Protocol of the Session on December 11, 2014

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Eine grundsätzliche Feststellung kann man sich nicht ersparen, wenn man ernsthaft mit dem Thema umgehen will, und das ist die, dass der überstürzte Ausstieg aus der Atomenergie das größte Hindernis bedeutet, um überhaupt zu einer termingerechten Absenkung der CO2-Emissionen zu kommen. Das ist ein Faktum. Man hat in einer Art Panik etwas beschlossen und begonnen, was jetzt nicht nur der Politik, sondern vor allen Dingen auch der Wirtschaft auf die Füße fällt.

Der Antrag der GRÜNEN ist, wie sehr häufig, auf diesem Feld ideologiegetrieben und sachlich betrachtet überhaupt gar nicht durchzuführen. Wir haben das ja auch schon aus profundem Munde gehört. Der ehemalige Wirtschaftsminister hat hier sehr treffend dazu ausgeführt.

Eine andere Seite der Medaille ist aber – und das kann man nicht ausblenden, wenn man hier die Welt retten

will, Herr Jaeger von den GRÜNEN –, dass man dann auch über die wirklich großen Probleme reden muss, die zum Beispiel in Indien, in China und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika auf diesem Themenfeld zu beackern wären. Das blenden Sie vollkommen aus. Sie suggerieren den Menschen, wenn wir in Deutschland zu einer Lösung kommen und eine hundertprozentige Sicherstellung aus erneuerbaren Energien hinkriegen, dann ist die Welt ein Stück weit gerettet, und wir GRÜNEN sind dann ganz vorne dabei, wenn es heißt, wer hat das denn zu verantworten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die andere Seite ist die juristische Seite. Die wird hier nur sehr, sehr schwach beleuchtet, denn ohne Eigentumsverhältnisse, ohne Rechte, ohne Haftungsgründe zu benennen oder auch ohne Furcht, hier verklagt zu werden, um ganz bestimmte Investitionen und Gewinnerwartungen zu entschädigen – da laufen ja gerade in großem Stile Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland –, kann man das Problem nicht anfassen.

Ich will hier ein praktisches Beispiel geben: Ich gehe nach Nordrhein-Westfalen, wo die GRÜNEN sehr stark mit in der politischen Verantwortung sind, und nehme mir einmal den RWE-Konzern vor. Wenn Sie sich anschauen, wie da die Eigentümerstruktur ist, dann werden Sie feststellen, dass sich ungefähr ein Viertel der Aktien in den Händen von Kommunen oder in der öffentlichen Hand befindet. Und wenn Sie sich die Diskussionen zum Braunkohletageabbau dort anschauen, dann werden Sie feststellen, dass aus diesem Geschäft auch die Kommunen erhebliches Geld generieren, auf das sie nicht verzichten wollen oder können.

Da anzusetzen, bei den wirklich großen Problemen, RWE, um dort eine Lösung langfristiger Natur herbeizuführen – denn kurzfristig wird es nicht gehen, wie wir gehört haben –, das wäre sinnvoller, als hier mit einem Antrag aufzuwarten, wo Sie sagen und einfach behaupten, dass die Wirtschaft problemlos mit dem Abschalten von Kohlekraftwerken mittelfristig fertigwerden würde. Das ist eine Behauptung. Sie legen keine Zahlen vor, Sie schreiben das hier rein und hoffen, dass Ihre Wählerschaft das glaubt, weil sie darauf vertraut, dass der Herr Jaeger schon Bescheid weiß, wie die Weltwirtschaft, wie die Wirtschaft in der Bundesrepublik und ganz besonders wie die Volkswirtschaft hier in Mecklenburg-Vorpommern funktionieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der GRÜNEN ist natürlich geeignet, Wind zu machen. Aber das hilft den Windkraftanlagen nicht weiter, denn wenn draußen kein Wind ist, nur Wind hier im Parlament, generiert von einem Herrn Jaeger und Anträgen, die praxisfremd sind, dann bleibt das Rad ganz einfach stehen, dann kommt kein Strom. Dann müssen Sie erklären – wenn Sie zusätzlich zu dem Risiko, ich spreche von Versorgungssicherheit, und wenn möglich von Autarkie und von Wettbewerbsfähigkeit –, dann müssen Sie bitte schön auch in Ihrem Antrag sagen oder zumindest in der Begründung – denn die war ja hier nicht aufgeschrieben –, wie Sie dieses Problem für unsere Industrie, die wir so gut wie gar nicht haben im Lande, praktisch lösen wollen, Herr Jaeger. Da bleiben Sie jedes Argument schuldig in dieser Richtung.

Wenn man sich dann anschaut, das muss man auch sagen, dass wir im Wettbewerb stehen, denn Energie

braucht auch Wettbewerb, sonst sind wir als Export- nation, als Industrienation nicht mehr wettbewerbsfä- hig, wenn wir hier einen nationalen Alleingang machen und durch Strafen, durch Extrasteuern, durch Abgaben der Industrie in Deutschland das Leben so schwer machen, dass vor drei Monaten im „Handelsblatt“ ein ganz interessanter Aufsatz zu lesen war: „Die Deindustrialisierung Deutschlands hat begonnen.“ Da haben sich namhafte Fachleute geäußert, die ganz klar Ihre Politik der GRÜNEN massiv dafür mit verantwortlich machen, dass hier schon erhebliche Kapazitäten im Bereich der intensiven Energie benötigten Industrie abgewandert sind und in den nächsten zehn Jahren beabsichtigen abzuwandern.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Er hat doch keine Ahnung, dieser Mensch, also!)

Das sind Fakten, aber damit beschäftigt sich natürlich eine GRÜNEN-Fraktion nur am Rande, meine sehr verehrten Damen und Herren.

So lange, wie Kohle massiv günstiger ist als Gas, wird die Industrie Kohlestrom brauchen und auch nehmen, das ist doch klar.

(Heinz Müller, SPD: Jedenfalls rote Lampen sind keine Energieverschwendung.)

Letzter Satz: Wenn Sie künstlich Kohle verteuern wollen sowie den Sprit für die Menschen – 5 Euro wollen Sie da verlangen –,

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dann wird die Industrie das nicht hinnehmen …

Herr Pastörs, kommen Sie zum Ende!

… und abwandern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen lehnen wir – tut mir leid –

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das tut mir nicht leid.)

diesen, ja, man muss schon sagen …

(Der Abgeordnete Udo Pastörs beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt noch mal der Abgeordnete Herr Jaeger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich sage sonst ja nichts dazu, aber, Herr Pastörs, gerade das Thema Kohle macht Ihre verlogene Politik in aller Offenheit deutlich. Wir hatten heute das Thema Biosphärenreservat, da ging es um Lübtheen und den Kohleabbau,...

(Stefan Köster, NPD: Das hatten wir gestern.)

Oder gestern hatten wir das, da können Sie mich jetzt korrigieren. Ja, gestern hatten wir das.

… da waren Sie ganz vorne dabei, den Arm hochzureißen, Sie seien doch diejenigen, die den Widerstand organisiert hätten,

(Udo Pastörs, NPD: Wir sprechen von bestehenden Kohlekraftwerkskapazitäten und nicht von neuen.)

Sie wären doch diejenigen gewesen, die den Widerstand gegen den Kohletagebau Lübtheen organisiert hätten.

(Udo Pastörs, NPD: Da waren wir ganz vorne.)

Jetzt stellen Sie sich gleichzeitig hin und erklären das zur großen Industriepolitik,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau, sehr richtig. – Udo Pastörs, NPD: Nein, nein, nein, nein!)

Ihre Kohleförderung. Das ist total verlogen. Da müssen Sie sich mal entscheiden,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jawohl, sehr gut, Herr Jaeger.)

ob Sie reines Sankt-Florian-Prinzip machen: „Verschon‘ mein Haus, zünd and‘re an!“ Andere Ortschaften werden abgebaggert, aber in Lübtheen kämpfen Sie.

(Udo Pastörs, NPD: Das, was Sie hier tun, ist unredlich.)

Das ist verlogen und das können wir einfach mal vergessen, tut mir leid. Das ist wirklich unredlich, was Sie hier gemacht haben.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

Aber jetzt zu den anderen Sachen.

(Stefan Köster, NPD: Sie machen die Industrie im Land kaputt.)

Das eine ist, und darum ging es in dem Antrag natürlich überhaupt nicht, es ging in dem Antrag nicht darum, ein Konzept für die Zukunft der Stromversorgung in Deutschland vorzutragen – da gäbe es natürlich viel mehr zu sagen –, darum geht es überhaupt nicht, sondern der zentrale Anlass ist das Thema Klimaschutz, die Weltklimakonferenz, die im Moment in Lima vorbereitet wird, und da zu sagen, was ist der Beitrag, den wir leisten müssen.

Nun kann man sagen, das ist auch mehrfach gesagt worden, wir haben 24 Prozent geschafft, 40 wollen wir erreichen, die Tendenz stimmt, aber sie stimmt eben leider nicht. In den letzten zwei Jahren ist mehr CO2 in Deutschland ausgestoßen worden und da sind wir, da ist auch die Bundeskanzlerin, die da hinterm Licht steht, weil sie sich selbst sozusagen als Klimakanzlerin gesehen hat, in der Pflicht, etwas in dieser Richtung zu tun.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wenn man sich die Zahlen in der Bundesrepublik anguckt, dann sieht man sehr schnell, dass es das ist, was noch am einfachsten ist, auch wenn es schwierig ist,

(Egbert Liskow, CDU: In NRW, sage ich nur, Rot-Grün.)

im Bereich der Stromversorgung etwas zu machen und beim Kohleausstieg weiterzukommen.

So, jetzt hatten wir alle gesagt, Kohleausstieg ist grundsätzlich die richtige Richtung, sonst schaffen wir es, glaube ich, nicht, beim CO2-Ausstieg erheblich zurückzugehen.

(Egbert Liskow, CDU: NRW!)

Die Frage ist: mittelfristig oder langfristig? Um es jetzt noch mal zu erklären: Es ist richtig, dass es schwierig zu definieren ist. Wenn man ins Internet guckt, dann sind „mittelfristig“ 10 Jahre. Dann wäre „lange“ also logisch für „langfristig“. „Langfristig“ ist definiert mit 50 Jahre. Und genau um den Zwischenzeitraum geht es. Es geht um eine Zeit von 40/45 Jahren, jedes Kraftwerk läuft 40/45 Jahre. So würden wir das definieren. Wir fangen natürlich nicht an, die effizientesten Kohlekraftwerke zuerst abzuschalten, sondern die, die den geringsten Wirkungsgrad haben, die nichts für die Kraft-Wärme-Kopplung tun. Das sind die Ersten, die dann vom Netz gehen.

(Egbert Liskow, CDU: Dann fangen Sie doch in NRW endlich an!)