Protocol of the Session on July 1, 2015

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee, das wäre ein bisschen viel.)

nein, 100.000, Gott sei Dank, genau. 2013 waren es sieben Frauen je 100.000 Geburten. Laut Professor Dr. Hermann Welsch sind Embolien, Verblutungsfälle,

hypertensive Erkrankungen und Genitalsepsis die

Hauptursachen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mütterassistierte Kaiserschnitte.)

Und in den Jahren 2001 bis 2010 gab es keinen einzigen mütterlichen Todesfall in einer außerklinischen Geburtshilfe, keinen einzigen, auch nicht bei Frauen, die in die Klinik verlegt werden mussten, weil es Komplikationen gegeben hat. Trotz alledem wird aber anerkannt, dass die außerklinische Geburt nur in vielen und nicht in allen Fällen eine sehr sichere Art ist, ein Kind zur Welt zu bringen. Und eine der vermeidbarsten Todesfälle ist eine Verblutung nach dem Kaiserschnitt durch eine unzureichende Versorgung nach der Geburt. In den Jahren 2001 bis 2008 wurde es für Bayern untersucht und da starben 12 Frauen nach vaginaler und 34 Frauen nach einer Schnittentbindung.

Grundsätzlich kann festgestellt und gesagt werden, dass in dem Moment, in dem die Versorgung der Schwangeren, Gebärenden oder Wöchnerin nicht mehr optimal ist, die Müttersterblichkeit ansteigen kann. Das meint man, ganz klar in den USA zum Beispiel nachweisen zu können. In Europa ist wohl Schweden das Land mit der geringsten Müttersterblichkeit. Da liegt die Rate bei vier Frauen je 100.000 lebend geborener Kinder.

In Deutschland liegt das Problem wahrscheinlich also bei der unzureichenden Begleitung während oder nach der Geburt, aber vielleicht auch ganz einfach bei einer Herabwürdigung des Hebammenberufes, wenn man die Einstellung der Krankenkassen jetzt zum Beispiel sieht, dass ohne Arzt keine Entbindung mehr stattfinden soll.

(Vincent Kokert, CDU: Da haben Sie völlig recht, Frau Tegtmeier.)

Es liegt an zu vielen Eingriffen in den Verlauf der Geburt und seien es noch so kleine. Ich habe Ihnen vorhin gesagt, es sind über 90 Prozent an deutschen Kliniken, in Gegenden, in denen keine ortsnahe Geburtshilfe mehr angeboten wird, und ich sagte es eben schon mal, dass die Kaiserschnittrate bei über 40 Prozent liegt. Eine außerklinische, nachgewiesenermaßen sehr sichere Art der Geburtshilfe fehlt hier oftmals völlig. Alleingeburten ohne Hebammen in illegaler Weise mit einer Hebamme, die diese Frau eigentlich nicht betreuen dürfte, nehmen zu.

Aber – und das hatte ich schon angesprochen – bei einer Sectiorate von etwa 40 Prozent geht das traditionelle Hebammenwissen nachweisbar kontinuierlich zurück, das geht ganz einfach zurück.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist wirklich problematisch.)

Dabei sind, wie wir alle wissen, Schwangerschaft und Geburt keine Krankheiten. Und die angesprochene Person, also Ina May Gaskin, bekam 2011 auch deshalb den Alternativen Nobelpreis, weil sie durch die Arbeit in ihrem Born Center, also in ihrem Geburtshaus – das ist eine Hausgeburtsbetreuung mit angeschlossenem Krankenhausaufenthalt –, auf eine Sectiorate von unter fünf Prozent kam. Und dabei hatte sie überdurchschnittlich viele übergewichtige und viel gebärende Frauen, die ein erhöhtes Risiko darstellten, und trotz alldem eine Kaiserschnittrate von unter fünf Prozent, die Müttersterblichkeit null.

„Nur wer den Verlauf normaler Geburten ohne jede Intervention von außen kennt, merkt zuverlässig, wenn etwas schief läuft. Dann ist es an der Zeit, einzugreifen. Aber nicht früher.“ Auch das ist ein Zitat von Ina May Gaskin. Und die WHO stellte bereits 1985 fest – und damit will ich hier auch schließen –: „Eine Kaiserschnittrate von mehr als 10 - 15 % ist durch nichts zu rechtfertigen“, verehrte Damen und Herren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Wie wahr, wie wahr!)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4105. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4105 mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern – Debatte versachlichen, Drucksache 6/4103.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern – Debatte versachlichen – Drucksache 6/4103 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Schlupp. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Er ist wieder da.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Er ist wieder da.)

Nach Angaben des Wolfsmanagements der Bundesländer umfasst die heutige Population an Wölfen circa 34 Wolfsrudel mit einem Gesamtbestand von 200 bis 270 Tieren.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: In ganz Deutschland.)

Das ergibt sich, denke ich, wenn es sich um ein Wolfsmanagement der Bundesländer handelt.

(Jörg Heydorn, SPD: Es gibt kein bundesweites Wolfsmanagement. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das habe ich ja nicht gesagt. Ich finde den Hinweis sehr nett, Herr Ritter, aber das war eigentlich zu erwarten. Im Grunde genommen führen wir uns wahrscheinlich hier selber vor Augen, dass die Aufforderung an andere, die Debatte zu versachlichen, erst dann erfolgen kann, wenn wir selber in der Lage sind, eine sachliche Debatte zu führen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sehr richtig, Frau Vizepräsidentin. – Vincent Kokert, CDU: Der hat gesessen, Frau Schlupp!)

Andere Quellen beziffern das Vorkommen mit bis zu 40 Rudeln und insgesamt 450 Wölfen.

(Jörg Heydorn, SPD: Welche?)

In Mecklenburg-Vorpommern sind Wolfsrudel mit Nachwuchs in der Lübtheener und Ueckermünde Heide registriert. Zeitgleich gibt es zahlreiche Einzeltiere, die unser Land durchstreifen.

Der Wolf ist eine streng geschützte Art, welche zahlreichen Rechtsvorschriften unterliegt, ob Washingtoner Artenschutzübereinkommen oder Berner Konvention, FFHRichtlinie der Europäischen Gemeinschaft oder Bundesnaturschutzgesetz und nicht zuletzt auch das Naturschutzgesetz unseres Landes. Der Wolf ist eine streng geschützte Art. Nach europäischem Recht ist diese Art in einen günstigen Erhaltungszustand zu überführen.

Wie definiert sich nun dieser günstige Erhaltungszustand? Nach den Leitlinien der Managementpflege für Großraubtiere in Europa ist der günstige Erhaltungszustand anhand einer isolierten Wolfspopulation mit etwa 1.000 geschlechtsreifen Individuen erreicht. Bei einer Population, die mit anderen Populationen vernetzt ist, sind mehr als 250 erwachsene Tiere ausreichend. Bei einer angenommenen jährlichen Bestandszunahme von 30 Prozent dürfte der günstige Erhaltungszustand in Deutschland in wenigen Jahren erreicht sein. Aktuell gibt es zudem eine Auseinandersetzung darüber, inwieweit die Wolfspopulation in Deutschland eine Teilpopulation der baltischen Wolfspopulation ist, die bereits 3.600 Tiere aufweist. Sollte den wissenschaftlichen Ergebnissen von polnischen Forschern gefolgt werden, wäre eine Herabstufung des Schutzstatus von Anhang IV nach Anhang V der FFH-Richtlinie bereits jetzt möglich, da der günstige Erhaltungszustand erreicht wäre.

Die Freude über die Bestandsentwicklung des Wolfes könnte ungetrübt sein, wenn nicht zunehmende, insbesondere Nutzungskonflikte damit einhergingen. So begrüßen die einen uneingeschränkt die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland, während andere durchaus nachvollziehbare Zweifel oder aber auch Ängste haben. Generell gilt, dass die uneingeschränkte Zustimmung zum Wolf proportional mit der eigenen Betroffenheit abnimmt. Die Rückkehr des Wolfes lässt sich nun einmal einfacher begrüßen, wenn man im fünften Stock inmitten einer Stadt wohnt oder gar an ihm verdient beziehungsweise von ihm lebt.

Diejenigen, die durch die Wiederansiedlung des Wolfes in ihrer wirtschaftlichen oder sonstigen Betätigung eingeschränkt werden oder denen zusätzliche Kosten entstehen, sehen die Thematik deutlich kritischer. Sie erwarten zu Recht, dass eine gesamtgesellschaftlich gewünschte Entwicklung nicht zulasten Einzelner geht. Deshalb ist es durchaus nachvollziehbar, dass es eine hitzige Debatte um die Rückkehr der Wölfe in Deutschland, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Diese gilt es zu versachlichen, ohne die vorhandenen Probleme zu ignorieren.

Angesichts zahlreicher Übergriffe, bei denen in den zurückliegenden Jahren knapp 200 Schafe und andere Nutztiere allein in unserem Land getötet oder verletzt wurden, muss die Politik die Frage beantworten, wie die Tierhalter die ebenfalls von der Politik präferierte Weidehaltung bei einem künftig gegebenenfalls flächendeckenden Vorkommen des Wolfes aufrechterhalten können.

Eine Maßnahme wäre die im vorliegenden Antrag geforderte Überprüfung, ob weitere Gebiete des Landes zum Wolfsgebiet zu erklären sind. Perspektivisch sollte auch die vom Landesschaf- und Ziegenzuchtverband Mecklenburg-Vorpommern geforderte Ausweisung des gesamten Landes zum Wolfsgebiet nicht aus den Augen verloren werden.

Das allein wird aber nicht reichen. Ich möchte an dieser Stelle nur auf die Berichterstattung der SVZ hinweisen, nach der ein Biobauer aus Ziegendorf mit der Ausbreitung des Wolfes ein Erliegen der Weidewirtschaft befürchtet. Er sieht sich außerstande, alle Weiden wolfssicher einzuzäunen, und fragt, wer haftet, sollten seine Tiere durch einen oder mehrere Wölfe auf die nahe gelegene Autobahn getrieben werden.

Diese Fragen werden wir ebenso beantworten müssen wie die Frage zu Konflikten beim Artenschutz. Sollten sich die wirtschaftlichen Probleme in der Schafhaltung nicht zuletzt durch den Wolf verschärfen und zu massiven Betriebsaufgaben führen, wie sichern wir die Offenhaltung der Landschaft, die wichtiger Lebensraum für ebenfalls geschützte Arten ist?

Eine zweite Betroffenengruppe bilden die Jäger, denen man gerne unterstellt, sie würden sich aus purem Eigennutz kritisch zur Rückkehr des Wolfes äußern. Dabei sind die Bewertungen der Jagdverbände in der Regel differenziert und sachlich. In der Debatte wird auch gern vergessen, dass beispielsweise der Landesjagdverband selbst ein anerkannter Naturschutzverband ist, der sich der Hege und Pflege des Wildes verschrieben hat.

Auch die Frage der Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht will ich nicht aussparen, obwohl sie nicht Bestandteil des Antrages ist. Hier scheiden sich bekanntlich die Geister. Während die Gegner keinen Nutzen erkennen können, ist meine Fraktion der Auffassung, dass dies eine sinnvolle Maßnahme wäre, um die Jäger systematisch und rechtssicher in das Wolfsmanagement einzubinden.

Die auch …

Einen Moment bitte.

Herr Ringguth,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Alles gut!)

ich möchte Sie bitten, das Handy hier im Saal nicht zu benutzen. Das wissen Sie. Das gilt für alle. Halten Sie sich bitte an die Geschäftsordnung.

Frau Schlupp, Sie können fortsetzen.

(Die Abgeordnete Beate Schlupp spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Egbert Liskow, CDU: Mikro! Mikro!)

Oh, Entschuldigung.

(Minister Dr. Till Backhaus: Noch mal das Ganze!)

Ja, bitte.