Es muss ja auch nicht jeden Tag von morgens bis abends Fleisch sein. Lieber Klasse statt Masse, meine Damen und Herren.
Wir freuen uns, dass auf politischer Ebene ein Innehalten, Gott sei Dank, stattgefunden hat und ein Nachdenken, speziell festgemacht an der Antibiotikaproblematik für Mecklenburg-Vorpommern. Anfangs noch geleugnet und lediglich als Phänomen für Nordrhein-Westfalen bezeichnet, gibt es zunehmend die Politik des Hinsehens.
Herr Minister Backhaus, Sie sagten kürzlich im NDR„Nordmagazin“, dass Tiere nur dann behandelt werden dürfen, wenn sie wirklich krank sind. Aber wie lässt sich das denn umsetzen in Massentierhaltungsanlagen?
Ein erstes positives Zeichen ist, dass die Genehmigungen für neue große Anlagen vorerst auf Eis gelegt sind. Das Landwirtschaftsministerium will künftig Genehmigungen an Bedingungen knüpfen wie Stallklima, Management und Ähnliches, aber diese Kriterien sind sehr weichgestrickt, sie sind nicht griffig. Ich hoffe, da passiert noch einiges, denn da muss sehr, sehr viel passieren.
Wir fordern ein verbindliches Raumordnungsverfahren für alle Massentierhaltungsanlagen, für alle Neubauten, für alle in Genehmigung befindlichen Anlagen und auch
für alle Anlagen, die nachträglich vergrößert werden. Das ist zurzeit nicht der Fall. Wir fordern verbindliche Luftfilter, ausreichend Brandschutz, artgerechte Tierhaltung. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass die Privilegierung der Massentierhaltung im Außenbereich, das ist nach Paragraf 35 Baugesetz, abgeschafft wird.
Hierzu läuft gerade eine aktuelle Bundesratsinitiative. Herr Backhaus, wir hoffen, dass Sie hierzu eine klare Position beziehen werden.
Wir lehnen Gentechnik auch im Tierfutter ab. Wir plädieren für eine gute vernetzte Agrarforschung. Beim Fleisch muss es ähnlich wie bei den Eiern eine Kennzeichnungspflicht bezüglich der Haltungsform geben. Nur so hat der Verbraucher eine echte Chance, sich zu entscheiden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich zu Beginn meiner Rede zuerst einmal bei allen bedanken, die rund um die Grüne Woche tätig waren.
Meine Damen und Herren, Sie haben 2012 auch eine Erfolgsgeschichte fortgeschrieben und ich sage ganz bewusst, allen geschriebenen Unkenrufen, die vorher zu hören waren, zum Trotz. 400.000 Besucher in der Mecklenburg-Vorpommern-Halle – unsere Halle ist wieder unter den beliebtesten gewesen –, ich sage ganz klar, 400.000 Besucher können sich nicht täuschen.
Meine Damen und Herren, DIE LINKE greift mit der Aktuellen Stunde heute ein Thema auf, das uns seit Wochen in den Medien bewegt,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das sieht Ihr Koalitionspartner aber anders. Ich muss Ihnen mal eine Zeitung schenken.)
Meine Damen und Herren, klar ist, dass in MecklenburgVorpommern seit 2006 im Fleisch keine Antibiotika vorhanden sind. Es gibt hier eine Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Ich will das vorweg mal deutlich sagen, weil wir in einer Anhörung gehört haben, dass die Hähnchenhalter hier inzwischen auch Absatzprobleme haben.
Vorab will ich klarstellen, dass diese Problematik nicht in einem engen Kontext gesehen werden kann. Wir haben die europäische Agrarpolitik, wir haben die nationale Agrarpolitik, wir haben einen globalisierten Lebensmittelmarkt, wir haben das Verbraucherverhalten und die besonders in Deutschland geführte Debatte um die sogenannte Massentierhaltung, die industrielle Tierproduktion, zu beantworten.
Und beim Stichwort „Massentierhaltung“, sehr geehrte Frau Gerkan, frage ich mich ernsthaft, ob Sie schon mal in solchen großen Ställen gewesen sind. Sie reden hier davon, dass es dort permanente Tierquälerei gibt. Ich rate Ihnen einfach mal, solch einen großen Stall zu besuchen, sich mit den Bäuerinnen und Bauern zu verständigen.
Ein Blick in Wikipedia, was Gülle ist, würde vielleicht helfen. Da steht nämlich wörtlich: „Gülle ist ein natürlich anfallender Wirtschaftsdünger.“ Ich bin immer davon ausgegangen, dass natürliche Düngung etwas ist, was die GRÜNEN durchaus wollen.
Wie sieht es in der Tierhaltung in MecklenburgVorpommern aus? Bezogen auf die Flächenausstattung hat Mecklenburg-Vorpommern den geringsten Tierbestand in Deutschland. Im Vergleich zu Niedersachsen etwa haben wir nur ein Drittel Tiere pro Hektar.
Bei Rindern und Schweinen hat sich der Bestand in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren stabilisiert. Und wenn Sie sagen, das ist kein Vorbild, dann sage ich Ihnen, dass die bäuerliche Produktion auch Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern ist,
Bei Geflügel hingegen hat sich der Bestand von 2007 auf 2010 von knapp 8 Millionen auf gut 9 Millionen Tiere erhöht. Damit ist laut Statistischem Landesamt mehr als die Hälfte der in Mecklenburg-Vorpommern erzeugten
Gesamtfleischmenge Geflügelfleisch. Mecklenburg-Vor- pommern hat damit einen Anteil von rund 15 Prozent des in Deutschland erzeugten Geflügelfleisches. Der Trend zu mehr Geflügelfleisch ist allerdings keiner, der nur hier in Mecklenburg-Vorpommern zu bemerken ist, sondern es ist ein deutschlandweiter.
Dies erklärt in gewisser Weise den Fokus, der im Zusammenhang mit der Größenordnung von Ställen, Tierhaltungsformen, Tierhaltungsbedingungen und dem Anti- biotikaeinsatz gegenwärtig auf der Geflügelhaltung liegt. Generell gilt aber für alle Nutztierarten: Quo vadis bäuerliche Tierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern?
Wie steht die SPD in unserem Land zu dieser Frage? Zusammengefasst haben wir dazu folgende grundsätzliche Position: Die bodengebundene Tierhaltung ist für uns eine Grundlage verantwortungsvoller Landbewirtschaftung. Wir wollen aber auch kein Zurück zu Agrarstrukturen von gestern, vielmehr sollen Fortschritt und Innovation, die ökologische Nachhaltigkeit und die ökonomische Sinnhaftigkeit in der gesamten Landwirtschaft gelten. In der Tierhaltung setzen wir auf ökonomische und ökologisch tragfähige Lösungen in artgerechten Tierhaltungssystemen. Das sind am Ende zwei Seiten einer Medaille, die Ökonomie und die Ökologie.
Beim Neubau von Tierställen werden von uns Tierkonzentrationen abgelehnt, deren Unbedenklichkeit für die Umwelt nicht belegt werden kann. Im Koalitionsvertrag findet sich das in ähnlicher Form wieder.