Durchgesetzt wird diese Zuständigkeitsregelung durch innereuropäische Abschiebungen, die sogenannten Überstellungen. Von Überstellungen betroffen sind in Deutschland insbesondere Asylsuchende, deren Land der ersten Ankunft Italien ist. So wurden im Jahr 2014 mehr als ein Viertel der einer Überstellung vorausgehenden Übernahmeersuchen, insgesamt 9.102, an Italien gerichtet.
Danach folgten Bulgarien, hierher gingen insgesamt 4.405 Überstellungsersuchen, etwas mehr als zwölf Prozent, und Ungarn mit 3.913 Übernahmeersuchen, das waren gut elf Prozent. In all diesen Ländern drohen Flüchtlingen Obdachlosigkeit, massive Armut und ein unzureichender Zugang zum Gesundheitswesen.
Sehr geehrte Damen und Herren, hieran zeigt sich einer von drei zentralen Geburtsfehlern des Dubliner Systems, und die möchte ich aufführen:
Erstens. Durch das Zuständigkeitskriterium der illegalen Einreise werden die grenznahen Mitgliedsstaaten übermäßig belastet.
Zweitens werden weder einheitliche Standards im Verfahren noch bei der Schutzgewährung vorausgesetzt.
So klaffen die Anerkennungsquoten für Asylsuchende aus dem Irak, aus Afghanistan oder Somalia in den verschiedenen Mitgliedsstaaten sehr weit auseinander. Dasselbe gilt für die Aufnahmebedingungen.
Drittens beruht das Dubliner System letztlich auf dem Verursacherprinzip. Den grenznahen Staaten wird die Verantwortung für die Asylverfahren aufgedrängt, was zu immer schärferen Grenzkontrollen führt.
In ihrem Memorandum „Flüchtlingsaufnahme in der Europäischen Union: Für ein gerechtes und solidarisches System der Verantwortlichkeit“
fordern die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Anwaltverein, die Diakonie, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst, die Neue Richtervereinigung, der Paritätische Wohlfahrtsverband und Pro Asyl, dass das Zuständigkeitskriterium der illegalen Einreise aufgegeben und an seiner Stelle das Prinzip der freien Wahl des Mitgliedsstaates eingeführt wird.
Als Konsequenz wäre dann der Mitgliedsstaat zuständig, in dem als Erstes der Asylantrag gestellt wurde, wenn keines der anderen Zuständigkeitskriterien, wie beispielsweise der Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen oder Familienzusammenführung, greife. Da das Prinzip der freien Wahl des Mitgliedsstaates zeitweise ungleichmäßige Belastungen unter den Mitgliedsstaaten
sollte es – so das Memorandum weiter – mit einem finanziellen Ausgleichsfonds für die aufnehmenden Mitgliedsstaaten gekoppelt werden.
Ich möchte diese Forderung, die wir schon zum Inhalt unseres Antrages „Lampedusa muss ein Wendepunkt für die europäische Flüchtlingspolitik sein“ gemacht hatten, hier noch einmal ausdrücklich aufgreifen. Die Verantwortung für die Gewährleistung des Menschenrechtes auf Asyl müssen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gemeinsam tragen. Wir dürfen die Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen damit nicht alleinlassen. Das Dubliner System, die Grundlage für zahlreiche in unserem Bundesland angeordnete Überstellungen, bedarf einer grundlegenden Überarbeitung. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Asylsuchende aus unserem Bundesland in Länder abgeschoben werden, in denen sie Obdachlosigkeit, bitterer Armut
Ich fordere die Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene und in Brüssel dafür einzusetzen, dass die Schutzlücken innerhalb des europäischen Asylsystems endlich geschlossen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zwischen Behörden und Kirchen entbrannte Streit über das Kirchenasyl ist vorerst beigelegt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge behält sich aber vor, ab Herbst schärfer gegen Kirchenasyle vorzugehen, und zwar ganz einfach dadurch, dass es Menschen im Kirchenasyl als flüchtig ansieht.
Dann geht die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens nicht schon nach 6, sondern erst nach 18 Monaten auf Deutschland über.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Menschen im Kirchenasyl sind nicht flüchtig. Behörden und Gerichte sind über ihren Aufenthalt unterrichtet. Ich fordere die Landesregierung dazu auf,
sich dafür einzusetzen, dass Menschen, die sich im Kirchenasyl befinden, nicht als flüchtig im Sinne der Dublin-IIIVerordnung angesehen werden und dass Menschen im Dublin-Verfahren, die sich sechs Monate im Kirchenasyl in Deutschland aufgehalten haben, in Deutschland auch einen Asylantrag stellen können. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Köster, NPD: Darum geht es doch auch nur.)
Ich schließe die Aussprache und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Europäisch handeln – Engagement des Landtages in der Europapolitik fortführen, auf Drucksache 6/3743. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/3784 vor.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Europäisch handeln – Engagement des Landtages in der Europapolitik fortführen – Drucksache 6/3743 –
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich gebe gerne zu, dass der vorliegende Antrag in die Kategorie „Tue Gutes und rede
darüber“ gehört, denn Mecklenburg-Vorpommern hat in den letzten knapp 25 Jahren seines Bestehens seinen Platz und seine Rolle in Europa und vor allem im Ostseeraum, wie das auch in unserer Landesverfassung verankert ist, gefunden. Daran haben wir als Parlament ganz sicher einen nicht unerheblichen Anteil, denn, ich glaube, man kann mit Fug und Recht sagen, als Parlament in der Ostseeregion sind wir in vielen Bereichen federführend in der politischen Zusammenarbeit.
Ich denke da an das Parlamentsforum Südliche Ostsee, das ganz wesentlich durch die Initiative unseres Landtages entstanden ist. Immerhin tagen hier zwischenzeitlich sieben Regionalparlamente von Ländern, die an der Ostsee gelegen sind, einmal im Jahr gemeinsam. In diesem Jahr tagen wir in Hamburg. Hamburg ist nicht an der Ostsee gelegen, aber bezeichnet sich als Tor zur Ostsee und hat insofern großes Interesse, an diesem Forum teilzunehmen.
Wer schon einmal an solch einer Konferenz teilgenommen hat, wird bestätigen, dass unsere Delegationsmitglieder sich stets sehr aktiv einbringen. Frau Präsidentin Bretschneider oder auch Herr Kollege Schulte haben häufig das Vergnügen, die Konferenzen mit zu leiten und zu moderieren. Das ist schon sehr bemerkenswert. Wenn es dann um die Abschlussresolution geht, kann man auch verzeichnen, dass sich insbesondere unsere Themen sehr häufig in dieser Resolution wiederfinden.
Das Gleiche, was die Aktivitäten betrifft, gilt übrigens auch für die Ostseeparlamentarierkonferenz.
Diese Konferenz findet in diesem Jahr hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern statt und Frau Präsidentin Bretschneider hat die Präsidentschaft inne.
Gestatten Sie mir daher, Frau Präsidentin in diesem Zusammenhang sehr herzlich für ihre Aktivitäten zu danken.
Ich möchte in diesen Dank aber ausdrücklich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung einbeziehen, denn was diese Damen und Herren insbesondere in Vorbereitung und Durchführung solcher Konferenzen leisten, ist mit sehr großem Respekt zu sehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Soweit ich das überblicke, werden in diesem Jahr vier Landtagsausschüsse nach Brüssel reisen, um sich dort zu informieren, einige von ihnen zum wiederholten Mal, darunter der Europa- und Rechtsausschuss, der sozusagen schon Stammgast in Brüssel ist, was auch schon einigen der dortigen Gesprächspartner aufgefallen ist.