Protocol of the Session on October 15, 2014

Das Wort hat nun Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Jochen Schulte, SPD: Frau Karlowski kettet sich jetzt an die Biene.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass es den Bienen nicht gut geht, gehört zu den am meisten unterschätzten Umweltproblemen der Gegenwart. Deswegen: Gut, dass es heute diesen Antrag gibt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Vincent Kokert, CDU: Sehr schön. Bravo!)

Ich muss nicht all die positiven Effekte wiederholen, die wir den Honigbienen und ihren wilden Verwandten zu verdanken haben. Dazu haben wir schon einiges gehört. Ich will nur noch mal eine Zahl nennen, die auch den wenig ökologisch Interessierten unter Ihnen einleuchten muss.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Wir haben auch schon andere Zahlen gehört. Den Wert der Bestäubungsleistung der Bienen in der EU-Landwirt- schaft schätzt das Europäische Umweltbüro auf 22 Milliarden Euro – Herr Backhaus hat gerade schon andere Zahlen genannt, da scheint also einiges in der Diskussion zu sein –, also eine enorm hohe Bestäubungsleistung auch auf der ökonomischen Seite durch die Honigbiene.

(Jochen Schulte, SPD: Ich dachte, das wär die Inflationsrate.)

Doch auch jenseits jeglicher Ökonomie ist die Quintessenz, dass wir ohne die Bestäubungsleistung dieser kleinen Tierchen schlicht und einfach nicht existieren können. Wir als Menschen können das dann nicht mehr.

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

Nun täten wir nichts lieber, als den Antrag vorbehaltlos zu unterstützen, der den Bienen nützt. Doch Ihr Antrag,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, ist den Problemen des aktuellen Bienensterbens und des Rückgangs der Imkerei nicht vollständig angemessen, daher unser Änderungsantrag.

Wir müssen doch mit Blick auf die Bienen als Erstes fragen, worin die Ursachen dafür liegen, dass es ihnen schon seit Langem so schlecht geht. Und da ist in erster Linie eine verfehlte Landnutzungspolitik zu nennen, wofür Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, die Verantwortung tragen.

(Andreas Butzki, SPD: Was?)

Die Weichen für einen spürbaren Wandel hätten im Rahmen der Diskussion um die zukünftige Gemeinsame europäische Agrarpolitik gestellt werden können. Damals lautete unser Appell, die Flächenzahlungen der ersten Säule der GAP an wirksame ökologische Vorgaben, das sogenannte Greening, zu knüpfen und damit auch die schwindenden Lebensgrundlagen der Bienen zu verbessern. Ihre Position war aber eine ganz andere.

Sie erinnern sich sicher, sehr geehrte Frau Kollegin Schlupp, an das Positionspapier zur GAP-Reform des Bundesfachausschusses Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ihrer CDU aus dem Jahr 2011, das ganz klar ein Greening der ersten Säule ablehnte und sich zudem für eine deutlich geringere Kofinanzierung bei den Agrarumweltmaßnahmen aussprach. Gleichzeitig forderte Ihr Positionspapier, dass Umweltschutz mit der Landwirtschaft, wenn überhaupt, dann über die zweite Säule umgesetzt werden solle.

Und dann kamen Sie, Herr Kollege Schütt, den sehe ich jetzt heute nicht, und sprachen sich in der Landtagssitzung vom 22. März 2013 gegen die von uns geforderte Verschiebung von 15 Prozent der Mittel, was möglich gewesen wäre nach EU-Recht, gegen diese Verschiebung aus der ersten in die zweite Säule aus, dort, wo sie zur Finanzierung von Agrarumweltmaßnahmen – auch zum Nutzen der Bienen – hätte verwendet werden können. Sie wollten möglichst gleichbleibend hohe Direktzahlungen ohne großartig viele Umweltauflagen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, diese agrarpolitische Geisterfahrt versuchen Sie nun mit einem Antrag zum Wohl der Bienen zu kaschieren, weil Sie merken, dass dieses Thema in der Bevölkerung für Unruhe sorgt.

(Burkhard Lenz, CDU: Also bei uns hat sich noch keiner beschwert. – Vincent Kokert, CDU: Frau Dr. Karlowski, das sind ungeahnte Wendungen.)

Das hatte ich erwartet, diese Reaktion, Herr Kokert.

(Vincent Kokert, CDU: Aber jetzt läuft das ein bisschen aus dem Ruder.)

Doch auch durch die in Sachen Greening zögerliche SPD-Politik haben wir eben kein starkes Greening mit zehn Prozent ökologischen Vorrangflächen bekommen. Auch durch Ihre Politik, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD,

(Burkhard Lenz, CDU: Ich bin ja froh, dass wir so eine moderne Landwirtschaft haben.)

sind es letztlich nur fünf Prozent geworden. Auf diesen fünf Prozent gibt es nicht mal ein eindeutig klares Pestizidverbot. Die ökologischen Vorrangflächen können unter bestimmten Umständen mit Pestiziden behandelt werden. Da verlieren sie ein wenig den Charakter, den ihr Name eigentlich verspricht.

Der Anteil an Flächen des Ökolandbaus stagniert beziehungsweise – jetzt ganz aktuell – geht sogar zurück in Mecklenburg-Vorpommern.

(Egbert Liskow, CDU: Weil ihr keinen findet, der das machen will.)

Wir haben einen Rückgang, soweit ich informiert bin, von 5.000 Hektar. Das ist erschreckend.

(Egbert Liskow, CDU: Da sind keine Leute zu finden.)

Dabei gewährleistet die ökologische Landwirtschaft mit ihrer abwechslungsreichen Fruchtfolge und ausreichend Blühstreifen über das Jahr ein reichhaltiges und giftfreies Nahrungsangebot für die Bienen.

(Egbert Liskow, CDU: Zwingt doch die Leute, dass sie das machen!)

Auch haben Sie im Dauergrünlanderhaltungsgesetz eine Anwendung von Herbiziden auf Grünland die Tür aufgehalten. Hier und da, wo man schaut, Pestizide und Bienen, das verträgt sich nicht, das wissen Sie. Ich habe ein paar Beispiele genannt, wo es hätte besser laufen können in der jüngsten Vergangenheit.

(Vincent Kokert, CDU: Wem lasten Sie das jetzt an?)

Ihre Politik ist deshalb wahrlich kein Ruhmesblatt für die Interessen der Bienen, auch wenn es zarte Pflänzchen der Hoffnung gibt, die Sie hier heute auch angesprochen haben,

(Andreas Butzki, SPD: Glauben Sie das selbst, was Sie alles erzählen hier?)

zum Beispiel die Fortsetzung und Ausweitung des Bienenweideprogramms, die Randstreifen und die Förderung des Leguminosenanbaus.

Wie viele Minuten habe ich noch?

(Burkhard Lenz, CDU: Zehn Minuten zu viel.)

Zu Ihrer Forderung, einen Bienenweidekatalog zu erstellen, nur so viel: Im Landwirtschafts- und Umweltbereich, der ja in Baden-Württemberg GRÜNEN-geführt ist, dort ist es schon passiert. Wir haben dort einen internetgestützten Bienenweidekatalog und einen gedruckten Katalog. Der ist dort schon in der Veröffentlichung. Dieses Werk sucht deutschlandweit seinesgleichen

(Andreas Butzki, SPD: Ach Gott, wird das schwierig.)

und wurde entsprechend positiv unter den Imkern und Landwirten aufgenommen. Ich freue mich, dass ich heute gehört habe, dass auch im Begleitausschuss für Mecklenburg-Vorpommern ein landesspezifischer Katalog

erarbeitet wird mit Sorten- und Saatmischungen, die diesem im Nordosten des Landes gerecht werden. Das ist erfreulich und trotzdem muss man das Rad nicht neu erfinden. Ich denke, ein Kontakt mit Alexander Bonde in Stuttgart könnte sehr hilfreich sein. Lassen Sie sich sein Manuskript schicken! Und bedenken Sie, alles, was Sie an der Stelle einsparen, können Sie einsetzen an den Stellen, wo die Kontrolle von Tierhaltungsanlagen vonnöten ist. So können wir dort mehr Personal in der Kontrolle wiederfinden.

Zu der Forderung Nummer 2 des Antrages. Wir wissen ja nun, dass das Bienenweideprogramm im neuen EPLR fortgesetzt werden soll. Daher ist eigentlich die Forderung in dem Punkt 2 entbehrlich. Warum sollte denn der Minister zu etwas aufgefordert werden, was er sowieso vorhat?

(Vincent Kokert, CDU: Ja, der Antrag ist schon ein bisschen älter, das wissen wir auch.)

Ja, genau, der hat schon, wie wir gehört haben, ein Winterlager hinter sich.

(Andreas Butzki, SPD: An wem lag das wohl?!)

Wir wissen nun auch, dass glücklicherweise die Begrenzung von nur zwei Hektar pro Betrieb auf fünf Hektar angehoben werden soll. Das ist auch sehr erfreulich. Diese sperrige und fragwürdige Grenze war nicht nachvollziehbar in der Praxis.

Wir fragen uns noch, wie ist es denn mit Neueinsteigern, ob sie das Programm nutzen können.

(Minister Dr. Till Backhaus: Ja, können sie.)

Das ist gut zu hören.

(Zuruf aus dem Plenum: Wenn die Bienen das ausfüllen können.)

Die Bienen brauchen das nicht auszufüllen.