, von zerfleischten Schafen oder von Zähne fletschenden Bestien in Internetvideos. All das hat auch die Angst natürlich der Menschen weiter befeuert