Protocol of the Session on July 2, 2014

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nee, das hat gerade ganz viel mit Ihnen zu tun.)

Ihnen ist doch bekannt, dass wir an den Theaterstand- orten Stralsund und Greifswald „Europäisches Parlament“ spielen. Sie wissen, das Europäische Parlament tagt an zwei Standorten und jedes Mal werden die Akten mit Millionenaufwand hin- und hergefahren. Das machen wir in Stralsund und in Greifswald auch, wie Sie wissen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Das Orchester probt einmal in Stralsund

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

und beim nächsten Mal in Greifswald,

(Vincent Kokert, CDU: Tolle Regelung.)

und beim nächsten Mal in Stralsund und beim nächsten Mal in Greifswald.

(Manfred Dachner, SPD: Woher soll er das denn nun wissen?)

Die Frage ist: Welche positive Auswirkung hat das eigentlich auf die Qualität der Musik? Es kann natürlich sein, dass man abwechselnd in Stralsund und Greifswald atmen muss, um besser Musik spielen zu können. Das glaube ich aber nicht. Die Folge davon ist,

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Suhr, aber: Sie brauchen zwei Probenräume, erhöhen die Kosten erheblich und Sie wissen, dass der Probenraum in Greifswald eine Katastrophe ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, das weiß er nicht.)

Das heißt, der Träger ist gar nicht in der Lage, diesen Probenraum vernünftig vorzuhalten. Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Kokert so etwas gemeint hat.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und wo bleibt die Bestätigung?)

Herr Koplin, ich finde eines wirklich bemerkenswert, und zwar, auf welchem hohen moralischen Niveau Sie hier mit scharfen Angriffen argumentieren, ohne sich zunächst einmal bei den Wählerinnen und Wählern entschuldigt zu haben. Sie waren acht Jahre mit uns in der Regierung. Sie haben das, was Sie als verantwortungslos bezeichnet haben – ich stehe immer noch dazu –, mit verursacht. Da, finde ich, hätte es zur Ehrlichkeit gehört zu sagen, ja, liebe Theaterfreunde, Schauspieler, wir haben diese Misere mit verursacht, aber wir haben uns jetzt eines Besseren besonnen und wollen es anders.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Wenn Sie das vorher gemacht hätten, dann hätten Sie vielleicht nicht so eine hohe moralische Stimmlage in den Vorwürfen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, kommen Sie doch mal zu Ihrem Konzept, Herr Brodkorb! – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

weil man immer reflektieren muss, was man in diesem Prozess auch selber getan hat.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Vincent Kokert, CDU)

Bemerkenswert fand ich eins, Herr Koplin: In Ihren Reden tauchte ein Wort nie auf – „Zuschauer“. Ich hoffe, dass ich jetzt nichts Falsches sage. Das Wort „Zuschauer“ tauchte nie auf.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

Genau das ist aber der entscheidende Punkt. Die Theater sind Leistungen für Bürgerinnen und Bürger,

(Vincent Kokert, CDU: So ist es.)

für Zuschauerinnen und Zuschauer, und unsere Reform geht genau davon aus – von den Zuschauern, weil sie diejenigen sind, die einen Anspruch auf das öffentliche Gut Kultur haben. Das finde ich bemerkenswert, dass es bei Ihnen nicht passiert.

Bevor ich zum Inhaltlichen komme, würde ich den Kollegen Schulte noch ergänzen wollen. Es war ein guter Rettungsversuch der Fraktionsvorsitzenden. Ich erzähle eine andere Geschichte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Geschichten erzählen können Sie ganz gut.)

Im Dezember 2012 saß ich in Rostock mit den vier Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD, FDP und DIE LINKE zusammen. Diese vier Fraktionsvorsitzenden haben sich mit mir auf Folgendes verabredet: Ja, wir Fraktionsvorsitzende sind bereit zu prüfen, ob wir gemeinsam mit dem Land eine Lösung finden. Dann hat die Fraktionsvorsitzende der LINKEN folgende Bitte formuliert: Wir erwarten aber, dass uns das Land bei der Ausfinanzierung eines Defizits hilft, damit das Theater am Stadthafen nicht schließen muss. Da habe ich gesagt, okay, wenn wir das alle hier zusammen machen, versuche ich, das Geld zu besorgen. Ein paar Wochen später war es klar, das Geld würde kommen. Wiederum ein paar Wochen später ist Folgendes passiert: Die Linksfraktion in der Rostocker Bürgerschaft ist aus diesem Konsens ausgebrochen. Damit war die Mehrheit im Stadtparlament weg, und man hat lieber das Theater im Stadthafen in Rostock geschlossen, als gemeinsam mit dem Land einen Weg zu prüfen. Es ging noch nicht mal um die Fusion. Das ist ausschließlich politisch – nachweislich mit Zeugen – die Entscheidung der Linksfraktion in Rostock, nicht gemeinsam mit dem Land etwas zu prüfen, noch nicht zu fusionieren.

(Vincent Kokert, CDU: Das sind große Kulturfreunde, kann man da nur sagen.)

Man hat lieber die Schließung des Theaters am Stadthafen in Kauf genommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und die vergießen jetzt Krokodilstränen, mein lieber Mann!)

Wenn Sie also von Verantwortungslosigkeit sprechen, dann gehen Sie bitte mal nach Rostock zu Ihren Genossen und reden mit denen über genau diesen Vorfall, weil das die historische Wahrheit ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

So, meine Damen und Herren, METRUM hat jetzt für den Osten ein Konzept vorgelegt. Das ist kein Wunschkonzert, sondern was der Fraktionsvorsitzende der CDU und was Herr Donig hier als Bedingung formuliert haben, das waren die Bedingungen, die METRUM bereits bekommen hat von uns und den Trägern. Also: Rückkehr zum Flächentarifvertrag, jeder Standort bleibt erhalten, mindestens eine Sparte und, und, und. Das waren die Bedingungen, die wir vor der Analyse definiert haben. Insofern kann man METRUM das auch nicht vorwerfen, sondern die haben jetzt mit den Bedingungen, die wir – auch die Träger, auch die Kommunen – ihnen gegeben haben, einen Versuch gemacht, etwas Vernünftiges zusammenzustellen. Und ich sage Ihnen, ich halte das für eine substanzielle Grundlage. Wenn Sie das in Ihrem Papier so wegwischen, so locker und fluffig, das können Sie machen. Ich kann es aufgrund der Arbeit, die dort geleistet wurde, nicht. Es ist erst mal eine Grundlage.

Und ein Punkt ist in der Tat für die Debatte wichtig, das wird aus dem Osten auch immer widergespiegelt: Man muss, wenn man sich die Tarifsituation ansieht, zur Kenntnis nehmen auch die Fusionsgeschehen im Osten. Dass dort zumindest teilweise mehr konsolidiert wurde als im Westen oder höhere Lasten geschultert wurden von den Mitarbeitern, das muss man zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage ist aber …

Das ist falsch.

Die Frage aber ist: Behandeln wir Ost und West als Land ungerecht? Und dann lade ich Sie ein, mal folgende Rechnung zu machen: Dividieren Sie doch mal den Teil, den das Land in den Osten gibt, durch die Einwohnerzahl und den Teil, den das Land in den Westen gibt, durch die Einwohnerzahl. Und Sie werden genau Folgendes erleben in der Rechnung: Die Zuschüsse je Einwohner sind im Osten höher als im Westen, höher als im Westen. Was insofern auch nicht unsachlich ist, weil die Bevölkerungsdichte im Osten eine andere ist und der Aufwand, dann dasselbe Angebot zu finanzieren, ist ein anderer. Insofern ist in der heutigen Theaterfinanzierung bereits abgesichert, dass es keine Benachteiligung des Ostens seitens des Landes geben wird.

Herr Koplin, bei Ihrem Konzept, das Sie jetzt am Montag noch mal vorgelegt haben – es sind ja nur zwei DIN-A4Seiten –,

(Vincent Kokert, CDU: Das ist ein dolles Konzept, die zwei DIN-A4-Seiten.)

da erinnerte ich mich oder fühlte ich mich zurückerinnert an die Debatte über die Einkommensteuererklärung auf dem Bierdeckel. So ungefähr kommt mir das vor. Nur zwei Seiten Papier und da ist die Lösung der Welt drauf. Und ich sage noch mal, was da drinsteht, denn Sie haben es selber nicht vorgetragen.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Da steht ja auch nichts drin.)

Sie fordern die Dynamisierung der Theatermittel schon ab 2016, und zwar in Höhe von 1,36 Prozent. Ich würde gerne Folgendes sagen: Wir dynamisieren längst. Wir geben längst mehr aus als 35,8 Millionen, nämlich allein im letzten Jahr 2,5 Millionen Euro Soforthilfen. Packen Sie die mal obendrauf, dann haben wir eine Dynamisierung von 7 Prozent! Wenn wir im Osten in eine Umstrukturierung kommen, wird es noch mal auch Umstrukturierungshilfen geben. Dann landen wir bei noch höheren Dynamisierungen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wozu muss es denn erst kommen, dass Sie die 2 Millionen ausgeben, Herr Brodkorb?)

Das heißt, Herr Koplin, wir geben heute schon 7 Prozent mehr aus. Wir dynamisieren, und zwar in einem Jahr für das gesamte Land – das wird noch mehr werden voraussichtlich –, und diese 7 Prozent hätten Sie nach Ihrem Vorschlag nach fünf Jahren überhaupt erst erreicht. Das heißt, wir gehen mit unserer Realität weit über das hinaus, was Sie im Moment fordern in Ihrem Papier.

Und es ist die Frage, was soll eine Dynamisierung von 1,36 Prozent.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist erklärt.)

Wenn Sie das vorschlagen, bauen Sie die Stellenkürzungen der Zukunft ja schon ein. Sie können damit nicht die Tarifentwicklung ausgleichen.

(Vincent Kokert, CDU: Sehr richtig.)