Protocol of the Session on November 13, 2014

Und auch deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, erscheint es im Nachhinein wie ein historisches Wunder, dass das Ende der Diktatur 1989/90 gänzlich unblutig verlief. Es scheint im europäischen Kontext wie ein Wunder. Und gerade aus deutscher Sicht erscheint es wie ein Wunder, denn, das werden Sie alle wissen, wir hatten in Deutschland mit unseren Revolutionen sonst nicht so viel Glück. Sie sind entweder stets gescheitert oder sie mündeten anschließend in riesig großem Unglück. Weder haben es die Deutschen in ihrer Geschichte vermocht, sich gegen ihre ehemaligen Fürsten aufzulehnen, noch haben sie es geschafft, den Fürsten über einen längeren Zeitraum tatsächlich bürgerliche Rechte abzutrotzen. Umso erstaunlicher ist es, dass es den Deutschen, und zwar den Deutschen in der ehemaligen DDR, geglückt ist, etwas in die Geschichtsbücher von Deutschland zu schreiben, wofür ich – und ich hoffe, auch im Namen des einen oder anderen meiner Generation sprechen zu können – bis heute zutiefst dankbar bin.

Umso bedauerlicher ist es, dass diese gewaltige historische Leistung, um die es damals ging 1989/90, dass die von vielen anderen Anpassungsprozessen überlagert wurde. Es gab viele andere Diskussionen. Es war für die Leute schnell wichtig zu sagen: Warum bin ich eigentlich jetzt arbeitslos geworden? Wieso wird mein Betrieb abgewickelt? Und auch darauf, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf diese schwierigen Anpassungsprozesse möchte ich in meiner Rede gern noch eingehen.

Aber ich möchte noch etwas zu Solidarność sagen, zu Michail Gorbatschow und zu dem Mann, der sowohl auf Solidarność als auch auf Gorbatschow Einfluss genommen hat, und der kommt ja heute in der historischen Betrachtung immer etwas zu kurz. Das ist – und das stört den einen oder anderen vielleicht, wenn ich das so sage, aber es ist historisch belegbar –, das ist Papst Johannes Paul II. Michail Gorbatschow hat in seinen Memoiren geschrieben, deswegen ist das nicht von mir, ich will mir nicht zutrauen, darüber die Deutungshoheit zu haben, aber Gorbatschow schreibt, das fiel mir dieser Tage in die Hand: „Alles, was in den letzten Jahren in Osteuropa geschehen ist, wäre ohne diesen Papst nicht möglich gewesen.“

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Als Erzbischof von Krakau stand der Papst den Machthabern kompromisslos gegenüber und nachdem er als Papst triumphal in Polen einzog, entstand Solidarność. Das ist die historische Wahrheit und wurde aufgeschrie

ben von Michail Gorbatschow. Wie kein Zweiter hat der Papst durch unzählige Reisen und Gespräche entscheidend dazu beigetragen, dass es 1989 und 1990 zum Dialog kam und eben nicht zur Konfrontation. Die historische Leistung des Papstes ist für das Ende des Kalten Krieges sicherlich schwer zu greifen. Deshalb ist es auch schwierig, sie abschließend zu würdigen. Aber gerade aus diesem Grund war es mir ein Anliegen, an das Wirken des damaligen Papstes heute hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern noch mal zu erinnern.

Erinnern möchte ich an dieser Stelle auch an das erste sichtbare Zeichen für das nahende Ende der DDR. Auch wenn der untergegangene Staat im Oktober 1989 – und auf das Bild bin ich schon eingegangen – noch trotzig sein 40-jähriges Jubiläum feierte, so war schon im Mai 1989 sichtbar, dass sich in der DDR wahrscheinlich Veränderungen anbahnten und abzeichneten.

Erstmals versammelten sich nach der Schließung der Wahllokale in den Wahllokalen Bürger, um die Auszählungen der Stimmen zu beobachten. Und in so gut wie allen Wahlkreisen wurden von den Beobachtern deutlich mehr Neinstimmen registriert als offiziell bekanntgegeben. Diese erstmals bewiesene Wahlfälschung bewirkte, dass sich die Oppositionsbewegung in der DDR gestärkt fühlte. Am 7. jeden Monats kam es fortan zu Demonstrationen. Diese Demonstrationen fanden anfänglich noch unter großen Repressalien statt, aber sie wurden zahlreicher. Und auch die Menschen, die sich trauten, Veränderungen einzufordern, wurden zahlreicher. Die Demonstrationen, vor allem die Montagsdemonstrationen, läuteten das letzte Kapitel der DDR ein.

Diese Demonstrationen fanden eben nicht nur in Leipzig statt. Es gab damals einen Ausspruch, Frau Gajek wird ihn wahrscheinlich noch kennen: „Ihr sollt wissen, dass der Norden nicht schläft, sondern hellwach und ebenso engagiert teilnimmt am laufenden Geschehen.“ Es kam damals sogar dazu, dass Autos aus dem ehemaligen Bezirk Rostock in Sachsen beschädigt wurden.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kein Benzin bekamen.)

Und laut einem Satz in dem Appell, den die Mitglieder des Neuen Forums am 17.10.1989 verabschiedeten und mit dem sie sich an alle Menschen der Nordbezirke wandten: Ja, die Revolution begann im Süden der ehemaligen DDR, was sogar dazu führte, dass Autos mit Kennzeichen – das habe ich Ihnen eben schon erzählt – beschädigt wurden, aber es gab gewisse Parallelen zum Volksaufstand 1953.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in unserem heutigen Bundesland waren es im Übrigen Tausende mutige Frauen und Männer, die für Freiheit und Demokratie auf die Straße gingen, ohne dass sie wussten, ob das mit persönlichen Konsequenzen für sie enden würde, oder sie hatten wahrscheinlich mit persönlichen Konsequenzen zu rechnen.

Und was sehr eindrücklich für mich geschildert wurde, war von Rainer Prachtl, nicht gestern in seiner Rede, sondern in einer Podiumsdiskussion, die ich vor 14 Tagen von ihm gehört habe, wo er gesagt hat: Als ich mich mit meiner Frau im Oktober 89 von unserem Kind verabschiedet habe, habe ich gesagt, pass auf, wir wissen

nicht, ob Mama und Papa heute wiederkommen. Wenn wir nicht wiederkommen, dann gehst du bitte rüber zur Oma, klingelst und bleibst da solange.

Können Sie sich heute noch vorstellen, unter welchem Druck diese Menschen gestanden haben? Und sie waren trotzdem so mutig, sind auf die Straße gegangen und hatten als einzige Waffen die Kerzen und das gesprochene Wort. Ich kann nur sagen: Das sind die echten Demokraten, die man auch heute in diesem Land noch braucht, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und die Zahlen sprechen auch in Mecklenburg-Vorpom- mern eine eindeutige Sprache: Am 19. Oktober gab es 10.000 Teilnehmer in Rostock an den Demonstrationen, am 20. Oktober 200 in Anklam, am 23. Oktober 40.000 in Schwerin und 6.000 in Stralsund, am 25. Oktober 3.000 in Bad Doberan, 2.000 in Loitz, 1.000 in Neustrelitz, am 26. Oktober 4.000 in Parchim, 2.500 in Röbel, 1.200 in Teterow und dazu diverse Demonstrationen in Boizenburg, Ludwigslust und Wittenburg.

Heute, 25 Jahre danach, freuen wir uns über den Mauerfall anlässlich eines runden Jubiläums und wir beginnen zugleich, den Mauerfall und die Veränderungen, die es in unseren Dörfern und Städten, in Schulen und Vereinen gegeben hat, langsam zu realisieren und emotional zu verarbeiten. Ich nehme es aus Gesprächen wahr und ich nehme es auch medial wahr, dass wir das große Glück, was der Mauerfall bedeutet hat, erst jetzt vielleicht wirklich anfangen zu begreifen. Der Anpassungsprozess in den Jahren nach dem Mauerfall war für viele Menschen brutal. Was gestern in der DDR noch als Gewissheit galt, war heute diskreditiert, Lebensentwürfe mussten plötzlich völlig neu geschrieben werden und für viele, allzu viele Menschen brachte das Ende der DDR zwar materielle Verbesserungen mit sich, aber auch ein Phänomen, das in der DDR, zumindest offiziell, unbekannt war, nämlich die Arbeitslosigkeit. Und im Westen wie im Osten wurde der Jubel über die Einheit plötzlich übertönt von Begriffen wie „Treuhand“ oder, über den Begriff diskutieren wir heute noch, „Solidaritätszuschlag“.

Heute, 25 Jahre danach, gelingt es vielen Menschen, erstmals Luft zu holen und zurückzuschauen auf 25 sehr bewegende Jahre, die bei allen Schwierigkeiten für unser Land gute Jahre waren. Ja, die Arbeitslosigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, das wissen Sie, ist auch noch heute zu hoch. Ja, die wirtschaftlichen Erfolge sind kleiner, als wir sie uns vielleicht vor 25 Jahren gewünscht haben. Aber heute sind nicht nur unsere Städte und unsere Dörfer erblüht, unsere Jugend verlässt nicht mehr in Scharen das Land, um im Westen das Glück zu suchen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Viele finden erst heute die Gelegenheit, das Glück, das die Einheit mit sich brachte, wirklich zu genießen. Und deswegen halte ich es auch nach wie vor für wichtig, dass wir uns an die DDR erinnern und daran, wie die DDR funktioniert hat, wie sie Biografien zerstörte und wie sie Menschen nur dann Glück, auch im Kleinen und im Privaten, zugestand, wenn sie sich zumindest öffentlich der Diktatur der SED unterwarfen. Ich werde darauf noch näher eingehen.

Heute, 25 Jahre danach, muss uns mehr denn je daran gelegen sein zu benennen, wer in der DDR wofür Verantwortung trug. Ich habe zwar keinerlei Furcht davor, dass die DDR jemals wiederkommt, aber nichtsdestotrotz muss man darauf immer wieder hinweisen.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, die permanente Aufarbeitung der Geschichte lohnt dennoch. Deutschland ist infolge der 68er-Bewegung daran gewachsen, sich sehr, sehr kritisch mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

Ich bin Lichtjahre davon entfernt – das werden Sie mir wahrscheinlich abkaufen –, dass ich alles gut fand, was in der 68er-Bewegung in Westdeutschland/alt so passiert ist, aber es hat wohl entscheidend dazu beigetragen, dass Jugendliche und junge Erwachsene unbequeme Fragen an ihre Väter und Großväter gestellt haben, um zu fragen: Wie war eigentlich damals deine Verantwortung?

Und jetzt sind wir übrigens genau 25 Jahre danach, ähnlich wie 1968 nach dem Zweiten Weltkrieg,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

wo vielleicht die jungen Menschen heute kritisch danach fragen können: Wie war das eigentlich in der ehemaligen DDR? Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten diese Gelegenheit reichlich nutzen, den jungen Menschen zu erzählen, was denn damals in der DDR so losgewesen ist. Und damit verbunden ist insbesondere die Frage danach, wer natürlich in der DDR Verantwortung trug.

Mir ist bewusst, dass meine Partei – die CDU, damals als Ost-CDU – nicht die Keimzelle des Widerstandes in der DDR war. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass die CDU in der Sowjetzone nach dem Zweiten Weltkrieg sich zunächst kaum von der CDU in Westdeutschland unterschied. Erst nach der Ermordung, Ausgrenzung und Flucht derjenigen Mitglieder, die allzu offen mit der Entwicklung im Osten nicht einverstanden waren, wurde die Ost-CDU zu einem gleichgeschalteten Bestandteil der DDR.

Jedem, der die Ost-CDU und die SED gleichzusetzen versucht, empfehle ich noch mal einen Blick in die biografische Dokumentation „Verfolgt und entrechtet – Die Ausschaltung Christlicher Demokraten unter sowjetischer Besatzung und SED-Herrschaft 1945–1961“. Das Buch wurde 1998 herausgegeben und es schildert eindrucksvoll das Schicksal vieler Christdemokraten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele von ihnen mussten dieses politische Engagement im Übrigen auch mit ihrem Leben bezahlen. In den drei Nordbezirken Schwerin, Rostock und Neubrandenburg wurden nach Angaben des Rostocker Dokumentationszentrums circa 330 CDU-Mitglieder verfolgt, verurteilt und zum Teil hingerichtet. Stellvertretend für alle Opfer möchte ich an drei Opfer aus unserem Bundesland erinnern:

Arno Franke, geboren am 29.05.1914 in Nielitz, was heute zu Loitz gehört, arbeitete als Landwirt, wurde am 15.03.1950 auf seinem Hof verhaftet und am Demmlerplatz in Schwerin inhaftiert, am 13.09.1950 zum Tode verurteilt und am 15.12.1950 in Moskau hingerichtet.

Gerhard Priesemann, 1911 in Rostock geboren, war Lehrer und CDU-Mitglied, wohnte in der RathenauStraße in Schwerin, übrigens hier ganz in der Nähe, wurde am 30.08.1950 auf dem Weg zur Arbeit, ohne dass er wusste, was auf ihn zukommt, in der Nähe des Schlosses verhaftet – ihm wurde zum Verhängnis, dass er den Kontakt zum abgesetzten Vorsitzenden der OstCDU Jakob Kaiser weiter pflegte –, wegen angeblicher Spionage am 03.02.1951 ohne ordentliches Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt und am 14.05.1951 in Moskau erschossen. Gerhard Priesemann hinterließ im Übrigen eine Frau und vier Kinder und seine Nachkommen leben heute noch in Schwerin.

Peter Püschel, geboren am 09.04.1927 in der Nähe von Greifswald, 1947 tritt er der CDU bei, wird in Rostock ihr Kreisjugendreferent und arbeitet als Berichterstatter für die damalige CDU-Zeitung „Neue Zeit“. Im Zuge der Auseinandersetzung um Jakob Kaiser floh er nach Westberlin am 28.02.1950. Wegen des Verteilens von Flugblättern gegen die SED in Potsdam wurde er verhaftet, am 22.11.1950 an die Sowjetunion übergeben, am 20.06.1951 zum Tode verurteilt und am 24.09.1951 in Moskau erschossen.

Aber es waren selbstverständlich nicht nur Christdemokraten, sondern auch Liberale und Sozialdemokraten lehnten sich gegen das System auf. Die Verfolgung durch das Regime traf alle Berufsgruppen und alle Bevölkerungsschichten, auch Kommunisten, so auch Rudolf Parrhysius, geboren am 10.10.1890, wohnhaft in Schwerin und Mitglied der SPD. Er war beschäftigt im Lohnbüro der Landesregierung Mecklenburg und wurde verhaftet am 25.03.1950 in Schwerin – Grund: angebliches Mitglied einer Schweriner Widerstandsgruppe. Parrhysius wurde mit elf weiteren Verdächtigen am 09.12.1950 zum Tode durch Erschießen verurteilt. Das Präsidium des Obersten Sowjets lehnte sein Gnadengesuch am 15.03.1951 ab. Das Todesurteil wurde am 20.03.1951 vollstreckt unter dem Deckmantel der sogenannten Boykotthetze, wie es im damaligen Artikel 6 der Verfassung formuliert war.

Ich will Ihnen damit nur sagen, dass aufrechte Demokraten nach dem Zweiten Weltkrieg in der DDR verfolgt, verhaftet und getötet wurden. Und ja, es ist wahr, meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, es ist wahr, erst Ende der 80er-Jahre, als es erstmals eine Chance auf Veränderungen in der DDR gab, gab es die ersten mutigen Christdemokraten, die sich auch trauten 1989 im September – die jetzige Ministerpräsidentin von Thüringen gehört im Übrigen dazu –, im sogenannten Weimarer Brief Forderungen an die SED zu stellen. Und mit diesem Schritt, meine sehr geehrten Damen und Herren, waren auch Teile der CDU am Umbruchprozess beteiligt. Zugleich hat sich die Ost-CDU sehr eindeutig und auch sehr frühzeitig zu ihrer historischen Verantwortung in 40 Jahren DDR bekannt.

Ich habe mir den Parteitagsbeschluss der dann wieder neu gegründeten CDU Mecklenburg-Vorpommern rausgesucht. Ich will ihn jetzt nicht in allen Punkten zitieren. Aber der erste Satz fing mit einer Entschuldigung an: „Wir entschuldigen uns für die Verantwortung, die wir in der Ost-CDU getragen haben, um dieses Staatssystem, diesen Unrechtsstaat aufrechtzuerhalten.“

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich Ihnen vorgelesen habe, wie man Anfang der 50-Jahre mit den aufrechten Demokratinnen und Demokraten umge

gangen ist, dann stelle ich mal die Frage hier im Landtag: Wer von Ihnen wäre denn so aufrecht, auf der einen Seite droht die Guillotine, auf der anderen Seite die Überzeugung, wer von Ihnen wäre so aufrecht und wäre den Weg weitergegangen? Die Frage müssen wir uns heute beantworten. Und deswegen verbietet sich für mich, einen Vergleich oder ein Gleichheitszeichen zu setzen zwischen SED und ehemaligen Blockparteien.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das liegt an dem Allmachtsanspruch der SED und an der Art und Weise, wie man versucht hat, die Blockparteien zu beugen. Und wie ich Ihnen eben vorgelesen habe, ging man dabei sehr rigoros mit den Menschen ins Gericht, die sich dort nicht beugen wollten.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und, Herr Andrejewski, weil Sie es immer noch nicht verstanden haben, zitiere ich gern noch mal die DDRVerfassung:

(Michael Andrejewski, NPD: Danke schön.)

„Sie“, die DDR, „ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei.“

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und wer immer sich dem nicht unterwarf, Herr Andrejewski,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

und wer immer sich dem nicht unterwarf, der wurde im schlimmsten Fall entrechtet und danach sogar ermordet.

Wer sich den Dingen unterwarf – das will ich auch gern sagen, weil ich gehöre zu einer Familie, die auch im Osten gelebt hat –, der konnte in der DDR durchaus sein privates Glück suchen und auch finden. Dass diese Perspektive den meisten Menschen als das kleinere Übel erschien, kann ich nach den Schilderungen, die ich Ihnen eben vorgelesen habe, durchaus gut nachvollziehen. Ich bleibe auch bei meiner Aussage, das gab es aber nicht wegen der DDR, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern das gab es trotz der DDR.

Und doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, waren die Menschen unfrei. Man muss übrigens nicht wissen, dass man unfrei ist, um unfrei zu sein. Die Menschen sind dann unfrei, wenn sie sich damit abgefunden haben, dass sie das Träumen aufgeben müssen. Und es ist ein Grund zur Freude, dass es am Ende der DDR genügend Menschen gab, die sich von der „Wohlfühldiktatur“ nicht korrumpieren ließen. Nicht umsonst stand auf den ersten Plakaten auf den Demos in Leipzig nicht Wiedervereinigung, sondern schlicht und ergreifend, Frau Gajek, Freiheit, Freiheit, Freiheit, Freiheit. Das sollten sich insbesondere all jene gut merken, die vielleicht bei dem einen oder anderen Thema zum Relativieren neigen.