Protocol of the Session on March 11, 2015

Und dass meine Kleine Anfrage bis zum heutigen Tag nicht beantwortet werden konnte, dazu kann ich mir meinen Teil denken. Aber wir werden die Antwort bekommen und auch im Rahmen des Volksbegehrens oder der Entscheidung beziehungsweise Befassung im Ausschuss noch mal darüber reden, das heißt über Ihre Argumente zu dieser Reform, genau zu dieser, die Sie jetzt durchziehen mit aller Macht. Wir haben immer gefordert, lassen Sie uns gemeinsam die Zahlen angucken, lassen Sie uns gemeinsam gucken, wo kann man Einsparungen vornehmen, wo können wir Strukturveränderungen vornehmen, aber nicht in der Radikalität.

Ich will auch eins sagen zu dem Vorwurf an Herrn Walther, Bürgermeister von Ueckermünde. Wissen Sie, Herr Müller, der Bürgermeister aus Ueckermünde hat gerade aus der Sicht der Stadt Ueckermünde den unwahrscheinlich hohen Bedarf ihrer Einrichtung an Betreuungsrichtern, an Betreuungsverfahren deutlich gemacht, warum genau die Betreuungsverfahren dort bleiben müssen und warum es nicht weg darf.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

Und dann kommen Sie nach einer Volksinitiative, die Sie für sich umdrehen, und sagen im Gesetzentwurf, wir richten irgendwelche Beratungsstellen ein und damit werden wir das alles irgendwie lindern. Dass dann der Bürgermeister sagt, ihr nehmt erst den Bürgerinnen und Bürgern die Struktur und dann baut ihr so ein Hilfsmittel ein, da werde ich euch nicht helfen, ist richtig gewesen und das unterstützen wir als Fraktion DIE LINKE.

(Manfred Dachner, SPD: Was heißt „helfen“? Er weigert sich. Das ist doch ein Unterschied. – Helmut Holter, DIE LINKE: Das nenne ich Zivilcourage.)

Ich denke, das wird auch durch die Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern unterstützt, aber nicht, dass man auf einer Seite gezwungen wird, und dann wird sozusagen wieder alles versucht, um noch irgendwie eine Begradigung hinzukriegen, denn Sie selber haben ja mit Ihrem Entschließungsantrag den Bedarf für die Stadt Ueckermünde erkannt in Bezug auf Betreuungssachen. Die Betreuungssachen sind nicht zurückgegangen. Die Schwierigkeiten für das Amtsgericht Pasewalk liegen doch auf der Hand, insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger. Selbstverständlich geht nicht jeder Bürger hier jeden Tag zum Gericht, das hat auch nie jemand behauptet. Aber in einem älter werdenden MecklenburgVorpommern, wo die Betreuungsangelegenheiten zunehmen, da nehmen wir den Betroffenen die zuständigen Amtsgerichte, die das entscheiden müssen.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Also es tut mir leid, dafür habe ich kein Verständnis

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Ich auch nicht.)

und das werden auch die Bürgerinnen und Bürger nicht haben.

Auch wenn Sie jetzt immer sagen, ja, wir haben Gesetze neu eingebracht, sind Sie mit der Volksinitiative unmöglich umgegangen. 34.000 Bürgerinnen und Bürger haben Sie damals schon darauf hingewiesen nach dem Entwurf, den Sie vorgelegt haben, bitte nicht so die Gerichtsstrukturreform. Weggewischt haben Sie das, mit einem Entschließungsantrag einfach weggewischt. Sie haben die Anhörung, wo sich die Mehrzahl der Anzuhörenden gegen diese Reform ausgesprochen hat, weggewischt. Nicht ein Argument haben Sie zum Anlass genommen, noch mal neu darüber nachzudenken. Und da frage ich mich natürlich: Wie demokratisch gehen Sie mit den Fragen um, die wir innerhalb der Ausschüsse diskutieren? Da muss man sich doch nicht wundern, dass der Bürgermeister von Anklam, Herr Galander, sagt, das ist ja hier alles nur formell, das können wir sehen, wie wir wollen, Hauptsache, wir haben es formell abgearbeitet. Und die jetzt stattfindenden Ausschussberatungen werden doch auch wieder nur so formell sein.

(Beifall Helmut Holter, DIE LINKE: Genau, ist alles angekündigt.)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Texter? (Zustimmung)

Bitte schön, Herr Texter.

Vielen Dank, Frau Borchardt.

Die Gerichtstage in Ueckermünde finden ja dennoch statt, darauf will ich auch gar nicht weiter eingehen. Meine Frage ist: Können Sie mir sagen, können Sie dem Hohen Hause sagen, wie viel Betreuer bisher dieses Angebot in Anspruch genommen haben?

Kann ich Ihnen nicht sagen, aber Sie werden es mir sicherlich sagen können.

(Manfred Dachner, SPD: Das ist doch unwichtig.)

Reden wir nachher beide darüber.

Gar keine. – Vielen Dank.

(Manfred Dachner, SPD: Da muss man sich nicht drum kümmern.)

Ich höre jetzt gerade, dass gar keine hier dieses Angebot in Anspruch genommen haben. Da ist die Frage, ob denn nicht andere Wege gesucht werden. Das könnten Sie sich auch mal fragen und sollten das nicht wieder als Vorwand nehmen, es war richtig, die Struktur dort sozusagen einzudämmen.

(Heinz Müller, SPD: Das war jetzt schwierig mit der Logik.)

Na ja, Ihre Logik ist auch schwierig, Herr Müller. Also das können wir mal ganz kurz machen, ne?!

Also wenn Sie jetzt über das Plakat noch mal philosophiert haben,

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

ich denke, genau das haben wir auch hier im Hohen Haus gesagt. Dass die Bürgerinnen und Bürger nicht alleine nur die Gerichtsstrukturreform gesehen haben, das haben wir hier nie abgestritten. Aber wir haben immer auch gesagt, dass man vom Prinzip her die Strukturveränderungen im Ganzen hätte sehen müssen. Und das haben Sie einfach nicht gemacht.

Und, Frau Kuder, als mein Fraktionsvorsitzender gesprochen hat und gesagt hat, na ja, das mit den Amtsgerichten, das war ja nicht zu sehen, nein, das war auch nicht zu sehen. In Ihrem Wahlprogramm der CDU steht eindeutig beziehungsweise auch auf die Frage des Richterbundes, ist mit einer Gerichtsstrukturreform in Mecklenburg-Vorpommern zu rechnen, hat Ihre Landespartei gesagt, nein. Und darauf musste man sich doch verlassen können.

(Stefan Köster, NPD: Was schert mich mein Geschwätz von gestern?!)

Also war doch auch davor nicht damit zu rechnen, dass eine Gerichtsstrukturreform durchgeführt wird. Die ist doch erst im Zusammenhang mit den Koalitionsgesprächen ins Gespräch gekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe auf die Frage geantwortet.

(Manfred Dachner, SPD: Welche Frage? Ich habe gar keine Frage gehört.)

Herr Dachner, Sie müssen mich hier nicht immer disziplinieren, ich weiß schon, was sich gehört.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und wenn du mit ihm redest, interessiert es ihn auch nicht.)

Ja, da hast du auch recht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich will jetzt noch mal Folgendes sagen: Wir haben hier Anträge gestellt, die Strukturreform auszusetzen. Da kommen Sie uns mit der Verfassung. Sie sind das Verfassungsorgan. Auch wir hätten hier im Landtag ganz deutlich sagen können, wir stoppen an dieser Stelle auf der Basis des Antrages von Fraktion DIE LINKE und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Umsetzung der Gerichtsstrukturreform. Das, was bis dahin umgesetzt wurde, bleibt erst mal, jetzt hören wir auf, warten die Anhörung ab und gucken dann noch mal neu. Aber auch das interessiert Sie nicht. Der Gesetzgeber ist der Landtag und nicht irgendjemand anderes. Wir haben gemeinsam die Macht gehabt zu sagen, Stopp mit dieser Gerichtsstrukturreform.

Sie hatten immer die Hoffnung, dass das Volksbegehren nicht zum Erfolg führt, weil es so ein hohes Quorum ist. Das war bei Ihnen immer im Hinterkopf. Zeigen Sie uns doch erst mal die Unterschriften, habe ich monatelang hier hören müssen.

(Manfred Dachner, SPD: Falsch.)

Jetzt haben Sie die Unterschriften, jetzt suchen Sie neue Argumente. Jetzt beziehen Sie sich wieder darauf, dass Sie sagen, umgesetzt, und wenn man das wieder neu machen muss, was das an Geld kosten würde – alles

Argumente, die wir Ihnen vorab gesagt haben, wo Sie einfach nicht darauf hören konnten, wo Sie einfach die Ohren zugemacht haben wie die drei Affen: nichts hören, nichts sehen und nichts merken.

(Heinz Müller, SPD: Ist auch nicht so einfach, auf Sie immer zu hören, Frau Borchardt.)

Ich will auch noch eins sagen: Wir werden das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes abwarten, was die Zweigstellenregelung betrifft. Wir haben hier in der Debatte schon ein paarmal darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Ausnahme sein sollte. Bei uns in Mecklenburg-Vor- pommern ist die Zweigstellenlösung eine Regelzweigstellenlösung, wenn man sich das mal anguckt. Ich glaube, das kann man deutlich sehen.

Und ich will auch noch eins sagen zu den ganzen Kosten, auch wenn Sie uns immer erzählen, die Kosten haben keine Rolle gespielt. Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern draußen ganz deutlich sagen, mit welchen finanziellen Mitteln diese unsägliche Strukturreform durchgeführt wurde. Sie haben uns in der Anhörung keine exakten Zahlen darstellen können. Wir haben durch unsere Kleine Anfrage jetzt zumindest einen kleinen Überblick über die anfallenden Kosten.

Wenn man sich das mal ansieht in den einzelnen Strukturen: Für Anklam und Neustrelitz glaubte man, keinen Euro in den Umbau zur Zweigstelle investieren zu müssen, so die Aussage des BBL auf der Basis der Zahlen des Justizministeriums. Jetzt heißt es, 200.000 Euro für Anklam und fast 400.000 Euro für Neustrelitz, allein für diese Standorte. Dann muss man sich noch Demmin angucken, was wir da reingesteckt haben. Da sagen Sie jetzt, na ja, die Zweigstelle kostet nicht so viel, aber für den Umbau werden wir noch mal viel Geld in die Hand nehmen, damit die Polizei da mit reingeht,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und das müssen wir woanders wegnehmen.)

also auch Gelder, die Sie in keiner Weise bei der Anhörung in irgendeiner Form respektiert haben. Wir haben Ihnen gesagt, lassen Sie uns gemeinsam die Kosten auf eine vernünftige Basis bringen – vom Tisch gewischt. Wenn wir als Opposition Anträge hier in den Landtag einbringen, wo es um 100.000 geht oder um 200.000, da verlangen Sie von uns eine Deckungsgrundlage.

(Torsten Renz, CDU: Zu Recht, zu Recht!)

Hier haben Sie nicht einmal dargestellt, was wird den Steuerzahler diese unsägliche Reform kosten und was hat sie bereits in den letzten Jahren gekostet.

Ich kann nur hoffen für die Ausschussberatungen, und da appelliere ich – auch nicht zum ersten Mal – an die Abgeordneten des Europa- und Rechtsausschusses und auch an die Abgeordneten der einzelnen Wahlkreise: Kommen Sie in die Anhörung, hören Sie sich die Zahlen an, was diese Reform uns in der nächsten Zeit noch kosten wird! Streiten Sie mit uns gemeinsam dafür, damit das Volksbegehren begonnen wird, und fangen wir dann gemeinsam an, eine wirkliche Reform im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)