Protocol of the Session on February 1, 2012

Gestatten Sie mir kurz einige Anmerkungen zum Inhalt des Gesetzentwurfes und zum Beratungsverlauf: Es geht also, wie gesagt, um einen Staatsvertrag, der zwischen vier anderen Bundesländern geschlossen worden ist und dem wir als Land Mecklenburg-Vorpommern beitreten wollen. Der Vertrag betrifft die Überwachung von Straftätern mithilfe der sogenannten elektronischen Fußfessel. Die Möglichkeit, diese Fußfessel einzusetzen, beruht auf Bundesrecht. Der Staatsvertrag sieht nun die Zusammenarbeit der Bundesländer bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung vor. Bei unseren Beratungen hat auch die Funktionsweise der Fußfessel eine Rolle gespielt und Frau Ministerin Kuder hat, wie ich fand, sehr umfangreich darüber informiert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?)

Da das von allgemeinem Interesse ist, will ich kurz noch einmal darauf eingehen. Die Fußfessel ist mit einem GPS-Sender ausgestattet, ähnlich wie ein Navigationsgerät. Sie sieht aus wie eine Plastikarmbanduhr, wird aber am Fußgelenk unter der Hose getragen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das überrascht jetzt!)

sodass sie von niemandem, Herr Kollege Ritter, von niemandem zu sehen ist. Sie meldet permanent den Aufenthaltsort des Trägers. Wenn der Träger eine bestimmte Verbotszone betritt, wird eine Meldung an die technische Überwachungszentrale gesendet. Diese unterrichtet nach einer fachlichen Bewertung im Verletzungsfall die Polizei und den zuständigen Bewährungshelfer vor Ort. Der Bewährungshelfer kann dann weitere Maßnahmen in Zusammenarbeit mit der Führungsaufsichtsstelle einleiten. Zurzeit wird die inhaltliche Bewertung einer solchen Grenzverletzung noch dezentral für unser Bundesland durch das Landeskriminalamt vorgenommen. Das wird – das sieht dieser Staatsvertrag vor und es ist hier auch so vereinbart – wie die technische Überwachung dann in Zukunft in das Bundesland Hessen gehen.

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die Möglichkeit, eine solche elektronische Fußfessel im Rahmen der Führungsaufsicht bei verurteilten Straftätern anzuwenden, ist auf Bundesebene zum 1. Januar 2011 durch eine entsprechende Ergänzung des Strafgesetzbuches eingeführt worden. Sie muss durch ein Gericht angeordnet werden, da sie für den Betroffenen einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre darstellt. Bei dem Staatsvertrag, und das ist für mich auch noch mal sehr wichtig zu sagen, über den wir im Ausschuss beraten haben, geht es aber nur um die Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung, für die wir als Land zuständig sind.

Hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Aspekte der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle hat uns der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herr Dankert, im Ausschuss grünes Licht gegeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Rahmen der Beratung wurde auch angesprochen, dass der Staatsvertrag, über den wir zu beraten hatten, in seinem Artikel 4 weitere Möglichkeiten des Einsatzes der elektronischen Fußfessel vorsieht. Und dazu muss man sagen, bei uns in Deutschland gilt, für eine solche Ausdehnung des Einzugsgebietes der elektronischen Fußfessel müssen erst die notwendigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Nach heutiger Gesetzeslage ist der verbindliche Einsatz der elektronischen Fußfessel nur aufgrund einer Anordnung des Gerichts im Rahmen der Führungsaufsicht unter den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen möglich.

Von den Oppositionsfraktionen ist auch während der Beratung kritisch hinterfragt worden, ob mit dem Einsatz der elektronischen Fußfesseln die Gefahr eines sogenannten Sparvollzugs verbunden ist, nämlich, dass im stärkeren Maße auf Resozialisierungsmaßnahmen und weitere begleitende Maßnahmen, etwa durch die Bewährungshilfe, verzichtet werde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, und das hat auch die Beratung im Ausschuss gezeigt, die elektronische Fußfessel ist kein Allheilmittel. Wir können uns nicht darauf ausruhen und sagen, diese Person trägt eine elektronische Fußfessel und ist damit versorgt, um deren Resozialisierung brauchen wir uns nicht mehr zu kümmern.

Diesem Eindruck hat auch Frau Justizministerin Kuder in unserem Ausschuss entschieden widersprochen und ist dem entgegengetreten. Sie hat ausdrücklich betont, dass es sich lediglich um ein zusätzliches Instrument handelt, um Rückfalltaten soweit wie möglich zu vermeiden und den Schutz der Öffentlichkeit zu verbessern. Für unser Land hat die Justizministerin in unserem Ausschuss ausgeschlossen, dass es aufgrund der elektronischen Überwachung zu einer Reduzierung von Resozialisierungsmaßnahmen irgendeiner Art kommen werde.

Und ich denke, wir als Land brauchen uns auch auf diesem Gebiet nicht zu verstecken. Gerade mit unserem Landesamt für ambulante Straffälligenarbeit haben wir, wie ich finde, Impulse auch für andere Bundesländer gesetzt.

Doch zurück zum Gesetzentwurf: Mittlerweile haben auch die Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und das Saarland ihren Beitritt zum Staatsvertrag erklärt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im ursprünglichen Gesetzentwurf war noch kein Datum für das Inkrafttreten des Vertrages zwischen den vier ursprünglichen Vertragspartnern enthalten. Zwischenzeitlich hat nun die Landesregierung mitgeteilt, dass der Staatsvertrag zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist. Dementsprechend hat der Ausschuss daher einstimmig die entsprechende Änderung im Artikel 1 des Gesetzentwurfes empfohlen. Mit dieser Änderung und im Ergebnis einvernehmlich bei Stimmenthaltung vonseiten der Fraktion DIE LINKE sind die

Artikel 1 und 2 und ist somit die Beschlussempfehlung insgesamt zustande gekommen.

Es bleibt mir nur noch, mich heute bei allen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Mitarbeit und für das gute Miteinander zu bedanken. Ich bitte Sie im Namen des Europa- und Rechtsausschusses um Ihre Zustimmung für die erarbeitete Beschlussempfehlung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Müller.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Frau Drese für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Errichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder steht im Zusammenhang mit der Aufenthaltsüberwachung mithilfe der sogenannten elektronischen Fußfessel. Gerichte können das Tragen einer elektronischen Fußfessel als eine weitere Weisung in der Führungsaufsicht anordnen. Die Fußfessel dient der Kontrolle der Einhaltung von gerichtlichen Auflagen, vor allem solchen Auflagen, die sich auf bestimmte, durch einen Straffälligen nicht zu betretende Zonen beziehen.

Durch die länderübergreifende Zusammenarbeit soll ein flächendeckendes elektronisches Überwachungssystem aufgebaut werden. Eine konzertierte Vorgehensweise der Bundesländer ist diesbezüglich sinnvoll, da die Fußfessel eine freie Bewegung innerhalb Deutschlands erlaubt, wenn auch unter bestimmten Auflagen und unter Beobachtung. Durch eine Gemeinsame elektronische Über- wachungsstelle der Länder können bei Gefahrensituationen sofort notwendige Maßnahmen in die Wege geleitet werden. Auch trägt die Überwachungsstelle dazu bei, die Anzahl unnötiger Einsätze der Polizei zu vermindern. Die elektronische Fußfessel eröffnet zudem die Möglichkeit, rückwirkend den Aufenthaltsort des Betreffenden bestimmen zu können, was eine abschreckende Wirkung haben wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist ein weiteres Element zum Schutz der Bevölkerung vor Straftaten und sie ist ein wichtiges Instrument, um Rückfalltaten zu verhindern. Die Zusammenarbeit der Länder bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung wird ein erfolgreicher Beitrag zum Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten sein. Davon bin ich überzeugt. Die SPD-Fraktion stimmt aus diesem Grund der Beschlussempfehlung zu.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Drese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder ist dann sinnvoll, wenn man die elektronische Aufenthaltsüberwachung für eine richtige Maßnahme hält. Das ist sie aber nicht in jedem Fall. Straftäter, die nach Verbüßung ihrer Haft keine Gefahr mehr für Leib und Leben der Bürger darstellen, sollen durchaus die Möglichkeit erhalten, sich langsam wieder an die Freiheit zu gewöhnen. Sie einfach so auf die Straße zu setzen, von einem Tag auf den anderen, unkontrolliert und sich selbst überlassen, hieße, sie mutwillig in die Kriminalität zurückzudrängen. Deshalb gibt es für die Zeit nach der Entlassung die Führungsaufsicht und je nach Persönlichkeit des Verurteilten kann es angebracht sein, sich nicht nur auf seinen guten Willen zu verlassen, sondern sich über seinen jeweiligen Aufenthaltsort mit elektronischen Hilfsmitteln zu informieren. Das könnte ihn von dummen Gedanken abhalten und die Aufklärung von Straftaten, die er dann vielleicht dennoch begeht, enorm erleichtern.

Völlig unakzeptabel ist die elektronische Aufenthaltsüberwachung aber als Ersatz für die Fortdauer der Haft bei Schwerverbrechern, wie bei gewohnheitsmäßigen Gewalttätern, Vergewaltigern und ganz besonders bei denen, die sich an Kindern vergangen haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja, das ist ja wieder sein Lieblingsthema.)

Der Gesetzentwurf bezieht sich hier auf die aktuelle Rechtslage bei der Sicherheitsverwahrung. Es ist die Rede davon in der Begründung, dass die Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung der Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor rückfallgefährdeten Straftätern mit ungünstiger Sozialprognose diene. Gleichzeitig gibt man zu, dass durch dieses Kontrollsystem die Begehung von Straftaten nicht ausgeschlossen werden kann. Gemeint damit ist vor allem die Art von Straftaten, wie sie von Kriminellen begangen werden, bei deren Verurteilung die Gerichte leider versäumt haben, zusammen mit der Zeitstrafe die Sicherheitsverwahrung anzuordnen

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

oder sich diese wenigstens vorzubehalten, und die nun nach und nach freigelassen werden müssen, denn die nachträgliche Anordnung der Sicherheitsverwahrung ist dank des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte unzulässig geworden. Das sind keine Eierdiebe, die man da laufen lässt, sondern häufig Triebtäter, vor deren Freisetzung sogar die zuständigen psychiatrischen Gutachter eindringlich warnen. Diesen Tätern ist es egal, ob der Staat ihren Aufenthaltsort kennt, wenn es sie wieder packt, wenn sie eine Gelegenheit sehen, ihre kranken Fantasien wahr zu machen.

(Heinz Müller, SPD: Sie haben auch kranke Fantasien.)

Das sind wandelnde Zeitbomben. Die elektronische Fußfessel hindert sie nicht am Quälen, Töten und Vergewaltigen. Solche Leute müssen für immer weggesperrt werden, es sei denn, man spielt gerne mit Menschenleben und vertritt die Auffassung, liberale Wahnvorstellungen, wie das Dogma, jeder sei resozialisierbar, seien alljährlich ein paar ermordete Kinder wert.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ja wohl jetzt ein bisschen hart, was?!)

Die NPD glaubt das nicht. Elektronische Überwachung ist nur akzeptabel bei Straftätern minderer Gefährlichkeit, aber nicht bei menschlichen Bestien.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, oh!)

Außerdem ist zu befürchten, dass wir es hier mit einem Versuch zu tun haben, auf Kosten der Sicherheit der Bevölkerung Einsparungen vornehmen zu wollen.

(Udo Pastörs, NPD: Darum gehts!)

Nicht der gerade erwähnte Sparvollzug, ein Haftplatz ist teuer. Würde man immer weniger Straftäter zu Freiheitsstrafen verurteilen und sie dafür lediglich mit elektronischer Überwachungstechnik ausstatten, könnte sogar das eine oder andere Gefängnis zugemacht werden, passend zu den Plänen, Amtsgerichte zu schließen. Das ist eine Versuchung für einen Pleitestaat. In den USA wird das schon gemacht: Bankrotte Landkreise können sich den Betrieb von Haftanstalten nicht mehr leisten und die Gefangenen sind sich selbst überlassen. Eine Teilzeitkraft beaufsichtigt dann 100 Gefangene, so geschehen in Jefferson County in Alabama. Noch billiger wäre natürlich flächendeckende elektronische Überwachung bei Einsparung von Haftplätzen. Das kann nicht akzeptiert werden, am Schutz der Bürger kann nicht gespart werden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das tut auch keiner!)

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Silkeit für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Justizministerin hat in der 3. Landtagssitzung sehr umfänglich über die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder berichtet. Sie hat die Funktionsweise der elektronischen Fußfessel dargestellt, sie hat uns die rechtlichen Grundlagen präsentiert. Der Kollege Müller hat sehr umfangreich über unsere Arbeit im Rechtsausschuss informiert und ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe dem nichts weiter hinzuzufügen.

Bad Vilbel arbeitet seit dem 1. Januar. Am 22. Januar hat der hessische Justizminister die Gemeinsame Überwachungsstelle eröffnet. Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen dort viel Erfolg und Ihnen empfehle ich, den vorliegenden Gesetzentwurf anzunehmen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Silkeit.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vorsitzende des Rechts- und Europaausschusses hat in seinem Bericht den Verlauf der Beratung des vorliegenden Staatsvertrages dargestellt.

Die Fraktion DIE LINKE hat sich bei der Abschlussberatung der Stimme enthalten. Das werden wir auch heute tun. Bereits bei der Ersten Lesung habe ich auf ein paar Probleme, die wir im Verlauf des Verfahrens geklärt haben möchten, hingewiesen. Das ist zum Teil auch geschehen, dennoch bleiben Zweifel an der Richtigkeit des nun eingeschlagenen Weges. Bereits in der ersten Sitzung habe ich für meine Fraktion betont, selbstverständlich wollen die Abgeordneten meiner Fraktion alle Möglichkeiten zur Erhöhung der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger prüfen und, wenn möglich, notwendige Gesetzesinitiativen beziehungsweise Entscheidungen mittragen. Auch begrüßen wir, dass gemeinsam mit den anderen Ländern geprüft wurde, was man gemeinsam auf den Weg bringen kann, um Kosten zu sparen.