Protocol of the Session on July 4, 2014

Sie, werte Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, müssten sich einmal entscheiden, ob die Schulen des Landes mehr Selbstständigkeit oder mehr

Regulierung erfahren sollen. Vergütungsregelungen in Kooperationsverträge aufzunehmen, würde dem Sinn des Mustervertrages, dass es für die Schule und den Kooperationspartner möglichst einfach ist, eine Kooperation zu vereinbaren, widersprechen. Wie viele Formulare sollte es dann geben? Da Sie, sehr geehrte Frau Berger, oft die Schulen in freier Trägerschaft als Beispiel nehmen, würde mich mal interessieren, ob es an einer dieser Schulen solche Vorgaben gibt. Ferner kennen die Verbände, Vereine und Musikschulen genau ihre Regelungen, Anforderungen und Vergütungen. Wir wollen keine landeseinheitliche Regelung, sondern es soll die flexible Lösung vor Ort geben.

Wenn wir Ihren Regelungen im Antragspunkt 2.2 zustimmen würden, dann hätten wir jetzt schon fast einen Tarifvertrag für Externe im Ganztagsschulbereich. Ihre geforderten Vergütungsregelungen sind unpraktikabel und dazu noch höchst kompliziert. Die Bündnisgrünen mögen vielleicht gute Theoretiker sein, gehen aber mit den Forderungen an einer Arbeitswelt vollkommen vorbei.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Diese Unterstellungen, wenn wir das gemacht hätten!)

Ich habe Ihren Antrag einigen Schulleitern gezeigt und alle haben nur mit dem Kopf geschüttelt. Schade, werte Frau Berger, dass Sie sich am letzten Freitag nicht die Zeit genommen haben und am Schulleitertag, der sehr gut vom IQ M-V vorbereitet und durchgeführt wurde, teilgenommen haben.

(Zurufe von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann hätten Sie erfahren können, dass die Verwaltungsarbeit einer Schulleiterin/eines Schulleiters sehr hoch ist und die Schulleitertätigkeit enorm belastet. Die Statistiker stellen Ihnen aber sicherlich das IQ M-V bestimmt gern zur Verfügung.

Was Sie mit dem Antragspunkt 2.3 fordern, würde den Schulleitern weitere bürokratische Arbeit aufbürden. Würde man Ihrem Antrag folgen, dann müsste jede Vereinbarung durch die Rentenversicherung geprüft werden. Fragen Sie mal Ihre Kolleginnen und Kollegen aus Niedersachsen, wie die Rentenversicherungsträger dort vor einigen Jahren vorgegangen sind! Der Bildungsminister hat es auch schon kurz erwähnt. Ziel aller an einer Schule Beteiligten muss es sein, dass es keine Scheinselbstständigkeit gibt. Hier sind die Kooperationspartner in erster Linie gefragt.

Im Punkt 2.5 fordern Sie die Mitbestimmung der Schulkonferenz. Am Anfang meiner Ausführungen erklärte ich Ihnen schon die Mitbestimmung der Schulkonferenz. Bei Ihrem Antrag kommt immer unterschwellig hervor, dass die Schulen nicht mit den Eltern zusammenarbeiten wollen. Ich möchte Ihnen noch einmal aus einem anderen, dem Paragrafen 76 Absatz 11 zitieren: „Die Mitglieder der Schulkonferenz haben ein Recht auf Information durch die Schulleiterin und den Schulleiter. Die Schulleiterin oder der Schulleiter informiert die Schulkonferenz über alle grundsätzlichen Fragen der Organisation und Gestaltung von Bildung und Erziehung an der Schule sowie alle die Schule betreffenden und der Mitwirkung der Schulkonferenz unterliegenden Tatsachen rechtzeitig

und vollständig.“ Da die außerunterrichtlichen Angebote, die nicht durch Lehrkräfte durchgeführt werden, auch zum pädagogischen Konzept der Schule gehören, ist die Schulkonferenz mit einbezogen.

Ihr letzter Antragspunkt ist abzulehnen. Auch hier würde es zu einem enormen bürokratischen Aufwand der Schulleitung kommen. Ziel soll es aber sein, Bürokratie abzubauen und nicht zu erhöhen. Die Schulleiterin beziehungsweise der Schulleiter müsste dann die Prüfung mit den Kooperationen mit natürlichen Personen vornehmen. Das wollen Sie doch nicht ernsthaft? Einzelpersonen haben die Möglichkeit, sich Vereinen anzuschließen, dann haben beide Vertragspartner eine leicht zu handhabende vertragliche Regelung.

Ich komme zum Fazit dieses Antrages: Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagenen Änderungen würden ein bürokratisches Monstrum aufbauen. Die Freiheit durch die Budgetierung in den Schulen würde in einem Überregulierungswahn enden. Das Misstrauen gegenüber unseren Schulleitungen kann man in jedem Ihrer Antragspunkte lesen. Es würde keine Schule mit Externen zusammenarbeiten wollen. Meine Fraktion möchte aber, dass zusätzlich und hochqualitativ, hochwertige Musik- und Sportangebote oder Mehrkosten für die Schüler im Ganztagsschulbereich da sind.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Um Kunst und Kultur gehts auch noch.)

Ich lade Sie, werte Frau Berger, gerne mal nach Neustrelitz ein. Die Regionale Schule arbeitet in den musikschulorientierten 5. und 6. Klassen sehr intensiv und gut mit externen Musiklehrerinnen und Musiklehrern zusammen und die Integrierte Gesamtschule ist schon über viele Jahre sehr erfolgreich mit Externen in sportorientierten Klassen. Hier wartet man auf die Budgetierung, die einfach zu gestalten ist und unseren Mädchen und Jungen zugutekommt.

Ziehen Sie einfach Ihren Antrag zurück und sorgen Sie nicht für Unruhe in den Schulen! Die SPD-Fraktion wird diesem Antrag nicht zustimmen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ums Wort gebeten hat noch einmal der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss in der Tat zu zwei Punkten, die Frau Oldenburg angesprochen hat, noch mal freundlichst erwidern.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, freundlich! – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Freundlich! – Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Erste ist, ich bin ein bisschen ratlos, Frau Oldenburg, was wir noch tun sollen, um Sie glücklich zu ma

chen. Vielleicht schaffen wir es auch einfach nicht. Denn, Frau Oldenburg –

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: 45 Minuten sind 45 Minuten.)

ich bin jetzt beim ersten Punkt –, wir führen ein neues System zur Finanzierung der Ganztagsschulen ein. Wir benennen in den Schulämtern dafür qualifiziertes Fachpersonal als Ansprechpartner für die Schulleiter, falls sie Fragen haben. Dieses qualifizierte Fachpersonal und unsere Mitarbeiter aus dem Haus machen dann in jedem Schulamtsbereich eine Fort- und Weiterbildung für Schulleiter zu dem Thema. Und wenn es nach der Veranstaltung noch Fragen gibt, dann können Sie die zuständigen Mitarbeiter im Schulamt anrufen und hoffentlich alle Fragen klären.

Nun hätte ich gedacht, Sie hätten das kritisiert, wenn wir das nicht gemacht hätten, also keine Ansprechpartner, keine Fort- und Weiterbildung. Jetzt kritisieren Sie, dass es zunächst mal nur eine Fort- und Weiterbildung war. Ich glaube, dass die Schulleiter erst mal ganz zufrieden sind, dass wir nicht drei Fortbildungen zum selben Thema gemacht haben, weil die sich dann beschwert hätten: Warum machen Sie eigentlich drei Fortbildungen zum selben Thema? Und deswegen glaube ich, dass eine Fortbildung für die Schulleiter und das Bereitstellen von Personal für Nachfragen eigentlich ein ganz vernünftiger Weg ist, um da einzusteigen.

Ich muss aber sagen, das ist in der Tat nicht mein wichtigster Punkt jetzt. Der wichtigste Punkt sind die 45 oder 67,5 Minuten.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Frau Oldenburg befürchtet jetzt also großes Chaos an den Schulen. Vielleicht für die, die es noch nicht so richtig nachvollziehen konnten, weil es ein sehr spezielles Thema ist: Bisher ist es in Mecklenburg-Vorpommern so, dass ein Lehrer, der in der Ganztagsschule tätig ist, wenn er eine Unterrichtsstunde weniger arbeitet, zwei Angebotsstunden machen muss. Ich rede aber immer von 45 Minuten.

Was ist der Hintergrund dieser Maßnahme bisher gewesen? Das ist ganz einfach. Die Lehrer arbeiten 27 Unterrichtsstunden in der Woche zu 45 Minuten. Das sind 20,25 Zeitstunden. Manch einer glaubt, unsere Lehrer würden nur für diese 20,25 Stunden bezahlt und den Rest würden sie umsonst arbeiten. Das ist aber nicht so, sondern unsere Lehrer haben wie alle anderen eine 40Stunden-Woche.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Mehr sogar, sogar 42.)

Deswegen sagt der Arbeitgeber, zu jeder Unterrichtsstunde gehört auch Vor- und Nachbereitung, und deswegen wird jede Unterrichtsstunde mit einem Gesamtaufwand von 90 Minuten berechnet in der Lehrerarbeitszeit, also 45 Minuten Unterricht und 45 Minuten Vor- und Nachbereitung.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: 60.)

Und wenn man jetzt eine Stunde weniger unterrichtet …

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das geht nicht auf.)

Das geht schon auf, Frau Oldenburg.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: 27 Stunden, und dann sind wir irgendwo bei 54.)

Frau Oldenburg, ich sage es Ihnen noch einmal, Sie sind ja eigentlich die Lehrerin und die Schulleiterin, aber ich erkläre Ihnen jetzt noch mal Ihr Arbeitszeitmodell.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

Sie haben 27 Unterrichtsstunden zu 45 Minuten.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das ergibt 20,25 Zeitstunden. Die tarifliche Arbeitszeit wird nicht in Lehrerwochenstunden berechnet, sondern in Zeitstunden zu 60 Minuten. Ein Lehrer muss 40 Stunden in der Woche arbeiten.

Jetzt haben Lehrer aber mehr Ferien als andere Beschäftigte, also müssen sie, um das herauszuarbeiten, in der Unterrichtswoche etwa 44 Stunden arbeiten. Wenn Sie 20,25 Zeitstunden Unterrichtsstunden haben und dieselbe Zeit noch Vor- und Nachbereitung, sind Sie nach meiner Rechnung nach Adam Riese bei 40,5 Zeitstunden in der Woche. Sie müssen aber sowieso 44 Stunden in der Woche arbeiten, also ist alles gut.

Wenn jetzt also ein Lehrer eine Stunde weniger Unterricht macht, wird er um 90 Minuten durchschnittlich entlastet. Und deswegen kamen mal Verordnungsgeber hier im Land auf die Idee, Frau Oldenburg, diesen Faktor von 2 : 1 einzuführen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

Das Problem ist dabei nur, dass diese Rechnung davon ausgeht, dass das Angebot in der Ganztagsschule keine Vor- und Nachbereitung braucht, weil die ist ja dann vollkommen verbraucht. Und das geht natürlich nicht.

Als ich das alles verstanden hatte, weil es ist ein bisschen kompliziert – Herr Waldmüller guckt auch schon so ängstlich –,

(Jochen Schulte, SPD: Der guckt immer so! – Heiterkeit bei Patrick Dahlemann, SPD, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

habe ich gesagt, das geht nicht, die Lehrer müssen auch Zeit bekommen für Vor- und Nachbereitung in der Ganztagsschule. Jetzt war die Frage: Ja, was machen wir denn da?

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Genau.)

Ich kann Ihnen sagen, was ich gemacht habe. Ich habe mich an einem Schulsystem orientiert, das einen guten Ruf hat – Baden-Württemberg. Das wird im Moment auch nicht mehr konservativ regiert, da dachte ich, da können wir mal gucken.

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)