Protocol of the Session on March 12, 2015

Aber ein Landtagsantrag zu einer solchen Frage wäre sicherlich leichter nachvollziehbar, wenn er zu Beginn ganz deutlich einem roten Faden folgt, welchen ÖPNV man als Leitbild zugrunde legt. So ist die Forderung nach der Anschaffung eines Fahrzeugpools des Landes für den Schienenpersonennahverkehr nicht per se ein Vorteil. Ich glaube, man wird das deutlich erörtern und auch prüfen müssen. Zunächst dürfte es kaum mal eben im Vorbeigehen möglich sein, Züge zu kaufen. Die kosten richtig, richtig Geld!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Klar.)

Auch der Umstand, dass eine überschaubare Anzahl an Ländern bisher diesen Weg gegangen ist, eine sehr überschaubare Anzahl von Ländern, mahnt bei einem solchen Punkt zu sorgsamer Prüfung und kritischen Fragen. Welche Vorteile bringt ein solcher eigener Fuhrpark? Wird das mittelfristig wirklich günstiger als die derzeitige Situation, die Fahrzeuge mit den Verträgen von den Unternehmen, die für uns fahren, gestellt zu bekommen? In welche laufenden, im Regelfall 10, 12, 15 Jahre laufenden Verträge lassen sich diese Fahrzeuge überhaupt einbinden? Denn die Verträge, die wir schon abgeschlossen haben, die laufen, enthalten in der Regel die Pflicht des Auftragnehmers, seine Fahrzeuge selbst zu beschaffen. Diese sind dann für alle laufenden Verträge von den jeweiligen Auftragnehmern, die derzeit für uns fahren, beschafft worden. Die aktuellen Auftragnehmer werden ihre Fahrzeuge kaum mal eben beiseitestellen wollen und stattdessen unsere Fahrzeuge einsetzen, denn diese Fahrzeuge, die sie gekauft haben, sind ebenfalls über unsere Verträge finanziert.

Auch wenn ich mir die Fahrzeugbeschaffungsrisiken ansehe, die mehrere Bahnanbieter hier im Land in den letzten Jahren erleben mussten, schmerzlich erleben mussten, sind sie mir in dieser Risikosphäre des Auftragnehmers ganz lieb. Der Vorteil unserer Vertragspartner ist nämlich, wenn denen die neu bestellten Fahrzeuge nicht rechtzeitig geliefert werden, wie es zurzeit mehreren passiert, dass sie regelmäßig auf Fahrzeuge aus ihrem größeren Fahrzeugpool zurückgreifen können, weil sie schon auf einer Vielzahl von Linien in dieser Republik fahren.

Gefordert wird darüber hinaus in Ihrem Antrag eine Bundesratsinitiative zur Klarstellung von Genehmigungsanforderungen für alternative Bedienformen. Die verschiedenen Forschungsprojekte der vergangenen Jahre, auch hier im Land, gehen gerade nicht von solchen Hindernissen aus. Vielmehr wird regelmäßig schlicht von uns gefordert, das vorhandene Rechtsinstrumentarium konsequent anzuwenden.

(Jochen Schulte, SPD: Das geschieht ja auch.)

Es hat auch die Forderung an die verschiedenen Projektträger gegeben, zu sagen, es gibt hinreichend klare gesetzliche Bedingungen.

Ein Spiegelstrich in Ihrem Antrag spricht die komplexen Fragen zu einem landesweit einheitlichen Nahverkehrs- tarif in Ansätzen an.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja.)

Allein die zusätzlichen Kosten, meine Damen und Herren, sind kein Pappenstiel. Wir gehen von circa 20 Millionen Euro Mehrausgaben für so ein Vorhaben aus. Und dann wird man gleichermaßen die Frage mit beantworten

müssen, welche anderen derzeit finanzierten Leistungen dafür als Gegenfinanzierung herhalten und damit eingestellt werden sollen. Das Geld wird sich nicht vermehren lassen durch so einen Antrag, sondern es wird darum gehen, in einem geschlossenen Finanzierungssystem umzuschichten. Diese Konsequenz sollte ein solcher Ansatz dann gleichermaßen mitbringen.

Ich will auch gerne Ihre Forderung nach einer Abstimmung von Verkehrsangeboten mit den Nachbarbundesländern und insbesondere mit Polen noch einmal aufgreifen. Zum einen ist völlig klar: Mehr geht immer, mehr Verbindungen gehen immer. Noch mal: Das kostet dann auch mehr Geld und man muss wiederum klar zuordnen, woher soll es kommen, was schichten wir um. Aber wir sollten uns dann zunächst einmal die aktuell bestehenden Angebote vor Augen führen. Da werbe ich schon dafür, dass es durchaus erhebliche Bemühungen gerade in den betroffenen Landkreisen gibt. Wir haben beispielsweise nach Polen neben unseren Zugangeboten im Busverkehr grenzüberschreitende Angebote. Im straßengebundenen ÖPNV betreiben sowohl die Ostseebus GmbH als auch die Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Greifswald einen grenzüberschreitenden regelmäßigen Linienverkehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, grundsätzlich werden wir uns im Land in der Tat darauf einstellen müssen, dass die Mobilität in Mecklenburg-Vorpommern einen Strategiewechsel in den Blick nehmen muss. Während die zentrale Aufgabe in der Nachwendezeit noch darin bestand, eine unzureichende Verkehrsinfrastruktur deutlich zu modernisieren, spielen heute ganz andere Faktoren eine wichtige Rolle. Neben den demografischen Entwicklungen stehen die zurückgehenden Finanzmittel für die Verkehrsinfrastruktur und schließlich die Anforderungen an ein deutlich ressourcenschonenderes Verkehrssystem im Vordergrund. Wir werden dabei in Zukunft vieles neu denken müssen. Wir werden neue Wege finden müssen, die wir uns heute wahrscheinlich oft noch gar nicht vorstellen können, und wenn wir sie vorstellen, werden sich viele Menschen erst mal ein Stück weit erschrecken, weil sie in der bisherigen Vorstellungswelt keinen regelmäßigen Raum hatten.

Um auch in Zukunft einen bedarfsgerechten Öffentlichen Personennahverkehr in der Fläche sicherzustellen, ist es vonnöten, diesen neu zu denken, zu organisieren und zu finanzieren. Der erforderliche Strategiewechsel umfasst in der Tat alle Verkehrsträger und auch deren wechselseitige Schnittstellen. Gerade bei den Verkehrsknotenpunkten, bei dem Zusammenführen dieser verschiedenen Verkehrsbereiche helfen wir in der neuen Förderperiode sehr bewusst mit den entsprechenden EFRE-Mitteln, die dem Energieministerium zur Verfügung stehen. Das gilt dann umso mehr und umso deutlicher für die Mobilität in ländlichen Räumen.

Und genau mit diesen Fragen, wie Mobilität in Zukunft aussehen kann, wird sich der von Ihnen ja auch schon angesprochene Integrierte Landesverkehrsplan beschäftigen. Wir werden dabei aber nicht nur einen Plan um des Planens willen fertigen, sondern wir orientieren uns am realen Leben. Dazu gehören dann wiederum auch die finanziellen Rahmenbedingungen, die uns zur Verfügung stehen.

Für die Mobilität in sich entleerenden ländlichen Räumen gibt es nach allem, was uns auch Experten sagen, keine allgemeingültigen Patentrezepte mehr, sondern nur regi

onal angepasste und in den verschiedenen Bereichen, Dorf um Dorf, Nachbarn können es sein, sehr unterschiedliche Lösungen.

Der Integrierte Landesverkehrsplan soll hier einige klare Grundlinien aufzeigen und, was die konkrete Umsetzung betrifft, Lösungsansätze sichtbar machen, aber er wird keinen Anzug von der Stange für alle bereithalten können. Allein mit einem bunten Strauß verschiedener Ideen wird sich diese Aufgabe nicht erfüllen lassen. Deshalb ist der Integrierte Landesverkehrsplan nach meiner Einschätzung der richtige Ort, um das dann auch komplex und insgesamt anzugehen.

Ich habe zum Sachstand, weil Sie es ausdrücklich ansprachen, zu den Regionalisierungsmitteln keine über meine letzten Hinweise hinausreichenden aktuellen Informationen, lediglich, dass im Bundesratsverkehrsausschuss heute Morgen oder morgen früh, da bin ich nicht ganz sicher, eine Anrufungsentscheidung des Bundesrates für den Vermittlungsausschuss vorbereitet wird. Das ist nach meinem Eindruck die einzige intensivere neue Information.

Ihre weiteren Hinweise, die Sie angegeben hatten aus dem Koalitionsausschuss, kann ich, offen eingestanden, nicht beurteilen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Pegel.

Das Wort hat jetzt Herr Eifler von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Über die Komplexität dieses Themas haben wir gerade auch vom Minister gehört. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass der Antrag bei mir schon Verwunderung hervorgerufen hat,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na wenigstens was. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zwar deshalb, weil wenn man sich den Antrag so ganz unvoreingenommen anschaut, hat man den Eindruck, oh Gott, ja, es ist höchste Zeit, dass dieses Thema hier im Hohen Haus besprochen wird.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ist es auch.)

Wenn ich mir aber das Protokoll der letzten Ausschusssitzung des Energie- und Infrastrukturausschusses vom 14. Januar anschaue, da war genau die Information zu dem Fortgang des Integrierten Landesverkehrsplanes auf der Tagesordnung. Ich habe mir die Anwesenheitsliste angeschaut – ja, meine Damen und Herren, auch die Vertreter der Fraktion DIE LINKE waren anwesend.

(Egbert Liskow, CDU: Ach so? – Helmut Holter, DIE LINKE: Das sind fleißige Mitglieder des Ausschusses.)

Wir sind da alle fleißig, da fehlt kaum einer.

Also es ging schon darum, festzustellen, was ist denn hier eigentlich aufgeschrieben worden. Und dann steht in dem Antrag nahezu eins zu eins das drin, was wir genau

an Informationen bekommen haben, wie der Stand in der Erarbeitung des integrativen Landesverkehrswegeplanes ist.

(Regine Lück, DIE LINKE: Da war der Antrag aber schon fertig. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Nein, das war im Januar. Das ist genau vor zwei Monaten gewesen, Regine.

Der Antrag erweckt den Eindruck des Aktionismus und, wie gesagt, er soll den Eindruck erwecken, dass hier in diesem Hohen Haus dieses Thema Mobilität …, was ein außerordentlich wichtiges Thema für unsere Menschen in unserem Land ist. Das zieht sich durch alle Altersgruppen hindurch und deshalb ist es ein, ich sage es noch mal, außerordentlich wichtiges Thema, nämlich es geht nicht allein um die Beförderung unserer Kinder in die Schule, weil sie weite Wege zurückzulegen haben. Es geht um die Mobilität der Menschen, die älter werden. In einem Tourismusland, wie Mecklenburg-Vorpommern eines ist, haben auch die Touristiker ein großes Interesse daran, dass die Mobilität nachhaltig und langfristig gewährleistet ist.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist auch richtig.)

Deshalb ist auch für die CDU-Fraktion das Vorhaben, den Öffentlichen Personennahverkehr in unserem Land neu zu gestalten, ein außerordentlich wichtiges Thema, und zwar so, wie es unter Punkt 87 der Koalitionsvereinbarung aufgeführt ist. Denn hier heißt es, „das Verkehrskonzept von 2002“ wird „durch einen neuen integrierten Landesverkehrsplan“ abgelöst. „Der Landesverkehrsplan soll unter Einbindung der Kommunen, der betroffenen Verbände und interessierter Bürgerinnen und Bürger erarbeitet werden.“ Er soll „auf einer Verkehrsprognose … aufbauen, um bedarfsgerecht und ressortübergreifend verkehrsrelevante Entscheidungen … vorzubereiten.“

Die Auftaktveranstaltung zu der Erarbeitung dieses Integrierten Landesverkehrsplanes war bereits am 15. November 2012. An dem Tag wurde zu Werkstattgesprächen eingeladen. Mehrmals wurden wir im Ausschuss für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung über den Fortgang bei der Erarbeitung des Integrierten Landesverkehrsplanes informiert und auf dem Laufenden gehalten, wie gesagt, letztmalig am 14. Januar dieses Jahres.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen bis 2020 finanziell auf eigenen Füßen stehen. Gleichzeitig werden die Mittel aus der EU und vom Bund weniger. Ganz aktuell hat die Bundesregierung ein 15-Milliarden-Investitions- paket unter anderem auch für die Ausstattung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur beschlossen. Trotzdem ist davon auszugehen, und das ist auch den Worten von Minister Pegel zu entnehmen gewesen, dass sich langfristig die finanziellen Handlungsspielräume verringern werden. Zu dieser absehbaren Entwicklung kommt erschwerend hinzu, dass es aufgrund der Bevölkerungsentwicklung immer schwieriger wird, ein wirtschaftliches Angebot für den ÖPNV aufrechtzuerhalten. Hierzu hat die Verkehrsministerkonferenz am 2. Oktober 2013 bereits festgestellt, dass die Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsträger und Baulastträger unterfinanziert ist.

Also schon in der Vergangenheit wurden das bestehende Netz und die Angebote gemäß den Nachfragerückgän

gen angepasst. Deshalb muss es Ziel der künftigen Bemühungen sein, ein abgestimmtes Ineinandergreifen von Bus, Bahn und flexiblen Angeboten zu erreichen und die Hemmnisse zwischen den unterschiedlichen Trägern – Land, Landkreise, kreisfreie Städte – abzubauen.

Auch die Enquetekommission in unserem Haus hat sich mit diesem Thema beschäftigt und es liegen erste, wohlgemerkt erste Empfehlungen mit folgenden Grundsätzen vor:

„– Der ÖPNV ist und bleibt eine wichtige Aufgabe der

Daseinsvorsorge.

Die geringe Siedlungsdichte und Siedlungsstruktur

sowie die weiter zurückgehende Bevölkerung erfordern teilweise unkonventionelle Lösungen, die sich durch niedrige finanzielle Aufwendungen und Anpassungsfähigkeit auszeichnen.

Parallelbedienungen unterschiedlicher Verkehrsträger

des ÖPNV in Räumen mit insgesamt schwacher Nachfrage sollen abgebaut und stattdessen sollte eine klare Aufgabenteilung der verschiedenen Verkehrsträger (Bahn, Linienbus … ‚Gemeinschaftsver- kehr‘ …) umgesetzt werden.

Belangen älterer Menschen sollte, da sie eine wichti

ger werdende Nachnutzergruppe sind, in der Planung eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden“ zum Beispiel „nicht nur“ durch „barrierefreie bauliche Gestaltung, sondern auch“ durch die „Lage der Ein- und Ausstiegsstellen zu potenziellen Zielen, vorgesehene Umsteigezeiten und hierbei zurückzulegende Wege.

Mobilität sollte immer auch von den Motiven her ge