Allerdings sollte man dann auch ein Thema finden, das eine besondere Leistung des Ministers aufzeigt.
Dass aber der Beginn eines Schuljahres einigermaßen reibungslos funktioniert, das sollte doch wohl bitte die absolute Mindestanforderung an einen Bildungsminister sein.
Danken wir in der nächsten Aktuellen Stunde beispielsweise allen Bäckern, dass sie jeden Morgen den Teig rechtzeitig zubereiten und so in den Ofen schieben, dass, wenn die Bäckerei öffnet, Kuchen, Brötchen und Brot fertig in den Regalen liegen?
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist aber eine sehr sachliche Argumentation, die Sie hier gerade vortragen, Frau Berger, wirklich! Also sehr, sehr sachlich!)
Die Bäcker hätten es auch verdient. Ich weiß nicht, warum wir hier einen einzigen arbeitenden Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zum Thema der Aktuellen Stunde machen.
Oder begrüßen wir demnächst, dass die Sonne den Naturgesetzen folgt und jeden Morgen rechtzeitig aufgeht?
(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Stattdessen widmen Sie einer Selbstverständlichkeit eine Aktuelle Stunde. Was für ein Armutszeugnis! Damit stärken Sie doch Ihrem Minister nicht den Rücken, wenn Sie sagen,
es ist mittlerweile offensichtlich ein Grund zum Feiern, wenn ein Schuljahr ohne große Katastrophen beginnt.
(Andreas Butzki, SPD: Sie haben keine Ahnung, wie das vorher abgelaufen ist, das ist das Problem. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir wissen natürlich, dass es in der Vergangenheit leider keine Selbstverständlichkeit war, dass diese Mindestanforderung erfüllt wurde. Es gab Schuljahresanfänge, da konnten wochenlang keine Stundenpläne erstellt werden,
Dass es dieses Totalchaos im Augenblick nicht mehr gibt, könnte man feiern, wenn dafür einst eine andere
Dieses selbstverschuldete Tohuwabohu inzwischen behoben zu haben, sollte für die Landesregierung doch eher eine Selbstverständlichkeit sein. Wir finden es gut, dass die Schulen dieses Mal schon eher als in den vergangenen Schuljahren wussten, mit wie viel Lehrerwochenstunden sie rechnen können. Das ist ein Fortschritt und das erkennen wir gerne an.
Wir finden es aber sehr problematisch, dass die Verteilung vieler Lehrerstunden so intransparent wie nie erfolgte. Bisher war genau geregelt, wie viele zusätzliche Lehrerwochenstunden es für welchen pädagogischen Zusatzbedarf gab. Dadurch konnte man auch feststellen, dass das Lehrerkontingent für die Zusatzbedarfe gar nicht ausreichte und dass für die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf statt der in der Verordnung vorgesehen einen Förderstunde tatsächlich nur 0,6 Förderstunden pro Schüler ausgereicht wurden. Seit diesem Schuljahr kann so ein Missstand hingegen gar nicht mehr festgestellt werden, weil konkrete Zuweisungen für die Zusatzbedarfe ganz einfach abgeschafft wurden.
Nun gibt es noch mehrere Töpfe mit Lehrerwochenstunden, die von den Schulämtern verteilt werden. Nach welchen Kriterien das jedoch geschieht, ob manche Schulen für den gleichen Zusatzbedarf mehr oder weniger Stunden erhalten als andere, ob die Stunden überhaupt ausreichen, das weiß man jetzt nicht mehr.
Für ein transparentes Regierungshandeln war es jedenfalls kein gelungener Schuljahresbeginn. Übrigens auch nicht für eine Reihe von Schulen in freier Trägerschaft.
Inzwischen hat sich nämlich vor Gericht erwiesen, dass die Privatschulverordnung sehr wohl Rechtsfehler enthielt und eben nicht rechtskonform ist,
(Vincent Kokert, CDU: Schwelgen Sie doch nicht in der Vergangenheit, Frau Berger! Schauen Sie doch mal nach vorne!)
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Immer dieselbe Leier! Immer dieselbe Leier! Das hat doch gar nichts damit zu tun.)
Jedoch musste die Schule feststellen, dass vier Monate nach dem Gerichtstermin die Hälfte der Summe immer noch nicht zurückerstattet war. Und jetzt frage ich Sie: Wie soll eine freie Schule ausstehende Gelder in Höhe von 230.000 Euro überbrücken? Wie sollen die Lehrkräfte bezahlt werden? Wie soll die Schule so den Unterricht planen?
(Vincent Kokert, CDU: Der Großteil ist doch längst bezahlt worden. Hören Sie doch auf, davon zu erzählen! Das bringt doch nichts!)
Das trifft natürlich für andere betroffene Schulen genauso zu. Ihnen wird es nach wie vor schwer gemacht, erfolgreich ins Schuljahr zu starten. Anscheinend hat der Bildungsminister vergessen, dass er auch für ungefähr 15.000 Schüler an freien Schulen und 105 Schulen in freier Trägerschaft die Verantwortung trägt.
Schließlich tauchte in den vergangenen Tagen noch ein neues Problem auf. Der Anstieg der Schülerzahlen war offenbar größer als erwartet und an Gymnasien nehmen die Klassengrößen zu. Dem Bildungsminister fiel dazu ein, dass der Bildungsforscher John Hattie in der berühmten Hattie-Studie gezeigt hat, dass die Klassengrößen für den Schulerfolg gar nicht so entscheidend seien. Das ist bemerkenswert, denn immerhin waren doch die angeblich so kleinen Klassen das zentrale Motiv der Lehrerwerbekampagne, die ja heute auch schon zur Sprache kam. Nun ist das aber auf einmal gar nicht mehr so wichtig.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Herr Butzki hat doch eben die Klassenstärken erwähnt. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)
Dabei sagt Hattie ja in Wirklichkeit gar nicht, dass die Klassengröße keinen Effekt habe, er ist nur nicht so groß wie bei anderen Maßnahmen. Aber die Klassengröße ist eine der wichtigsten Maßnahmen, die von der Politik beeinflussbar ist.