Protocol of the Session on March 12, 2015

(Torsten Renz, CDU: Sie sind unverbesserlich. – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Das Arbeitslosengeld II

(Torsten Renz, CDU: Das war Spaß.)

wurde vor zehn Jahren eingeführt. Die Rentenbeiträge für Arbeitslosengeld-II-Empfänger wurden vor fünf Jahren gestrichen. Den Anstieg der Altersarmut nahmen die Gesetzgeber billigend in Kauf, im Übrigen,

(Egbert Liskow, CDU: Sie haben nicht zugehört.)

meine Damen und Herren der CDU, unter der Ministerin von der Leyen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

ja, unter der Ministerin von der Leyen – weil Sie das ja heute schon angesprochen haben zu unserem Antrag –, die das Thema Altersarmut erkannt hatte. Ich erinnere nur an Ihren Beitrag zu unserem Antrag, dass Frau von der Leyen eben dieses Problem erkannt hat.

(Torsten Renz, CDU: Ja, aber Sie ändern doch mit Ihrem Antrag nicht das Thema Altersarmut, so, wie Sie das betrachten!)

Hören Sie mir doch zu! Hören Sie doch erst mal zu!

Für die Langzeitarbeitslosen bringt die Streichung nicht nur Einschnitte bei der Altersrente – die wäre für die Zeit des Hartz-IV-Bezugs, wie bereits heute von Herrn Renz schon vielfach und auch von anderen vielfach gesagt, viel zu gering –, sie versperrt ihnen auch zahlreiche andere Leistungen der Rentenversicherung. Ich erwähne nur die Erwerbsminderungsrente, Rehabilitationsmaßnahmen auf Kosten der Rentenversicherung, die Altersrente für Frauen und so weiter und so fort.

Diese Leistungen der Rentenversicherung setzen Beitragszahlungen voraus. Bei einer Erwerbsminderungsrente sind das in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre. Diese Mindestbeitragszeiten können nicht unterschritten werden. Wer sie nicht nachweisen kann, erhält keine Leistungen der Rentenversicherung. Das führt …

(Torsten Renz, CDU: Das gilt im Übrigen auch für Landtagsabgeordnete. Wussten Sie das?)

Im Übrigen gilt das auch für Landtagsabgeordnete.

Das führt zu tragischen Schicksalen.

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Fast jeder Hausarzt kennt hochgradig eingeschränkte Patienten, die keine Erwerbsminderungsrente bewilligt bekommen, da sie nicht über die notwendigen Mindestbeitragszeiten verfügen.

Hermann Meyer, der Hartz IV bezieht, ist hierfür beispielhaft. Wie kam es dazu? 35 Jahre war er als Maurer beschäftigt – im Übrigen auf dem ersten Arbeitsmarkt, Herr Renz –, selten beim Arzt, nie krankgeschrieben. Die Schulter tat ihm öfter weh. Dann traf den langjährigen Raucher plötzlich ein schwerer Herzinfarkt. Wachstation, Stent, Bypass, Krankschreibung, Reha, Arbeitslosigkeit – Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente abgelehnt. So landete der 56-Jährige schließlich bei Hartz IV. Eine Umschulung als Demenzbetreuer wurde ihm in Aussicht gestellt. Wegen seiner Schulterschmerzen kann er dieses Angebot nicht annehmen. Von einer Reha über die Deutsche Rentenversicherung ist er ausgeschlossen, da

er die Voraussetzung zur Rehabilitation – Zahlung von sechs Monaten Pflichtbeiträgen in den letzten 2 Jahren – nicht mehr erfüllt.

Dieses Schicksal kann jeden Menschen unseres Landes jederzeit treffen.

(Unruhe bei Torsten Renz, CDU, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Meyer, Herr Renz, Herr Meyer …

Entschuldigen Sie mal, Abgeordnete Stramm.

Herr Renz, die CDU-Fraktion hat noch Redezeit. Sollten Sie das Bedürfnis haben, hier zu sprechen, dann kommen Sie bitte nach vorne und beantragen Sie einen Debattenbeitrag.

(Torsten Renz, CDU: So machen wir das. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Oh, bitte nicht!)

Dann sind wir uns einig.

Bitte, Frau Stramm.

Aber, wie gesagt, Herr Meier, der wollte sich, so, wie Sie gesagt haben, Herr Renz,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

in Richtung des ersten Arbeitsmarktes bewegen. Sie haben den Menschen unterstellt, dass sie sich gar nicht erst mal in Richtung des ersten Arbeitsmarktes bewegen wollen. Aber er wollte das.

(Torsten Renz, CDU: Habe ich unterstellt? – Peter Ritter, DIE LINKE: „Wer nicht will, der muss“, haben Sie gesagt, natürlich. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das kann man ändern. Beauftragen wir die Landesregierung, für die Wiedereinführung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die erwerbsfähigen Bezieher von Grundsicherung nach SGB tätig zu werden! Helfen Sie Herrn Meyer!

Denn wenn die CDU – und das haben Sie heute auch schon in einer Rede gesagt – der Garant für die soziale Marktwirtschaft ist, wie Sie, sehr geehrter Herr Renz heute beim Antrag „Mindestlohn“ betonten, dann müsste eine Zustimmung für Sie ja selbstverständlich sein. Gerade, weil wir eben wollen, dass solche Menschen, wie der Herr Meyer, wieder eine Möglichkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, sollten wir es vermeiden, bei diesem Thema Äpfel und Birnen zu vergleichen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/3741. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/3741 mit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt, bei Zustimmung der

Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Enthaltung der Fraktion der NPD.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Regierungserklärung zum digitalen Wandel, Drucksache 6/3754. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/3785 vor.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Regierungserklärung zum digitalen Wandel – Drucksache 6/3754 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/3785 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die GRÜNEN glauben, dass sich die Landesregierung immer mehr zur Innovationsbremse für unser Bundesland entwickelt.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Die GRÜNEN, vielleicht können Sie sich erinnern, haben in den letzten Monaten und Jahren mehrere Anträge zum Thema „Digitalisierung/digitaler Wandel“ eingereicht. Alle wurden abgelehnt. Deswegen wollen wir heute von Ihnen, von der Koalition wie auch von der Regierung, wissen, wie es weitergehen soll, denn wir haben die Arbeit geleistet, jetzt wollen wir doch mal hören, was Sie darüber denken.

(Tilo Gundlack, SPD: Haben Sie geleistet?!)

Der digitale Wandel verändert die Welt, in der wir leben, in einer Art und Weise, wie wir es uns heute kaum vorstellen können, und dieser Wandel wird fast alle Lebensbereiche betreffen.

Die Breite des Themas spiegeln die zwölf Projektgruppen der Enquetekommission des Bundestages wider, die ja bereits zwischen 2010 und 2012, gut drei Jahre waren das, getagt haben. Ich möchte Ihnen einfach mal diese Themenzwischenberichte nennen: Da geht es um Medienkompetenz, da geht es um Urheberrechte, um Netzneutralität, um Wirtschaft und Arbeit, es geht um Datenschutz, Demokratie und Staat, Bildung und Forschung, IP-Sicherheit, offene Standards, freie Software, Internetgovernment und, ganz wichtig, Verbraucherschutz. Sie sehen, das ist ein unglaublich breites Themenfeld und ein unglaublich breites Feld, wo wir auch für unser Land große Herausforderungen und Chancen sehen. Wenn wir diesen Wandel erfolgreich meistern und aktiv gestalten wollen, brauchen wir eine Strategie, wie wir die Chancen für unser Land nutzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, derzeit ist aber völlig unklar, wohin SPD und CDU wollen. Es ist unklar, ob sie in Sachen digitaler Wandel überhaupt irgendwo hinwollen. Die Kanzlerin hat kürzlich den digitalen Wandel als eine der dezentralen Herausforderungen der Zukunft benannt. Das ist richtig. Aber warum versäumen SPD und CDU in unserem Land eine Gestaltung dieses Wandels? Welchen Stellenwert räumen Sie dem digitalen

Wandel in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich ein? Mein Eindruck ist, das ist für Sie kein Thema. Es klappt im Land ja noch nicht einmal der Breitbandausbau. Breitband ist bekanntlicherweise das infrastrukturelle Rückgrat des digitalen Wandels.

Meine Damen und Herren, ich möchte die Überschriften einiger Pressemeldungen der letzten Wochen und Monate zitieren, die einen ganz guten Einblick in diese Debatte im Land geben. Zum Beispiel titelte die OZ vor wenigen Tagen: „In MV fehlen 400.000 schnelle Datenanschlüsse. Unternehmer fordern massiven Ausbau der Internetverbindungen im Land“. Oder die SVZ am 14. Januar: „Mecklenburg-Vorpommern von Hightech-Industrie abgehängt“, die OZ: „Nein zur Zukunft? Land sagt Cebit ab – ITBranche verstimmt“, und schon wieder die SVZ: „MV lahmt bei Internetnutzung“. Noch eine Schlagzeile: „Internet: MV hängt sich selbst ab. Datennetz lahmt auf dem Lande. Programm für digitale Offensive fehlt.“ Der „Nordkurier“ schrieb: „Lahmes Internet frustriert Unternehmer“, und auch der NDR berichtet laufend. Diese Liste ließe sich sehr lange fortführen.

Meine Damen und Herren, als GRÜNE-Fraktion haben wir mehrere Anträge in den Landtag eingebracht, wie wir diesen Wandel gestalten wollen. Hierzu gehörte unter anderem eine Strategie für den Breitbandausbau. Sie haben es abgelehnt. Weiterhin hatten wir die Nutzung offener Daten hier beantragt. Sie haben es abgelehnt. Wir wollten die Nutzung offener Standards und offener Software. Sie haben es abgelehnt. Wir wollten die Förderung junger Start-Ups, zum Beispiel auf der CeBIT. Sie haben es abgelehnt. Wir wollten die Überarbeitung der ITStrategie vor dem Hintergrund der NSA-Affäre. Sie haben es abgelehnt. Wir wollten offenen WLAN-Empfang. – Übrigens hat Herr Dobrindt heute, glaube ich, groß verkündigen lassen, dass vor seinem Ministerium jetzt offenes WLAN ist. – Wir wollten es unter anderem in Zügen. Sie haben es abgelehnt. Das ließe sich noch fortsetzen. Sie haben alle Anträge abgelehnt, aber keine eigene Idee präsentiert.