Natürlich, ich bin mit Leib und Seele ein Mensch, der in der Landwirtschaft groß geworden ist und auch Tiere hat, immer noch. Jeder, der ein Tier verliert und damit anständig umgegangen ist, für den ist das schwierig. Aber sich hier hinzustellen und pauschal ein einzelnes Geschöpf zu verdammen, das halte ich nicht für das Gebot der Stunde.
Seit dem Jahr 2000 ist klar, dass wir in MecklenburgVorpommern wieder wild lebende – wild lebende! – Wölfe haben.
Im Übrigen, Herr Kokert, wenn Sie das gerne hören wollen: Es wird auch die Mär durchs Land getrieben, so nach dem Motto: Die sind ausgesetzt worden, die stammen gar nicht aus Wildpopulationen.
(Vincent Kokert, CDU: Wer behauptet das? – Jörg Heydorn, SPD: Da komme ich gleich drauf, Herr Kokert)
Das ist nicht bewiesen. Das ist von verschiedenen Leuten, auch aus Ihren Richtungen, immer wieder angedeutet worden.
(Vincent Kokert, CDU: Geht das auch spezieller? – Zurufe von Jörg Heydorn, SPD, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ja, ja, ja, ja, jetzt bleiben Sie mal ganz locker und ganz ruhig! Ich will Ihnen die Fakten, die wir kennen, an die Hand geben. Das ist, denke ich, meine Pflicht und Schuldigkeit, auch als derjenige, der für dies Ressort zuständig ist.
Gegenwärtig leben in Deutschland 30 Wolfsrudel – das wissen wir –, davon in Sachsen 10, in Brandenburg 8, in Sachsen-Anhalt 5, in Niedersachsen 5 und in Mecklenburg-Vorpommern 2. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Mindestens vier Wolfspaare und mindestens fünf territoriale Einzelwölfe sind in Mecklenburg-Vorpommern bekannt, die aber bis heute keine Nachkommen entwickelt haben. Es liegen im Übrigen auch keine Hinweise
vor, dass es sich bei den Wölfen in Deutschland um Wölfe handelt, die ausgesetzt worden seien oder aus nicht wild lebenden Populationen stammen sollen.
Wir haben genetische Fingerabdrücke von den Wölfen, die hier sind, und wir wissen, aus welchen Populationen sie stammen.
In Mecklenburg-Vorpommern ist auch klar, dass im Jahr 2006 die ersten Wölfe sesshaft geworden sind und dass es eine Zielorientierung im Bereich des Artenschutzes gibt – das Washingtoner Abkommen ist angedeutet worden –, die mit dem höchsten Status des deutschen Naturartenschutzrechtes und Umweltrechtes ausgestattet ist. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis. Alles andere, was man sonst hier sagt, wäre unseriös, und das wissen Sie auch ganz genau.
Seit Ende des Jahres 2013 gab es Hinweise zur Verpaarung in der Lübtheener Heide, das ist hier angedeutet worden. Ja, wir wissen, dass in der Lübtheener Heide fünf Welpen geboren worden sind, und wir wissen, dass in der Ueckermünder Heide vier Welpen geboren worden sind. Wir wissen zurzeit nicht, ob in diesem Jahr Welpen geboren sind und damit eine weitere Entwicklung der Population stattfindet.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist auch klar, dass wir damit eine Entwicklung einer Population haben, die wir ernst nehmen müssen. Tatsächlich ist es so. Die Aussagen, die Frau Schlupp hier getroffen hat, die Chance, einen Wolf aus der Wildpopulation zu Gesicht zu bekommen, wird zurzeit in Mecklenburg-Vor- pommern nach wie vor sehr gering sein. Die Frage können Sie beantworten, ob Sie in der Wildpopulation schon einen Wolf gesehen haben. Ich gehe davon aus, Sie nicht, ich ja.
Dennoch, ich sage es noch mal: Man muss die Ängste, die Sorgen der Menschen ernst nehmen, und genau das machen wir auch, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich bin das Thema strategisch angegangen. Wir haben 2010, darüber mag jeder lachen, 2010 haben wir mit den betroffenen Verbänden, denen ich dankbar bin, nämlich mit den Umweltverbänden, dem Landesjagdverband – einmalig in Deutschland – und der Wissenschaft, mit der Fachrichtung der Freien Universität Dresden in Tharandt, eine Kooperation geschlossen mit dem Ziel, alle Vertreter an einen Tisch zu nehmen, einen Managementplan zu entwickeln und letzten Endes damit ein möglichst konfliktfreies Miteinander von Mensch und Wolf in unserer Kulturlandschaft herzustellen.
Wir haben, auch das ist mir ziemlich wichtig, mittlerweile mehr als 50 Wolfsmanager ausgebildet. Vielleicht ist Ihnen das gar nicht bekannt. Wir haben jetzt für alle 29 Forstämter noch mal zusätzlich 29 ausgebildet, das heißt, wir haben mittlerweile in diesem Land weit verzweigt ein Netz für das Wolfsmanagement, das sofort zur Stelle ist, wenn es Sorgen und Probleme gibt, darunter viele Jäger. Ich bin der Jägerschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern außerordentlich dankbar für das Engagement in diesem
Bereich. Im Übrigen, und das ist mir wichtig, dokumentieren wir sehr genau, wo sich Wölfe aufhalten und mit welchen Maßnahmen wir dort weiter vorgehen.
Meine Erwartung ist: Wer Nutztiere hält, hat diese vernünftig zu betreuen. In den Wolfseinzugsgebieten fördern wir mit immerhin doch erheblichen Mitteln – mit 75 bis 80 Prozent der Investitionskosten – die landwirtschaftlichen Unternehmen, um damit Sicherheit für die Tierhalter zu geben. Ja, wir haben auch sieben Rissgutachter, die sofort in der Lage sind, in Mecklenburg-Vorpommern sich des Themas anzunehmen und nachweislich zu prüfen, ob das wirklich der Wolf war oder ob es Hunde waren.
ich habe das mal auf der Landesjägerkonferenz gesagt, es gab allein in Nordrhein-Westfalen im letzten Jahr wieder 500 Verletzte bis zu Toten, die durch Hunde entstanden sind.
In Mecklenburg-Vorpommern haben wir zurzeit nicht diese Probleme. Im Übrigen gibt es eine klare Meldekette, auch das will ich hier noch mal unterstreichen. Es wird sichergestellt, dass bei Verdachtsfällen sofort gehandelt wird und letzten Endes natürlich auch die Ausgleichszahlungen bereitgestellt werden.
Ja, wir haben seit 2007 in Mecklenburg-Vorpommern 154 Tiere verloren. Das ist traurig, das ist schlimm, gar keine Frage. Aber noch mal der Appell an die Landwirtschaft selber: Ob klein oder groß, sie haben dafür Sorge zu tragen, dass in den Wolfseinzugsgebieten die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden. Es sind auch 46 Tiere verletzt worden. Die Schadenssumme, auch die will ich gar nicht verhehlen, beläuft sich bei den Tierbeständen auf immerhin 35.000 Euro. Ich sage noch mal: Wir zahlen diesen Schaden, wenn die Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt worden sind, und wir helfen den Tierhaltern beim Herdenschutz immerhin noch mal mit 75 Prozent. Für entsprechende Präventionsmaßnahmen wurden immerhin, und da danke ich der Landwirtschaft ausdrücklich, 100.000 Euro mittlerweile abgerufen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein wichtiges Thema ist nach wie vor die Aufklärungsarbeit. Es wurden uns Faltblätter und Informationen übers Internet, aber auch in die entsprechenden Einrichtungen gegeben. Ich glaube, dass es gut ist, dass wir immer wieder informieren und auch mit den Verbänden hier sehr eng zusammenarbeiten. Ich betone noch mal, insbesondere die Schaf- und Ziegenhalter sind für mich ein wichtiger Partner. Ich glaube auch, dass wir fürs Erste – fürs Erste – in Mecklenburg-Vorpommern gut aufgestellt sind. Im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands gibt es hier Kompromissfähigkeit und wir sind auch im Konsens – im Wesentlichen. Ich glaube auch, dass der Antrag präzise zusammenfasst, dass jemand die Debatte führen muss, und wir müssen sie weiter versachlichen. Wir müssen sie weiter versachlichen!
Ich versichere Ihnen ausdrücklich noch mal, dass wir davon ausgehen, dass Mecklenburg-Vorpommern weite
re Wölfe aufnehmen wird. Es ist klar, dass in der Regel von gesunden Wölfen keine Gefahr ausgeht. In der Kulturlandschaft bewegt sich der Wolf anders als in einer unbesiedelten Wildnis. Wer spricht darüber, dass heute die Wildschweine am Strand oder auch in den Siedlungsgebieten vorhanden sind? Auch darüber könnten wir eine Debatte führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will abschließend noch mal ausdrücklich betonen: Alleingänge helfen uns überhaupt nicht weiter. Das ist für mich Populismus.
Zum Schluss ein paar kurze Anmerkungen im Zusammenhang mit dem Wolf, Aufnahme ins Jagdrecht. Ich betone hier noch mal: Es ist bekannt, dass ich eine landesrechtliche Regelung ablehne. Im Übrigen gab es die mal. Die ist rausgenommen worden, weil angeblich versehentlich ein niedersächsischer Jäger im Jahr 2006 einen Wolf auf einer Drückjagd in Mecklenburg-Vorpom- mern erlegt hat. Der ist den Jagdschein losgeworden und damit ist auch der Wolf aus dem Jagdrecht gestrichen worden. Das wurde ganz bewusst gemacht. Er steht jetzt dauerhaft unter Schutz.
Aber dennoch ist es so, dass es für den Abschuss des Wolfes, und davon werde ich auch Gebrauch machen, wenn einer auffällig wird, das habe ich immer wieder gesagt und das sage ich hier und heute auch öffentlich …
Ja, mich interessiert nicht, was in Niedersachsen therapiert wird oder wo auch immer. Für mich gibt es die klare Ansage, dass, wenn es auffällige Wölfe geben sollte, die Ausnahmezulassung der zuständigen Naturschutzbehörde vom Tötungsverbot gemäß Paragraf 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes selbstverständlich möglich ist. Das wissen Sie auch. Das gilt im Übrigen für den Biber genauso oder für andere unter hohem Schutzstatus stehende Tierarten. Und die Einzelerlaubnis, also die Anordnung der zuständigen Jagdbehörde nach Paragraf 27 Absatz 1 des Bundesjagdverkehrsgesetzes, gilt auch.
Die Ausnahme vom Tötungsverbot unterliegt strengen Voraussetzungen, unter anderem natürlich den erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen und Schäden oder, ganz klar, dem Interesse der Gesundheit und selbstverständlich auch dem im überwiegenden öffentlichen Interesse stehenden Grundprinzip. Das gilt für mich. Und für mich gilt auch, dass Ausnahmen schließlich nur zugelassen werden, wenn es zumutbare Alternativen gibt. Das heißt, es muss dafür gesorgt werden, dass der Wolf keine Ansatzpunkte findet, um gegebenenfalls in Nutztierbestände einzudringen. Wenn das passiert oder auch andere Auffälligkeiten entstehen, werden wir handeln. Bei uns gibt es ein diensthabendes System rund um die Uhr. Im Übrigen haben wir dort Ausbildungen vorgenommen, sodass eine ordnungsgemäße Begleitung von auffälligen Tieren stattfinden wird. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern – Debatte versachlichen“, der Titel des Antrages, für den die CDU-Fraktion wahrscheinlich federführend verantwortlich zeichnet, klingt erst einmal gut.
Meine Fraktion hat ein großes Interesse daran, die Diskussion zu versachlichen, und das insgesamt, aber natürlich auch für das hierzulande größte Raubtier in freier Natur. Allerdings hatten wir nicht immer den Eindruck, dass das auch andere Fraktionen oder Einzelpersonen in diesem Hause so sehen.