Für uns in Mecklenburg-Vorpommern mit unseren ohnehin niedrigen Fallzahlen wäre eine echte Verbesserung nur mit einem Bundesgesetz zu erzielen.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine solche Impfpflicht hat die Bundesregierung bislang stets abgelehnt, denn jenseits der medizinischen Seite gibt es auch noch die juristische. Welche Sanktionen sollen zum Beispiel greifen, wenn sich jemand weigert, sich oder sein Kind impfen zu lassen?
Das Grundgesetz schützt das Recht jedes Einzelnen auf körperliche Unversehrtheit. Das kann im Zweifel heißen, dass jeder auch ein Recht darauf hat, nicht geimpft zu werden. Diese Auslegung muss uns nicht gefallen, sie zeigt aber, dass eine solche gesetzliche Pflicht zur Impfung auf hohe Hürden stieße. Eine solche Regelung bräuchte eine sehr breite demokratische Legitimation und müsste rechtlich einwandfrei sein.
Wie gesagt, ich begrüße alle Schritte, die das Impfverhalten positiv beeinflussen. Das kann ein Bundesgesetz sein. Wir stehen aber hier in Mecklenburg-Vorpommern gut da und arbeiten weiter kontinuierlich an der Impfbereitschaft. – Vielen herzlichen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Impfen ist eine Errungenschaft der Zivilisation, der Menschheit. Vergangenheit ist so die Geißel unbeherrschbarer Seuchen wie Pocken und Kinderlähmung. Um den sogenannten Herdenschutz für noch Ungeimpfte, wie zu junge Säuglinge oder Schwerkranke, die nicht geimpft werden können, zu gewährleisten, ist ein möglichst hoher Prozentsatz der
Durchimpfung Voraussetzung. Es ist meines Erachtens ein Zeichen von Egoismus und Unverantwortlichkeit wider den Nächsten, wenn Menschen die Impfung für sich und ihre Kinder ablehnen in der Hoffnung, dass die anderen geimpft sind.
In Mecklenburg-Vorpommern hat sich der Impfschutz bei Kindern in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Bei Masern erreichen wir bei der zweiten Impfung als einziges Bundesland die Impfquote von 95 Prozent. Damit können sich die Masern bei Fünf- und Sechsjährigen nicht mehr verbreiten. Auch bei den Impfungen gegen Keuchhusten und Hirnhautentzündung ist Mecklenburg-Vorpommern bundesweit führend. Hierfür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei allen Ärztinnen und Ärzten, Hebammen und den Mitarbeitern der Gesundheitsämter für ihre sehr gute Aufklärungsarbeit bedanken.
Das Thema der Aktuellen Stunde ist in Anbetracht der jüngsten schweren und zum Teil tödlichen Erkrankungsfälle an Masern durchaus wichtig. Es trifft auch den Nerv der Menschen in unserem Land. Über 75 Prozent befürworten eine Impfpflicht. Die Ärztekammer tut das ebenfalls.
Aber warum dieses Thema heute hier im Landtag? Über die bundesweite Impfpflicht wird in Berlin entschieden. Dort, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, sitzt Ihre Partei in der Regierung.
(Vincent Kokert, CDU: Wir sind ja dabei. Da müssen Sie nur mal Ihren Kollegen fragen, der ist ja leider dagegen.)
In diesem Zusammenhang erinnere ich an mehrere Anträge meiner Fraktion zur konsequenten und flächendeckenden Anwendung gesetzlich vorgeschriebener Regelungen zur Kinder- und Jugendgesundheit hier im Landtag. Sie wurden durch CDU und SPD abgelehnt. Hier war den Abgeordneten der Koalition die Durchsetzung bestehender gesetzlicher Vorschriften in Mecklenburg-Vorpommern nicht so wichtig.
DIE LINKE fordert auch seit Langem, dass die Landesregierung hilft, die Gesundheitsämter personell und finanziell besser auszustatten. Die Gesundheitsämter sind auch für die Überwachung von meldepflichtigen Infektionskrankheiten und die Koordinierung von Schutzmaßnahmen zuständig. Bislang ist es so, dass die Landesregierung ihnen immer mehr Aufgaben überträgt, sie bei deren Umsetzung aber alleinlässt. Hier müssen die Kommunen bei einer besseren personellen und finanziellen Ausstattung der Gesundheitsämter endlich durch die Landesregierung unterstützt werden.
Es gibt in Deutschland bislang keine Impfpflicht. Angesichts des erneuten Masernausbruchs plädiert meine Fraktion dafür, dass die Politik eine Impfpflicht zumindest gegen diese hochansteckende und gefährliche Erkran
kung schafft. Es kann doch nicht angehen, dass Deutschland die Zielsetzungen der Weltgesundheitsorganisation zur Ausrottung der Masern bis 2015 verfehlt.
Da offensichtlich Impfkampagnen und Aufklärungsarbeit allein nicht ausreichen, muss neu nachgedacht werden. Wenn nur über eine Impfpflicht die in der UN-Kinder- rechtskonvention festgelegten Grundrechte für Kinder auf körperliche und seelische Unversehrtheit hergestellt werden können, darf sich die Politik dieser Diskussion nicht entziehen.
(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Ja, wie Ihr gesundheitspolitischer Sprecher! Der spielt eine maßgebliche Rolle dabei.)
Und, Herr Kokert, jetzt sage ich etwas zu der Äußerung des gesundheitspolitischen Sprechers, Herrn Weinberg.
(Vincent Kokert, CDU: Nein, hat er nicht. Er hat die Meinung der LINKEN vertreten. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)
Er hat nicht die Meinung der LINKEN geäußert. Sie sehen, dass meine Fraktion dazu eine völlig andere Meinung hat.
Im Übrigen, Herr Kokert, hoffe ich, dass Sie, so wie ich auch, die Petition zur Einführung der Impfpflicht unterschrieben haben,
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Diskussion gestaltet sich doch sehr emotional.
Herr Kokert, dass Sie sich hier als Gesundheitsapostel hinstellen, das finde ich schon sehr beachtlich. Wie oft haben wir über die Zusammenhänge mit MRSA-Keimen berichtet oder Massentieranlagen diskutiert?