Man traute sich nicht, es ganz so konkret auszusprechen, es geht um finanzpolitische Probleme und am Ende sind der größte Bestandteil dann noch Rechtsfragen. Also insofern hätte man drei Sprecher zur Auswahl gehabt, den rechtspolitischen, den finanzpolitischen oder auch den arbeitsmarktpolitischen Sprecher.
(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, Simone Oldenburg, DIE LINKE, Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber gut, man hat sich dann für die bildungspolitische Sprecherin entschieden, und das ist ja auch gut so.
Ich möchte zu Beginn dieser Debatte die bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN zum eigentlichen Thema, nämlich Ganztagsschule, „Sinnvolle Verbesserung des Ganztagsangebots“, dann auch mal zitieren. Das ist eine Pressemitteilung vom 28. Januar dieses Jahres. Die Überschrift habe ich gerade verlesen. Frau Berger sagt Folgendes: „Es ist gut, dass der Bildungsminister die Notwendigkeit zur besseren finanziellen Ausstattung des Ganztagsangebots erkannt hat. Die flexibleren Einsatzmöglichkeiten der Ganztagsmittel für die Schulen halten wir für einen richtigen Schritt.“
„Die erleichterte Zusammenarbeit mit Personen aus Bereichen wie Kunst und Kultur, Sport und Jugendarbeit kann das Ganztagsangebot sehr bereichern und die Beziehungen zwischen den Schulen und den Freizeit-, Kultur- und Bildungsinstitutionen vor Ort stärken. Diese neuen Möglichkeiten sind bei den freien Trägern allerdings noch weitgehend unbekannt. Sowohl die Schulen als auch die künftigen Anbieter müssen nun sobald wie möglich sinnvoll vernetzt werden.“
Diese Pressemitteilung aus dem Januar strotzt nur so von Lob. Man beschäftigt sich gar nicht mehr mit dem Ob, weil man sagt, jo, das ist eine gute Maßnahme. Darüber waren wir auch damals sehr erfreut, Frau Berger.
Ich habe jetzt so ein bisschen den Eindruck gehabt, Sie haben versucht, das Haar in der Suppe zu finden
auf Themengebieten, die ich angedeutet habe, Finanzen, rechtliche Dinge oder Arbeitsmarktpolitik. Und deswegen enttäuscht es mich etwas, dass Sie eigentlich diesem Weg nicht gefolgt sind und gesagt haben, bildungspolitisch ist das eine sehr gute Maßnahme, die wollen wir jetzt als Opposition begleiten und zu einem vollen Erfolg führen.
Und dann will ich Ihnen sagen, wenn wir das etwas politisch betrachten, dieses Thema, dann möchte ich auch gern noch mal zitieren, weil ich glaube, hier steckt eine völlig neue Qualität drin, unsere Koalitionsvereinbarung, Ziffer 199: „Die Koalitionspartner bekennen sich zur Weiterentwicklung der gebundenen Ganztagsschule auf der Grundlage des bestehenden Schulgesetzes. In diesem Zusammenhang ist auch die bisherige Zusammenarbeit zwischen Grundschulen und Horten zu verbessern. Vereine“ – und jetzt kommt, wie gesagt, diese neue Qualität – „aus den Bereichen Jugendarbeit, Sport, Kultur, Bildung oder Umwelt, die Landesförderung erhalten, sollen künftig verstärkt Angebote in Ganztagsschulen unterbreiten.“
Das will ich deutlich an dieser Stelle sagen: Dieser Passus, dass wir externe Partner in diesen Prozess mit einbeziehen, hat eine neue Qualität. Wir sind fest davon überzeugt, dass alle Seiten davon profitieren, Schule, Lehrer, Schüler, aber auch die entsprechenden externen Partner, die wir zusammen in die Institution Schule bringen, dass im Sinne einer guten Erziehung und Bildung in den Schulen wir hier neue Qualitätsstandards formulieren. Und zu dem Satz: „Die Koalition wird die hierfür nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen“, kann ich nur sagen, das ist Handeln von Politik, hier ist die Regierung nicht nur aufgefordert worden über den Koalitionsvertrag, sondern sie hat gehandelt und die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen.
Insbesondere Paragraf 5 dieser Verordnung beinhaltet diese wesentliche Kernaussage, nämlich Paragraf 5 Absatz 1: „Den anerkannten vollen Halbtagsgrundschulen und Ganztagsschulen (hier ausschließlich der Se- kundarbereich I – Jahrgangsstufen 5 bis 10) wird im Rahmen der Realisierung von Unterricht ergänzenden Angeboten ein Budget an zusätzlichen Lehrerwochenstunden für die Schuljahre 2014/2015 und 2015/2016 in Höhe von grundsätzlich 6.760 Lehrerwochenstunden je Schuljahr bereitgestellt.“
Das ist praktische Politik. Das setzen wir um im Sinne der Zielerfüllung, die ich vorher formuliert habe. Und deswegen, glaube ich, sind wir auf dem richtigen Weg. Kleinkarierte Diskussionen in anderen inhaltlichen Bereichen kann man führen. Ich glaube, auch hier sollten wir das große Ganze im Blick behalten. Wir werden Ihren Antrag ablehnen und konkret an unserem Ziel weiterarbeiten, Ganztagsschulen zu unterstützen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ganz große Ganze, haben Sie gesagt, im Blick behalten, deswegen heißt das wohl auch Ganztagsschulen. Über Ganztagsschulen wird ja schon ganz lange geredet,
über Ganztagsschulen ist ganz viel verordnet worden und trotzdem liegt noch ganz viel im Argen, was man auch durchaus am vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erkennen kann.
Bisher wurde es Ganztagschulen erheblich erschwert, externe Kooperationspartner angemessen und dauerhaft für ihre Angebote zu vergüten.
Jegliche Möglichkeit war stets nur temporär und programmabhängig sowie mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden.
Der jetzige Versuch, vorhandene Mittel der Schulen für die Vergütung dieser außerschulischen Partner zu nutzen, ist daher nur zu begrüßen.
Es steht außer Frage, dass ein lebendiger und an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientierter Ganztagsschulbetrieb besser und einfacher zu organisieren ist, wenn er erstens auf sachgerechten, zweitens auf rechtssicheren und drittens auf praxistauglichen sowie handhabbaren Regelungen basiert. Allerdings werden gegenwärtig diese drei Anforderungen nicht konsequent genug umgesetzt, um Ganztagsschulen erfolgreicher zu gestalten.
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN macht durch die Vielzahl seiner Einzelpunkte auch die Vielfalt einiger Mängel deutlich. Diesen geforderten Änderungen stimmen wir zu, ergänzen sie aber durch weitere Punkte, um die notwendigen Anforderungen an Ganztagsschulen vollständig abzubilden. Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um nicht nur einen praxisorientierten Ganztagsschulbetrieb zu ermöglichen, sondern auch einen Schulstart zu gewährleisten, der Hürden und Hemmnisse noch rechtzeitig beseitigen kann.
So sehen wir einen Änderungsbedarf in den Rahmenbedingungen, die für einen rhythmisierten Ganztagsschulbetrieb in allen Teilen des Landes so gestaltet werden, dass die Kooperationspartner nicht einfach nur ein Nachmittagsprogramm anbieten, sondern den notwendigen Wechsel zwischen Unterricht und Entspannung gewährleisten, denn Ganztagschule ist sicherlich vieles, aber auf gar keinen Fall den ganzen Tag Schule.
Für ein gelingendes Angebot ist es beispielsweise sinnvoll, die thematischen Bereiche anspruchsvoller Ganztagsschulstrukturen vorzuhalten, zu denen nach der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen des Instituts für Schulentwicklungsforschung folgende Schwerpunkte zählen, ich zitiere: „Hausaufgabenbetreuung und
Förderangebote“, „Fachbezogene Angebote“, zum Beispiel Fremdsprachen, naturwissenschaftliche Themen, Sport, „Fächerübergreifende Angebote“, zum Beispiel Kurse zur Förderung des sozialen Lernens, „Freizeitangebote“ und vorübergehende Angebote wie beispielsweise Projektwochen. Ende des Zitats. Um diese Vielfalt auch tatsächlich in der täglichen Lernatmosphäre abzubilden, ergänzen wir den Antrag um diesen Punkt.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Bildungsministerium hat die Mitglieder von Schulleitungen über kommende Veränderungen im Ganztagsschulbereich informiert. Es hat pro Schulamt eine Schulung stattgefunden. Eine! Nun kann niemand wirklich annehmen, dass mit einer Veranstaltung angesichts dieser komplexen Regelungen Handlungssicherheit hergestellt werden kann.
Deshalb muss unverzüglich den Schulleitungen die eben genannte Handreichung zur Verfügung gestellt werden
und die Schulleiterinnen und Schulleiter müssen dann die Gelegenheit haben, verbleibende Fragen oder Unsicherheiten in weiteren Beratungen zu klären.
Mit anderen Worten: In den mehr als zehn Wochen seit Veröffentlichung der Vorschrift über die Errichtung und den Betrieb der vollen Halbtagsschulen und Ganztagsschulen hat es bisher nur dazu gereicht, recht oberflächlich über die umfangreichen Neuerungen zu informieren. Unserer Meinung nach sind wir jetzt da auf dem Weg, eine Chance zu vertun, mögliche Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler zuverlässig, sinnvoll und sicher zu erreichen.
Es mangelt nicht nur an der Ausgestaltung der Ganztagsschulen, es schleift auch an der Errichtung oder an der Umwandlung von offenen Ganztagsschulen in gebundene. Hier ist eine Deckelung des Zusatzbedarfes verantwortlich dafür, dass seit zwei Schuljahren keine weiteren Anträge auf Errichtung dieser erfolgreichen Schulform mehr genehmigt werden. Es wurde nämlich nicht bedacht, dass Schulen, die Ganztagsschulen geworden sind, dies im ersten Jahr nur für zwei Jahrgangsstufen sein durften und dann Jahr für Jahr als Ganztagsschule hochgewachsen sind. Dadurch hat sich logischerweise die Zahl der am Ganztagsschulbetrieb teilnehmenden Schülerinnen und Schüler jährlich erhöht. Das hatte der damalige Bildungsminister einfach nicht im Blick.
Anstatt nun aber diese Deckelung endlich aufzuheben, was für die Schulentwicklung der einzelnen Kreise und kreisfreien Städte sowie auch für die Bestandssicherheit einiger Schulen wichtig und sinnvoll wäre, treibt man die bestehenden Ganztagsschulen mit dieser neuen komplexen Vorschrift und vor allem mit der neuen Berechnung der Arbeitszeit an den Rand des Machbaren.
Sehr geehrte Damen und Herren, die von der Landesregierung verkündete Steigerung der Attraktivität des Leh
rerberufs sieht im Ganztagsschulbereich wie folgt aus: Man unterscheidet drei Arten von Angeboten und damit drei Arten der Wertigkeit der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer:
Angebots, berechnet mit dem Faktor 0,75, was bedeutet, dass der Lehrkraft diese 45-minütige Arbeitszeit genau wie der 45-minütige Unterricht angerechnet wird
Dabei hat das Angebot für die Schülerinnen und Schüler eine Dauer von 90 Minuten, angerechnet wird der Lehrkraft aber nur eine Unterrichtsstunde und eine Tätigkeit im Rahmen eines Unterricht ergänzenden Angebotes. Hier wird die Arbeitszeit mit dem Faktor 1,125 multipliziert und dann ergibt sich die vollkommen gängige und für den Schulablauf typische Dauer der Unterrichtsstunde von 67,5 Minuten.
Nun dauert das Angebot 67,5 Minuten, was nicht nur praxisfern ist, wenn der Kurs am Ende des Tages liegt, sondern besonders putzig, wenn wir über einen rhythmisierten Tagesablauf an Ganztagsschulen sprechen. Da hat dann Theo in der dritten Stunde einen Geschichtskurs, der höherwertiger ist als der Kurs von Pia. Dadurch kann Pia erst 22,5 Minuten später aus dem Kurs in die nachfolgende Mathematikstunde gehen,