Ich wohne seit meinem dritten Lebensjahr in der Gegend zwischen Peene und Tollense, ich bin dort zu Hause.
Der Widerstand kommt keineswegs nur aus den Reihen Zugezogener oder von Leuten aus dem Westen, wie oft behauptet wird. Es sind Menschen, die zum Teil seit Generationen hier leben und hier tief verwurzelt sind. Sie fürchten die Folgen für die Umwelt, sie wollen nicht, dass das schöne Tollensetal zur Kloake wird. Es sind nicht Ökofreaks, die sich dem Fortschritt verweigern. Das ist Unsinn! Zu denen, die diese Anlage nicht wollen, gehören auch Menschen, die mit und in der Landwirtschaft groß geworden sind, eben auch konventionelle Landwirte, wie die Kröcherts aus Daberkow oder Carl Hesse aus Plötz, die ihre Flächen nebenan bewirtschaften.
Für die meisten Kritiker der Riesenanlage steht außer Frage, dass die Landwirtschaft zur Region gehört, auch mit Kuh- und Schweineställen. Sie wollen aber eine nachhaltige Landwirtschaft, die Rücksicht auf Mensch, Umwelt und Natur nimmt. Sie wollen eine Landwirtschaft, die bodengebunden ist, klimafreundlich und die Tiere artgerecht hält. Kleinere Einheiten, die in die Region passen, die sich behutsam einordnen – ja, das wird akzeptiert. Es ist keine Illusion und keine Spinnerei, ein gedeihliches Nebeneinander von Mensch, Tier und Pflanzenwelt einzufordern. Viele Beispiele des bäuerlichen Wirtschaftens haben längst bewiesen, dass es geht, etwa in der Uecker-Randow-Region, wo derzeit
rund 24 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch bewirtschaftet werden, so viel wie nirgendwo in Ostdeutschland.
Meine Damen und Herren, es geht an der Realität vorbei, pauschal den Gegensatz zwischen Landwirten und Naturschützern zu konstruieren und ihn zu beschwören. Die Größenordnung der Anlage in Alt Tellin überschreitet nach Auffassung von Landwirten und Nichtlandwirten jedes Maß.
Sie ist aber rechtsstaatlich genehmigt, denn anders als in den Niederlanden muss der Investor hier weniger strenge Auflagen erfüllen.
Anders als in Deutschland dürfen in den Niederlanden wegen der extremen Grundwasserbelastung durch Gülle keine neuen Anlagen mehr gebaut werden.
Wo, bitte schön, soll denn mit einer derart überdimensionierten Anlage der Gewinn für unsere Region herkommen? Das Einzige, was sicher ist, ist der Gewinn des Großinvestors. Machen wir uns doch nichts vor, nur sehr wenige Arbeitskräfte werden gebraucht, um das durch und durch rationalisierte Geschäft zu betreiben.
Wir haben es mit einer rein ökonomischen Sicht auf das Tier in einer industriellen Anlage zu tun. Wer fragt denn bei aller Effizienz und Optimierung, ob und welche Bedürfnisse das Tier hat?
(Udo Pastörs, NPD: So wie in Ihren SED-Zeiten, da war das auch so. – Peter Ritter, DIE LINKE: Lassen Sie sich mal was Neues einfallen!)
Meine Damen und Herren, mehr und mehr Menschen haben die industrielle Intensivtierhaltung mit all ihren negativen Folgen auch für die Qualität der Nahrungsmittel satt. Ja, noch ist die Akzeptanz dafür, dass gesunde, hochwertige und gut schmeckende Lebensmittel aus regionaler Vermarktung mehr kosten, nicht hoch genug, aber sie wächst und immer mehr Menschen wollen etwas Gutes für sich und ihre Region tun und kaufen Produkte aus ihrer Region. Und wir wollen Mecklenburg-Vor- pommern zum Gesundheitsland Nummer eins machen, wir wollen, dass viele Urlauber zu uns kommen, weil wir eine unvergleichlich schöne Landschaft haben. Landwirtschaft, Gesundheitswirtschaft und Tourismus haben so viele Möglichkeiten, zum gegenseitigen Vorteil zusammenzuarbeiten und das Beste herauszuholen. Wir haben im Land so viele Potenziale, lassen wir sie uns nicht kaputt machen!
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bravo!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 6/285 ein Antrag zum Thema „Auftrag des Kernenergiebeirats fortführen“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Dezember, also ungefähr vor vier Wochen, hat der Innenminister angekündigt, dass er eben ungefähr diese vier Wochen braucht zur Entscheidung, ob der Kernenergiebeirat fortgeführt wird. Wie gesagt, die vier Wochen sind um und nach Antragsschluss für den laufenden Sitzungszyklus haben wir über die Medien gehört, dass zumindest die CDU darüber nachdenkt, diesen Kernenergiebeirat für verzichtbar zu halten.
„Wir seien uns ja alle einig und die Aufgaben seien erfüllt, außerdem könne man darüber nachdenken, dass der Kernenergiebeirat auch in einem allgemeinen Energiebeirat aufgehen könnte.“
(Vincent Kokert, CDU: Das haben sie wahrscheinlich in der Presse erzählt. Wir haben das hier nicht gesagt!)
Ein Energiebeirat ist sinnvoll, das stellen wir nicht in Abrede, aber er hat überhaupt nichts mit der Arbeit des Kernenergiebeirats zu tun. Und ehe eine Struktur geschaffen wird, die unserer Ansicht nach nicht sinnvoll ist, sollte der Landtag darüber debattieren, deshalb halten wir diesen Antrag für dringlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Koalitionsfraktionen darf ich Ihnen sagen, dass wir diesen Antrag nicht für dringlich halten. Ich glaube, dass die Fraktion der LINKEN hier eher einer Zeitungsente aufgesessen ist.
(Vincent Kokert, CDU: Und was für einer großen! Das war schon eher eine Pute. – Zurufe von Helmut Holter, DIE LINKE, und Regine Lück, DIE LINKE)
Es gibt eine klare Kompetenzregelung innerhalb der Landesregierung. Ich weiß, und Sie werden es in der Fragestunde morgen durch die entsprechende Antwort des Ministers erfahren, dass der Kernenergiebeirat in Kürze eingeladen wird. Die nächste Sitzung wird Anfang März stattfinden. Wir werden dann über alle weiteren Fragen reden können. Der Antrag ist also in keiner Weise dringlich.
Ich stelle jetzt die Frage: Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung bei Zustimmung durch die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der NPD und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU nicht zugestimmt worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Bezug auf die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte der heute zu Beginn der Sitzung festgestellten Tagesordnung ist interfraktionell inzwischen vereinbart worden, die Tagesordnungspunkte 17 und 21 zu tauschen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zum Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, Drucksache 6/29, und hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 6/272.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zum Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 6/29 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses (3. Ausschuss) – Drucksache 6/272 –
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! In der Tat, im Tagesordnungspunkt 2 geht es um die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses
zu dem Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zum Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder.
Der Gesetzentwurf wurde dem Europa- und Rechtsausschuss in Erster Lesung am 16. November 2011 überwiesen und wir haben in unserer 3. Sitzung am 30. November 2011 und abschließend am 18. Januar 2012, wie ich finde, sehr umfangreich darüber beraten. Im Ergebnis empfehlen wir einvernehmlich die Annahme des Gesetzentwurfes mit einer einstimmig vorgenommenen redaktionellen Änderung, die das Datum des Inkrafttretens des Staatsvertrages betrifft.
Gestatten Sie mir kurz einige Anmerkungen zum Inhalt des Gesetzentwurfes und zum Beratungsverlauf: Es geht also, wie gesagt, um einen Staatsvertrag, der zwischen vier anderen Bundesländern geschlossen worden ist und dem wir als Land Mecklenburg-Vorpommern beitreten wollen. Der Vertrag betrifft die Überwachung von Straftätern mithilfe der sogenannten elektronischen Fußfessel. Die Möglichkeit, diese Fußfessel einzusetzen, beruht auf Bundesrecht. Der Staatsvertrag sieht nun die Zusammenarbeit der Bundesländer bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung vor. Bei unseren Beratungen hat auch die Funktionsweise der Fußfessel eine Rolle gespielt und Frau Ministerin Kuder hat, wie ich fand, sehr umfangreich darüber informiert.