Protocol of the Session on December 11, 2014

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Auch Sie haben nicht zu kommentieren, sondern abzuwarten, was ich jetzt hier zu sagen habe.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Es steht allen Fraktionen noch ausreichend Redezeit zur Verfügung, insbesondere auch der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wenn Sie denn mehr als kurze Zwischenrufe hier von sich geben wollen, dann würde ich doch vorschlagen, diese Redezeit entsprechend zu nutzen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Nun können Sie weitermachen, Herr Lenz, aber ich bitte wirklich, so viel Ruhe zu wahren, dass hier vorn auch die Rede von Herrn Lenz noch verfolgt werden kann.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Ich dachte, Herr Lenz sollte jetzt Ruhe bewahren. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Ein weiterer Schwerpunkt zur Ver- besserung der Gewässer- und Grundwasserqualität lag in der Sanierung – darauf hat der Minister auch schon hingewiesen – der Abwasseranlagen und bei Investitionen in die Trinkwasserversorgungsanlagen. Wenn auch bei 15 Prozent der Messstellen im Zeitraum von 2008 bis 2012 eine Grenzwertüberschreitung im Bereich des Nitrats festgestellt werden konnte, so ist doch die Verbesserung der Qualität der Oberflächen- und Grundwasservorkommen in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu leugnen.

Jeder, der sich mit der Thematik befasst, weiß, dass sowohl der Boden als auch das Grundwasser ein langes Gedächtnis haben.

(Egbert Liskow, CDU: Ja, das ist so.)

Die in den Grundwasserkörpern des Landes gefundenen Nitratbelastungen stammen maßgeblich aus Zeiten des unkritischen Umgangs mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, aber auch durchaus von der Waschung durch Wiedervernetzungsprojekte.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ihnen, meine Damen und Herren der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, geht es allerdings nicht darum, die Erfolge im Bereich der Qualitätsverbesserung des Grundwassers anzuerkennen, sondern um die Aushebelung von landwirtschaftlichem Fachrecht und die Untergrabung von Eigentumsrechten an Grund und Boden. Gerade unsere Fraktion hat sich in den zurückliegenden Jahren vehement für die Einhaltung der im Wasserhaushaltsgesetz,

der Düngeverordnung und dem Pflanzenschutzgesetz normierten Vorgaben zur Applikation von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln eingesetzt.

(Egbert Liskow, CDU: So sind wir. – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

Im Rahmen einer Anhörung und zahlreicher Diskussionen im Landwirtschaftsausschuss der letzten Legislaturperiode wurde deutlich, dass die Einträge von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen weitestgehend diffuse Einträge aus der Fläche sind.

Diese Einträge können nicht, wie in der Begründung ihres Antrags von Frau Dr. Karlowski gefordert, durch größere Abstandsregelungen reduziert werden. Hier stellt sich insbesondere die Frage, darüber sollte man auch wirklich mal nachdenken, über welche Größenordnung wir bei 40.000 Kilometern Fließgewässern und fast 2.500 Seen mit einer Größe von einem Hektar in MecklenburgVorpommern überhaupt reden. Wenn der heute geltende Abstand von einem Meter auf zehn Meter ausgeweitet werden soll, wäre das allein an den Fließgewässern des Landes eine landwirtschaftliche Nutzfläche von circa 36.000 Hektar,

(Vincent Kokert, CDU: Das muss man sich mal vorstellen!)

die aus der Produktion genommen werden muss,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

36.000 Hektar, die nicht mehr bewirtschaftet werden dürfen und der Nahrungsmittelproduktion sowie der Futtermittelproduktion verloren gehen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aktuell wird auf Bundesebene die Novellierung der Düngemittelverordnung diskutiert. Ansatzpunkte bei der Diskussion sind die Verlängerung der Sperrfrist, wie der Minister es genannt hat, für die Stickstoffdüngung auf dem Ackerland und die Herbstdüngung – diese sollten nur noch in wenigen Ausnahmefällen ermöglicht werden – sowie die Absenkung zu- lässiger Nährstoffüberschüsse beim Stickstoff. Diese sollen von derzeit 60 Kilo auf 40 bis 50 Kilo gesenkt werden.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist gut.)

Und da möchte ich mal einen kleinen Hinweis geben: Man sollte gerade bei der Stickstoffdüngung auch darüber nachdenken und das mit einem gewissen Augenmaß machen. Ich weiß, dass es in Dänemark eine Düngeverordnung gibt, die es den Dänen nicht mehr möglich macht, Brotweizen zu erzeugen, weil der Weizen zu wenig Eiweiß hat. Also daran sollte man denken, dass es in anderen Ländern Europas auch Düngeverordnungen gibt, die es der Landwirtschaft nicht mehr ermöglichen, Weizen zur Ernährung herzustellen, sondern dieser Weizen muss eingeführt werden.

(Heinz Müller, SPD: Die armen Dänen! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Und ganz aktuell möchte ich aus der „Agra Europe“ zitieren, weil Sie, Frau Dr. Karlowski, das Vertragsverlet

zungsverfahren angeführt haben. Sie werden es wissen, auch der Minister wird es wissen, dass es zwischen dem Umweltministerium und dem Landwirtschaftsministerium Verhandlungen gegeben hat. Ich zitiere aus der „Agra Europe“ vom 8. Dezember: „Erklärtes Ziel der Bundesminister ist es, einen gemeinsamen Entwurf für eine Novelle der Düngeverordnung noch vor Weihnachten der EUKommission zu übermitteln.“ Und damit, denke ich, wird man dem Vertragsverletzungsverfahren zuvorkommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt ist Mecklenburg-Vorpommern – aber auch die Bundesrepublik Deutschland – auf einem guten Weg, die Anforderungen der Nitrat-Richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Entscheidende Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung sowohl im Bereich der Oberflächengewässer und der Grundgewässer haben wir in den zurückliegenden Jahren auch ohne das Zutun der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in diesem Land erreicht.

Aktuell werden auf der Bundesebene weitere Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung diskutiert und beraten. Und vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, werden wir den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.

(Vincent Kokert, CDU: Sehr gut, Herr Lenz.)

Ich bedanke mich.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Andreas Butzki, SPD – Egbert Liskow, CDU: Gut gebrüllt, Löwe!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

(Vincent Kokert, CDU: Ich weiß jetzt schon, wie die Rede aussieht. – Egbert Liskow, CDU: DIE LINKE stimmt zu.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zwei Vorbemerkungen: Den Vorschlag, die Feld-Stall-Bilanz einzuführen, halte ich für einen guten Vorschlag, und auch einen Fonds einzurichten, in den diejenigen, die mit Medikamenten, mit Düngemitteln Riesengewinne eingefahren haben, um jetzt möglicherweise sich auch zu beteiligen an der Beseitigung der Schäden, die daraus entstanden sind. Das halte ich für gute Vorschläge. Darüber sollten wir weiter diskutieren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, wenn Sie auf Bundesebene da weiterkommen. Allerdings so richtig euphorisch bin ich nicht, da wird es sicherlich noch etliche Widerstände geben.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wollen wir doch mal gucken, wie das in zwei Jahren aussieht!)

Wer hat etwas gegen sauberes und gesundes Trinkwasser und die Einhaltung von EU-Vorgaben der NitratRichtlinie? Wer ist nicht für Senkung der Nitratbelastung

im Grundwasser? Niemand hier im Hause, so hoffe ich es zumindest.

Meine Fraktion im Bundestag hat dazu im Mai einen umfangreichen Antrag gestellt, und auch die GRÜNEN beschäftigen sich seit Langem mit dem Problem. Die Probleme kennen wir, sie können von niemandem bestritten werden, auch nicht vom zuständigen Ministerium. Aber nicht nur Nitrat spielt eine große Rolle, sondern auch Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln belasten unsere Gewässer oder eben Medikamente.

Am 16. Oktober führten das LUNG und das LALLF in der Viehhalle in Güstrow eine Veranstaltung unter dem Titel „Risiken und Nebenwirkungen von Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln“ durch. Zwei Vorträge thematisierten die Pflanzenschutzmittelbefunde oder besser gesagt deren Wirkstoffe in oberirdischen Gewässern und im Grundwasser. Es wurde berichtet, dass Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln in rund 16 Prozent der Fließgewässer Mecklenburg-Vorpommerns dafür verantwortlich sind, dass ihr guter Zustand nach Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht wird. Betroffen sind vor allem sogenannte landwirtschaftliche Vorfluter, das heißt kleine Bäche und Gräben. In Küstengewässern und Seen wurden bisher keine überschrittenen Grenzwerte von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen gemessen. Allerdings bleibt festzustellen, dass sich einmal in den Boden eingetragene Wirkstoffe in Richtung Grundwasser verlagern, und darum geht es ja heute auch.

Mecklenburg-Vorpommern hat ein relativ dichtes Netz an Grundwassermessstellen, und zwar vor allem an Stellen, wo die Gefahr von Einträgen sehr groß ist. Es würde sich ein falsches Bild ergeben, wenn nur an unproblematischen Messstellen Untersuchungen durchgeführt würden. Das Gute daran ist, dass wir durch dieses dichte Netz einen ziemlich guten Überblick über die Gesamtsituation erhalten, und der Überblick zeigt, dass es nicht immer sehr rosig aussieht. Pflanzenschutzmittel und ihre Metabolite werden im Grundwasser gefunden, trotz aller rechtlichen Vorgaben und Anwendungsbeschränkungen. Gleiches gilt für Nitrat und andere Nährstoffrückstände. Von 2007 bis 2014 wurden jährlich 100 Grundwassermessungen durchgeführt und ausgewertet. Bei zwölf Prozent davon wurden Überschreitungen der Grenzwerte festgestellt. So war es in Güstrow zu hören und so berichtete auch Minister Backhaus am 27. November im Agrarausschuss.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meiner Annahme ganz richtig liege, dass Sie die Überschreitung von Grenzwerten im Grundwasser vor allem auf die industrielle Tierhaltung zurückführen. Von solchen diffusen Einträgen sind in erster Linie die Oberflächengewässer, auch die Ostsee betroffen. Der Zusammenhang von Standorten gewerblicher Tierhaltungsanlagen und Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser lässt sich durch die Messungen in Mecklenburg-Vorpommern nicht eindeutig belegen. Die meisten Grenzwertüberschreitungen wurden im Einzugsgebiet von Marktfruchtbetrieben festgestellt. Bei den Messungen wird nicht nur nach Nährstoffrückständen gesucht. Insgesamt 233 verschiedene Stoffe, darunter alle eingesetzten und auch bereits seit Längerem verbotene Wirkstoffe und deren Rückstände und Versetzungsprodukte werden gesucht.

Minister Backhaus berichtete von einem gleichbleibenden niedrigen Niveau bei den Pflanzenschutzmittelüber

schreitungen. Das klingt nach Beruhigung, ist aber nach Ansicht meiner Fraktion so nicht hinnehmbar. Im Unterschied zu Ihnen allerdings, Frau Dr. Karlowski, registriere ich durchaus auch beim Minister ein wachsendes Problembewusstsein, und das finden wir erfreulich.

Im Veranstaltungsflyer vom 16. Oktober zu den „Risiken und Nebenwirkungen von Wirkstoffen in Pflanzenschutz- mitteln“ in Güstrow hieß es, ich zitiere: „Für die einen sind es Pflanzenschutzmittel, für die anderen Pestizide. Einst als Segen in die Landwirtschaft eingeführt, um Ertragsausfälle durch Unkräuter, Krankheiten und Insekten zu verhindern, hat sich der Ruf der chemischen Substanzen in der öffentlichen Diskussion deutlich verschlechtert. Standen zunächst die erwünschten Wirkungen im Zentrum der Betrachtungen, sind es heute die Risiken, mit denen ihr Einsatz zweifellos grundsätzlich verbunden ist.“ Zitatende.

Während der Agrarausschusssitzung am 27. November berichtete das Ministerium, dass die von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Grundwassermessstellen relativ oberflächennah sind. Dabei wurden von den 233 untersuchten Pflanzenschutzmittelwirkstoffen 25 verschiedene Wirkstoffe und 15 Metaboliten nachgewiesen. Darunter waren 9 nicht mehr zugelassene Wirkstoffe und ein Wirkstoff ohne aktuelle Zulassung. Das Insektizid Disulfoton ist dabei schon seit über 20 Jahren verboten. Ja, dessen Anwendung war sogar schon zu DDR-Zeiten verboten. Grundwasser hat eben ein Langzeitgedächtnis. Seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr zugelassene Wirkstoffe wie Atrazin oder Simazin finden sich immer noch im Grundwasser. Und alles, was wir heute falsch machen, kommt über kurz oder lang noch hinzu. Deshalb begrüßt meine Fraktion das Anliegen des vorliegenden Antrages.

Allerdings halten wir es nicht für zureichend, die heutige Diskussion auf Nitratbelastungen im Grundwasser zu beschränken und dieses komplexe Problem mit einem einzigen Satz im Antragstext zu behandeln, ohne Vorschläge, was zu tun ist, um die vorhandenen Missstände abzustellen. Das halten wir nicht für angemessen. Was sind wirksamere Maßnahmen als bisher? Warum haben Sie nicht wenigstens die drei Anstriche aus Ihrer Begründung mit in den Beschlusstext aufgenommen? Sie wissen doch, die Begründung wird nicht beschlossen.