und eine Aufführung macht für die Zuschauerinnen und Zuschauer – regelmäßig, von mir aus, Frau Berger, auch regelmäßig –,
… wie es in Schleswig-Holstein funktioniert, dann glaube ich, Herr Koplin, dass Sie ein bisschen übertreiben und sich am Ende auch selber ein schlechtes Zeugnis ausstellen mit der einfachen Logik „Stellenabbau gleich Kulturabbau gleich schäbig“, weil, wie gesagt, dann schauen Sie noch mal in Ihr eigenes Konzept.
Die entscheidende Frage ist, glaube ich, auch nicht diese, sondern die entscheidende Frage ist, das haben Sie in Ihrem Antrag auch deutlich gemacht, auch wenn nicht ganz in Ihrer Rede: Wie sieht es aus mit betriebsbedingten Kündigungen?
Sie möchten uns auffordern, im Rahmen unserer Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Meinen Sie wirklich, dass es dieser Aufforderung bedarf, Herr Koplin? Selbstverständlich – ich glaube, da spreche ich für beide Koalitionspartner – würden wir gerne auch auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, wenn es ginge. Hier sitzt ja niemand, der sagt, das möchten wir.
Und, Herr Koplin, die Tatsache, dass Ihr Antrag überflüssig ist, sehen Sie, wenn Sie mal Ihren Blick auf den Standort Schwerin richten. Ist Ihnen denn nicht aufgefallen, dass es für Schwerin ein Konzept gibt, bei dem auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wurde?
Das ist Ihnen aufgefallen. Also muss die Regierung offenbar im Rahmen ihrer Möglichkeiten bereits genau das getan haben, ansonsten wäre es ja zu betriebsbedingten Kündigungen gekommen. Ich sage Ihnen aber auch, was die Voraussetzung war dafür, dass man das machen konnte.
Die Voraussetzung dafür war, dass der Träger selbst bereit war oder auch die Mitarbeiter des Theaters, Strukturentscheidungen zu treffen, zum Beispiel beim Orchestertarif, beim Chortarif, beim Abbau von 30 Stellen, dass der Träger und die Theater zu Strukturreformen bereit waren, die es dann auch wirtschaftlich ermöglicht haben,
sowohl für das Land als auch für den Träger zu sagen, wir verzichten auf betriebsbedingte Kündigungen.
Und ich sage Ihnen ausdrücklich, eine solche Regelung können wir auch für andere Theater nicht ausschließen. Wir können aber auch nicht ausschließen, dass es nicht klappt und dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Das muss ich heute leider auch sagen. Ich kann das eine wie das andere nicht ausschließen. Mir wäre es auch lieber, es käme nicht dazu, aber ich kann das nicht prognostizieren, weil, Herr Koplin, die Beantwortung dieser Frage, wenn man das seriös und sachlich macht, davon abhängig ist, ob alle bereit sind, die Strukturveränderungen vorzunehmen, die man braucht, um diese Theater langfristig erhalten zu können. Und wenn die Träger und die Mitarbeiter bereit sind, ihren Beitrag zu leisten, dann kann es vielleicht auch die Möglichkeit geben, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Aber was nicht geht, ist – und deswegen, glaube ich, wird Ihr Antrag wohl abgelehnt werden, das ist meine Prog- nose – …
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Natürlich, selbstverständlich, wie wir gestern gelernt haben. – Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)
Und wie gesagt, wenn Sie sich das Handeln der Landesregierung anschauen und der Koalitionspartner, dann werden Sie sehen, dass wir nicht irgendwie mit der Kettensäge durch die Landschaft marschieren und uns nicht interessiert, wie es den Kolleginnen und Kollegen geht. Das kann man schon daran sehen, dass es ein Grundsatz ist, dass wir den Flächentarif erhalten wollen oder die Rückkehr zum Flächentarif garantieren wollen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Und deswegen, Herr Koplin, bitte ich um Verständnis, wenn ich sage, Sie sind nicht das soziale Gewissen des Landtages, sondern wir kümmern uns im Rahmen unserer Möglichkeiten um die sozialen Bedingungen in einem möglichst sozial verträglichen Prozess ganz von alleine. Das betrifft sowohl die SPD als auch die CDU. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Lieber Herr Koplin, man könnte hier sagen: „Alles hängt“ in diesem Prozess „mit allem zusammen“. Diesen Satz hat, glaube ich, Jürgen Rüttgers mal geprägt. Und die Position, die Sie vertreten, wenn ich Sie so weit richtig verstanden habe, Sie können mich sonst korrigieren, ist: Kultur, egal ob wir da mehr Stellen haben oder weniger, hat für die öffentlichen Haushalte eher eine untergeordnete Bedeutung. Aus meiner Sicht ist das eher ein potemkisches Dorf, was Sie hier aufbauen, da kennen Sie sich vielleicht noch gut mit aus.
Insofern, glaube ich, ist das bei Umstrukturierungen immer schwierig. Das gilt insbesondere in unserem Land auch für Theater und Orchester.
Ich glaube auch, man sollte so einen Prozess nicht mit zu vielen Vorbedingungen ausfüllen. Es ist am Ende so: Theaterträger, das wissen wir alle, ist nicht das Land, sondern sind die Kommunen. Der Minister hat den Prozess beschrieben, warum auch aus unserer Sicht sich niemand betriebsbedingte Kündigungen wünscht, aber wie in vielen Bereichen kann ich sie am Ende des Tages auch nicht völlig ausschließen. Es kann am Ende zu Situationen kommen, dass zum Beispiel bei einem Orchester wir nicht sagen können, wir besetzen keine Stelle zehn Jahre neu, weil wir altersbedingt abbauen müssen. Das kann dazu führen, dass so ein Klangkörper gar nicht mehr einsatzbereit ist, weil es dann Teilbereiche gibt, die gar keine Besetzung mehr erfahren. Insofern halte ich das für schwierig, von vornherein zu sagen in diesem Bereich, wir können völlig auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten.
Ich glaube, das kann am Ende nur zwischen allen Beteiligten, zwischen dem Land und den Kommunen ausgehandelt werden. Und da haben wir eben gehört, mit Schwerin konnte so eine Vereinbarung getroffen werden. In Rostock liegt die Zielvereinbarung auch vor, auf die haben Sie in Ihrer Begründung abgestellt. Die wurde ausgehandelt und nach meiner Kenntnis mit Mehrheit der Bürgerschaft beschlossen. Solche Beschlüsse gilt es dann zu akzeptieren, auch wenn sie vielleicht dem einen oder anderen nicht gefallen. Das ist in dieser Debatte so.
Wenn wir festgestellt haben, der Betrag, den Kommunen und auch das Land zur Verfügung haben, auch über 2019 hinaus, der ist begrenzt, auf diesen Betrag müssen wir uns einstellen, dann heißt es halt, an allen Theaterstandorten auch Strukturentscheidungen zu treffen. Sie sind wie in der Vergangenheit nicht einfach, sie sind aus meiner Sicht aber unausweichlich und deshalb glaube ich, es bringt dem Prozess nichts, wenn wir vom Land automatisch vorgeben zu sagen, in allen Konzepten ist auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Und aus diesem Grund werden wir Ihren Antrag ablehnen und auch den Änderungsantrag der GRÜNEN. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Aufhänger für die heutige Debatte war das unwürdige Gezerre um die künftige Struktur des Rostocker Volkstheaters und die daraus resultierenden Meldungen zum Vorhaben, 60 Kolleginnen und Kollegen dort betriebsbedingt zu kündigen.
Das von Künstlerinnen und Künstlern ins Leben gerufene Portal „Art but fair“ bewertete die Vorgänge mit dem Satz: „Das sind keine Reformen, sondern Theater-Kastrationen!“ Das lässt tief blicken und ist nach meinem Dafürhalten auch Ausdruck einer tiefen Resignation bei den Kulturschaffenden, denn der Verteilungskampf um die stagnierenden öffentlichen Gelder hetzt die Theatermacher aufeinander. Sie werden sich vielleicht an die Vorwürfe des Rostocker Intendanten in Richtung Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Schwerin erinnern.
Die vordergründig fiskalisch motivierte Diskussion darüber, ob und was man sich an Theaterkunst in unserem Land noch leisten kann und leisten will, führt meines Erachtens dazu, dass der kostbarste Vermögenswert, den die Theater überhaupt haben, nämlich ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zusehends verschlissen wird. Unter dem Eindruck immer neuer Gutachten von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, ob nun kommunal oder landesseitig veranlasst, bleibt kein Raum mehr für eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Marktdogma, sondern was wir erleben müssen, sind Lohnsenkungen, Lohnverzichtsforderungen und Personalabbau.
Der finanzielle Druck und die auch an den Theatern zunehmende Prekarisierung, insbesondere beim künstlerischen Personal, sorgen zudem für eine Erosion von innen. Darauf hat auch der Rostocker Intendant Sewan Latchinian in der „Ostsee-Zeitung“ hingewiesen, als er sagte, dass ein immer größer werdender Teil der Belegschaften ohnehin nur noch über Zeitverträge beschäftigt werde und es daher eine Illusion sei zu glauben, je größer eine Bühne ist und je älter ihre Tradition, desto höher seien dann auch die Verdienstmöglichkeiten.
In Vorbereitung auf die heutige Rede habe ich einen Aufsatz von Patrick Wildermann gelesen und der schrieb unter dem markanten Titel „Brennen ohne Kohle“ zur Situation der Theaterlandschaft in Deutschland Folgendes, ich darf das zitieren: „Wer am Wochenende in die Oper geht und sich ,Carmen‘ anschaut, denkt wahrscheinlich, die Sängerin lässt sich nach der Vorstellung in den Fond ihres Mercedes fallen und fliegt auf ihre Finca nach Mallorca. … In den meisten Fällen steigt sie aber aufs Fahrrad und fährt in ihre Zweiraumwohnung.“