Protocol of the Session on July 1, 2015

Ja, bitte.

Die auch von Minister Dr. Backhaus in der Vergangenheit angeführte Pflicht, dann entstehende Wildschäden aus

gleichen zu müssen, wäre in Anbetracht der weiterhin ganzjährigen Unterschutzstellung obsolet. Allerdings häufen sich die Fälle von verunfallten Wölfen. Außer in Sachsen ist der Revierinhaber nicht befugt, den Wolf eigenmächtig von seinem Leiden zu erlösen. In Brandenburg ist ein Fall dokumentiert, wo eine schwerverletzte Wölfin erst nach stundenlangem Martyrium durch einen dazu Befugten erlöst wurde. Es gibt also gute Gründe, auch das Thema „Aufnahme ins Jagdrecht“ nicht in Bausch und Bogen zu verdammen, sondern darüber zu diskutieren.

Weiterhin erhitzt der Umgang mit sogenannten Problemwölfen die Gemüter. Dabei wird zunehmend die Frage gestellt, ob es sich tatsächlich um einzelne Exemplare handelt oder der Wolf nach und nach seine Scheu vor dem Menschen verliert. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht über entsprechende Begegnungen berichtet wird.

Im November des vergangenen Jahres fällt ein Wolf am helllichten Tag den Hund eines Försters in der Uckermark an. Der Förster hat erhebliche Probleme, seinen Hund zu schützen und den Wolf zu vertreiben.

In der Lüneburger Heide wird im Februar dieses Jahres eine Frau beim Ausführen zweier Hunde von einem siebenköpfigen Wolfsrudel verfolgt. Die Wölfe nähern sich dabei auf bis zu zehn Meter. Trotz lauten Schreiens machen die Wölfe keine Anzeichen, die Flucht zu ergreifen.

Bei Uelzen beobachtet ein Bauer aus dem Traktor, wie fünf Wölfe auf ihn zukommen. Weder das laute Knattern des Motors noch die Nähe des Menschen beeindruckt die Tiere. Sie umkreisen den Traktor in geringem Abstand.

Im März spaziert ein Wolf in Wildeshausen mitten durch ein Wohngebiet.

In Niedersachsen wird ein Wolf in der Nähe eines Kindergartens und einer Schule gesichtet.

Bei Peine wird der angeleinte Husky einer Spaziergängerin von einem Wolf angefallen und erheblich verletzt.

Nicht zuletzt wird ein Jäger aus Lüneburg nach dem Abbaumen vom Hochsitz direkt von einem Wolf angegriffen. Der Jäger beschreibt die Situation wie folgt, ich zitiere: „Er kam sofort auf mich zu! Aber nicht, um an mir vorbeizulaufen, sondern um anzugreifen! Er war wie ein Schäferhund, der auf einen Beissarm losgeht.“ Zitatende.

(Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD: Vielleicht war es ja ein Schäferhund.)

Jüngstes Beispiel ist der Bericht von zwei Jungen im Alter von sechs und dreizehn Jahren, die bei Breloh von einem Wolf über einen Kilometer verfolgt worden seien, der sich erst kurz vor der Haustür zurückgezogen habe.

Angesichts dieser Beispiele ist es verständlich, dass die Zweifel an der viel beschworenen Scheu der Wölfe lauter werden.

(Manfred Dachner, SPD: Da muss dann jetzt bloß noch Rotkäppchen kommen.)

Interessant …

Ich würde sagen, das war jetzt auch wieder ein supersachlicher Beitrag.

(Patrick Dahlemann, SPD: Nein, der war historisch. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Zitat aus der „Zeit“, das ich sehr mag und das diesen Konflikt, wie ich finde, sehr treffend beschreibt. Ich zitiere: „Aufschlussreich ist, wie sich die Rhetorik deutscher Naturschützer verändert hat. Ein Wolf tut den Menschen nichts. Das war lange Zeit eine unumstößliche Gewissheit. Dann hieß es: Ein Wolf ist in der Regel harmlos – vorausgesetzt, er ist gesund. Dann: Der gesunde Wolf ist in der Regel harmlos, solange er nicht hungrig ist. Dann: Der gesunde und nicht hungrige Wolf, der sich von Siedlungen fernhält, ist in der Regel harmlos. Schließlich: …“

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wo haben Sie denn das gelesen mit dem „hungrigen Wolf“?)

Ich zitiere aus der „Zeit“, Frau Dr. Karlowski.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Möglicherweise möchten Sie gerne die Quellenangabe haben. Ich bin gerne bereit, am Ende meiner Rede diese an Sie weiterzuleiten.

(Vincent Kokert, CDU: Wir schicken alle Problemwölfe zu Frau Dr. Karlowski zur Therapie. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Es tut mir jetzt leid, ich habe das Zitat noch nicht beendet. Aber wenn die Aufmerksamkeit wieder dem Zitat zugewendet werden könnte,

(Vincent Kokert, CDU: Die grüne Staatssekretärin in Niedersachsen therapiert ja die Problemwölfe.)

würde ich fortsetzen wollen, denn dieses Zitat endet: „Schließlich: In absoluten Ausnahmefällen, wenn ein Wolf sich auffällig gegenüber Menschen verhält, obwohl er gesund und nicht hungrig ist, darf er vertrieben werden.“ Zitatende.

(Vincent Kokert, CDU: Oh, wie denn?)

Vielleicht aber auch: Fortsetzung folgt.

(Vincent Kokert, CDU: Mit Rasseln und Klappern, oder wie?)

Nun mag man mir, angesichts der Tatsache,

(Vincent Kokert, CDU: Mit Stuhlkreisen.)

dass ich diesen Beispielen überproportional Raum gegeben habe, unterstellen …

(Jörg Heydorn, SPD: An Ihrer Stelle würde ich in den fünften Stock ziehen, Frau Schlupp, aber schnell! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Also, Herr Heydorn, ich mag das jetzt wirklich nicht mehr kommentieren,

(Jörg Heydorn, SPD: Müssen Sie auch nicht.)

weil wie wollen wir draußen irgendjemandem erklären, dass es wichtig ist für die Akzeptanz, dass wir eine sachliche Debatte führen

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

und uns gegenseitig ernst nehmen, und dann hier im Parlament ein, ich würde mal sagen, Kasperletheater veranstalten.

(Zurufe von Jörg Heydorn, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Wenn Sie mir weiter zugehört hätten, Herr Heydorn, und ein bisschen Geduld bewahrt hätten, dann hätte ich auch dazu was gesagt.

Frau Schlupp, einen Moment bitte.

Herr Heydorn, ich möchte Sie bitten, dass Sie sich etwas zurückhalten. Sie haben noch die Gelegenheit, in der Debatte das Wort zu ergreifen hier vorne. Zwischenrufe sind gestattet und erlaubt, aber keine Dauerrufe.

Bitte, Frau Schlupp.

Nun mag man mir angesichts der Tatsache – und das wird Sie betreffen, Herr Heydorn –, dass ich diesen Beispielen überproportional Raum gegeben habe, unterstellen, ich wolle diese Beispiele instrumentalisieren.

(Patrick Dahlemann, SPD: Nein, nein. – Jörg Heydorn, SPD: Nein.)

Aber es sind diese Beispiele, die in ihrer Fülle immer wieder emotionale Diskussionen entfachen. Wenn wir eine Versachlichung wollen, dürfen wir diese Berichte nicht einfach als unglückliche Einzelfälle abqualifizieren und zur Tagesordnung übergehen. Die Bürger erwarten zu Recht eine tragfähige Bewertung derartiger Vorfälle und entsprechende Schlussfolgerungen.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Ungeachtet dieser Gesamtsituation informieren ganz aktuell die Naturschutzverbände NABU und BUND dahin gehend, dass für Menschen sowieso keinerlei Gefahr bestünde, denn man würde die scheuen Tiere nie zu Gesicht bekommen.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch – und das kann jeder, der im Internet unterwegs ist, relativ schnell nachlesen –, dass im Zeitraum von 1950 bis zum Jahr 2000 in Europa 59 Attacken auf Menschen stattfanden, davon waren 38 von tollwütigen Wölfen mit 5 tödlichen Ausgängen. Bei 21 Angriffen töteten gesunde Wölfe 4 Menschen. Es trägt zur Glaubwürdigkeit in der Gesamtdebatte bei, wenn man dies nicht einfach unter den Tisch fallen lässt. Genauso wenig allerdings sollte man diese Ereignisse instrumen- talisieren, um in Mecklenburg-Vorpommern Angst zu schüren, denn die von mir genannten Vorfälle sprechen gegen

eine generelle Gefährdung des Menschen durch die Rückkehr des Wolfes.