Protocol of the Session on September 18, 2014

Intersexuellen Menschen gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ihnen ein möglichst normales Leben von Geburt an ermöglicht. Hier ist mit der nicht mehr zwingenden Eintragung des Geschlechts im Geburtenregister bereits ein wichtiger Schritt gemacht worden. Diese Gesetzesänderung hat jedoch auch viele noch ungeklärte Fragen aufgeworfen und diese gilt es in Zukunft zu klären. Doch diese Fragen werden sicherlich nicht durch eine Umstrukturierung des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales beantwortet werden können.

Dies sollte Ihnen, liebe Fraktion DIE LINKE, bewusst sein.

Alles in allem kommt mir das schleichende Gefühl, dass Sie gar keine wirkliche Vorstellung von dem haben, was Sie da mal eben so fordern.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Dieser Antrag ist eher eine punktuelle und fachlich fehlgehende Provokation.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die CDU wird den Antrag deswegen ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek.

Guten Morgen, sehr geehrte Frau Präsidentin!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Guten Morgen, Frau Gajek!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Jetzt haben wir den Antrag von Herrn Ritter und auf den ersten Blick kann ich nur sagen, ja, wir brauchen mehr Verständnis, wir brauchen mehr Aufklärung. Gerade die Ausführungen von Frau Friemann-Jennert haben mich darin wieder bestärkt, dass wir da nicht aufhören dürfen, weil ich glaube, es gibt so viele Vorurteile, die dann zwar ein Stück weit bagatellisiert werden, und eine Leitstelle für Veganerinnen und Veganer dann bitte, wenn es schon korrekt ist, bringt es dann doch ins Lächerliche. Das, finde ich, ist einfach unerträglich. Ich hoffe, wenn wir die Anträge weiterdiskutieren – und es werden ja, denke ich, noch ein paar mehr in den nächsten zwei Jahren kommen –, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen.

Aber ich möchte jetzt zum Antrag kommen. Ich sage es schon mal vorweg: Wir werden um Überweisung in den Sozialausschuss bitten,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

wenn dem nicht stattgegeben wird, uns enthalten, und das hat Gründe, die möchte ich gern ausführen.

Herr Ritter, Sie wissen, dass wir am 30.05.2012 dem Netzwerk gegen Homophobie Mecklenburg-Vorpommern beigetreten sind, dass es seitdem eine interministerielle Arbeitsgruppe gibt. Die hat sich jetzt im Mai getroffen. Es gibt mehrere Arbeitsgruppen. Also da wird wirklich viel gemacht. Und deswegen hat mich dieser Antrag so ein Stück weit geärgert und ich habe mich schon gefragt: Was soll damit jetzt getan werden?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, deshalb haben Sie sich geärgert?!)

Ist es jetzt, weil wir vor der Sommerpause ja sehr emotional zur Regenbogenflagge diskutiert haben, um das hier

noch mal zu unterstreichen? Das kann ich dann verstehen. Aber ich denke, in dem Bereich ist Etliches getan.

Nicht die Kritik, sondern die Anregung, die ich habe, ist: Wollen wir mehrere Leitstellen haben, vielleicht auch für Menschen mit Handicap?

(Udo Pastörs, NPD: Mit Behinderung.)

Dann gibt es immer noch die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, die ja mal seinerzeit in der Staatskanzlei war. Oder geht es nicht eher darum, eine DiversityLeitstelle zu haben,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

nämlich die Vielfalt der unterschiedlichen Identitäten unter einen Hut zu bringen, um dann für Gleichberechtigung, Vielfalt und vielleicht auch Willkommenskultur zu diskutieren?

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich denke, das ist eine Aufgabe, der wir uns im Sozialausschuss stellen sollten, also wie sehen wir perspektivisch diesen Diversity-Ansatz, und der Kläransatz ist davon einer, ein wichtiger, ohne Frage. Aber einen wichtigen Bereich habe ich zum Beispiel noch vergessen, nämlich die Migration. Auch die Migrationsselbstorganisation fordert eine Leitstelle mit einem Integrationsbeauftragten.

Ich denke, das sind viele Punkte, die müssen wir ernstnehmen. Das ist unser Job hier. Und ich denke, da sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch dabei.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, sehr gut.)

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt, dem der kommunalen Körperschaften. Das Anliegen kann ich verstehen und ich finde auch, dass wir uns hier einsetzen müssen, wie wir perspektivisch die soziale Arbeit vor Ort feststellen können. Aber wir wissen alle, und das hat gerade Schwerin gezeigt oder zeigt es immer wieder mit der Haushaltskonsolidierung, das sind Absichtsbekundungen. Damit kann man auch Begehrlichkeiten schüren. Aber die Frage ist: Was kommt perspektivisch dabei heraus? Ich denke, das ist eine Aufgabe, der müssen wir uns stellen, und wir müssen eben die Aufgaben, die sich die interministerielle Arbeitsgruppe stellt, verzahnen.

(Udo Pastörs, NPD: Nachhaltige Querschnittsaufgabe.)

Nämlich da geht es beispielsweise darum, Schulung und Sensibilisierung der jeweiligen Gleichstellungsbeauftragten als ein Programm. Das können wir mitinitiieren, ohne Frage. Die Aufnahme von Gleichstellung und Akzeptanz in die Firmenselbstverwaltung, den Faktor der Vielfalt auf den Weg zu bringen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

themenbezogene Fort- und Weiterbildung von Leitungskräften – ich denke, das sind alles Punkte, die wir machen müssen. Ob da eine Leitstelle in der Form so geeignet ist, weiß ich nicht. Oder gilt es nicht eher – weitergefragt –, alle die Punkte, die ich jetzt aufgeführt habe, mit den unterschiedlichen Identitäten als Programm zu verabschieden?

Ich denke, von der SPD werden wir da Unterstützung kriegen.

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

Bei der CDU bin ich mir da eben nicht ganz so sicher.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD)

Von daher sind solche Anträge natürlich gut, damit wir den Kessel am Dampfen halten, aber, wie gesagt, ich denke, um gerade die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe auch wertzuschätzen, sollten wir uns das in den Ausschuss ziehen, dort mal berichten lassen, wie der Sachstand zum Landesaktionsplan ist, wie die unterschiedlichen Arbeitsgruppen arbeiten. Es gibt ja auch Gesundheit, Kinder, Jugend, Polizei. Also es gibt da viele Ansätze und ich hoffe, dass wir das in den Ausschuss überwiesen bekommen. Hier kann ich ja vielleicht noch mal appellieren an die SPD, Flagge zu zeigen und den Koalitionspartner zu überzeugen, weil das tut nicht weh. Das ist eine Diskussion, das ist ein Prozess, den wir hier weiterführen müssen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Gajek, das unterstützen wir nicht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das unterstützen Sie nicht?! – Michael Andrejewski, NPD: Das ist enttäuschend.)

Als ich den Antrag gelesen habe und Herrn Ritter ja in Person hier sprechen hörte, habe ich mich erst mal gefragt, Sie haben diesen Verein „Gaymeinsam“ sehr gelobt für seine Arbeit: Haben Sie mit ihm über diesen Antrag gesprochen? Ich glaube nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Natürlich, was denken Sie denn?! – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Natürlich hat er das. – Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD)

Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich kann mir das ehrlich gesagt schwer vorstellen, denn im gemeinsamen Netzwerk, das hier ja schon mehrmals angesprochen wurde, meine ich, wäre die Vereinbarung, keine Parallelstrukturen zu schaffen, auch Inhalt der Gespräche gewesen. Und wenn man mit Betroffenen spricht, auch mit Leuten, die sich da sehr einbringen, und sich die bisherige Zuordnung, was ist zugeordnet zur Abteilung 2 des Sozialministeriums, anschaut, dann wird da gar keine Veränderung gewünscht, weil die Arbeit in Bezug auf die Förderung von Beratungsstellen und auf die Entwicklung des Landesaktionsplans als gut bewertet wird.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber wir könnten uns auch berichten lassen.)

Dafür brauchen wir doch diesen Antrag nicht, Frau Gajek. Das können wir doch jederzeit machen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, dann machen wir das!)

Wir haben ein ganz klares Bekenntnis auch in diesem Hohen Haus mehrfach abgelegt, dass wir gegen jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Sexualität, der Abstammung und so weiter, dass wir uns dem entgegenstellen und dies aktiv auch tun werden. Das Bekenntnis des Netzwerkes Homophobie hat das ganz klar noch mal formuliert und die meisten der demokratischen Fraktionen gehören diesem Netzwerk ja auch an,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die CDU nicht.)